Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300889/2/Gf/Mu

Linz, 05.06.2009

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof aus Anlass der Berufung des M Z, A, vertreten durch die RAe Dr. G G u.a., L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Linz-Land vom 11. Mai 2009, GZ Pol96-185-2007, wegen einer Über­tretung des Oö. Hundehaltegesetzes zu Recht erkannt:

I.     Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.   Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 11. Mai 2009, GZ Pol96-185-2007, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 36 Stunden) verhängt, weil er es als Halter seines Hundes zu verantworten habe, dass dieser am 8. Februar 2007 gegen 21.50 Uhr im Innenhof des Wohnbautraktes E in A nicht ordnungsgemäß beaufsichtigt worden sei. Dadurch habe er eine Übertretung des § 3 Abs. 2 Z. 2 des Oö. Hundehaltegesetzes, LGBl.Nr. 147/2002, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 124/2006 (im Folgenden: OöHundeHG), begangen, weshalb er nach § 15 Abs. 1 Z. 2 OöHundeHG zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der dem Beschwerdeführer angelastete Sachverhalt auf Grund der glaubwürdigen Zeugenaussage einer anderen Hundebesitzerin als erwiesen anzusehen sei, zumal der Rechtsmittelwerber nach den Angaben eines unmittelbar nach dem Vorfall eingeschrittenen Sicherheitsorganes erheblich alkoholisiert gewesen sei.

 

Im Zuge der Strafbemessung seien die lange Verfahrensdauer als mildernd, hingegen zwei einschlägige Vormerkungen als erschwerend zu werten gewesen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

 

1.2. Gegen dieses ihm am 13. Mai 2009 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 26. Mai 2009 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

 

Darin wird neuerlich vorgebracht, dass der Hund des Beschwerdeführers zum Vorfallszeitpunkt ohnehin einen Beißkorb getragen und aus diesem Grund auch nicht angeleint gewesen sei. Als er bemerkte, dass sich die andere Hundebesitzerin gestört fühlte, habe er seinen Hund sofort zurückgepfiffen, worauf hin dieser auch umgehend gehorcht habe. Da das OöHundeHG keine explizite Leinenpflicht vorsehe, habe er sohin auch nicht rechtswidrig gehandelt. Außerdem betrage sein monatliches Nettoeinkommen nicht – wie von der belangten Behörde geschätzt – 2.000 Euro, sondern lediglich 1.400 Euro.

 

Aus diesen Gründen wird beantragt, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsverfahren einzustellen, in eventu die Strafhöhe herabzusetzen.

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu GZ Pol96-185-2007; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Gemäß § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Nach § 3 Abs. 2 Z. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 Z. 2 OöHundeHG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist gemäß § 15 Abs. 2 OöHundeHG mit einer Geldstrafe bis zu 7.000 Euro zu bestrafen, der seinen Hund nicht in einer Weise beaufsichtigt, dass dadurch Menschen und Tiere nicht über ein zumutbares Maß hinaus belästigt werden.

3.2. Im gegenständlichen Fall steht allseits unbestritten fest, dass der Beschwerdeführer seinen Hund zum Vorfallszeitpunkt nicht angeleint gehabt hatte.

In diesem Zusammenhang legt § 6 Abs. 1 OöHundeHG fest, dass Hunde an öffentlichen Orten – um einen solchen handelt es sich zweifelsfrei beim (wie im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführt) Innenhof eines Wohnbautraktes – „an der Leine oder mit Maulkorb geführt werden“ müssen.

Die gesetzliche Verpflichtung zur Beaufsichtigung eines Hundes an einem öffentlichen Ort ist daher grundsätzlich schon dann erfüllt, wenn einer dieser beiden Alternativen – nämlich das Führen entweder an der mit einem Maulkorb – entsprochen ist.

Diesbezüglich hat der Beschwerdeführer von Anfang an vorgebracht, dass sein Hund „immer mit Maulkorb geführt wird“; auch in der Anzeige der Polizeiinspektion E vom 14. Februar 2007, GZ A1/3816/01/2007, ist explizit die Rede davon, dass der Beschwerdeführer „seinen Hund ..... mit Maulkorb, jedoch ohne Verwendung der Leine, frei herumlaufen“ ließ, weil zu diesem Zeitpunkt auch die andere Hundebesitzerin noch angegeben hatte, dass „der Terrier zwar ..... einen Maulkorb“ hatte, „jedoch nicht an der Leine war und frei herum lief“ (vgl. S. 1 und 2 der Anzeige). Wenn die letztgenannte Zeugin dem gegenüber erst über ein halbes Jahr später angegeben hat, dass der Hund des Rechtsmittelwerbers zum Zeitpunkt des Vorfalles keinen Maulkorb getragen und sie dies auch schon bei ihrer Ersteinvernahme dementsprechend angegeben habe, sodass es sich insoweit um einen Schreibfehler handeln müsse, ist dem entgegenzuhalten, dass einem Polizeibeamten ohne entsprechende konkrete Anhaltspunkte nicht einfach unterstellt werden kann, eine Aussage falsch protokolliert zu haben; dies insbesondere dann nicht, wenn gleichzeitig auch eine gegenteilige Darstellung eines bestimmten Faktums vorliegt.

Im Ergebnis ist daher vielmehr davon auszugehen, dass der Hund des Beschwerdeführers zum Vorfallszeitpunkt einen Maulkorb trug, sodass hier kein Verstoß gegen § 6 Abs. 1 OöHundeHG gegeben war.

