Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251722/23/Py/Ba

Linz, 19.06.2009

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn T K, E, W, gegen die Spruchpunkte 2., 5., 6. und 7. des Straferkenntnisses des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 15. Februar 2008, BZ-Pol-76006-2008, wegen Übertretungen nach dem Ausländerbeschäftigungs­gesetz (AuslBG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen  Berufungsverhandlung am 16. April 2009, zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die zu diesen vier Fakten verhängten Geldstrafen auf je 1.700 Euro (die Ersatzfreiheitsstrafen auf je 28 Stunden) herabgesetzt werden. Im Übrigen wird der Berufung hinsichtlich dieser Spruchpunkte keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis mit der Maßgabe, dass zu Faktum 2 und Faktum 5 die Wortfolge "in der Zeit von 21 Uhr bis 04 Uhr" zu entfallen hat, bestätigt.

 

 

II.     Der Kostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde verringert sich hinsichtlich dieser Spruchpunkte auf insgesamt 680 Euro. Zum Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat hat der Berufungswerber hinsichtlich dieser Spruchpunkte keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 64 und 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 15. Februar 2008, BZ-Pol-76006-2008, wurden über den Berufungswerber (in der Folge: Bw)  wegen Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs.1 Z 1 lit.a iVm § 3 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. 218/1975 idF BGBl.I Nr. 99/2006 mit Spruchpunkt 2., 5., 6. und 7. vier Geldstrafen in Höhe von je 2.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafen je 34 Stunden) verhängt. Gleichzeitig wurde dafür ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 800 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt bezüglich dieser Fakten folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben als Arbeitgeber im Nachtlokal 'B C', D,  W,

2. die rumänische Staatsbürgerin B K E, geb. , im Zeitraum von Anfang Oktober 2007 bis zumindest am 16.10.2007 (Zeitpunkt der Kontrolle) in der Zeit von 21 Uhr bis 04. Uhr und

5. die rumänische Staatsbürgerin M A G, geb. , seit ca. 08.10.2007 (It. eigenen Angaben 1 Woche) bis zumindest 16.10.2007 (Zeitpunkt der Kontrolle) in der Zeit von 21 Uhr bis 04 Uhr

6. die ungarische Staatsbürgerin P A, geb. , von 10.10.2007 bis zumindest am 16.10.2007 (Zeitpunkt der Kontrolle)

7. die ungarische Staatsbürgerin T M, geb. , in der Zeit von 01.10.2007 bis zumindest 16.10.2007 (Zeitpunkt der Kontrolle)

 

als Tänzerinnen in oa. Lokal beschäftigt, obwohl für diese Ausländerinnen weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder Niederlassungsnachweis ausgestellt wurde."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtslage aus, dass der spruchgegenständliche Sachverhalt am 17.1.2008 vom Finanzamt Wels angezeigt und eine Strafe in Höhe von je 4.000 Euro pro beschäftigter Tänzerin beantragt wurde. Die objektive Tatseite der im Spruch beschriebenen Verwaltungsübertretung sei aufgrund des angeführten Sachverhaltes (Angaben in der Anzeige des Finanzamtes Grieskirchen Wels, von den Tänzerinnen ausgefüllte Personenblätter) als erwiesen anzusehen.

 

Zur Strafhöhe wird ausgeführt, dass als strafmildernd die Unbescholtenheit des Bw gewertet werde, Erschwerungsgründe würden nicht vorliegen, weshalb bezüglich dieser Punkte die gesetzliche Mindeststrafe verhängt wurde.

