Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522269/8/Ki/Jo

Linz, 09.06.2009

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Herrn W S, L, O, vom 5. Mai 2009 gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 5. Mai 2009, FE-640/2009, wegen Abweisung einer Ausstellung eines Führerscheinduplikats (sonstige Verlängerung) bzw. Entziehung der Lenkberechtigung zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen, der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 3 und 24 Abs.1 und 29 Abs.3 FSG iVm §§ 66 Abs.4 und 67a AVG; § 64 Abs.2 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid vom 5. Mai 2009, FE-640/2009, hat die Bundespolizeidirektion Linz

·         dem Berufungswerber die mit Führerschein der BPD Linz vom 19. Juni 2008, unter Zahl: 08090347, für die Klassen B, F erteilte Lenkberechtigung ab Verkündung des Bescheides mangels gesundheitlicher Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen bis zur behördlichen Feststellung, dass er wieder geeignet ist, entzogen,

·         angeordnet, der Führerschein sei unverzüglich der Behörde abzuliefern,

·         einen Antrag auf Ausstellung eines Führerscheinduplikats (sonstige Verlängerung) abgewiesen sowie

·         einer Berufung die aufschiebende Wirkung versagt.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid hat Herr S am 5. Mai 2009 Berufung erhoben. Es sei laut amtärztlicher Untersuchung keine Verschlechterung seiner Verkehrstauglichkeit festgestellt worden, er beantrage die Aufhebung des Bescheides.

 

2.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 5. Mai 2009 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 35 Abs.1 FSG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bundespolizeidirektion Linz eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Am 19. Mai 2009 wurde mit Herrn S im Beisein eines gemäß § 125 KFG 1967 bestellten technischen Sachverständigen und Fahrprüfers nach dem FSG eine Beobachtungsfahrt durchgeführt. Eine mündliche Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und es wird im vorliegenden Falle die Durchführung einer Verhandlung nicht für erforderlich gehalten (§ 67d Abs.1 AVG).

 

2.5. Aus den vorliegenden Verfahrensunterlagen ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Am 12. März 2009 stellte Herr S bei der Bundespolizeidirektion Linz einen Antrag auf Ausstellung eines Führerscheinduplikates mit dem Duplikatsgrund "Sonstige Verlängerung". Er war zu diesem Zeitpunkt im Besitz einer Lenkberechtigung für die Klassen B und F, befristet bis 29. Mai 2009 und unter Vorschreibung verschiedener Auflagen.

 

Am 19. Februar 2009 und am 18. März 2009 unterzog sich Herr S beim Institut für Nachschulung und Fahrer-Rehabilitation INFAR (Landesstelle Oberösterreich) einer verkehrspsychologischen Untersuchung über seine Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheinklasse B im Hinblick auf die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit. Im Rahmen dieser Untersuchung wurde am 18. März 2009 auch eine Fahrprobe durchgeführt. Diese Fahrprobe wurde vom Verkehrspsychologen wie folgt beschrieben:

 

"Am 18. 03. 2009 wurde im Beisein eines Fahrlehrers sowie eines Verkehrspsychologen als Beobachter (Dr. S) eine Fahrprobe durchgeführt.

Ergebnis (aus dem Protokoll von Herrn Dr. S): Herr S hat den Motor drei Mal abgewürgt, fuhr bei Gelb über die Kreuzung, wollten noch vor Bus vorbeifahren, würgte Motor ab, teilweise zu geringer Abstand, Fahrlehrer bremst vor Kreuzung, damit Herr S wegen eines Rückstaus nicht auf der Kreuzung zu stehen kommt, der Proband hat Schwierigkeiten bei der Orientierung die Richtung Freistadt fahren. Er zeigte eine ruppige und für sein Alter unangemessene Fahrweise (beschleunigt stark und bremst stark ab), er redet beim Fahren viel und lenkt sich dadurch ab, fährt 90 statt 80 km/h, mangelndes Gespür für richtige Gangwahl, sondern fährt unnötig fünf Minuten im zweiten Gang, spielt an der Kreuzung mehrfach mit der Kupplung, statt zu bremsen, dadurch rollt der Wagen leicht zurück, bei schwierigen Spurwechsel nach rechts blinkt er nicht, bei Stau fährt er dicht auf. Sein Fahrverhalten wird vom beobachtenden Verkehrspsychologen für sein Alter als etwas riskant erlebt. Der Fahrlehrer ergänzt Auffälligkeiten im Blickverhalten. Das Handling des Fahrzeugs war nicht gut, zum Teil prüfungsbedingt, aber auch alters­bedingt. Der Proband zeigte eine für sein Alter unangemessene Fahrweise. Blickverhalten und Überblicksgewinnung erscheinen nicht gut. Der Proband lenkte sich während der Fahrt selbst von der Fahraufgabe ab."

