Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164083/10/Bi/Se

Linz, 05.06.2009

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn T C, pA L, vom 7. April 2009 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Linz-Land vom 26. März 2009, VerkR96-31136-2008, wegen Übertretungen der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 4. Juni 2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungs­entscheidung) zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als der Schuldspruch mit der Maßgabe bestätigt wird, dass im Punkt 1) eine Verwaltungsübertretung nach §§ 4 Abs.1 lit.a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 vorliegt und im Punkt 2) eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.5 iVm 99 Abs.3 lit.b StVO 1960; im Punkt 1) wird die Geldstrafe jedoch auf 150 Euro (60 Stunden EFS) und im Punkt 2) auf  100 Euro (52 Stunden EFS) herabgesetzt.

 

II. Der Verfahrenskostenbeitrag ermäßigt sich im Punkt 1) auf 15 Euro, im Punkt 2) auf 10 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittel­verfahren entfällt.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 44a Z2 und 19 VStG

zu II.: §§ 64f VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurden über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 4 Abs.5 StVO iVm 1) § 99 Abs.3 lit.a StVO und 2) § 99 Abs.3 lit.b StVO Geldstrafen von 1) 250 Euro (96 Stunden EFS) und 2) 200 Euro (72 Stunden EFS) verhängt, weil er am 7. April 2008 um 11.00 Uhr in der Gemeinde Linz, Liststraße 11, 1) mit dem Fahrzeug W- mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei und sein Fahr­zeug nicht sofort angehalten habe, und 2) mit einem Verkehrsunfall mit Sach­­schaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei und nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt habe.

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von 45 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 4. Juni 2009 wurde in Linz vor dem Haus Liststraße .. eine öffentliche mündliche Berufungs­ver­handlung in Anwesenheit des Bw und der Zeugen Meldungslegerin RI S B (Ml), RI V H (H) und M K (K) durchgeführt. Die Vertreterin der Erstinstanz war entschuldigt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet. 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er habe an diesem Tag keinen Unfall verursacht und könne den Tatvorwurf nicht verstehen. Er habe schon bei der Polizei gesagt, dass er nichts von einem Unfall wisse. Es könne sein, dass er an diesem Tag in der genannten Straße gewesen sei, aber er habe nichts beschädigt mit der Ladebordwand. Er und zwei Kollegen hätten das Fahrzeug von der Fa Q geborgt für drei Tage, weil sie Material abzuladen gehabt hätten. Er könne nicht feststellen, dass er an diesem Tag mit dem Lkw gefahren sei. Das Straferkenntnis sei der erste Brief, den er bekommen habe. Da er vorher nichts bekommen habe, habe er dazu nicht Stellung nahmen können.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Tatort besichtigt, der Bw gehört, die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Strafer­kenntnisses berücksichtigt und die Meldungslegerin und der Zeuge K zeugen­schaftlich unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht gemäß § 289 StGB einver­nommen wurden. Auf die Einvernahme des Zeugen RI H wurde verzichtet, weil dieser keine unmittelbaren Wahrnehmungen gemacht hat.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Die Ml und RI H stellen den von ihm gelenkten Zivilstreifenwagen, einen weißen VW Passat, am 7. April 2008 vor 11.00 Uhr in der Liststraße in Linz vor dem Haus Nr. .. am Beginn der dortigen Kurzparkzone ab. Die Liststraße ist eine gekennzeichnete Einbahnstraße, die rechts von der Khevenhüllerstraße abzweigt; der Abstellort des Zivilfahrzeuges befindet sich unmittelbar nach der Kreuzung mit der Khevenhüllerstraße auf der linken Seite. Beide Polizeibeamte gingen ihrer Tätigkeit in der Nähe nach. Inzwischen kam um ca 11.00 Uhr der Zeuge K, der sein Fahrzeug vor der Kreuzung in der Khevenhüllerstraße abgestellt hatte, in Sichtweite des Zivilfahrzeuges und sah, dass ein Klein-Lkw mit der Firmen­aufschrift "Q" und dem Kennzeichen    langsam in der Liststraße zurückgelenkt wurde und dabei das abgestellte Zivilfahrzeug im Bereich des hinteren rechten Kotflügels über dem Radkasten touchierte und beschädigte. Der Zeuge sah den Lenker nicht, der nicht stehenblieb, sondern langsam nach vorne weiterfuhr. Er ging zu seinem Fahrzeug zurück und schrieb das Kennzeichen des Klein-Lkw auf eine Visitenkarte, die er an die Frontscheibe des Zivilfahrzeuges steckte. Als er weiterging, wurde er von den auf dem Rückweg zum Fahrzeug befind­lichen Polizeibeamten gefragt, was er beim VW Passat zu tun habe, worauf der Zeuge K seine Beobachtungen mitteilte. Nach Feststellung der Beschädigung am Zivil­fahr­zeug wurden die Daten des Zeugen K aufgenommen und das Ver­kehrs­unfallkomando (VUK) verständigt, dass den vom Zeugen beschriebenen Lkw aus­findig machte. Der Bw wurde von Beamten des VUK am 15. April 2008 einvernommen und bestätigte, er habe am 7. April 2008 den ausgeborgten Klein-Lkw gelenkt und in der Liststraße etwas abzuladen gehabt. Er habe zurück­schieben müssen, um die genaue Adresse zu finden, und sei dann zum Haus Nr.  .. weitergefahren. Von einem Anstoß beim Haus Nr. ..  1 habe er nichts bemerkt.