 

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw eingebrachte Berufung vom 3. März 2008. Darin bringt der Bw vor, dass er zum Beweis dafür, dass die im Straferkenntnis genannten Damen selbstständig tätig waren, keine Weisungen erhielten, keine Eingliederung sowie Verständigungspflicht vorgelegen sei und sie nach Belieben kommen und gehen konnten, die Einvernahme der Damen unter Beiziehung eines Dolmetschers beantragt habe. Diese Beweisanträge würden nach wie vor aufrechterhalten. Die Damen seien nicht an Arbeitszeit oder Arbeitsort gebunden und es stehe ihnen frei, tageweise gänzlich fernzubleiben. In diesem Fall würde auch keine Verständigungspflicht bestehen. Es sei tatsächlich vorgekommen, dass die Damen ohne Vorankündigung fallweise überhaupt nicht ins Lokal gekommen sind. Die Damen waren auch nicht am Getränkeumsatz beteiligt und würden ausschließlich in Geschäftsverbindung zu den Kunden, die sie selbst ansprechen, stehen. Zu Tanzdarbietungen werden sie von den Gästen aufgefordert und nehmen diese Aufforderung an oder lehnen sie ab, wie es ihnen beliebt und je von Fall zu Fall. Das Entgelt für die Tanzdarbietung handeln die Damen selbst mit dem Gast aus und würden dies auch unmittelbar und vollständig vom Gast erhalten, weshalb die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt wird.

 

 

3. Mit Schreiben vom 6. März 2008 hat die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt. Da hinsichtlich der Spruchpunkte 2., 5., 6. und 7. im gegenständlichen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist hinsichtlich dieser Spruchpunkte der Unabhängige Verwaltungssenat durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied zur Entscheidung berufen (§ 51c VStG).

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 16. April 2009, die aufgrund des den Verfahren zugrunde liegenden sachlichen Zusammenhangs gemeinsam mit den Verfahren zu VwSen-251721 durchgeführt wurde. An der Verhandlung nahmen der Bw mit seinem Vertreter sowie ein Vertreter der Finanzverwaltung als Parteien teil. Als Zeugen wurden der an der Kontrolle beteiligte Beamte der Finanzverwaltung W S sowie die ungarischen Staatsangehörigen A G und M T und die rumänische Staatsangehörige I A B einvernommen. Zur Befragung der ausländischen Staatsangehörigen wurden Dolmetscherinnen der Verhandlung beigezogen. Die an die rumänische Staatsbürgerin A G M ergangene Zeugenladung wurde mit dem Vermerk "unbekannt" dem Unabhängigen Verwaltungssenat rückübermittelt. Die übrigen im Straferkenntnis angeführten ausländischen Staatsangehörigen konnten zur Berufungsverhand­lung mangels Vorliegen einer Zustelladresse nicht geladen werden.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw ist Betreiber der Go-Go-Bar "B C" in W, D.

 

In dieser beschäftigte er

 

die rumänische Staatsbürgerin B K E, geb. , von Anfang Oktober 2007 bis 16. Oktober 2007;

die rumänische Staatsbürgerin M A G, geb. , von 8. Oktober 2007 bis 16. Oktober 2007;

die ungarische Staatsbürgerin P A, geb. , von 10. Oktober 2007 bis 16. Oktober 2007;

die ungarische Staatsbürgerin T M, geb. , von 1. Oktober 2007 bis 16. Oktober 2007,

 

obwohl für diese Ausländerinnen keine arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen vorlagen.

 

Das Nachtlokal war von Montag bis Samstag in der Zeit von 21.00 Uhr bis 4.00 Uhr geöffnet, falls keine Gäste mehr im Lokal waren wurde ausnahmsweise auch schon früher geschlossen. Im Lokal befand sich eine Bühne, auf der die Tänzerinnen in abwechselnder Reihenfolge erotische Tanzvorführungen für die Gäste darboten.

 

Zwischen dem Bw und den Tänzerinnen war vereinbart, dass immer dann, wenn Gäste das Lokal betreten, eine Dame tanzt. Dafür erhielt jede von ihnen je Abend zwischen 30 und 40 Euro vom Bw bzw. vom Kellner ausbezahlt. Die Auszahlung erfolgte üblicherweise am Morgen nach Lokalschluss. Der Bw bzw. in seiner Vertretung der Kellner besprach mit den anwesenden Damen täglich zu Beginn den Abend durch. Die Damen konnten die Reihenfolge ihrer Auftritte selbst untereinander vereinbaren.

