Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401012/4/WEI/Se

Linz, 15.06.2009

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des R A A (alias A M), geb.    , Staatsangehöriger von Syrien (Identität nicht gesichert), Anhaltung im Polizeianhaltezentrum (PAZ) Wien, Rossauer Lände, vertreten durch die Rechtsanwaltsgemeinschaft M & S OEG in S, wegen Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird gleichzeitig festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

 

II.              Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 und 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 29/2009) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 (BGBl II Nr. 456/2008).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde vom nachstehenden Gang des Verfahrens und S a c h v e r h a l t aus:

 

1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden Bf), ein Kurde und Staatsangehöriger von Syrien, stellte am 10. Februar 2009 seinen ersten Asylantrag in Österreich beim Bundesasylamt (BAA) Erstaufnahmestelle West (EASt West) in 4880 St. Georgen i.A., Thalham 80. Er gab bei seiner Erstbefragung nach dem AsylG 2005 durch einen Beamten der Polizeiinspektion (PI) St. Georgen i.A vom 13. Februar 2009 seine Identität mit A M R, geb.     , an und erklärte keine Familienangehörigen in Österreich oder einem EU-Staat zu haben. Nach eigenen Angaben habe er seinen Heimatort D am 2. Februar 2009 zu Fuß verlassen, danach einen Fluss überquert und sei dann in die türkischen Stadt Cizre gelangt, wo er nach drei Tagen einen Schlepper gefunden hätte, der ihm weiterhalf. Am 5. Februar 2009 bestieg er die Ladefläche eines LKWs, mit dem er in weiterer Folge bis Österreich gekommen wäre. Dort wäre er am 9. Februar 2009 in der Nähe einer unbekannten Stadt ausgestiegen und dann zum Bahnhof gekommen, wo er Leute traf, die arabisch sprachen und ihm den Weg nach Thalham empfahlen, damit er um Asyl ansuchen könne. Da er eine Zugfahrkarte von Salzburg nach St. Georgen mitführte, müsste er den Zug ab Salzburg genommen haben.

 

Die Reise habe ein unbekannter Schlepper organisiert, den ihm sein Freud A (Näheres unbekannt) in der türkischen Stadt Cizre vermittelte. Die Kosten der Reise hätten 10.000 US Dollar betragen. Seinen Reisepass hätte er in Syrien zurückgelassen, wo er politische Probleme hätte.

 

Die Fragen, ob er bereits in einem anderen Land um Asyl angesucht habe oder von Behörden angehalten und untergebracht wurde, verneinte der Bf zunächst. Über anschließenden Vorhalt eines EURODAC-Treffers betreffend Samos/Griechenland, wo der Bf offenbar bereits im Jänner 2009 erkennungsdienstlich behandelt und erfasst worden war, musste der Bf seine Angaben korrigieren. Er hätte Griechenland drei Tage vor seiner Ankunft in Österreich auf der Ladefläche eines LKWs, der auch auf eine Fähre verladen wurde, verlassen und sei dann versteckt auf diesem LKW über unbekannt bis Österreich gelangt. In der Türkei hätte ihn der Schlepper in eine (unbekannte) Stadt gebracht und von dort wäre er mit einem Boot dorthin gekommen, wo er von der Polizei kontrolliert worden war (also nach Samos/Griechenland). Der Bf gab an, dass er von griechischen Polizisten unter Druck gesetzt worden wäre, das Land zu verlassen. Er wolle deswegen nicht dorthin zurück, wo man sein Anliegen nicht ernst genommen hätte und ihn nur abweisen wollte.

 

Bei Rückkehr nach Syrien befürchtete der Bf, wieder ins Gefängnis zu kommen. Er habe auch das Land illegal verlassen. Er sei Mitglied der oppositionellen kurdischen Partei PAK. Im Jahr 2007 wäre er nach einer Demonstration verhaft und gezwungen worden, als Spitzel für den Staat zu arbeiten.

