Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150702/2/Lg/Hue

Linz, 16.06.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des H-J K, T, S-S, vertreten durch Rechtsanwälte U & H, G, G, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 18. September 2008, Zl. BauR96-49-2008 u.a., betreffend die Zurückweisung eines Einspruchs gegen eine Strafverfügung vom 17. März 2008, Zl. BauR96-49-2008, als verspätet und die Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Verspätung der Einbringung eines Einspruchs gegen die Strafverfügung vom 17. März 2008, Zl. BauR96-49-2008, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Rechtsgrundlagen:

§§ 24, 49 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. §§ 56, 66 Abs. 4, 71 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde

a) der Einspruch des Berufungswerbers (Bw) vom 31. Juli 2008 gegen die

    Strafverfügung des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 17. März 2008,

    Zl. BauR96-49-2008, betreffend einer Bestrafung nach dem Bundesstraßen-

    Mautgesetz 2002 als verspätet zurückgewiesen und

b) der Antrag des Bw vom 31. Juli 2008 um Wiedereinsetzung in den vorigen

    Stand im Hinblick auf die Möglichkeit zur Einbringung eines Einspruches gegen

    die Strafverfügung vom 17. März 2008, Zl. BauR96-49-2008, abgewiesen.

 

 

 

Begründend wird zu

a) angeführt, gem. § 49 Abs. 3 VStG sei der Einspruch zurückzuweisen, sofern dieser verspätet eingebracht wurde. Die Strafverfügung sei rechtskräftig, da sie dem Bw nachweislich am 29. März 2008 zugestellt worden sei. Dies sei unstrittig.  Innerhalb der Rechtsmittelfrist von zwei Wochen sei kein Einspruch erfolgt, der dem Bw aber selber ohne Weiteres zunächst einmal möglich gewesen wäre. Trotz ohne Zustellnachweis abgesendeter und wohl auch zugestellter Mahnungen (Anfang Mai und Ende Mai 2008) sei erst durch die Tätigkeit der deutschen Vollstreckungsbehörden seitens des Bw reagiert worden. Begründend wird betreffend

b) auf § 71 AVG iVm § 24 VStG hingewiesen, wonach gegen die Versäumung einer Frist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen sei, wenn die Partei glaubhaft mache, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert gewesen sei, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens treffe.

Der am 31. Juli 2008 eingebrachte Wiedereinsetzungsantrag enthalte nur Hinweise zur defekten GO-Box und die Behauptung, dass den Bw nicht das geringste Verschulden treffe. Damit seien keine Gründe angegeben worden, dass der Bw durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert gewesen sei, das Rechtsmittel zu ergreifen. Erst mit Schreiben vom 10. September 2008 habe der Bw Wiedereinsetzungsgründe genannt, die aber aufgrund der "obigen Rechtsprechung" nicht mehr zu prüfen gewesen seien. Unabhängig davon seien nach Auffassung der Erstbehörde die im Schreiben vom 10. September 2008 angegebenen Gründe keinesfalls für eine Bewilligung der Wiedereinsetzung ausreichend. Die eidesstattliche Versicherung von R F enthalte nicht einmal ansatzweise den klaren Hinweis der rechtzeitigen Erhebung eines Einspruchs gegen die hier betreffende Strafverfügung. Nicht einmal vom Bw selbst sei dargetan worden, dass die eindeutige Absicht bestanden habe, Einspruch erheben zu wollen. Die Behörde habe nicht erkennen können, weshalb ohne Verschulden des Bw die Rechtsmittelfrist versäumt worden sei. Die Rechtsmittelbelehrung sei eindeutig gewesen. Es müsse einleuchten, dass für eine positive Entscheidung eines gestellten Wiedereinsetzungsantrages rechtlich "enge Grenzen" gesetzt seien, als ansonsten klare Rechtsmittelfristen unbeachtet bleiben würden, wenn quasi jederzeit auch nachträglich Verfahren wieder "aufgerollt" werden könnten.     