 

Unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Fahrprobe sowie Aufnahme verkehrspsychologischer Testbefunde erstattete der Verkehrspsycholge nachstehendes Gutachten:

 

"Herr S W, geb. am , bot bei der kraftfahrspezifischen Leistungsprüfung am 19. 02. 2009 folgende Befunde: Die Reaktionsschnelligkeit ist nicht normgerecht. Die reaktive und konzentrative Dauerbelastbarkeit ist eingeschränkt. Hin­sichtlich der Konzentrationsfähigkeit sind keine Einschränkungen abzuleiten. Die konzentrierte gezielte visuelle Wahrnehmungsfähigkeit ist befriedigend ausgeprägt. Die rasche und detailgetreue optische Überblicksgewinnung ist eingeschränkt. Die senso-motorische Koordinationsfähigkeit ist hinsichtlich der Schnelligkeit unbefriedigend ausge­bildet. Die Kurzzeitmerkfähigkeit und die kognitive Auffassungsfähigkeit sind befriedigend vorhanden.

Die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit ist derzeit deutlich eingeschränkt. In nicht antizipierbaren Gefahrensituationen, in denen die Lage schnell erfasst und folgerichtig reagiert werden muss, besteht die Gefahr eines problematischen Verkehrsverhaltens. Der Untersuchte verfügt allerdings über eine hohe Fahrpraxis und eine gravierende Verschlechterung im Vergleich zum Testbefund von 2007 ist nicht abzuleiten. In der Fahr­probe konnte der Untersuchte dann nicht zeigen, dass er seiner veränderten Leistungs­fähigkeit Rechnung trägt (z. B. angepasste Fahrgeschwindigkeit), vielmehr war sein Fahrstil für sein Alter als etwas riskant und unangemessen (vgl. Vorgeschichte: Untersuchungsanlass), wobei schon das Handling des Fahrzeugs durch den Untersuchten, trotz einer Berücksichtigung von prüfungsbedingten Fehlern, als nicht gut einzuschätzen ist. Außerdem wurden die Einschränkungen in der Überblicksgewinnung in der Fahrprobe bestätigt.

Im Vorfeld der Fahrprobe beschwert sich der Untersuchte mehrmals, dass man ihn wegen seines Alters schikaniere. Dies deutet auf eine uneinsichtige Haltung gegenüber einem natürlichen Abbau der Leistungsfähigkeit im Alter hin.

Die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit ist nicht mehr ausreichend gegeben."

 

Zusammenfassend stellte der Verkehrspsychologe fest, dass Herr S aus verkehrspsychologischer Sicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht mehr geeignet ist.

 

Unter Berücksichtigung des Ergebnisses der verkehrspsychologischen Untersuchung attestierte der Amtsarzt der Bundespolizeidirektion Linz in seinem Gutachten vom 27. April 2009, dass Herr S zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der Klassen B und F gesundheitlich nicht geeignet ist.

 

Über Ersuchen des Berufungswerbers wurde im Berufungsverfahren am 19. Mai 2009 unter Beiziehung eines gemäß § 125 KFG bestellten technischen Sachverständigen und Fahrprüfer nach dem FSG eine weitere Beobachtungsfahrt durchgeführt, welche im Befund und Gutachten des Amtes der Oö. Landesregierung, Direktion Straßenbau und Verkehr, Abteilung Verkehr vom 25. Mai 2009, Verk-394947/271-2009-Ang/Br, wie folgt beurteilt wurde:

 

"Aufgrund des dortigen Ersuchens vom 14.05.2009 wurde im Sinne der Terminvereinbarung am 19.05.2009 mit Ausgangsort Linz eine Beobachtungsfahrt nach den Bestimmungen des § 9 FSG 1997 i. V. m. § 1 FSG-GV 1997 durch den gem. § 125 KFG 1967 bestellten technischen Sachverständigen und Fahrprüfer nach dem FSG, Ing. M A, gemeinsam mit Herrn HR Mag. Alfred Kisch durchgeführt.