 

1.2. Mit Mitteilung gemäß § 29 Abs 3 Z 4 AsylG 2005 vom 17. Februar 2009 gab das BAA EASt West dem Bf und der belangten Behörde bekannt, dass beabsichtigt sei, seinen Asylantrag zurückzuweisen, da mit Griechenland seit 17. Februar 2009 Konsultationen geführt werden. Der Bf erhielt Merk- und Informationsblätter zum Asylverfahren und wurde darauf hingewiesen, dass die Mitteilung auch als eingeleitetes Ausweisungsverfahren gilt. Da das Aufnahmeersuchen unbeantwortet blieb, erging am 19. März 2009 ein Verfristungsschreiben an Griechenland nach der Dublin II Verordnung, womit die Zuständigkeit auf Griechenland übergegangen ist.

 

1.3. Mit Bescheid des BAA EASt West vom 30. März 2009, Zl. 09 01.752, wurde der Asylantrag des Bf ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und dazu festgestellt, dass für die Prüfung des Antrags gemäß Art 10 Abs 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates Griechenland zuständig ist (Spruchpunkt I). Im Spruchpunkt II wurde der Bf gemäß § 10 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Griechenland ausgewiesen. Der Bescheid wurde laut Telefaxmitteilung des BAA mit 1. April 2009 erlassen.

 

Gegen den Asylbescheid wurde am 13. April 2009 Beschwerde an den Asylgerichtshof mit dem Antrag auf aufschiebende Wirkung eingebracht. Der Asylgerichtshof bestätigte den Eingang der Beschwerde mit 20. April 2009. Mit 28. April 2009 teilte die Asylbehörde mit, dass die Ausweisung sofort durchführbar sei, ersuchte die belangte Behörde um Überstellung des Bf nach Griechenland gemäß der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 und übermittelte ein entsprechendes "LAISSEZ-PASSER". Die aufschiebende Wirkung wurde demnach vom Asylgerichtshof innerhalb der gesetzlichen Frist nicht zuerkannt, wodurch die Durchführbarkeit (Vollstreckbarkeit) der Ausweisung nach Griechenland eintrat.

 

1.4. Die belangte Behörde beauftragte dann die PI St. Georgen i.A. gemäß § 74 Abs 2 Z 3 Fremdenpolizeigesetz den Bf zwecks Durchführung der Abschiebung nach Griechenland festzunehmen. Am 4. Mai 2009 wurde er festgenommen und danach in das polizeiliche Anhaltezentrum (PAZ) Wien, Rossauer Lände, überstellt, wo die amtsärztliche Untersuchung zur Feststellung der Flugtauglichkeit stattfand.

 

Die für 5. Mai 2009 um 10:30 Uhr mit dem Flug OS 801 der AUA nach Athen vorgesehene Abschiebung scheiterte am Widerstand des Bf. Nach der Meldung des PAZ Wien unternahm der Bf zunächst im Transitbereich des Flughafens Wien Schwechat einen Fluchtversuch und als er dann kurz darauf eingeholt und die Abschiebung fortgesetzt wurde, ließ er sich zu Boden fallen und spielte einen epileptischen Anfall vor. Der Rettungsarzt der verständigten Flughafenambulanz untersuchte den Bf wenige Minuten später und konnte keine lebensbedrohliche Krankheit feststellen. Die Abschiebung musste abgebrochen werden und der Bf wurde mit dem Dienstfahrzeug vorläufig wieder ins PAZ Wien gebracht und die belangte Behörde verständigt. Diese veranlasste die Vorführung zur fremdenpolizeilichen Außenstelle in der EASt West. Am 5. Mai 2009 um 20:25 Uhr wurde der Bf von Beamten der PI St. Georgen in der EASt West zum Zwecke der Anordnung der Schubhaft festgenommen.

 

Mit Mandatsbescheid vom 5. Mai 2009, Zl. Sich 40-1382-2009, verhängte die belangte Behörde gegen den Bf die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung auf der Grundlage des § 76 Abs 2 Z 1 iVm § 80 Abs 5 FPG. Der Bf hat den Bescheid am gleichen Tag im Beisein eines Dolmetschers übernommen, verweigerte aber die Unterschrift auf der Übernahmebestätigung. Er wurde in weiterer Folge zum Vollzug der Schubhaft in das PAZ Wien, Rossauer Lände, überstellt.

