Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300884/13/Fi/Eg/Se

Linz, 10.06.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Vizepräsident Mag. Dr. Johannes Fischer über die Berufung des J P, N, vertreten durch Rechtsanwältin Mag. S T-P, F, gegen die Spruchpunkte a) und b) des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmanns des Bezirks Freistadt vom 26. März 2009, GZ VetR96-9-2008, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Tierschutzgesetz, mit diesem Bescheid zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis im bekämpften Umfang [hinsichtlich der Spruchpunkte a) und b)] aufgehoben und das Verfahren in diesem Umfang eingestellt.

 

 

II.              Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten. Der Berufungswerber hat somit lediglich die Verfahrenskosten erster Instanz hinsichtlich des Spruchpunktes c) des angefochtenen Straferkenntnisses (das sind 10 % der verhängten Strafe, im ggst. Fall 5 Euro) zu tragen.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 21, 24, 45 Abs. 1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;

zu II: §§ 65 und 66 Abs. 1 und 2  VStG.


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit oben bezeichnetem Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Freistadt vom 26. März 2009, GZ. VetR96-9-2008, wurde der Berufungswerber (in der Folge: Bw) wie folgt für schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben zumindest bis zum 2. September 2008 den von Ihnen im Bereich des Hauses N gehaltenen drei Monate alten Terrier hinsichtlich Unterbringung und Betreuung in einer Weise vernachlässigt, dass für den Hund Schmerzen und Leiden entstanden sind, indem Sie

a)     ihn auf einem 10,6 großen Balkon inklusive Schutzhütte untergebracht hatten, obwohl ihm eine uneingeschränkt benutzte Fläche von 15 zur Verfügung hätte stehen müssen, und

b)     ihm zumindest am 2. September 2008 in der Zeit zwischen ca. 11.30 bis 12.30 Uhr kein Wasser zur Verfügung gestellt haben, obwohl er in seinem gewohnten Aufenthaltsbereich jederzeit mit Wasser in ausreichender Menge und Qualität versorgt sein muss.

c)     Ferner haben Sie zumindest bis zum 2. September 2008 als Hundehalter nicht dafür gesorgt, den Hund im Bereich des Hauses N eine Einfriedung mit einer Höhe von 1,8 m zur Verfügung stehen, da der Balkon mit einer Höhe von ca. 1 Meter hinsichtlich Höhe der Einfriedung nicht den Anforderungen der 2. Tierhaltungsverordnung entsprach.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

a) § 38 Abs. 1 Ziffer 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Ziffer 13 des Tierschutzgesetzes; BGBl. I Nr. 118/2004, in der Fassung BGBl. I Nr. 35/2008, in Verbindung mit § 3 Abs. 1 der 2. Tierhaltungsverordnung, BGBl. II Nr. 486/2004, in der Fassung BGBl. II Nr. 384/2007, und deren Anlage 1 Ziffer 1.4 Abs. 2;

b) § 38 Abs. 1 Ziffer 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Ziffer 13 des Tierschutzgesetzes; BGBl. I Nr. 118/2004, in der Fassung BGBl. I Nr. 35/2008, in Verbindung mit § 3 Abs. 1 der 2. Tierhaltungsverordnung, BGBl. II Nr. 486/2004, in der Fassung BGBl. II Nr. 384/2007, und deren Anlage 1 Ziffer 1.5 Abs. 1;

c) § 38 Abs. 3 des Tierschutzgesetzes, BGBl. Nr. 118/2004, in der Fassung BGBl. I Nr. 35/2008, in Verbindung mit § 3 Abs. 1 der 2. Tierhaltungsverordnung, BGBl. II Nr. 486/2004, in der Fassung BGBl. II Nr. 384/2007 deren Anlage 1 Ziffer 1.4. Abs. 3;

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

 

 

a) 125,00 Euro

b) 125,00 Euro

c)   50,00 Euro

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

 

6 Stunden

6 Stunden

4 Stunden

 

Gemäß

a) und b) § 38 Abs. 1 des Tierschutzgesetzes, BGBl. I Nr. 118/2004, in der Fassung BGBl. I Nr. 35/2008;

c) § 38 Abs. 3 des Tierschutzgesetzes, BGBl. I Nr. 118/2004, in der Fassung BGBl. Nr. 35/2008;"

Begründend führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der dienstlichen Wahrnehmung durch den Amtstierarzt der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 2. September 2008 in der Zeit von 11.30 bis 12.30 Uhr im Bereich des Hauses N feststehe.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig durch die Rechtsvertreterin des Bw erhobene Berufung vom 14.4.2009.

