Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522307/2/Br/RSt

Linz, 24.06.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Ö U, geb.    , T, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 15. Juni 2009, Zl. VerkR21-486-2009/LL, zu Recht:

 

 

Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009 – AVG iVm § 7 Abs.3 Z6, § 7 Abs.4 und § 25 Abs.3 FSG Führerscheingesetz 1997, zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 31/2008 - FSG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Behörde erster Instanz hat im Anschluss einer dem Berufungswerber niederschriftlich zur Kenntnis gebrachten Beurteilung der Sach- u. Rechtslage nachfolgende mündlich verkündeter Bescheid erlassen:

"Seitens der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung in I. Instanz ergeht nachstehender

 

Spruch:

1. Herrn U Ö wird die von der BH Linz-Land am 9.5.2003 unter Zahl VerkR20-802-2003/LL für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung entzogen.

Rechtsgrundlage:

§ 24 Abs. 1 Führerscheingesetz 1997 - FSG, BGBl.Nr. 120/1997, idgF.

2. Gleichzeitig wird ausgesprochen, dass Herrn U Ö die Lenkberechtigung für den Zeitraum von

3 Monaten -

gerechnet ab 13.6.2009 (Ablauf des Vorentzuges), entzogen wird und vor Ablauf der Entziehungsdauer keine Lenkberechtigung erteilt werden darf.

Rechtsgrundlage:

§§ 25 Abs. 1 und 3, 3 Abs. 2 Führerscheingesetz 1997 - FSG, BGBl.Nr. 120/1997, idgF.

3. Herrn U Ö wird das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraft­fahrzeugen sowie Invalidenkraftfahrzeugen für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung verboten.

Rechtsgrundlage:

§§ 32 Abs. 1 Führerscheingesetz 1997 - FSG, BGBl.Nr. 120/1997, idgF.

4. Herrn U Ö wird für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Recht aberkannt, von einem allfällig ausgestellten ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen.

Rechtsgrundlage:

§§ 30 Abs. 1 und 32 1 Führerscheingesetz 1997 - FSG, BGBl.Nr. 120/1997, idgF.,

5. Die aufschiebende Wirkung einer allfällig eingebrachten Berufung wird aberkannt. Rechtsgrundlage:

§64 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG, BGBl. Nr. 51/1991, idgF

 

Begründung:

Gemäß § 24 Abs. 1 Führerscheingesetz 1997 - FSG, BGBl. Nr. 120/1997, idgF. ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 - 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs. 2 in den Führerschein einzutragen.

 

Eine Person gilt gemäß § 7 Abs.1 Führerscheingesetz 1997 - FSG, BGBl. Nr. 120/1997, idgF. dann als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1.  die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 32 Abs.1 Ziffer 1 Führerscheingesetz 1997 - FSG, BGBl. Nr. 120/1997, idgF. hat die Behörde Personen, die nicht im Sinne des § 7 FSG verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, unter Anwendung der §§ 24 Abs. 3 und 4, 25, 26 und 29 ent­sprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges

1. ausdrücklich zu verbieten,

2. nur zu gestatten, wenn vorgeschriebene Auflagen eingehalten werden, oder

3. nur für eine bestimmte Zeit oder nur unter zeitlichen, örtlichen oder sachlichen          Beschränkungen zu gestatten.

 

Gemäß § 7 Abs. 3 Führerscheingesetz 1997 - FSG, BGBl. Nr. 120/1997, idgF hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Absatz 1 insbesondere zu gelten, wenn jemand:

     ein Kraftfahrzeug lenkt

a) trotz entzogener Lenkberechtigung oder bestehenden Lenkverbotes oder trotz vorläufig abgenommenen Führerscheines oder

b) wiederholt ohne entsprechende Lenkberechtigung für die betreffende Klasse.

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

Sie haben It. Anzeige der PI Eggeisberg vom 29.9.2008 am 28.9.2008, um 14:20 Uhr, in Moosdorf, auf der B156 bis auf Höhe des Straßenkilometers 34,800 das KFZ, pol.KZ.    , gelenkt, obwohl Ihnen die Lenkberechtigung mit Bescheid der BH Linz-Land vom 28.7.2008, VerkR21-117-2007/LL, rechtswirksame Zustellung am 18.7.2008, entzogen worden war. Für diese Übertretung wurden Sie von der BH Linz-Land mit Straferkenntnis vom VerkR96-48029-2008 rechtskräftig bestraft.

 

Diese Übertretungen entsprechen jedenfalls der in § 7 Abs. 3 Ziff. 6 a) FSG, weshalb Sie derzeit noch als nicht verkehrszuverlässig anzusehen sind.

 

Gemäß § 25 Abs. 1 Führerscheingesetz 1997 - FSG, BGBl. Nr. 120/1997, idgF ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Endet die Gültigkeit der Lenkberechtigung vor dem Ende der von der Behörde prognostizierten Entziehungsdauer, so hat die Behörde auch auszusprechen, für welche Zeit nach Ablauf der Gültigkeit der Lenkberechtigung keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf.

 

Gemäß § 25 Abs. 3 Führerscheingesetz 1997 - FSG, BGBl. Nr. 120/1997, idgF. ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

Gemäß § 3 Abs. 2 Führerscheingesetz 1997 - FSG, BGBl. Nr. 120/1997 darf Personen, denen eine Lenkberechtigung mangels Verkehrszuverlässigkeit entzogen wurde, vor Ablauf der Entziehungsdauer keine Lenkberechtigung erteilt werden.

 

Gemäß § 7 Abs. 4 Führerscheingesetz 1997 - FSG, BGBl. Nr. 120/1997, idgF. sind für die Wertung der in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahr­zeuges entgegen einer behördlichen Verfügung nach Z 1, 2 oder 3 ist unzulässig. Eine solche Verfügung ist aufzuheben, wenn der Grund für ihre Erlassung nicht mehr gegeben ist.

 

Gemäß § 30 Abs. 1 kann Besitzern von ausländischen Lenkberechtigungen das Recht aberkannt werden, von Ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, wenn Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen. Die Aberkennung des Rechts, vom Führerschein Gebrauch zu machen, ist durch ein Lenkverbot gemäß § 32 FSG auszusprechen. Aufgrund des ausgesprochenen Entzuges der Lenkberechtigung ist Ihnen auch die Verwendung eines ausländischen Führerscheines in Österreich ausdrücklich zu verbieten.

 

Da Fahrzeuglenker mit mangelnder Verkehrszuverlässigkeit die öffentliche Verkehrssicherheit gefährden, war im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug einer gegen diesen Bescheid allenfalls eingebrachten Berufung gemäß § 64 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 die aufschiebende Wirkung abzuerkennen."

 

 

2.  Dem tritt der Berufungswerber mit der fristgerecht bei der Behörde erster Instanz eingereichten Berufung entgegen. Darin verweist er im Ergebnis auf die berufliche Abhängigkeit von seiner Lenkberechtigung und vermeint abschließend sich seit dieser Schwarzfahrt nicht mehr zu schulden kommen haben zu lassen.

 

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung konnte angesichts der unstrittigen Faktenlage unterbleiben (§ 67d Abs.2 Z1 AVG).

 

 

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Beischaffung eines Auszuges aus dem Führerscheinregister.

 

 

3.2. Betreffend die Faktenlage kann auf die eingangs genannten Feststellungen der Behörde erster Instanz verwiesen werden. Aus dem Verfahrensakt finden sich darüber hinaus keinerlei Kriterien für eine derzeit bestehende Verkehrsunzuverlässigkeit. Dem Berufungswerber ist daher zu folgen, wenn er vermeint er habe sich seither nichts mehr zu Schulden kommen lassen.

 

 

4. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Nach     § 7 Abs.1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand

         ...

     (3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.2 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand

     ...

6. ein Kraftfahrzeug lenkt;

     a) trotz entzogener Lenkberechtigung oder Lenkverbotes oder trotz vorläufig        abgenommenen Führerscheines oder

     b) wiederholt ohne entsprechende Lenkberechtigung für die

            betreffende Klasse;

     ...

     (4) Für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

     ...

     Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung

     Allgemeines

     ...

     Dauer der Entziehung

     § 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

     ...

     (3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.     

 

 

5.1. Was die gemäß § 7 Abs.4 FSG vorzunehmende Wertung dieser bestimmten Tatsache betrifft, so wird zunächst darauf hingewiesen, dass die Verkehrszuverlässigkeit ein charakterlicher Wertbegriff ist. Bei der Beurteilung werden jene Handlungen der Person, die nach außen hin in Erscheinung getreten und der Behörde zur Kenntnis gekommen sind, dahingehend analysiert und gewertet, ob in näherer oder fernerer Zukunft gleiche oder ähnliche Handlungen mit einiger Wahrscheinlichkeit erwartet bzw. befürchtet werden können und ob diese Handlungen für die allgemeine Verkehrssicherheit eine Gefahr darstellen.

Mit Blick auf die reichhaltige und kaum überblickbare Judikatur über die Prognosebeurteilung einer Verkehrs(un)zu-verlässigkeit, bilden letztlich Zeithorizonte und das (Wohl-)Verhalten während einer gewissen Zeitspanne für die Klärung dieser Frage den entscheidenden Faktor (Grundner / Pürstl, Kurzkommentar zum FSG, 2. Auflage, Seite 85, E28 u.29 mit Hinweis auf VwGH 24.8.1999, 99/11/0168).

         Der hier ausgesprochenen Entzug würde zum Ergebnis führen, dass der Berufungswerber insgesamt ein ganzes Jahr ab dem Lenken trotz entzogener Lenkberechtigung (Vorfall vom 29.9.2008) bzw. des abgenommen Führerscheins als verkehrsunzuverlässig anzusehen wäre. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der jüngsten Judikatur mit der Rechtslage nicht in Einlang zu bringen (vgl. VwGH 14. Mai 2009, Zl. 2009/11/0048-5).        

 

Der  angefochtene Bescheid ist demnach ersatzlos zu beheben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen  Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen  ab der  Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof  erhoben werden; diese  muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

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