Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-240677/2/BMa/RSt

Linz, 26.06.2009

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des G G, vertreten durch S Rechtsanwälte GmbH gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Gmunden vom 21. April 2009, SanRB96-056-2008, wegen Übertretung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das bekämpfte Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Der Berufungswerber hat weder einen Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

 

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009, iVm §§ 24 und 51c Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009

 

zu II.: § 66 Abs.1 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

 

 

 

 

"Sie haben

Am

9.10.2008,

um (von – bis)

--- Uhr

in

G

als Verantwortlicher Beauftragter der L und somit Verantwortlicher im Sinne des § 9 VStG, in der L, mindestens eine Dose "Nixe Mexican Salad" zum baldigen Verkauf bereitgehalten und somit in Verkehr gebracht, obwohl, wie das Gutachten der Agentur für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Linz feststellt, die untersuchte Ware nicht sicher, d.h. gesundheitsschädlich oder für den menschlichen Verkehr ungeeignet war. Sie enthielt zwei Pappkartonstreifen (9 cm x 3 cm groß, Dicke 2 mm). Durch diesen Fremdkörper in der Probe ergab sich eine derart abwegige Beschaffenheit, wodurch die bestimmungsgemäße Verwendbarkeit nicht gewährleistet war.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 5 Abs.1 Ziff.1 und Abs.5 Ziff.2 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, BGBl. I Nr. 13/2006 i.d.F. BGBl. II Nr. 339/2008

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

 

200,00 Euro

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden

Freiheitsstrafe von

 

---

Gemäß

§ 90 Abs.3 Ziff.1 LMSVG, BGBl. I Nr. 13/2006 i.d.F. BGBl. II Nr. 339/2008

Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

---

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

20,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

41,25 Euro als Ersatz der Barauslagen für Lebensmitteluntersuchungskosten.“

 

1.2. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschuldigte sei den Beweis schuldig geblieben, dass stichprobenweise eine Überprüfung der gleichen Charge durchgeführt worden sei, was durch Art.14 Abs.6 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 eindeutig geregelt werde. Gehöre demnach ein nicht sicheres Lebensmittel zu einer Charge, einem Posten oder einer Lieferung von Lebensmitteln der gleichen Klasse oder Beschreibung, so sei davon auszugehen, dass sämtliche Lebensmittel in dieser Charge, diesem Posten oder dieser Lieferung ebenfalls nicht sicher seien. Die beigebrachten Gutachten würden nicht die Charge der beanstandeten Probe betreffen. Selbst wenn es sich um einen "bedauerlichen Einzelfall" gehandelt habe, sei doch eine Verwaltungsübertretung begangen worden. Die Verwaltungsübertretung sei durch die Zeugenaussage des Herrn E und das Gutachten der AGES bestätigt worden. Der Beschuldigte hätte mehrere Proben derselben Charge der die beanstandete angehört hat, untersuchen lassen müssen, damit gewährleistet sei, dass der Rest der Charge, des Postens oder der Lieferung sicher sei.

 

1.3. Gegen dieses, seinem Rechtsvertreter am 22. April 2009 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 6. Mai 2009 und damit rechtzeitig zur Post gegebene Berufung vom selben Tag.

 

1.4. Mit der Berufung wurde das Straferkenntnis angefochten. Begründend wurde ausgeführt, der dem Bw zur Last gelegte Tatvorwurf sei nicht nachgewiesen und der ihm zur Last gelegte Tatzeitpunkt nicht nachvollziehbar.

Für das Inverkehrbringen in einer L in Gmunden sei der Bw nicht verantwortlich, seine Verantwortung erstrecke sich ausschließlich auf das Zentrallager L. Der Tatvorwurf sei nicht gesetzmäßig konkretisiert, so entscheide sich die Behörde nicht dafür, ob das Lebensmittel gesundheitsschädlich oder für den menschlichen Verzehr ungeeignet sei. Den Bw treffe kein Verschulden. Durch Vorlage eines entsprechenden Gutachtens habe der Rechtsmittelwerber nachgewiesen, dass die Firma L ihren Untersuchungspflichten nachgekommen sei. Neben den eigenen Kontrollen würden entsprechende Bestätigungen der Verkehrsfähigkeit auch von den Lieferanten verlangt werden. Der vorliegende Mangel hätte nur dann entdeckt werden können, wenn man alle Dosen des gegenständlichen Lebensmittel geöffnet und untersucht hätte. So sei nicht nur die vom Hersteller und von der Firma L zur Untersuchung eingereichten Proben unbeanstandet geblieben, sondern auch 10 Vergleichsproben, welche die Lebensmittelaufsicht im Anschluss an die Parteienbeschwerde selbst gezogen habe. Ausserdem habe der Zeuge E bestätigt, dass die erste von zwei Dosen, die seine Freundin gekauft habe, nicht zu beanstanden gewesen sei.

 

Abschließend wurde der Antrag gestellt, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden zu SanRB96-056-2008. Es war durch ein Einzelmitglied zu entscheiden, weil weder eine primäre Freiheitsstrafe, noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde (§ 51c VStG). Da sich bereits aus dem vorgelegten Akt der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, konnte im Übrigen gemäß § 51e VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Der Berufungswerber ist Betriebsleiter der Niederlassung Lindach der L GmbH und verantwortlicher Beauftragter gem. § 9 VStG des gesamten Lagerbereichs dieser Niederlassung.