 

Im rückwärtigen Bereich des Lokals befand sich ein Table-Dance-Raum, in dem die Damen für interessierte Gäste Einzelvorführungen darboten. Der Richtpreis für eine Einzelvorführung lag bei 30 Euro, die die Damen direkt vom Gast kassierten und einbehielten. Für den Fall, dass einer der Gäste einen sogenannten "VIP-Gutschein für ein Table-Dance" vorweisen konnte, der vom Bw als Werbemaßnahme für das Lokal verteilt wurde, betrug der vom Gast für eine Einzelvorführung zu zahlende Preis an die Tänzerin lediglich 20 Euro. Als weitere Werbemaßnahme neben den VIP-Gutscheinen wurden vom Bw Flyer mit Fotos der Tänzerinnen angefertigt und verteilt. Zusätzlich wurden zu verschiedenen Themen Partyabende veranstaltet.

 

Es war vom Bw gewünscht, dass die Tänzerinnen aufreizend gekleidet sind und die Gäste zum Getränkekonsum animieren, jedoch konnte nicht festgestellt werden, dass die Tänzerinnen am Getränkeumsatz beteiligt waren. Einige der Damen wurden an den Bw über eine Agentur vermittelt, an die der Bw in diesem Fall – zusätzlich zu den 30 Euro, die er an die Tänzerin pro Abend auszahlte - 10 Euro pro Abend entrichtete.

 

Für die Benützung des Separee-Raumes für ihre Einzelvorführungen mussten die Tänzerinnen nichts an den Bw entrichten. Den Damen wurde über dem Lokal eine Wohnmöglichkeit zur Verfügung gestellt. Bei den Wohnmöglichkeiten handelte es sich um drei nicht versperrbare Zimmer, eine Gemeinschaftsküche und ein Gemeinschaftsbad mit direktem Zugang zum Lokal. Die Damen mussten für diese Wohnmöglichkeit keine Miete an den Bw entrichten. Erforderlichenfalls erledigte der Bw für die Tänzerinnen auch Behördengänge wie die polizeiliche Meldung. Falls eine der Tänzerinnen nicht kommen konnte/wollte, teilte sie dies dem Bw rechtzeitig mit.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und dem Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung vom 16. April 2009 und ist in dieser Form im Wesentlichen unbestritten. Der Bw selbst gab an, dass er bzw. in seiner Vertretung der Kellner den Damen pro Abend zwischen 30 und 40 Euro, je nach Können der Damen, für ihre Tanzvorführungen auf der Bühne ausbezahlt hat (vgl. Tonbandprotokoll Seite 2). Den Aussagen der einvernommenen Zeuginnen ist zu entnehmen, dass vom Bw auch der Preis für eine Tanzaufführung im Separee in Höhe von 30 Euro vorgegeben wurde (vgl. TBP S. 5: Zeugin B: "der Bw hat mir gesagt, dass ich pro Abend Anwesenheit 30 Euro bekomme. Für den Solotanz habe ich 30 Euro verlangt. Das habe nicht ich festgelegt ...festgelegt hat diesen Preis der Bw, das war aber mein Geld", Zeugin G: "das Fixum belief sich jeden Tag auf 30 Euro. Auch für einen Soloauftritt habe ich 30 Euro bekommen. Das war vorgegeben von Herrn K, dass man in der Solokabine 30 Euro für einen Tanz bekommt". Dies ist auch aus dem Umstand ersichtlich, dass der Bw selbst für diese Tanzvorführungen mittels "VIP-Gutschein" warb und darin eine Preisreduzierung von 30 auf 20 Euro als Werbemaßnahme zusagte. Der Umstand, dass die Damen auch am Getränkeumsatz beteiligt waren, wurde lediglich von der Zeugin A G in ihrer Aussage behauptet. Zwar machte die Zeugin einen sehr glaubwürdigen Eindruck, jedoch findet ihre diesbezügliche Angabe keinen Eingang in den als erwiesen feststehenden Sachverhalt, da der Bw das Bestehen eines Getränkeumsatzes glaubwürdig verneinte und im Übrigen die Bedingungen, unter denen die Damen in seinem Lokal tätig wurden, weitgehend in Einklang mit deren Aussagen glaubwürdig und nachvollziehbar darlegte. Die Zeugin M T gab glaubwürdig an, dass der Bw für sie die Abwicklung der polizeilichen Meldung vornahm und darüber informiert werden musste, wenn eine der Damen beabsichtigte, nicht zu kommen (vgl. TBP S. 7: "er hat gesagt, das mit dem Meldezettel muss erledigt sein, erledigt hat das aber er, ich habe ihm nur den Personalausweis gegeben" ..."Es hat nie geheißen, dass ich tanzen muss, ich musste nur einen Tag vorher Bescheid geben, wenn ich am nächsten Tag nicht kommen wollte").