 

2. In der Berufung brachte der Bw zum Verfahrensgegenstand vor, dass er die Fristen zur Einlegung des Einspruchs gegen die Strafverfügung unverschuldet versäumt habe. Dem Bw sei vom Geschäftsführer seines früheren Arbeitgebers zugesichert worden, einen österreichischen Rechtsanwalt mit der fristgerechten Einlegung des Einspruches zu beauftragen. Zu diesem Zweck sei die Strafverfügung der Sekretärin dieses Geschäftsführers, Frau R F, zur Weiterleitung an einen namentlich genannten österreichischen Anwalt ausgehändigt worden. Diese Weiterleitung sei auch erfolgt. Die Richtigkeit dieses Sachverhaltes werde durch die beiliegende eidesstattliche Erklärung von Frau F bestätigt.   

Nach nunmehriger Anfrage habe der österreichische Rechtsanwalt dem Bw mitgeteilt, vom ehemaligen Arbeitgeber des Bw lediglich mit der Prüfung des Sachverhaltes, nicht jedoch mit der Einlegung von Einsprüchen beauftragt gewesen zu sein. Ein beiliegendes Schreiben des österreichischen Anwaltes würde dies bestätigen.

Zumindest nach hiesigen Gepflogenheiten sei es üblich, bei Ablehnung bzw. bei der Abhängigmachung der Mandatsübernahme von einem Gebührenvorschuss, dieses dem Auftraggeber unverzüglich mitzuteilen und zur Vermeidung von Rechtsnachteilen unbedingt die erforderlichen Schritte (im gegenständlichen Fall: Einspruchserhebung) gleichwohl vorzunehmen.

Unter den gegebenen Umständen, insbesondere durch die Zusage des Geschäftsführers, habe der Bw begründeten Anlass gehabt, dass sich ein vor Ort tätiger Rechtsanwalt um die sach- und fristgerechte Bearbeitung seiner Angelegenheit bemühe.

Als Beilagen sind die in der Berufung angeführte eidesstattliche Erklärung, das Schreiben des österreichischen Rechtsanwaltes und ein Auszug der (deutschen) Bundesrechtsanwaltsordnung angeschlossen.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Der Bw wurde mittels Strafverfügung vom 17. März 2008, Zl. BauR96-49-2008, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 bestraft. Die Versendung erfolgte mittels roter Rückscheinkarte des Weltpostvereines, wobei das Schriftstück (lt. Stempelaufdruck) am 29. März 2008 zugestellt worden ist.

 

Mittels Schreiben vom 31. Juli 2008 brachte der (Vertreter des) Bw einen Einspruch gegen diese Strafverfügung ein und stellte den gegenständlichen Wiedereinsetzungsantrag. Dieser wurde mittels Schreiben vom 10. September 2008 im Wesentlichen damit begründet, dass der Geschäftsführer des ehemaligen Arbeitgebers des Bw eine Klärung der Angelegenheit bzw. eine Übernahme der Kosten zugesagt habe. Damit sei die Angelegenheit für den Bw zunächst erledigt gewesen. Durch die Zustellung diverser Exekutionsandrohungen habe der Bw nunmehr feststellen müssen, dass er offenbar persönlich zur Zahlung in Anspruch genommen werden solle. In Anbetracht des gegebenen Sachverhaltes sei eine persönliche Verantwortlichkeit des Bw nicht erkennbar.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Bescheid und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1. Gem. § 49 Abs. 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

 

In den Stellungnahmen des Bw wird die Verspätung der Einbringung des Einspruchs gegen die Strafverfügung nicht bestritten. Unstrittig ist weiters, dass die Strafverfügung dem Bw am 29. März 2008 zugestellt wurde. Damit begann die mit zwei Wochen bemessene Rechtsmittelfrist zu laufen und diese endete am 12. April 2008. Der Einspruch dagegen wurde jedoch erst am 31. Juli 2008 – somit nach Ablauf der Einspruchsfrist – eingebracht. Auch dies wird vom Bw nicht bestritten. Die Vorbringen des Bw sind somit nicht dazu geeignet, die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung des Einspruchs wegen Verspätung (Spruchabschnitt II. des angefochtenen Bescheides) in Frage zu stellen.