 

Am 9. September 2008 wurde von CE, eine Dose "Nixe Mexican Salad" mit der Charge 20/05/201210:15 in geöffnetem Zustand einem Lebensmittelaufsichtsorgan der AGES übergeben. Diese Ware wurde am
4. September 2008 bei der L um 11.30 Uhr erworben. In der Dose befanden sich zwei aufgeweichter Streifen Karton. Dadurch war die bestimmungsgemäße Verwendbarkeit des Lebensmittels nicht mehr gewährleistet.

Eine weitere von drei gleichzeitig gekauften Dosen "Nixe Mexican Salad" wurde am Freitag von H H verzehrt. Beim Verzehr der ersten Dose wurde keine abwegige Beschaffenheit festgestellt.

Bei der als amtliche Vergleichsprobe gezogenen Probe "Nixe Mexican Salad, Art. Nr. 2429" waren keine Beanstandungsgründe feststellbar.

 

Über die Herkunft oder die Art der Beschaffenheit des in der Dose befindlichen Kartons können keine Feststellungen getroffen werden. Es kann auch nicht festgestellt werden, zu welchem Zeitpunkt der Kartonstreifen in die Dose gelangt ist.

 

Vom Bw wurden Prüfberichte vom 22.Jänner 2009, 12. Februar 2009, 20. März 2008 und ein Prüfbericht in englischer Sprache vom 15. April 2008 sowie Auszüge aus zwei anderen Prüfberichten in französischer Sprache vom 9. September 2008 und 14. April 2008 vorgelegt. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass aus den vorgelegten Gutachten hervorgeht, dass das Produkt Nixe Mexican Salad von einwandfreier sensorischer, physikalischer, chemischer sowie mikrobiologischer Qualität ist. Waren gleicher Qualität sind im Rahmen der durchgeführten Analysen frei verkehrsfähig.

 

3.2. Die Feststellungen ergeben sich widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Akt.

 

3.3. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Weil die relevanten Rechtsvorschriften des LMSVG bereits im angefochtenen Erkenntnis wiedergegeben wurden, erübrigt sich eine nochmalige Zitierung.

 

Nach § 44a VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, unter anderem die als erwiesen angenommene Tat konkretisiert mit allen rechtserheblichen Merkmalen nach Ort und Zeit und die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, zu beinhalten.

Der VwGH hat in der Entscheidung vom 10. April 1991, Zl. 90/03/0283, in Zusammenhang mit § 44a erkannt:

„§ 44a Z1 VStG 1950 bestimmt, dass in einem Straferkenntnis der „Spruch“

(§ 44 Abs.1 Z6 leg.cit) „die als erwiesen angenommene Tat“ zu enthalten hat. Das heißt, dass die Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein muss, dass kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist. Der zitierten Rechtsvorschrift ist also dann entsprochen, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und

b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen des selben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem

§ 44a lit.a VStG 1950 genügt oder nicht genügt, mithin ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder als rechtswidrig erscheinen lässt. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen zu messendes sein (siehe hiezu das hg. Erkenntnis des verstärkten Senats vom 3. 10.1985, Slg. NF Nr. 11894/A).“

 

3.4. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, wurde die beanstandete Dose "Nixe Mexican Salad" am 4. September 2008 bei der L erworben. Der Bw ist verantwortlicher Beauftragter der L.  Sein räumlicher Zuständigkeitsbereich erstreckt sich auf den gesamten Lagerbereich der L.

 

Damit aber ist der Vorwurf im Straferkenntnis, er sei Verantwortlicher im Sinne des § 9 VStG für die L und habe dort am 9. Oktober 2008 eine Dose "Nixe Mexican Salad" zum baldigen Verkauf bereit gehalten, nicht nachvollziehbar. Eine Tatanlastung, die sich auf den Zuständigkeitsbereich des Rechtsmittelwerbers beziehen würde, war dem vorgelegten Akt nicht zu entnehmen. Damit aber war der Spruch des Straferkenntnisses hinsichtlich seiner Tatzeit und des konkreten Tatvorwurfs derart mangelhaft, dass das Straferkenntnis aufzuheben war.

Ein Eingehen auf das weitere Berufungsvorbringen erübrigt sich damit.

 

4. Gemäß § 66 Abs.1 VStG entfällt im Fall der Aufhebung des Strafausspruchs die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bergmayr-Mann

Für die Richtigkeit

der Ausfertigung:


Rechtssatz:

 

VwSen-240677/2/BMa/RSt vom 26. Juni 2009

 

§ 44a Z1 VStG 1950

 

Eine Tatanlastung, die sich auf den Zuständigkeitsbereich des Rechtsmittelwerbers beziehen würde, war dem vorgelegten Akt nicht zu entnehmen. Damit aber war der Spruch des Straferkenntnisses hinsichtlich seiner Tatzeit und des konkreten Tatvorwurfs derart mangelhaft, dass das Straferkenntnis aufzuheben war.

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum