Linz, 24.06.2009
E r k e n n t n i s
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Ö U, geb. , T, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 15. Juni 2009, Zl. VerkR21-486-2009/LL, zu Recht:
Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.
Rechtsgrundlagen:
§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009 – AVG iVm § 7 Abs.3 Z6, § 7 Abs.4 und § 25 Abs.3 FSG Führerscheingesetz 1997, zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 31/2008 - FSG
Entscheidungsgründe:
1. Die Behörde erster Instanz hat im Anschluss einer dem Berufungswerber niederschriftlich zur Kenntnis gebrachten Beurteilung der Sach- u. Rechtslage nachfolgende mündlich verkündeter Bescheid erlassen:
§64 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG, BGBl. Nr. 51/1991, idgF
Begründung:
2. Dem tritt der Berufungswerber mit der fristgerecht bei der Behörde erster Instanz eingereichten Berufung entgegen. Darin verweist er im Ergebnis auf die berufliche Abhängigkeit von seiner Lenkberechtigung und vermeint abschließend sich seit dieser Schwarzfahrt nicht mehr zu schulden kommen haben zu lassen.
3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung konnte angesichts der unstrittigen Faktenlage unterbleiben (§ 67d Abs.2 Z1 AVG).
3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Beischaffung eines Auszuges aus dem Führerscheinregister.
3.2. Betreffend die Faktenlage kann auf die eingangs genannten Feststellungen der Behörde erster Instanz verwiesen werden. Aus dem Verfahrensakt finden sich darüber hinaus keinerlei Kriterien für eine derzeit bestehende Verkehrsunzuverlässigkeit. Dem Berufungswerber ist daher zu folgen, wenn er vermeint er habe sich seither nichts mehr zu Schulden kommen lassen.
4. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:
Nach § 7 Abs.1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand
...
(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.2 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand
...
6. ein Kraftfahrzeug lenkt;
a) trotz entzogener Lenkberechtigung oder Lenkverbotes oder trotz vorläufig abgenommenen Führerscheines oder
b) wiederholt ohne entsprechende Lenkberechtigung für die
betreffende Klasse;
...
(4) Für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.
...
Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung
Allgemeines
...
Dauer der Entziehung
§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.
...
(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.
5.1. Was die gemäß § 7 Abs.4 FSG vorzunehmende Wertung dieser bestimmten Tatsache betrifft, so wird zunächst darauf hingewiesen, dass die Verkehrszuverlässigkeit ein charakterlicher Wertbegriff ist. Bei der Beurteilung werden jene Handlungen der Person, die nach außen hin in Erscheinung getreten und der Behörde zur Kenntnis gekommen sind, dahingehend analysiert und gewertet, ob in näherer oder fernerer Zukunft gleiche oder ähnliche Handlungen mit einiger Wahrscheinlichkeit erwartet bzw. befürchtet werden können und ob diese Handlungen für die allgemeine Verkehrssicherheit eine Gefahr darstellen.
Mit Blick auf die reichhaltige und kaum überblickbare Judikatur über die Prognosebeurteilung einer Verkehrs(un)zu-verlässigkeit, bilden letztlich Zeithorizonte und das (Wohl-)Verhalten während einer gewissen Zeitspanne für die Klärung dieser Frage den entscheidenden Faktor (Grundner / Pürstl, Kurzkommentar zum FSG, 2. Auflage, Seite 85, E28 u.29 mit Hinweis auf VwGH 24.8.1999, 99/11/0168).
Der hier ausgesprochenen Entzug würde zum Ergebnis führen, dass der Berufungswerber insgesamt ein ganzes Jahr ab dem Lenken trotz entzogener Lenkberechtigung (Vorfall vom 29.9.2008) bzw. des abgenommen Führerscheins als verkehrsunzuverlässig anzusehen wäre. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der jüngsten Judikatur mit der Rechtslage nicht in Einlang zu bringen (vgl. VwGH 14. Mai 2009, Zl. 2009/11/0048-5).
Der angefochtene Bescheid ist demnach ersatzlos zu beheben.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r