Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281140/30/Wim/Ps

Linz, 30.06.2009

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des Herrn J K, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. M K, T, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 10. November 2008, Zl. 0003293/2008, wegen Übertretung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes und der Bauarbeiterschutzverordnung, nach öffentlichen mündlichen Verhandlungen am 23. März 2009 und 25. Mai 2009, zu Recht erkannt:

 

 

I.            Der Berufung wird keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt.

 

II.        Der Berufungswerber hat zusätzlich als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren 200 Euro zu leisten, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber wegen Übertretung des § 130 Abs.5 Z1 und § 118 Abs.2 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) iVm § 7 Abs.1 und 2 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 23 Stunden sowie ein 10%iger Verfahrenskostenbeitrag verhängt.

 

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen:

 

"Der Beschuldigte, Herr J K, geboren am, wohnhaft: E, P, hat folgende Verwaltungsübertretung als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der H GmbH mit dem Sitz in L, L, zu vertreten:

Am 6.11.2007 um ca. 11.00 Uhr war ein Arbeitnehmer der H GmbH auf der Baustelle 'Neubau von 7 Wohneinheiten in W, I GmbH' im Stiegenhaus von einem erhöhten Standplatz aus mit Betonierungsarbeiten beschäftigt, ohne dass Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen angebracht waren. Es bestand Absturzgefahr in das Stiegenhaus über einen Höhenunterschied von ca. 6 m."

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben und darin zusammengefasst im Wesentlichen vorgebracht, dass die Bauleitung beim gegenständlichen Bauvorhaben von Herrn Ing. R D wahrgenommen worden sei. Der betroffene Arbeitnehmer sei von der Bauleitung unterwiesen gewesen, die gegenständlich exponierte Tätigkeit erst nach Durchführung der notwendigen Sicherungsmaßnahmen und erfolgter Freigabe durch die Bauleitung vorzunehmen und hätten sich die notwendigen Sicherungsmittel auch bereits vor Ort befunden. Der Arbeitnehmer hätte jedoch entgegen diesen Anweisungen mit den Betonierungsmaßnahmen begonnen, wobei entgegen der Sachverhaltsdarstellung der belangten Behörde mit Blick auf die Absturzkante gearbeitet worden sei. Aufgrund des eigenmächtigen Handelns sei es weder dem verantwortlichen Bauleiter noch dem Berufungswerber möglich gewesen, die vorgeworfene Verwaltungsübertretung zu verhindern.

Durch den Bauleiter sei die betroffene Baustelle regelmäßig aufgesucht worden, jedoch selbst bei hypothetisch permanenter Überwachung sei nicht zu vermeiden, dass entgegen den Vorschriften der Arbeitnehmerschutzbestimmungen gehandelt werde, wenn ein Arbeitnehmer vorsätzlich oder zumindest aus Unbesonnenheit oder Leichtsinn oder entgegen den Anweisungen mit einer Arbeit beginne, die ein Zuwiderhandeln im Sinne des ASchG darstelle. Es könne somit weder dem Beschuldigten noch dem verantwortlichen Bauleiter ein fahrlässiges Handeln vorgeworfen worden.

Weiters wurde als Verfahrensmangel gerügt, dass von der Erstbehörde überhaupt keine Sachverhaltsermittlung vorgenommen worden sei und insbesondere die angebotenen Zeugen nicht einvernommen worden seien.

 

Weiters wurde auch die Strafhöhe bekämpft und vorgebracht, der Beschuldigte habe für zwei minderjährige Kinder Sorgepflichten und sei dies bei der Bemessung der Strafe jedenfalls zu berücksichtigen.