 

Begründend hält die belangte Behörde im Schubhaftbescheid fest, dass sich der Bf im Hinblick auf die Durchführbarkeit der Ausweisung nach dem Asylgesetz unberechtigt im Bundesgebiet aufhält. Seine Identität sei mangels geeigneter Dokumente nicht gesichert und er verfüge lediglich über Bargeld von 49,92 Euro.

 

Durch die Gesamtheit seines Verhaltens (illegale Einreise nach Aufenthalt im EU-Staat Griechenland, bewusstes Zurücklassen des Reisepasses in Syrien, Verschleierung der tatsächlichen Reiseroute, Vereitelung der Abschiebung am Luftweg nach Griechenland am 5. Mai 2009) habe der Bf in unmissverständlicher Art und Weise gezeigt, dass er unter keinen Umständen gewillt sei, in den EU-Mitgliedsstaat zurückzukehren, der nach dem Dubliner Abkommen für die Prüfung seines Asylantrages zuständig ist. Da ihm die Asylbehörde keine Hoffnung auf Legalisierung seines Aufenthaltes machen konnte, sei es naheliegend, dass er auch weiterhin alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel ergreifen werde, um sich seiner Außerlandesbringung zu entziehen oder diese zumindest wesentlich zu erschweren.

 

Die Anordnung der Schubhaft sei verhältnismäßig, weil dem Recht des Fremden auf Schutz der persönlichen Freiheit das überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen gegenüberstehe. Die Anordnung eines gelinderen Mittels sei zur Sicherung der Außerlandesbringung in Anbetracht der Widersetzung des Bf keinesfalls ausreichend. Damit könnte die Abschiebung nach Griechenland mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht erreicht werden. Deshalb sei ein konkreter und akuter Sicherungsbedarf zu bejahen.

 

1.5. Die belangte Behörde organisierte in weiterer Folge für den 13. Mai 2009 einen Abschiebetermin am Luftweg nach Athen, bei dem der Bf von drei Polizeibeamten der Einsatzgruppe für Sonderdienst begleitet wurde. Der Bf sollte mit dem der Olympic Airways Nr. OA 160 nach Athen abgeschoben werden und wurde zunächst um 13:30 Uhr mit einem Dienstfahrzeug zur Abstellposition des Flugzeuges gebracht. Er stieg zunächst auf die Gangway, versuchte jedoch schon nach wenigen Stufen das Geländer zu übersteigen, was noch verhindert werden konnte. Danach ließ er sich zu Boden fallen und begann zu zittern und zu hyperventilieren. Daraufhin wurde der Einsatz abgebrochen und eine medizinische Untersuchung des Bf veranlasst. Diese Untersuchung ergab keine unmittelbare Gesundheitsbeeinträchtigung des Bf. Es wurde ihm nur ein Beruhigungsmittel verabreicht. Nach Rücksprache mit der belangten Behörde wurde der Bf wieder ins PAZ Wien zurückgebracht. (vgl Aktenvermerk des SPK Linz vom 13.5-2009, Zl. E1/25794/2009, samt  Bericht über den Abschiebversuch).

 

Aus einem Befund des Amtsarztes im PAZ Wien vom 15. Mai 2009 geht hervor, dass beim Bf nach einem psychiatrischen Gutachten vom 7. Mai 2009 keine psychopathologische Auffälligkeit festgestellt werden konnte. Bei der Dialog-Visite der Polizeiärztin habe sich der Bf gegen eine Überstellung nach Griechenland, Italien oder Deutschland ausgesprochen, weil es ihm dort nicht so gut gehe wie in Österreich.

 

1.6. Der Asylwerberinformationsdatei zum Asylverfahren 09 01.752 ist zu entnehmen, dass am 18. Mai 2009 eine Bevollmächtigungsanzeige mit Zurückziehung der Beschwerde in diesem noch nicht abgeschlossen gewesenen Asylverfahren durch die Rechtsvertreter des Bf per Telefax eingebracht wurde.

 

Am gleichen Tag stellte der Bf gegenüber Beamten des PAZ Wien einen weiteren mündlichen Asylantrag. Dieser Folgeantrag erfolgt im Zuständigkeitsbereich der EASt Ost und wurde zur Zahl 09 05.856 erfasst. Die erste Niederschrift mit dem Bf wurde am 19. Mai 2009 im PAZ Wien durch Beamte der Bundespolizeidirektion Wien aufgenommen.

 

Mit der Mitteilung gemäß § 29 Abs 3 AsylG 2005 vom 26. Mai 2009 gab das BAA EASt Ost dem Bf und der belangten Behörde bekannt, dass beabsichtigt sei, den neuerlichen Asylantrag zurückzuweisen, weil entschiedene Sache im Sinne des § 68 AVG vorliege. Die Zustimmung Griechenland sei nach wie vor aufrecht und die 6-monatige Überstellungsfrist noch nicht abgelaufen. Es wurde ferner darauf hingewiesen, dass die Mitteilung auch als eingeleitetes Ausweisungsverfahren gelte.

 

Der Asylwerberinformationsdatei zu Asylverfahren 09 05.856 auf Grund des Folgeantrags ist zu entnehmen, dass am 2. Juni 2009 die asylbehördliche Einvernahme des Bf durchgeführt wurde und der Akt zur Bescheiderstellung beim Referenten sei. Danach langte am 4. Juni 2009 noch ein Schriftsatz der Rechtsvertreter des Bf ein.

 

1.7. Mit der am 8. Juni 2009 zur Post gegebenen und am 9. Juni 2009 beim Oö. Verwaltungssenat eingelangten Eingabe erhob der Bf durch seine Rechtsvertreter Schubhaftbeschwerde mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der vergangenen und der weiteren Anhaltung des Bf in Schubhaft und beantragte die kostenpflichtige Rechtswidrigkeitserklärung. Der unabhängige Verwaltungssenat hat die Beschwerde am 13. Mai 2009 an die zuständige Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck mit dem Ersuchen um Aktenvorlage und Einladung zu einer Stellungnahme weitergeleitet. Noch am gleichen Tag erstattete die belangten Behörde auf elektronischem Wege eine Gegenschrift und legte ihren Fremdenpolizeiakt mit dem Antrag vor, die Schubhaftbeschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

 

2.1. Die Schubhaftbeschwerde besteht aus "Teil 1" und "Teil 2". Im Teil 2 werden Gründe dargelegt, warum der Bf keinesfalls nach Griechenland abgeschoben werden dürfe, weshalb auch die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nach Griechenland nicht zulässig sein könne. Da sich der Bf damit über die mittlerweile – durch die Zurückziehung der Beschwerde - rechtskräftige asylrechtliche Ausweisung nach Griechenland im ersten Asylverfahren zu Zl. 09 01.752, die für den Oö. Verwaltungssenat verbindlich geworden ist, hinwegsetzt und die aufgeworfenen Fragen auch nicht als Vorfragen zu prüfen sind, wird von einer Wiedergabe dieser Gründe im "Teil 2", die offenbar in einem Schriftsatz an die Asylbehörde vorgebracht wurden, abgesehen.

 

Im Teil 1 der Beschwerde wird der oben geschilderte Sachverhalt nicht bestritten. Es wird noch vorgebracht, dass der Bf in Griechenland 10 Tage angehalten worden und auch körperlich misshandelt worden wäre. Er hätte in Athen ohne Grundversorgung leben müssen und der Staat Griechenland hätte ein faires Asylverfahren und eine menschenwürdige Behandlung verweigert. Wegen der bekannten menschenunwürdigen Zustände in Griechenland könne ein Haftgrund zur Sicherung der Abschiebung und Ausweisung nach Griechenland nicht bestehen. Dieser Asylskandal, von dem zigtausende Flüchtlinge betroffen wären, sei europaweit bekannt geworden. Wenn Griechenland Asylwerber willkürlich einsperre, so sei es umso unverständlicher, dass Österreich den über Griechenland gekommenen Bf in gleicher Art und Weise behandle. Es sei daher dringend geboten die Schubhaft aufzuheben und dem Bf in Österreich ein faires Asylverfahren in Freiheit einzuräumen.

 

Es sei auch darauf hinzuweisen, dass der Bf unter den Folgen der Schubhaft psychisch und organisch stark zu leiden hätte und bald ein gebrochener Mann sein werde. Die Haft erweise sich bei Bedachtnahme auf den Gesamtsachverhalt und die Lage in Griechenland als unverhältnismäßig.