Darin macht der Bw im Wesentlichen mangelhafte Spruchfassung geltend und bringt vor, dass wesentliche Tatfragen nicht gelöst und die für die Subsumption notwendigen Sachverhaltsmerkmale offen gelassen wurden. Weder aus dem Spruch noch aus der Begründung ergebe sich, dass der Bw dem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt oder es in schwere Angst versetzt habe, weshalb bereits der objektive Tatbestand der von der Erstbehörde herangezogenen Rechtsvorschrift nicht erfüllt sei.

Insgesamt liege in rechtlicher Hinsicht keinesfalls eine Übertretung des § 5 Abs. 2 Ziff. 13 Tierschutzgesetz vor und seien dem Straferkenntnis keinerlei Feststellungen zu entnehmen, dass für das Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden entstanden seien. Bei dem vorgeworfenen Delikt handle es sich um ein Erfolgsdelikt und müsse gerade die Verwirklichung des verpönten Erfolges eingetreten sein, was nicht der Fall sei.

Aus den genannten Gründen wurde beantragt der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit Schreiben vom 20. April 2009, eingelangt beim Oö. Verwaltungssenat am 21. April 2009, die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Bezirkshauptmannschaft Freistadt zu Zl. VetR96-9-2008 sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 4. Juni 2009. An dieser Verhandlung nahmen der Bw und seine Rechtsvertreterin, der Vertreter der belangten Behörde, die Tierschutzombudsfrau sowie die Zeugen Amtstierarzt Dr. D und die Gattin des Bw, Frau P, teil.

2.3. Im Zuge der mündlichen Verhandlung schränkte der Bw seine Berufung auf die Spruchpunkte lit. a und b des bekämpften Straferkenntnisses ein und zog seine Berufung gegen den Spruchpunkt lit. c) zurück. Da das bekämpfte Straferkenntnis somit hinsichtlich Spruchpunkt lit. c) in Rechtskraft erwachsen ist, ist dem Unabhängigen Verwaltungssenat insoweit eine Überprüfung verwehrt und dieser Vorwurf nicht mehr Gegenstand dieses Verfahrens.

2.4. Aus dem vorliegenden Akt und dem Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

Dem Bw wurde zwar konkret vorgeworfen, den damals 3 Monate alten Hund hinsichtlich Unterbringung und Betreuung in einer Weise vernachlässigt zu haben, dass für den Hund Schmerzen und Leiden entstanden sind, jedoch hat das Beweisverfahren ergeben, dass dieser Vorwurf im erstbehördlichen Verfahren nicht erwiesen, sondern in den Fällen des § 5 Abs. 2 TSchG als gegeben (gesetzlich vermutet) angenommen wurde. Da sich diese Voraussetzungen auch im Berufungsverfahren nicht mehr erweisen ließen, regten die Amtspartei sowie die belangte Behörde die Stattgebung der Berufung an.

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

3.2. Gemäß § 5 Abs. 1 Tierschutzgesetz, BGBl. I Nr. 118/2004 idgF BGBl. I Nr. 35/2008 ist es verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen.

 

Nach§ 5 Abs. 2 Z. 13 leg.cit verstößt insbesondere gegen Abs. 1, wer die Unterbringung, Ernähung und Betreuung eines von ihm gehaltenen Tieres in einer Weise vernachlässigt, dass für das Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind oder es in schwere Angst versetzt wird.

 

Nach § 38 Abs. 1 Z. 1 TSchG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit einer Geldstrafe bis zu 7500 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 15000 Euro zu bestrafen, wer einem Tier entgegen § 5 Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zufügt.

 

 

3.3. § 5 Abs. 2 Z. 13 TSchG ist als Erfolgsdelikte konzipiert, dh dass auch die durch das Verhalten kausal herbeigeführte Folge (Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst) ein (zu beweisendes) Tatbestandsmerkmal darstellt (Binder/Fricks, Das österreichische Tierschutzrecht2 [2008] 47). Diese Voraussetzung ließ sich jedoch nicht erweisen.

 

Bei diesem Ergebnis war das Verwaltungsstrafverfahren (betreffend die Spruchpunkte lit. a und b des bekämpften Straferkenntnisses) gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG – wie auch von der Amtspartei und der belangten Behörde angeregt – einzustellen.

 

4. Bei diesem Ergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 65 VStG auch kein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat aufzuerlegen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Johannes Fischer

Rechtssatz:

 

VwSen 300884/13/Fi/Eg vom 10.6.2009

 

§ 5 Abs. 2 Z. 13 iVm § 38 Abs. 1 TSchG

 

§ 5 Abs. 2 Z. 13 TSchG ist als Erfolgsdelikte konzipiert, dh dass auch die durch das Verhalten kausal herbeigeführte Folge (Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst) ein (zu beweisendes) Tatbestandsmerkmal darstellt.

 

 

 

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