Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100261/8/Sch/Kf

Linz, 20.02.1992

VwSen - 100261/8/Sch/Kf Linz, am 20. Februar 1992 DVR.0690392 R R, E; Übertretung der StVO 1960 - Berufung

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine 3. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Johann Fragner sowie durch die Beisitzerin Dr. Ilse Klempt als Stimmführer und den Berichter Dr. Gustav Schön über die Berufung des R R vom 18. November 1991 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 31. Oktober 1991, VerkR-96/1/1991-Hä, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahrens eingestellt.

II. Es entfällt die Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z.1 VStG. Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Straferkenntnis vom 31. Oktober 1991, VerkR-96/1/1991-Hä, über Herrn R R, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 12.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 17 Tagen verhängt, weil er am 19. Dezember 1990 um 23.38 Uhr in S von der B kommend bis zur D, Haus Nr. , den PKW mit dem Kennzeichen gelenkt hat, wobei er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand. Weiters wurde er zum Ersatz der Kosten für das Alkomatmundstück in der Höhe von 10 S und zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 1.200 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eine Kammer zu entscheiden.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht notwendig, da bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat folgendes erwogen:

Der erstbehördliche Aktenvorgang wurde durch das Gutachten einer medizinischen Amtssachverständigen zur Frage der Alkoholisierung des Berufungswerbers zur Tatzeit ergänzt. Diese kommt zu folgendem Schluß:

"Geht man von den Trinkangaben in der Stellungnahme des Rechtsvertreters aus, hat Herr R in einem Zeitraum von 45 bis 60 Minuten einen Tee mit Rum und ein Seidel Bier konsumiert, wobei das Trinkende 5 Minuten vor dem Tatzeitpunkt gelegen ist (Tatzeit 23.38 Uhr, Trinkende 23.33 Uhr). Der um 00.06 Uhr mittels Alkomat gemessene Atemalkoholgehalt betrug 0,44 mg/l. Da die Tatzeit somit im Beginn der resorptiven Phase angenommen werden muß, kann vom ermittelten Alkoholgehalt nicht auf den Alkoholgehalt zur Deliktzeit rückgerechnet werden. Eine Rückrechnung ist nämlich nur bei abgeschlossener Resorption durchführbar. Es kann somit nicht mit Sicherheit angenommen werden, daß zum Tatzeitpunkt die rechtserhebliche 0,8 Promille bzw. 0,4 mg/l-Grenze bereits erreicht worden ist.

Grundsätzlich kann eine Alkoholbeeinträchtigung auch unter dieser gesetzlichen Grenze vorliegen und zwar im Fall der Anflutungsphase bei Sturz-Schlußtrunkbehauptung. Hier kommt es durch den Anflutungsreiz des Alkohols auf die Gehirnzellen bereits zu schweren Leistungseinbußen ab 0,2 bis 0,3 Promille Alkohol im Blut, die Beeinträchtigung ist dann mindestens so stark wie bei dem zu einem späteren Zeitpunkt gemessenen höchsten Blutalkoholgehalt. Eine Anflutungswirkung kann aber nur geltend gemacht werden, wenn größere Mengen Alkohol in kurzer Zeit, d.h. 10 bis maximal 30 Minuten vor der Tatzeit, konsumiert werden. Dies ist aber im gegenständlichen Fall wegen der ungenauen Trinkangaben nicht nachweisbar (im Alkoholerhebungsbogen ist nicht vermerkt, wieviel Rum in den Tee gegeben wurde und in welchem Zeitraum der Alkohol konsumiert wurde). Weiters kann im gegenständlichen Fall eine "Leistungseinbuße" aufgrund der Alkoholbeeinträchtigung nicht objektiv belegt werden, da weder eine klinische Untersuchung über alkoholbedingte psycho-physische Anfallserscheinungen (zur Tatzeit) vorliegt, noch ein Verkehrsunfall aufgrund der alkoholbedingten Störungen zustande gekommen ist (es handelt sich nur um eine Lenkerkontrolle)." Die Trinkverantwortung des Berufungswerbers konnte im konkreten Fall nicht widerlegt werden. Insbesonders gilt dies im Hinblick auf seine Verantwortung, das Trinkende sei unmittelbar vor Antritt der Fahrt gewesen. Die medizinische Amtssachverständige hatte daher in ihrem Gutachten hievon auszugehen und sohin waren die hiebei aufgetretenen Zweifel an der Alkoholisierung zur Tatzeit zugunsten des Berufungswerbers zu werten. Die vorliegende Entscheidung unter Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" hatte aufgrund der im konkreten Fall zusammentreffenden Faktoren (nicht gänzlich unglaubwürdige Trinkveranwortung, relativ großer Zeitraum zwischen Tatzeit und Alkomattest, relativ geringfügige Überschreitung des gesetzlichen Mindestwertes) zu erfolgen.

zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Fragner Dr. Klempt Dr. Schön

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