 

Insbesondere wird abschließend geltend gemacht, dass die Schubhaft spätestens seit 14 Tagen unverhältnismäßig geworden sei. Denn seitdem sich abzeichne, dass ein umfangreiches neues Asylverfahren in Bezug auf Griechenland durchzuführen sein werde, habe die Schubhaft nicht mehr aufrecht erhalten werden dürfen. Sie erweise sich als unverhältnismäßig Eingriff in die persönliche Freiheit, der durch das öffentliche Interesse an einer Einhaltung des Dublin-Zuständigkeitssystems nicht mehr zu rechtfertigen sei.

 

2.2. Die belangte Behörde ist der Beschwerde im Vorlageschreiben entgegen getreten und hat deren kostenpflichtige Abweisung beantragt. Es sei vollkommen unverständlich, die Beschwerde im ersten Asylverfahren zurückzuziehen, ohne die Entscheidung des Asylgerichtshofes abzuwarten, und am gleichen Tag einen weiteren Asylantrag zu stellen, zumal ein ergänzendes Vorbringen jederzeit dem Asylgerichthof hätte nachgereicht werden können. Durch die Einbringung eines weiteren Asylantrages mit Wirkung vom 18. Mai 2009 sei ein temporärer rechtlicher Hinderungsgrund für die Außerlandesbringung eingetreten. Im Hinblick auf die Verfahrensanordnung gemäß § 29 AsylG 2005 und Einleitung eines neuerlichen Ausweisungsverfahrens, sei mit einem entsprechend verkürzten Asylverfahren zu rechnen. Bei realistischer Betrachtung könne angenommen werden, dass sich der Bf auf freiem Fuß dem behördlichen Zugriff entziehen oder diesen zumindest wesentlich erschweren würde. Ein konkreter Sicherungsbedarf sei daher nach wie vor zu bejahen.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die Beschwerde und die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend geklärt erscheint, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 9 Abs 2 FPG ist gegen die Anordnung der Schubhaft weder eine Vorstellung noch eine Berufung zulässig.

 

Gemäß § 82 Abs 1 FPG hat der Fremde das Recht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung den unabhängigen Verwaltungssenat anzurufen,

 

  1. wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;
  2. wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder
  3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs 1 FPG ist der unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der Unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl § 83 Abs 4 FPG).

 

Die belangten Behörde hat gegen den ihr vorgeführten Bf am 5. Mai 2009 die Schubhaft verhängt. Die dagegen eingebrachte Schubhaftbeschwerde ist zwar zulässig, aber nicht begründet.

 

4.2. Gemäß § 76 Abs 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Nach § 76 Abs 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

 

  1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;
  2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;
  3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder
  4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Nach § 76 Abs 6 FPG kann die Schubhaft aufrecht erhalten werden, wenn ein Fremder während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz stellt. Liegen die Voraussetzungen des § 76 Abs 2 FPG vor, gilt die Schubhaft als nach dieser Gesetzesstelle vor. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Schubhaft nach Abs 2 ist mit Aktenvermerk festzuhalten.

 

Gemäß § 80 Abs 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf gemäß § 80 Abs 2 FPG nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Mit Ausnahme der Fälle des § 80 Abs 3 und 4 FPG darf die Schubhaft nicht länger als 2 Monate dauern.

 

4.3. Im gegenständlichen Fall ist der für die Schubhaftverhängung maßgebliche Sachverhalt im Wesentlichen unstrittig. Die Frage ob der Bf nach Griechenland ausgewiesen werden kann und demnach auch die Abschiebung dorthin zulässig ist und nicht gegen das Refoulementverbot verstößt, ist Gegenstand des Asylverfahrens und nicht des Schubhaftverfahrens. Nach § 5 Abs 1 und 3 AsylG 2005 müssen bei Dublin-Staaten besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden, die für eine reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen.