 

Es wurde daher beantragt, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben sowie das Strafverfahren einzustellen, in eventu die Geldstrafe entsprechend herabzusetzen.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Strafverfahrensakt sowie Durchführung von öffentlichen mündlichen Verhandlungen am 23. März 2009 und 25. Mai 2009, bei denen als Zeugen der angeführte Bauleiter des Berufungswerbers, der an der Baustelle anwesende Polier und der betroffene Arbeitnehmer sowie der anzeigende Arbeitsinspektor einvernommen wurden.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht von dem im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Sachverhalt aus. Es wurden auf einem provisorischen Gerüst aus aufgelegten Pfosten, auf denen sich Styroporpakete befanden, Betonierungsarbeiten durchgeführt, wobei nicht Richtung Absturzkante gearbeitet wurde und dabei eine Absturzhöhe von ca. 6 Metern durch einen ca. 40 cm breiten nicht abgedeckten Spalt in den noch nicht fertigen Stiegenhausbereich gegeben war.

 

3.3. Dies ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Verfahrensakt, insbesondere den darin befindlichen Lichtbildern sowie auch aus den Zeugenaussagen im Berufungsverfahren. So ergibt sich aus den Ausführungen des Zeugen Ing. D, der angegeben hat, dass die Absturzhöhe ca. 2,40 m betragen habe, dazu komme noch die Deckenstärke von 20 cm und das Styroporpaket, auf dem der Arbeitnehmer gestanden habe. Weiters hat er angegeben, dass der untere Stiegenplatz für die nach unten führende Stiege wieder eine Raumhöhe von in etwa 2,40 m hatte. Der Zeuge W hat angegeben, dass die Absturzhöhe von der Styroporoberkante bis zur Deckenoberkante zumindest 1,50 m betragen hat und der Vorarbeiter H hat eigentlich die genausten Angaben gemacht, wonach sich ebenfalls eine Absturzhöhe von ca. 1,70 m bis zur Deckenoberkante ergeben hat. Wenn hier die beiden Geschosse dazugerechnet werden, so ergibt sich eine Gesamtabsturzhöhe von rund 6 m.

Überdies hat der Zeuge H angegeben, dass zwischen den Pfosten und dem restlichen Stiegenauslass sich eine Breite von ca. 30 cm bis 40 cm zu den Pfosten ergeben hat. Dies wurde auch im Wesentlichen vom Zeugen Ing. D bestätigt, wonach sich aus der Stiegendurchlassbreite abzüglich der Pfostenbreite ein solcher freier Spalt ergibt. Auch der anzeigende Arbeitsinspektor hat dies im Wesentlichen bestätigt. Schon aus den Lichtbildern, aber auch aus den Aussagen ergibt sich, dass nicht in Richtung der Absturzkante gearbeitet wurde, da diese rückwärts bzw. seitlich des Styropors gelegen ist.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird zunächst auf die allgemeinen rechtlichen Ausführungen der Erstinstanz verwiesen.

 

Generell ergibt sich für die Übertretung ein Strafrahmen gemäß § 130 Abs.5 ASchG von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall von 290 Euro bis 14.530 Euro.

 

4.2. Nach den Sachverhaltsermittlungen ergibt sich eindeutig, dass die Tat objektiv erfüllt wurde, indem praktisch ohne entsprechende Absicherungen auf einem provisorischen Bockgerüst Betonierungsarbeiten gemacht wurden, wobei die Absturzhöhe ca. 6 m betragen hat. Dies wird im Grunde vom Berufungswerber auch nicht bestritten. Der objektive Verstoß gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften ist als erwiesen anzusehen.

Welche Betonierungsarbeiten im Einzelnen durchgeführt wurden, ob dies mit einer Betonpumpe erfolgt ist oder ob nur Restbeton aus einem Kübel verarbeitet wurde, ist für den Tatbestand der Übertretung nicht relevant, da dieser im ungesicherten Arbeiten besteht, nicht jedoch die genaue absturzgefährdete Tätigkeit umfasst.

 

4.3. Hinsichtlich des Verschuldens ist zunächst auszuführen, dass es sich bei den angeführten Übertretungen um sogenannte Ungehorsamsdelikte gemäß § 5 Abs.1 VStG handelt, bei denen Fahrlässigkeit dann ohne weiteres anzunehmen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Um ein Verschulden auszuschließen, muss der Berufungswerber ein entsprechend wirksames Kontrollsystem eingerichtet haben. Dazu hat er initiativ von sich aus darzulegen, dass er alle Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Die bloße Erteilung von Weisungen reicht nicht aus, sondern entscheidend ist deren wirksame Kontrolle.