 

Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurde dem Bw die von ihm selbst unter­schriebene Erklärung gezeigt, worauf er bestätigte, der Lenker des Klein-Lkw gewesen zu sein. Er gab daraufhin an, er habe sich auf die Hausnummer konzen­triert und von einem Anstoß nichts bemerkt; er habe jedenfalls nicht vorsätzlich Fahrerflucht began­gen.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfalls­­ort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten.

Gemäß § 4 Abs.5 StVO haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, diese Personen die nächste Polizeidienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

 

Voraussetzung für die Anhalte- und Meldepflicht der lit.a und des Abs.5 ist als objek­tives Tatbestandsmerkmal der Eintritt eines Sachschadens und in objektiver Hinsicht das Wissen vom Eintritt eines derartigen Schadens, wobei der Tatbe­stand schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusst­sein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit Sach­schaden zu erkennen vermocht hätte (vgl ua VwGH 23.5.2002, 2001/03/0417).

 

Tatsache ist, dass das Zivilfahrzeug bereits vor dem Erscheinen des Bw abge­stellt worden war, dh zur Zeit des Rückwärtsfahrens des Bw am linken Fahrbahn­rand der Liststraße ordnungsgemäß parallel zum Fahrbahnrand geparkt war. Wenn daher der Bw, der – durchaus glaubwürdig – die Adresse seiner damaligen Baustelle suchte und sich daher verständlicherweise auf die gesuchte Haus­nummer ..  konzentrierte, im Zuge dieser Suche mit dem Klein-Lkw mit Planen­aufbau in der engen Liststraße, die einen Fahrstreifen und links und rechts Kurz­parkzonen aufweist, rückwärts ­fuhr, musste er in den Außenspiegeln die von ihm eingehaltene Fahrlinie beobachten. Hätte er das mit der vom Lenker eines sol­chen Kraftfahrzeuges zu erwartenden Sorgfalt und Aufmerksamkeit getan, hätte ihm ohne jeden Zweifel auffallen müssen, dass er sich mit der linken Seite des Klein-Lkw dem links abgestellten Zivilfahrzeug derart bedenklich näherte, dass tatsächlich eine Berührung der beiden Fahrzeuge stattfand. Der Klein-Lkw hat links hinten an der Seite der Ladebordwand in 80 cm Höhe ein Scharnier, das genau mit dem am Zivilfahrzeug festgestellten Schaden am Kotflügel über dem rechten hinteren Radkasten übereinstimmt. Die nicht als geringfügig anzu­sehende, laut Schadensbeschreibung ca 15 cm lange Lack­absplitterung ist auf den vom VUK angefertigten Fotos gut zu erkennen, wenngleich dem Bw und dem Zeugen K insofern nicht zu widersprechen ist, dass der Anstoß als solcher vom Bw weder akustisch noch als Berührung wahrzu­nehmen gewesen wäre. Die Anstoßstelle am VW Passat liegt jedoch im Sicht­bereich des linken Außen­spiegels des Lkw, dh sie war vom Lenkerplatz aus bei Aufwendung der erfor­derlichen Aufmerksamkeit jedenfalls sichtbar.

 

Zusammenfassend besteht beim Unabhängigen Verwaltungssenat kein Zweifel, dass der Bw die ihm zur Last gelegten Tatbestände erfüllt und sein Verhalten jeweils als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat, da ihm die Glaubhaft­machung (gänzlich) mangelnden Verschul­dens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist. Dabei ist aber fahrlässige Begehung zugrundezulegen, zumal der Bw laut Angaben des Zeugen K nicht stehenblieb sondern ganz langsam (laut Bw bis zum Haus Nr. ..) weiterfuhr, was nicht auf einen Vorsatz, sich der Konse­quenzen der Beschädigung zu entziehen, schließen lässt. Die Spruchkorrektur im Sinne der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschriften erfolgte gemäß § 44a Z2 VStG.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis 726 Euro Geldstrafe, im Fall der Uneinbringlichkeit bis zwei Wochen Ersatz­freiheitsstrafe reicht.

Die Erstinstanz hat laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses zu­grunde­gelegt, dass der Bw 1.100 Euro verdient und weder Sorgepflichten noch Vermögen hat – hier ist in de Verhandlung die Sorgepflicht für die Ehefrau her­vor­gekommen; der Bw hat auch schon bei der Unfallaufnahme angegeben, dass er verheiratet ist.

Nicht berücksichtigt wurde die (bezogen auf den Übertretungstag 7. April 2008) bis­herige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Bw, die einen wesent­lichen Milderungsgrund darstellt.

Auf dieser Grundlage war die Herabsetzung der Strafen gerechtfertigt. Die nun­mehr verhängten Strafen entsprechen unter Bedachtnahme auf die Bestimm­un­gen des § 19 VStG dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretungen ebenso wie dem genannten Milderungsgrund, halten generalpräventiven Überlegungen stand und sollen den Bw in Zukunft zu mehr Vorsicht und zur Beachtung der für ihn maßgebenden Gesetzesbestimmungen anhalten. Die Ersatzfreiheitsstrafen sind im Verhältnis zu den Geldstrafen angemessen.   

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt (Steuerberater oder Wirtschafts­prüfer) einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

VU mit Sachschaden – nicht angehalten, nicht gemeldet -> Strafe herabgesetzt wegen Unbescholtenheit + Sorgepflicht

 

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