 

Aufgrund der glaubwürdigen Aussage des Bw und der Zeugin T geht der Unabhängige Verwaltungssenat davon aus, dass im Lokal tatsächlich keine Umsatzbeteiligung der Damen am Getränkeumsatz vorlag (vgl. TBP S. 7: "Ich glaube nicht, dass andere Mädchen eine Umsatzbeteiligung bekommen haben, es war von Anfang an gesagt, es gibt ein Fixum und dann das Geld für den Tanz und dass wir für die Getränke keine Umsatzbeteiligung bekommen"). Die vom Bw in der Verhandlung beantragte Zeugeneinvernahme des Kellners über das Nichtvorliegen einer Umsatzbeteiligung der Tänzerinnen konnte daher entfallen, da dieser Umstand vom Unabhängigen Verwaltungssenat nicht in Zweifel gezogen wird.

 

Die einvernommenen Zeuginnen legten weiters glaubwürdig dar, dass sie die Bedingungen, unter denen sie ihrer Tätigkeit im Lokal des Bw nachgingen, mit diesem – unabhängig vom Vorliegen einer allfälligen Vermittlung über eine Agentur – aushandelten und vereinbarten.

 

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 idgF darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt. 

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)    in einem Arbeitsverhältnis,

b)    in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c)     in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeit nach § 3 Abs.5 leg.cit,

d)    nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e)    überlassener Arbeitskräfte im Sinn des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs.4 1. Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" (§ 8 Abs.2 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde; und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

5.2. Der Bw bestreitet nicht, dass die im Straferkenntnis angeführten Ausländerinnen in seinem Unternehmen als Go-Go-Tänzerinnen tätig waren. Er bestreitet jedoch die Anwendung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes mit dem Vorbringen, es habe sich dabei um eine selbstständige Tätigkeit gehandelt.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Frage, ob es sich um selbstständig und unselbstständig beschäftigte Personen nach Maßgabe des AuslBG handelt, zu prüfen, ob das konkrete und genau erhobene Gesamtbild der Tätigkeit, die eine Person im Auftrag und für Rechnung eines anderen leistet, so beschaffen ist, dass sich die betreffende Person im Verhältnis zu ihrem Auftraggeber wirtschaftlich in einer ähnlichen Situation befindet, wie dies bei einem persönlich abhängigen Arbeitnehmer typischerweise der Fall ist oder ob darüber hinaus eine persönliche Abhängigkeit vorliegt. Die Kriterien, die zur Bestimmung der wirtschaftlichen Unselbstständigkeit relevant sind, müssen nicht lückenlos vorliegen. Die Gewichtung der vorhandenen Merkmale im Gesamtbild entscheidet darüber, ob wirtschaftliche Unselbstständigkeit vorliegt oder nicht. Das Fehlen sowie auch eine schwache Ausprägung des einen Merkmales kann durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen werden (vgl. VwGH vom 14. Jänner 2002, Zl. 1999/09/0167).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach das Vorliegen einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit bei Tänzerinnen in Barbetrieben oder vergleichbaren Etablissements bejaht. Auch die im gegenständlichen Fall vorliegenden Sachverhalt ist von einer als zumindest in einem arbeitnehmer­ähnlichen Verhältnis erfolgten Beschäftigung im Sinn des § 2 Abs.2 AuslBG auszugehen. Zwar konnte der Bw im gegenständlichen Verfahren durchaus glaubwürdig darlegen, dass eine Beteiligung am Getränkeumsatz der Ausländerinnen nicht vorlag, jedoch sprechen insbesondere folgende Merkmale für das Vorliegen einer unselbstständigen Tätigkeit:

 

-         Den Ausländerinnen wurde täglich ein Entgelt von 30 bis 40 Euro für ihre Tanzdarbietung auf der Showbühne vom Bw zugesagt und bei Betriebs­schluss ausgezahlt.

 

-         Der Bw bzw. sein Vertreter sprach mit den Tänzerinnen täglich zu Arbeitsbeginn den Ablauf ab.

 

-         Vom Bw war eine Animiertätigkeit durch die Damen sowie das Tragen aufreizender Kleidung erwünscht.

 

-         Als Entgelt für einen Tanz im Separee wurde vom Bw ein Richtpreis von 30 Euro vorgegeben.

 

-         Der Bw traf entsprechende Werbemaßnahmen hinsichtlich der Auftritte der Tänzerinnen und konnten die Gäste im Rahmen dessen die von den Damen angebotenen Einzelvorführungen im Separee zu einem reduzierten Betrag in Anspruch nehmen, ohne dafür einen finanziellen Ausgleich durch den Bw zu erhalten.

 

-         Die Damen waren hinsichtlich ihrer Anwesenheit zwar nicht strikt an die Öffnungszeiten des Lokals gebunden, jedoch mussten sie ihr völliges Nichterscheinen beim Bw vorankündigen.

 

-         Den Damen wurde vom Bw in Räumlichkeiten über dem Lokal eine Schlafmöglichkeit durch unversperrbare Zimmer mit Gemeinschaftsräumen kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

Aufgrund der festgestellten Umstände in ihrer Gesamtheit ist daher im vorliegenden Fall, insbesondere angesichts der tatsächlich organisatorischen und wirtschaftlichen Verknüpfung mit dem Betrieb des Bw und die Steigerung der Attraktivität des vom Bw betriebenen Lokales durch die Tätigkeit der Ausländerinnen ihrem wahren wirtschaftlichen Gehalt nach von einer Beschäftigung im Sinn des § 2 Abs.2 AuslBG auszugehen. Daran ändert auch der Umstand, dass einige der Damen über eine Agentur an den Bw vermittelt wurden und diesbezügliche "Engagementverträge" vorgelegt wurden. Vom Bw wurde gar nicht vorgebracht – und hätte im Übrigen mit dem Ergebnis des Beweisverfahrens auch nicht in Einklang gebracht werden können –, dass es sich bei der Tätigkeit der Damen um eine künstlerische Tätigkeit gehandelt hat (vgl. dazu auch VwGH vom 21.10.1998, Zl. 98/09/0127). Nach § 2 Abs.2 und Abs.3 AuslBG ist Arbeitgeber auch derjenige, der im Rahmen des Dienstverhältnisses über die Arbeitskraft eines anderen verfügen kann. Für das Vorliegen einer Beschäftigung im Sinn des § 2 Abs.2 AuslBG ist es hinreichend, dass der Ausländer im Sinn eines der im § 2 Abs.2 lit.a bis lit.e AuslBG näher bezeichneten Tatbestände faktisch verwendet wird. Es ist daher unerheblich, ob bzw. allenfalls von wem ein formeller Arbeitsvertrag mit dem Ausländer geschlossen wird bzw. welchen Inhalt eine allenfalls darüber ausgefertigte Vertragsurkunde hat (VwGH vom 14.11.2002, Zl. 2000/09/0174).