 

Zur Themenstellung der Fahreignung bzw. der Kompensation der in der verkehrspsychologischen Untersuchung dargelegten Einschränkungen im Rahmen der praktischen Fahrprobe, ergeht nachstehend Befund und Gutachten.

 

 

BEFUND:

 

Herr S W war im Besitz einer Lenkberechtigung der Führerscheinklasse B die derzeit entzogen ist. Die Lenkberechtigung war auf eine Umkreisbeschränkung von 120 km und eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h auf Autobahnen und 80 km/h auf Freilandstraßen eingeschränkt.

 

Die verkehrspsychologische Stellungnahme vom 20.03.2009 spricht eine Nichteignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen aus, wobei diese verkehrspsychologische Stellungnahme u. a. auf einer Fahrprobe beruht.

 

Die Beobachtungsfahrt wurde mit dem Fahrschul-Pkw der Fahrschule D, Type VW- Golf, Kennzeichen  durchgeführt, wobei Herr Ing. H die Fahrt in der Funktion des Fahrlehrers begleitete.

 

Die Beobachtungsfahrt wurde in der Form organisiert, dass der Treffpunkt am Übungsplatz der Fahrschule H in der Wankmüllerhofstraße vereinbart wurde. Im Zuge eines Vorgespräches wurde erörtert, dass Herr S vermeint jedenfalls auch in der Lage zu sein auch auf Autobahnen zu fahren. Er gibt an, sich in erster Linie mit seinem Pkw in letzter Zeit im Raum Pichling, Asten, Enns und Linz bewegt zu haben.

Die Beobachtungsfahrt, welche um 14:00 Uhr begann wurde daher in der Form organisiert, dass Herr S angewiesen wurde vom Übungsplatz der Fahrschule H in der Wankmüllerhofstraße zu seinem Wohnort zu fahren. Er gab auch an, dass ihm die Strecke geläufig sei. Im Bereich seines Wohnhauses hatte Herr S das Fahrzeug anzuhalten. Anschließend wurde erörtert, dass er des Öfteren nach Asten zum Einkaufen fährt. Er gab an, dass er zum "Merkurmarkt" fährt. Es wurde ihm daher als nächstes Fahrziel der Merkurmarkt angegeben, welcher sich jedoch (wie sich herausstellte) nicht in Asten sondern in Enns befindet. Herr S fuhr durch die verkehrsberuhigte Zone im Bereich seines Wohnortes zur B1 nach Asten und Enns wo er im Vorfeld angewiesen wurde, das Fahrzeug so wie er es bei einem Einkauf tun würde beim Merkurmarkt einzuparken. Beim Merkurmarkt wurde Herr S angewiesen, das restliche Stück bis zum Zentrum von Enns zu fahren und über die A1 bis zur Anschlussstelle Asten und zu seinem Wohnort zurückzufahren. Die Beobachtungsfahrt wurde letztlich um ca. 14:55 Uhr beendet.

 

Herr S gab zu Beginn der Fahrt an, dass er nicht über die Wienerstraße sondern über die Umfahrung Ebelsberg (Mona-Lisa-Tunnel) zu seinem Wohnort fahren wolle und wurde ihm die Fahrstreckenwahl freigestellt.

 

Am Beginn der Beobachtungsfahrt zeigte sich eine relativ sichere Fahrweise und wurde der Spurwechselvorgang auf die A7 und der Spurwechselvorgang in Richtung Voest-Knoten auf der A7 relativ problemlos bewältigt. Herr S führte mehrfache Spiegelblicke aus. Die Spurhaltung war weitgehend korrekt.