 

Im ersten Asylverfahren zur Zahl 09 01.752 hat sich das BAA EASt West im Zurück- und Ausweisungsbescheid vom 30. März 2009 eingehend mit der Lage in Griechenland und dem dortigen Asylverfahren befasst und im Ergebnis festgestellt, dass es sich entgegen den Behauptungen des Bf um einen sicheren Staat handelt, in dem er Schutz vor Verfolgung erwarten könne. Für die Bekämpfung dieser Darstellung des BAA EASt West stand dem Bf das Rechtsmittel der Beschwerde an den Asylgerichtshof zur Verfügung. Er brachte auch zunächst eine Beschwerde ein, zog sie aber durch seine Rechtsvertreter wieder zurück, nachdem ihr die aufschiebende Wirkung durch den Asylgerichtshof nicht innerhalb der gesetzlichen Frist zuerkannt worden war. Durch die Einbringung eines weiteren Asylantrags (Folgeantrags) konnte er abermals die Stellung eines Asylwerbers (vgl Begriffsbestimmung im § 2 Abs 1 Z 14 AsylG 2005) erreichen, dem faktischer Abschiebeschutz nach § 12 Abs 1 AsylG 2005 bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung zukommt. Dies war offenbar auch der maßgebliche Grund für seine ansonsten nicht vernünftige Vorgangsweise. Auf Grund des geltenden Asylverfahrensrechts konnte er solcherart erreichen, dass eine durchsetzbare und mittlerweile sogar rechtskräftige Entscheidung nicht umgesetzt werden kann. Es erscheint allerdings von vornherein verfehlt, wenn der Bf in der rechtsfreundlich vertretenen Beschwerde nunmehr davon ausgeht, dass er die im rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren zu seine Ungunsten gelösten Rechtsfragen im fremdenbehördlichen Verfahren neu aufwerfen könne, nur weil er einen Folgeantrag beim BAA EASt OSt einbrachte und aus nicht nachvollziehbaren, und offenbar auf einem Wunschdenken beruhenden Gründen entgegen der Verfahrensmitteilung der Asylbehörde gemäß § 29 Abs 3 AsylG 2005, wonach eine Zurückweisung wegen entschiedener Sache beabsichtigt ist, vermeint, dass nunmehr ein umfangreiches neues Asylverfahren durchzuführen sein werde.

 

4.4. Aus fremdenrechtlicher Sicht durfte die belangte Behörde die am 5. Mai 2009 verhängte Schubhaft auf den § 76 Abs 2 Z 1 FPG stützen, zumal damals gegen den Bf eine durchsetzbare – wenn auch nicht rechtskräftige – Ausweisung nach § 10 AsylG 2005 erlassen worden war, die überdies mit 28. April 2009 auch durchführbar bzw vollstreckbar war, weil der Asylgerichthof der Beschwerde die aufschiebende Wirkung bis zu Ablauf des siebten Tages ab Berufungsvorlage nicht zuerkannte (vgl § 36 Abs 4 AsylG 2005). Mit der Zurückziehung der Beschwerde am 18. Mai 2009 wurde diese Ausweisung sogar noch rechtskräftig.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichthofs führt in einem Fall der "Verdichtung" der chronologisch fortschreitenden Schubhaftgründe nach dem § 76 Abs 2 FPG der Wegfall des bisherigen Schubhafttatbestandes per se zu dessen Ersetzung durch einen auf höherer Ebene liegenden Schubhafttatbestand derselben Norm. Dasselbe gilt auch mit der Erlassung einer rechtkräftigen asylrechtlichen Ausweisung und dem damit verbundenen Wechsel vom Regime des § 76 Abs 2 FPG in jenes des § 76 Abs 1 FPG, weil auch hier nur eine "Verdichtung" in Bezug auf den bisherigen Schubhafttatbestand eintritt (vgl VwGH 18.12.2008, Zl. 2008/21/0582 unter Hinweis auf Vorjudikatur).

 

Im vorliegenden Fall war demnach mit Rechtskraft der asylrechtlichen Ausweisung im ersten Asylverfahren zunächst von einem in der Natur der Sache liegenden Wechsel des Schubhaftgrundes in das Regime des § 76 Abs 1 FPG auszugehen, ohne dass dies einer besonderen Verständigung des Bf bedurft hätte. Als der Bf dann zeitlich später einen weiteren Asylantrag (Folgeantrag) einbrachte, galt er wieder als Asylwerber. Im Hinblick auf das Erfordernis der persönlichen Antragstellung nach § 17 Abs 2 AsylG 2005 und dem möglichen Unterbleiben der Vorführung nach § 45 AsylG 2005 wird der gegenständliche Asylfolgeantrag spätestens mit der Erstbefragung durch Exekutivorgane am 19. Mai 2009 als eingebracht gelten.