 

Der objektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist daher als erfüllt zu bewerten. Allerdings konnte die im Spruch der Erstbehörde angeführte tägliche Beschäftigungsdauer entfallen, da es sich dabei um kein wesentliches Tatbestandsmerkmal handelt und darüber hinaus als Ergebnis des Beweisverfahrens ein striktes Tätigwerden der Damen innerhalb der Öffnungs­zeiten des Lokals nicht hervorgekommen ist.

 

5.3. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Es ist daher zu prüfen, ob sich der Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Der Bw konnte im Verfahren nicht glaubhaft machen, dass ihn an der Übertretung der gesetzlichen Bestimmungen kein Verschulden trifft. Aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung ist bekannt, dass die Beschäftigung eines Ausländers grundsätzlich einer verwaltungsbehördlichen Bewilligung bedarf (VwGH vom 20.5.1998, Zl. 97/09/0241). Es wäre daher jedenfalls Aufgabe des Bw gewesen, sich vor Aufnahme der Tätigkeit durch die Ausländerinnen bei der zuständigen Behörde über die entsprechende Rechtslage und die Rechtmäßigkeit der Beschäftigung der Ausländerinnen unter den konkreten Umständen zu erkundigen. Hinzu kommt, dass im Lokal des Bw bereits wenige Monate davor, nämlich am 10. Juli 2007, eine Kontrolle nach dem AuslBG stattfand und der Bw daher diesem Aspekt in Hinkunft besondere Aufmerksamkeit hätte widmen müssen.

 

Dem Bw sind daher die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen auch subjektiv vorwerfbar.

 

5.4. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Zur Strafbemessung ist auszuführen, dass aufgrund der Anzahl der beschäftigten Ausländerinnen der erhöhte Strafsatz des § 28 Abs.1 Z 1 AuslBG zur Anwendung gelangt. Hinsichtlich der Strafbemessung ist auch zu berücksichtigen, dass im Unternehmen des Bw bereits einige Monate davor eine Kontrolle nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz stattfand und ihm schon aufgrund dieser Kontrolle bekannt sein musste, dass die Beschäftigung der Tänzerinnen unter den vorliegenden Umständen eine Übertretung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes darstellt. Als mildernd ist demgegenüber die Unbescholtenheit des Bw sowie der Umstand, dass er den festgestellten Sachverhalt nicht bestreitet und wesentlich zur Wahrheitsfindung beitrug, sowie die lange Dauer des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens zu bewerten.

 

Diesbezüglich hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. Juni 2008, Zl. B304/07 ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004; 17.582/2005, 17.644/2005). Nicht eine lange Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis der staatlichen Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des EGMR).

 

Im gegenständlichen Verfahren sind seit der Tatbegehung und der Erlassung des Erkenntnisses des Oö. Verwaltungssenates nahezu zwei Jahre vergangen, was im Hinblick auf die im vorliegenden Fall gegebene Sach- und Rechtslage nicht mehr als im Sinn des Art. 6 Abs.1 EMRK zu qualifizierende noch gänzlich angemessene Verfahrensdauer gewertet werden kann. Dieser Umstand ist daher als Milderungsgrund iSd § 24 Abs.2 StGB bei der Strafbemessung entsprechend zu berücksichtigen, weshalb die nunmehr verhängten Geldstrafen unter Anwendung des § 20 VStG aufgrund des Überwiegens von Milderungsgründen etwas herabgesetzt werden konnten. Eine Anwendung des § 21 VStG scheidet jedoch aus, da die Tat nicht hinter dem delikttypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurückblieb und die kumulativen Voraussetzungen zur Anwendung des § 21 VStG nicht vorliegen.

 

 

6. Der Kostenersatz stützt sich auf die im Gesetz angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

 

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