In Richtung Mona-Lisa-Tunnel würgte Herr S den Motor beim Anfahren an einer Verkehrslichtsignalanlage ab. Das anschließende gerade Straßenstück bewältigte er mit korrekter Spurhaltung. Beim Anfahren nach der nächsten Ampel begann er selbst ein Gespräch und lenkte sich dadurch ab. Er schaltete, was bisher noch nie passiert war vom ersten in den vierten Gang und merkte dies nicht. Beim Einfahren in den Mona-Lisa-Tunnel schaltete er das Abblendlicht nicht ein. Während der Durchfahrt durch den Tunnel bemerkte er dies offensichtlich aufgrund der nicht vorhandenen Armaturenbeleuchtung und suchte während der Fahrt den Lichtschalter, in Richtung seines Wohnortes zeigte sich in der verkehrsberuhigten Zone, dass er kaum Sicherungsblicke bei Kreuzungen anwandte und das Blickverhalten immer starrer wurde. In Richtung B1 befanden sich auf dem rechten Fahrstreifen zwei Baustellenfahrzeuge, auf weiche Herr S in der Form reagierte, dass er links blinkte, ohne Spiegelblicke nach links den Fahrstreifen wechselte und einen aus Richtung B1 entgegenkommenden Lenker eines Kastenwagens zum Anhalten zwang. Bei der Baustellenabsicherung (Fahrbahnsanierung auf der B1) reagierte Herr S nicht, er erkannte offensichtlich die Verkehrszeichen nicht und fuhr mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit in die 30 km/h Beschränkung mit Fräskante und abgefräster Fahrbahnoberfläche ein. Den anschließenden Freilandbereich befuhr er mit einer Geschwindigkeit von ca. 60 km/h. Beim Kreisverkehr in Asten fuhr er mit überhöhter Geschwindigkeit in Richtung Kreisverkehr bremste erst im letzten Moment und fuhr ohne jegliche Sicherungsblicke in den Kreisverkehr ein. Beim Ausfahren blinkte er korrekt recht. Beim anschließenden Kreisverkehr in Kristein zeigte sich ein ähnliches Verhalten, wobei er im dritten Gang mit für die Verhältnisse überhöhter Geschwindigkeit einfuhr.

In der Annäherung an den Merkurmarkt in Enns, den er offensichtlich mit Asten bezeichnete blickte er bereits von der B1 in Richtung des Marktes. Die beiden Abbiegevorgänge bewältigte er korrekt. Am Parkplatz orientierte er sich mühsam und stellt letztendlich den Pkw unter Benützung zweier Parkplätze ab. Beim rückwärts ausparken blickte er nur spärlich zurück. Anschließend nötigte er einen von rechts kommenden Fahrzeuglenker von einer weiteren Parkplatzzufahrt zum Anhalten. Das Blickverhalten wurde in dieser Phase der Fahrt immer starrer, beim Kreisverkehr in Enns blinkte er deutlich zu früh rechts und es zeigte sich kaum ein Überblick über das Verkehrsgeschehen im Kreisverkehr. Bei der Anschlussstelle der A1 wurde er von Herrn H angewiesen, in Richtung Linz - Salzburg zu fahren. In dieser Phase war er offensichtlich überfordert. Er beschleunigte zögerlich und drängte sich letztlich mit ca. 70 km/h vom Beschleunigungsstreifen auf den rechten Fahrstreifen der A1 auf welcher er eine Geschwindigkeit von ca. 80 - 90 km/h fuhr, sodass wir letztlich auch von Lkw's überholt wurden. Die Fahrtrichtungsänderung Richtung Anschlussstelle Asten zeigte er beim Vorwegweise 600 m vor der Ausfahrt bereits an und verringerte die Geschwindigkeit auf der A1 vor dem Ausfahren auf den Verzögerungsstreifen auf ca. 70 km/h.