3.3. Allerdings war darüber hinaus zu prüfen, ob die andere Hundebesitzerin dadurch, dass der Hund des Beschwerdeführers – wenngleich mit einem Maulkorb versehen – auf deren Hündin zulief und so beide erschreckte, i.S.d. § 3 Abs. 2 Z. 2 OöHundeHG über ein zumutbares Maß hinaus belästigt wurde.

In diesem Zusammenhang kommt dem Umstand, dass die sich als belästigt erachtet habende Person selbst eine Hundebesitzerin ist, eine maßgebliche Bedeutung zu. Ihr ist nämlich eine gewisse Erfahrung im Umgang mit Hunden eigen, die ihr – im Gegensatz zu jemandem, der keinen Umgang mit Tieren, im Besonderen mit Hunden pflegt – ein Abschätzen dahin, ob das Zulaufen bloß aus dem natürlichen Bewegungsdrang, einem Paarungsverhalten, o.Ä. heraus erfolgt oder im Gegenteil deshalb, weil es sich tatsächlich um einen bedrohlichen Angriff handelt, wesentlich treffsicherer ermöglicht. Umgekehrt folgt daraus, dass bei Hundebesitzern eine Belästigung über ein zumutbares Maß hinaus erst dann angenommen werden kann, wenn eine vergleichsweise höhere Hemmschwelle als bei Menschen, die keinen Umgang mit Tieren pflegen, überschritten ist.

Gerade dafür ergeben sich jedoch im gegenständlichen Fall im Ergebnis keine stichhaltigen Anhaltspunkte:

Wenn die beteiligte Hundebesitzerin in diesem Zusammenhang nämlich angegeben hat, dass der Hund des Beschwerdeführers ihre Hündin attackieren wollte, worauf sich diese zwischen ihren Beinen versteckt und sie sich daraufhin auch selbst sehr gefürchtet und laut geschrien habe, um so den Hund des Rechtsmittelwerbers zu verscheuchen, so lag darin entweder eine echte Gefährdung i.S.d. § 3 Abs. 2 Z. 1 OöHundeHG (davon ist jedoch auch die belangte Behörde offensichtlich nicht ausgegangen, weil sie dem Rechtsmittelwerber eben lediglich eine Übertretung des § 3 Abs. 2 Z. 2 OöHundeG angelastet hat wobei in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen ist, dass § 3 Abs. 2 Z. 2 OöHundeHG nicht als ein bloßes Auffangdelikt zu § 3 Abs. 2 Z. 1 OöHundeHG, sondern vielmehr als ein eigenständiger Straftatbestand fungiert) vor.

Oder man erblickt darin eben nur eine bloße Belästigung gemäß § 3 Abs. 2 Z. 2 OöHundeHG. Worin jedoch diese spezifische, über ein zumutbares Maß hinaus gehende bloße Belästigung, die (noch) keine Gefährdung i.S.d. § 3 Abs. 2 Z. 1 OöHundeHG verkörperte, konkret bestanden haben soll, lässt sich aber unter dem Aspekt, dass die beteiltigte Zeugin selbst eine Hundebesitzerin ist, nicht nachvollziehen. Es müsste sich hiebei nämlich um eine Beeinträchtigung gehandelt haben, die (nicht bloß subjektiv, sondern vielmehr) objektiv geeignet war, von jemandem, der selbst Halter eines Hundes ist, als belästigend empfunden zu werden, wie z.B., dass der Hund des Rechtsmittelwerbers eine ungewöhnliche Größe aufwies, während jener der Zeugin demgegenüber außergewöhnlich klein war; einer der beiden Hunde extrem aggressiv, der andere hingegen äußerst scheu war; o.Ä.

Diesbezüglich finden sich jedoch in dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt keinerlei Anhaltspunkte, geschweige denn entsprechend überzeugende Nachweise.

Im Zweifel (vgl. Art. 6 Abs. 2 EMRK) war daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer den Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 2 OöHundeHG nicht erfüllt hat.

3.4. Der gegenständlichen Berufung war sohin gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Rechtsmittelwerber nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

Rechtssatz:

 

VwSen-300889/2/Gf/Mu vom 5. Juni 2009

 

Art. 6 Abs. 2 EMRK; § 3 Abs. 2 Z. 1 und 2 OöHundeHG

Dem Umstand, dass die sich als belästigt erachtet habende Person selbst eine Hundebesitzerin ist, kommt insofern eine maßgebliche Bedeutung zu, als ihr eine gewisse Erfahrung im Umgang mit Hunden eigen ist, die ihr – im Gegensatz zu jemandem, der keinen Umgang mit Tieren, im Besonderen mit Hunden pflegt – ein Abschätzen dahin, ob das Zulaufen eines Hundes bloß aus dem natürlichen Bewegungsdrang, einem Paarungsverhalten, o.ä. erfolgt oder im Gegenteil deshalb, weil es sich tatsächlich um einen bedrohlichen Angriff handelt, wesentlich treffsicherer ermöglicht. Umgekehrt folgt daraus, dass bei Hundebesitzern eine Belästigung über ein zumutbares Maß hinaus erst dann angenommen werden kann, wenn eine vergleichsweise höhere Hemmschwelle überschritten ist.

Ergeben sich keine objektiven Anhaltspunkte dafür, worin diese spezifische, über ein zumutbares Maß hinaus gehende bloße Belästigung, die (noch) keine Gefährdung i.S.d. § 3 Abs. 2 Z. 1 OöHundeHG verkörperte, konkret bestanden haben soll, so ist im Zweifel davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer den Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 2 OöHundeHG nicht erfüllt hat.

 

 

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