 

Im Grunde der obigen Ausführungen zum automatischen Wechsel ins Regime des § 76 Abs 1 FPG ist davon auszugehen, dass der Bf durch seinen Asylfolgeantrag während seiner rechtmäßigen Anhaltung in Schubhaft nach § 76 Abs 1 FPG einen Asylantrag stellte und damit schon nach der Bestimmung des ersten Satzes des § 76 Abs 6 FPG die Schubhaft aufrecht erhalten werden konnte, auch wenn die Voraussetzungen des § 76 Abs 2 FPG nicht vorlagen (dazu abermals VwGH 18.12.2008, Zl. 2008/21/0582 unter Hinweis auf die RV 952 BlgNR 22. GP, 104). Unabhängig davon sind in weiterer Folge die Voraussetzungen des Schubhafttatbestandes nach dem § 76 Abs 2 Z 2 FPG durch die am 26. Mai 2009 erfolgte asylbehördliche Mitteilung mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs 3 Z 4 AsylG 2005 eingetreten. Gemäß § 27 Abs 1 leg.cit gilt nämlich eine Ausweisungsverfahren mit dieser Bekanntgabe als eingeleitet.

 

4.5. Die belangte Behörde hat nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenats auch den Sicherungsbedarf zutreffend begründet. Der Bf hat durch seine illegalen Reisebewegungen in Verbindung mit den rechtswidrigen Grenzüberschreitungen in EU-Ländern erkennen lassen, dass er die Fremdenrechtsordnungen nicht respektiert. Im Hinblick auf den rechtskräftigen asylrechtlichen Ausweisungsbescheid, die Asylfolgeantragsstellung ohne neue sachliche Gründe, die absolut fehlende Bereitschaft des Bf, sich einem Asylverfahren in Griechenland zu stellen, und seine ausgeprägte Widerstandskraft bei zwei gescheiterten Abschiebungsversuchen kann der erkennende Verwaltungssenat der belangten Behörde nicht entgegen treten, wenn sie die Schubhaft für unbedingt erforderlich gehalten und gelindere Mittel im Interesse einer zuverlässigen Umsetzung der asylrechtlichen Ausweisung für nicht zielführend gehalten hat.

 

Da aus den dargelegten Gründen die gegen den Bf verhängte und auch nach dem Asylfolgeantrag aufrecht erhaltene Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung im Grunde des § 76 Abs 6 FPG als rechtmäßig und nach dem gesamten Verhalten des Bf auch als verhältnismäßig anzusehen war, ist die Schubhaftbeschwerde unberechtigt und war als unbegründet abzuweisen. Gemäß § 83 Abs 4 FPG war auch festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die zur Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen weiterhin vorliegen.

 

5. Gemäß § 79a Abs 1 AVG hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß § 79a Abs 2 AVG der Beschwerdeführer die obsiegende und die belangte Behörde die unterlegene Partei. Wird die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen oder zurückgezogen, dann ist gemäß dem § 79a Abs 3 AVG die belangte Behörde die obsiegende Partei und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

 

Nach § 79a Abs 4 AVG gelten als Aufwendungen vor allem die durch Verordnung des Bundeskanzlers festgesetzten Pauschbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand. Nach § 79a Abs 6 AVG ist Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Ein solchen allgemeinen Antrag hat die belangte Behörde gestellt.

 

Nach der am 1. Jänner 2009 in Kraft getretenen UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 (BGBl II Nr.456/2008) beträgt der Ersatz für Vorlageaufwand 57,40 Euro und für Schriftsatzaufwand der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro. Der Bf war daher zum Aufwandersatz von insgesamt 426,20 Euro an den Bund als den Rechtsträger, für den die belangten Behörde tätig geworden ist, zu verpflichten.

 

Analog dem § 59 Abs 4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von 2 Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl Erl zur RV, 130 Blg NR 19. GP, 14 f).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1.Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind Bundesstempelgebühren für die Beschwerde in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Dr. W e i ß

 

 

 

 

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