Am Kreisverkehr in Asten fuhr er nicht in Richtung Asten (Herr S  hatte angegeben sich zuzutrauen die Strecke selbst zu finden und wurden daher auch keinerlei Anweisungen getroffen) sondern fuhr in Richtung Perg weiter. Als er dies bemerkte verringerte er ohne jegliche Spiegelblicke die Geschwindigkeit auf der geraden Freilandstrecke auf ca. 50 km/h und sagte, dass er sich verfahren hätte. Er wurde von Herrn H angewiesen sich eine Stelle zum Abbiegen zu suchen bzw. in der Folge konkret angewiesen, an der nächsten Kreuzung links abzubiegen. Er führte diesen ünksabbiegevorgang ohne jegliche Spiegelbiicke aus, war dabei offensichtlich überfordert und wurde von Herrn H wiederum angewiesen, an der nächsten Kreuzung wieder links abzubiegen. Dabei geriet er auf den linken Fahrstreifen was er erst nach ca. 30 m korrigierte und das Fahrzeug wieder nach rechts lenkte. Eine effektive Gefahrensituation ist durch die Verkehrsfreiheit dieser Stelle nicht entstanden.

Beim Befahren der Baustelle auf der B1 hielt er hinter einem Kastenwagen ohne Durchsicht auf den vorausfahrenden Verkehr einen sehr geringen Sicherheitsabstand von maximal 1 Sekunde über eine längere Strecke ein. An einer Kehrmaschine am rechten Straßenrand im Vorfeld der nächstgelegenen Baustelle fuhr er ohne jegliche Spiegelblicke vorbei obwohl hinter uns ein Lkw in relativ geringem Abstand nachfuhr. Im anschließenden Bausteilbereich war er offensichtlich vollständig überfordert und beachtete das Umfeld des Fahrzeuges kaum. Es zeigten sich keine Spiegelblicke und der Blick nach vorne wurde immer starrer. Im anschließenden Bereich auf der B1 begann Herr S wiederum selbst ein Gespräch und bremste bei einer Grün zeigenden Verkehrslichtsignalanlage ohne jeglichen Grund auf ca. 15 - 20 km/h ab. In der anschließenden verkehrsberuhigten Zone in Richtung seines Wohnortes überholte Herr S zwei Radfahrer ohne jegliche Spiegelblicke mit deutlich zu geringem Seitenabstand und absolut starrem Blick nach vorne.

Im Bereich seines Hauses hielt Herr S das Fahrzeug schließlich rechts an, wobei er einen allfälligen nachkommenden Verkehr aufgrund fehlender Spiegelblicke kaum gesehen hätte und den Blinker erst einschaltete als das Fahrzeug zum Stillstand gebracht wurde. Er würgte den Motor ab und wurde von Herrn H angewiesen das Fahrzeug abzusichern. Unmittelbare Gefahrensituationen sind nur durch den zufällig zustande gekommenen Verkehrsablauf, die defensive Fahrweise anderer Verkehrsteilnehmer und die Eingriffbereitschaft des Fahrlehrers nicht entstanden.

 

GUTACHTEN:

 

Aufgrund der Beobachtungsfahrt sind die Feststellungen in der verkehrspsychologischen Untersuchung unter Einbeziehung der durchgeführten Fahrprobe zu bestätigen und wird auch aus Sicht des technischen Sachverständigen und Fahrprüfers eine Nichteignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheinklasse B gesehen.

 

Die Beobachtungsfahrt ist in der Form zu bewerten, dass Herr S keinesfalls in der Lage ist die angeführten gesundheitlichen Einschränkungen durch besondere Routine sowie defensive und umsichtige Fahrweise auszugleichen."

 

Das Gutachten des verkehrstechnischen Amtssachverständigen wurde Herrn S im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht, er äußerte sich dem Inhalt nach darauf dahingehend, dass er nach wie vor vermeint, er sei gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen geeignet.

 

2.6. Nach freier Beweiswürdigung erachtet das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich, dass hinreichend Belege für die Annahme, Herr S sei aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr geeignet, Kraftfahrzeuge zu lenken, vorliegen. Die verkehrspsychologische Untersuchung hat ergeben, dass die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Untersuchung deutlich eingeschränkt war, Einschränkungen in diesem Bereich wurden auch schon bei früheren verkehrspsychologischen Untersuchungen attestiert. Der Aussage des Verkehrspsychologen liegt ein entsprechendes Untersuchungsverfahren zugrunde und ist diese auch insbesondere durch die einzelnen aufgenommenen verkehrspsychologischen Testbefunde schlüssig nachvollziehbar. Die Frage, ob die festgestellten Defizite im kraftfahrspezifischen Bereich durch die langjährige Fahrpraxis kompensiert werden könnten, hat nach der durchgeführten Fahrprobe im Rahmen der verkehrspsychologischen Untersuchung zu einem negativen Ergebnis geführt. Der Verkehrspsychologe zeigte die bei der Fahrprobe festgestellten Defizite im Zusammenhang mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges auf und kam zum Ergebnis, dass die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit nicht mehr ausreichend gegeben ist.