 

4.2. Gem. § 71 Abs. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

1. Die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder

2. die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

 

Hinsichtlich der erstbehördlichen Bescheidbegründung wird zunächst auf VwGH 2002/20/0273 v. 17.10.2002 hingewiesen, wonach es sich bei Fehlen einer Begründung eines Wiedereinsetzungsantrages um einen verbesserungsfähigen Inhaltsmangel handelt.

 

Der Bw selbst geht – wie unter Punkt 4.1. näher ausgeführt wurde – von einer Versäumung der Rechtsmittelfrist aus und begründet die Versäumung damit, dass mit dem Geschäftsführer seines ehemaligen Arbeitgebers vereinbart worden sei, einen (nicht näher benannten) Rechtsanwalt mit der (zeitgerechten) Einbringung des Einspruchs zu beauftragen bzw. ihn dieser Rechtsanwalt nicht über die tatsächlich durchgeführten Schritte informiert habe.

 

Im gegenständlichen Fall ist von einer erteilten Vertretungsbefugnis des Bw an den Geschäftführer seines ehemaligen Arbeitgebers auszugehen. Vom Vertreter (=Geschäftsführer) wurden jedoch – lt. Angaben des Bw – die abgesprochenen Handlungsschritte nicht eingehalten, da er zwar einen Rechtsanwalt mit der Prüfung des Sachverhalts, nicht jedoch mit der Ergreifung eines Rechtsmittels (hier: eines Einspruchs) beauftragt hat. Da grundsätzlich in allen Verfahrensanordnungen im Hinblick auf das Verschulden zwischen Partei und Vertreter nicht zu unterscheiden ist, ist ein Verschulden des Vertreters in einem Verschulden des Vertretenen gleichzusetzen (vgl. neben vielen VwGH 96/13/0092 v. 31.7.1996 und VwGH 93/18/0599 v. 24.3.1994).

 

Selbst bei anderer Auffassung, wonach der Geschäftsführer nur als Bote des Bw fungiert hat, ist für den Bw nichts zu gewinnen, da der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, dass die Partei, die sich eines Boten zur Übermittlung bedient, durch geeignete Nachfrage die Einhaltung der Berufungsfrist hätte sicherstellen müssen, wenn sie das Straferkenntnis einem Dritten zur Weiterleitung an einen Rechtsanwalt zum Zweck der Einbringung einer Berufung weitergegeben hat (vgl. u.a. 96/19/2067 v. 11.9.1998, VwGH 97/19/0417 v. 27.2.1998, VwGH 94/17/0188 v. 22.11.1999 und VwGH 98/05/0083 v. 20.4.2001). Dieser zumutbaren und der Sachlage nach gebotene Überwachungspflicht hat der Bw jedoch vernachlässigt, da er weder Erkundigungen eingezogen hat, welcher Rechtsanwalt mit der Vertretung seiner Angelegenheiten beauftragt wurde noch die Erfüllung der mit dem Boten (im gegenständlichen Fall: dem Geschäftsführer) abgesprochenen Handlungen in irgend einer Weise kontrolliert oder überwacht hat. Der Bw gibt in seiner Berufung selbst an, erst durch diverse Exekutionsschreiben (mehrere Monate nach Ablauf der Rechtsmittelfrist) von der eingetretenen Rechtskraft der Strafverfügung Kenntnis erlangt zu haben, was als verschuldet iSd § 71 Abs. 1 AVG anzusehen ist.

 

An dieser Sach- und Rechtslage ändert auch nicht der Hinweis des Bw auf eine allfällige (schadenersatzbewehrte) Aufklärungspflicht des (vom Geschäftsführer kontaktierten) Rechtsanwaltes nach deutschem Recht.

 

Es war deshalb spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

 

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