 

Der Berufungswerber führt zu seiner Entlastung aus, dass alle Mitarbeiter unterwiesen waren und sich der betroffene Arbeitnehmer eigenmächtig über derartige Anordnungen hinweggesetzt hat. Überdies sei die Kontrolle der Baustelle durch seinen Bauleiter wöchentlich und zwar jeweils an einem Donnerstag erfolgt. Die Übertretung ist an einem Dienstag erfolgt. Die Mitarbeiter seien auch allgemein geschult und sei auch entsprechendes Sicherungsmaterial für die vollständige Abdeckung des Stiegendurchlasses vorhanden gewesen.

 

Dazu ist einerseits anzuführen, dass die Einsetzung von Bauleitern ohne Übertragung der Verantwortlichkeit im Sinne des § 9 VStG bzw. des § 23 AIG den Berufungswerber grundsätzlich nicht von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit entbindet. Ein bloßer Hinweis auf allgemeine Belehrungen bzw. auf vorhandenes Sicherungsmaterial oder auf ein eigenmächtiges Handeln des Arbeitnehmers reicht keinesfalls aus, hier ein wirksames und effizientes Kontrollsystem darzulegen, zumal auch ein entsprechender zeitlicher Abstand zwischen der letzten Baustellenkontrolle und dem Vorfall besteht. Gerade ein wirksames Kontroll- und Sanktionssystem sollte derartige eigenmächtige Vorgehensweisen des angetroffenen Arbeitnehmers verhindern. Überdies war auch der Polier auf der Baustelle tätig und hat das Kontrollsystem offensichtlich auch nicht dafür Sorge getragen, dass zumindest diesem die eigenmächtige Vorgehensweise des Arbeitnehmers auffällt und er diese rechtzeitig unterbindet.

 

Der Berufungswerber hat daher die Übertretung auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

4.4. Zur Strafbemessung ist anzuführen, dass dabei keine Mängel festgestellt werden können. So wurde zu Recht als straferschwerend eine Anmerkung im Strafregister des Magistrates Linz wegen einer Übertretung des ASchG angenommen.

Der Beschuldigte hat zu der ihm mitgeteilten Schätzung von einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.000 Euro sowie dem Nichtvorliegen von Sorgepflichten keine Äußerung abgegeben. Verweigert der Beschuldigte Angaben über seine Vermögensverhältnisse, so hat die Behörde diese einzuschätzen. Sollten dabei Umstände zum Nachteil des Beschuldigten unberücksichtigt bleiben, die ohne seine Mitteilung der Behörde nicht bekannt sein konnten, so hat sich dies der Beschuldigte selbst zuzuschreiben (vgl. VwGH vom 14.01.1981, Zl. 3033/80). Erst im Berufungsverfahren hat der Beschuldigte zwar wiederum keine Angaben zu seinem Einkommen gemacht, aber Sorgepflichten für zwei minderjährige Kinder angeführt. Selbst unter Berücksichtigung dieser Sorgepflichten ist die verhängte Strafe, insbesondere in Anbetracht auf die einschlägige Verwaltungsvorstrafe sowie die vorhandene Absturzhöhe und das damit verbundene erhebliche Verletzungsrisiko für den betroffenen Arbeitnehmer, wobei hier nicht ausgeschlossen werden kann, dass es sogar zu einem tödlichen Arbeitsunfall kommen könnte, auf jeden Fall gerechtfertigt. Es liegt beim Strafrahmen für die Wiederholung, der bis zu 14.530 Euro reicht, mit nicht einmal 7 % im absolut untersten Bereich und ist somit keinesfalls als überhöht anzusehen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

5. Der vorgeschriebene zusätzliche Verfahrenskostenbeitrag zum Berufungsverfahren ergibt sich aus den angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Leopold Wimmer

 

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