 

Auf Grund von Einwendungen des Herrn S gegen die Feststellungen des Verkehrspsychologen, insbesondere im Zusammenhang mit der durchgeführten Fahrprobe, wurde im Berufungsverfahren eine Beobachtungsfahrt durchgeführt und es ergab auch diese Beobachtungsfahrt kein positives Ergebnis. Der an der Beobachtungsfahrt teilnehmende KFZ-technische Amtssachverständige und Fahrprüfer stellte entsprechende Defizite fest, welche er in seinem Gutachten darlegte. Insbesondere ist hervorgekommen, dass den Ausführungen des Verkehrspsychologen hinsichtlich Fahrverhalten des Herrn S nicht widersprochen werden kann. Die Feststellungen des KFZ-technischen Amtssachverständigen und Fahrprüfers sind schlüssig, im Übrigen hat das erkennende Mitglied an der Beobachtungsfahrt teilgenommen und es ist auch unter diesem Aspekt den Ausführungen des Verkehrspsychologen sowie des KFZ-technischen Amtssachverständigen und Fahrprüfers nichts entgegen zu halten.

 

In Anbetracht der festgestellten Defizite im Bereich der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit, welche nunmehr auch durch die langjährige Fahrpraxis nicht mehr kompensiert werden können, konnte der Amtsarzt nur mehr eine gesundheitliche Nichteignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen feststellen. Das amtsärztliche Gutachten vom 27. April 2009 wurde somit auch der Berufungsentscheidung zugrunde gelegt.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

3.1. Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis Z4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken.

 

Gemäß § 3 Abs.1 FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften

         1.      die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,

         2.      die nötige Körpergröße besitzt,

         3.      ausreichend frei von Behinderungen ist und

         4.      aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische

                  Leistungsfähigkeit verfügt.

Kraftfahrzeuglenker müssen die für ihre Gruppe erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen gemäß den nachfolgenden Bestimmungen erfüllen. Um die gesundheitliche Eignung nachzuweisen, ist der Behörde ein ärztliches Gutachten gemäß § 8 Abs.1 oder 2 FSG vorzulegen.

 

Wie bereits oben dargelegt wurde, kam der Amtsarzt der Bundespolizeidirektion Linz unter Zugrundelegung einer verkehrspsychologischen Untersuchung des Berufungswerbers zum Ergebnis, dass dieser nicht mehr über die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfügt. Daraus resultiert, dass Herr S, jedenfalls zur Zeit, die gesetzlich gebotene gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht besitzt. Die Bundespolizeidirektion hat daher zu Recht entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung entzogen bzw. den Antrag auf Ausstellung eines Führerscheinduplikats (sonstige Verlängerung) abgewiesen.

 

3.2. Gemäß § 29 Abs.3 ist nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungsbescheides der über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellte Führerschein, sofern er nicht bereits abgenommen wurde, unverzüglich der Behörde abzuliefern.

 

Hierbei handelt es um eine zwingende gesetzliche Anordnung, der Berufungswerber wurde daher auch diesbezüglich nicht in seinen Rechten verletzt.

 

3.3. Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung (einer Berufung) ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

 

Die Teilnahme am Straßenverkehr durch Kraftfahrzeuglenker, welche die gesetzlichen Voraussetzungen hiefür nicht erfüllen, stellt grundsätzlich eine Gefährdung der öffentlichen Verkehrssicherheit dar. Es war somit Gefahr im Verzug, weshalb die Erstbehörde zu Recht der Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt hat.

 

4. Zusammenfassend wird festgestellt, dass Herr S durch den angefochtenen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt wird. Die Berufung musste daher als unbegründet abgewiesen werden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Mag. Alfred Kisch

 

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