Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252163/2/Gf/Mu/Bu

Linz, 07.07.2009

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof aus Anlass der Berufung der G B, E,
4 St. ..., vertreten durch die RA Dr. J L u.a., G,
4... S, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 8. Mai 2009, GZ 51757/2008, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungs­gesetzes zu Recht erkannt:

I.     Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die Höhe der Geldstrafe mit 400 Euro und jene der Ersatzfreiheitsstrafe mit 60 Stunden festgesetzt wird.

II.   Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 40 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kosten­beitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG; § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 8. Mai 2009, GZ 51757/2008, wurde über die Rechtsmittelwerberin eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 154 Stunden) verhängt, weil sie es als handelsrechtliche Geschäftsführerin einer GmbH zu verantworten habe, dass von dieser vom 1. Jänner 2008 bis zum 29. Oktober 2008 eine Person als gewerberechtlicher Geschäftsführer für den Bereich „Kraftfahrzeugtechnik“ bestellt gewesen sei, ohne dass dieser vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenver­sicherungsträger zur Pflichtver­sicherung aus der Krankenversicherung angemeldet worden sei, obwohl nach § 39 Abs. 2 der Gewerbeordnung ein gewerberechtlicher Geschäftsführer ein mit mindestens der Hälfte der Normalarbeitszeit im Betrieb beschäftigter Arbeiter sein und nach den entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen zur Sozialversicherung angemeldet werden muss. Dadurch habe sie eine Übertretung des § 33 Abs. 1 und Abs. 1a i.V.m. § 111 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl.Nr. 189/1955, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 31/2007 (im Folgenden: ASVG), i.V.m. § 39 Abs. 2 der Gewerbeordnung, BGBl.Nr. 194/1994, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 42/2008 (im Folgenden: GewO), begangen, weshalb sie nach § 111 ASVG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der ihr zur Last gelegte Sachverhalt von einem Organ des zuständigen Finanzamtes im Wege eines Datenabgleiches festgestellt worden sowie auf Grund der von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungen als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung sei ihre bisherige Unbescholtenheit als mildernd, der lange Zeitraum der unversicherten Beschäftigung jedoch als erschwerend zu werten gewesen; mangels entsprechender Mitwirkung seien ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse von Amts wegen zu schätzen gewesen.

1.2. Gegen dieses ihr am 25. Mai 2009 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 8. Juni 2009 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Darin bringt die Beschwerdeführerin zunächst vor, ausschließlich die Strafhöhe anzufechten. Im Detail führt sie dazu aus, dass in ihrem Fall die Milderungsgründe nicht entsprechend berücksichtigt worden seien. Denn die mangelnde Versicherung des Betroffenen sei lediglich die Folge eines Rechtsirrtums, der ihr unterlaufen sei. Darüber hinaus sei sie einsichtig und geständig. Zudem sei der  Zeitraum der unversicherten Beschäftigung deshalb zu relativieren, weil es offenkundig sei, dass viele andere Unternehmen oft Personen beschäftigen, die tatsächlich viel länger unversichert seien. Zudem habe es sich weder um eine vorsätzliche noch um eine in anderer Weise gravierende Tathandlung gehandelt. Auch sei bloß ein geringes Verschulden gegeben, weil sich ihr Fehlverhalten ausschließlich auf Fragen der Betriebsführung erstreckt hätte. Daher hätte die belangte Behörde insgesamt bloß eine gemäß § 20 VStG unterschrittene Mindeststrafe verhängen dürfen. Dass hierauf ein Rechtsanspruch bestehe, sei aber von der Erstbehörde völlig außer Acht gelassen worden. Mit Blick auf ihre bisherige Unbescholtenheit hätte hingegen auch die Erteilung einer bloßen Ermahnung ausgereicht, um sie künftig von weiteren derartigen Handlungen abzuhalten.

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses, in eventu die Erteilung einer Ermahnung bzw. eine Herabsetzung der Strafe beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Stadt Linz zu GZ 51757/2008; da sich bereits aus
diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – nachdem hier eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 111 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 33 Abs. 1 ASVG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungs­übertretung und ist nach § 111 Abs. 2 ASVG mit einer Geld­strafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro zu bestrafen, der als Dienstgeber eine von ihm beschäftigte, in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person nicht vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anmeldet.

3.2. Im gegenständlichen Fall wurde im angefochtenen Straferkenntnis eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro, also mehr als die Mindeststrafe für eine Tatbegehung im Erstfall verhängt.

3.2.1. Aus der einleitenden Formulierung "unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes" in § 111 Abs. 2 ASVG ergibt sich grundsätzlich, dass auch für jene nach § 111 Abs. 1 ASVG zu ahndenden Übertretungen im Erstfall die Vorschriften über die außerordentliche Milderung der Strafe (§ 20 VStG: Unterschreiten der Strafuntergrenze bis zur Hälfte) bzw. über ein Absehen von der Strafe unter allfälliger gleichzeitiger Ermahnung (§ 21 VStG) in vollem Umfang zum Tragen kommen sollen, d.h. bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen im Zuge der Strafbemessung auch zwingend berücksichtigt werden müssen. Konträr dazu ordnet jedoch diese Vorschrift im Weiteren an, dass die Geldstrafe im Falle eines geringfügigen Verschuldens und unbedeutender Tatfolgen bis auf 365 Euro herabgesetzt, damit also die Strafuntergrenze bis zur Hälfte unterschritten werden kann. Insgesamt würde dies systematisch bedeuten, dass selbst dann, wenn die Voraussetzungen des § 21 VStG vorliegen, nicht vollständig von der Verhängung einer Strafe abgesehen, sondern lediglich eine außer­ordentliche Strafmilderung vorgenommen werden könnte. Wie sich aus den Gesetzesmaterialien (77 BlgNR, 23. GP, S. 4) einerseits sowie unter offenkundig gleichzeitig gebotener Zugrundelegung einer im Hinblick auf die Bedarfskompetenz des Art. 11 Abs. 2 B-VG (von der nur bei einer entsprechend begründeten Erforderlichkeit abgewichen werden könnte) verfassungskonformen Interpre­tation insgesamt ergibt, ist diese Anordnung jedoch nicht im Sinne eines echten Widerspruches – der im Ergebnis die Anwendbarkeit der §§ 20 und 21 VStG ausschließen würde – gemeint, sondern vielmehr dahin zu verstehen, dass der Strafbehörde hiedurch (in überflüssiger Weise, weil bei geringfügigem Verschulden und unbedeutenden Tatfolgen schon gemäß § 21 VStG nicht bloß die Strafuntergrenze zu unterschreiten, sondern vielmehr zwingend [vgl. z.B. VwGH v. 21. Oktober 1998, Zl. 96/09/0163; v. 19. September 2001, Zl. 99/09/0264] überhaupt von der Verhängung einer Strafe abzusehen ist) lediglich eine dritte Handlungsalternative eingeräumt werden sollte.

Aus all dem folgt, dass im Ergebnis auch im Falle einer Übertretung gemäß § 111 Abs. 1 ASVG im Zuge der Strafbemessung zunächst zu prüfen ist, ob gemäß § 21 VStG die Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe vorliegen; wenn dies nicht zutrifft, so ist noch darüber hinaus zu untersuchen, ob nach § 20 VStG eine Unterschreitung der Strafuntergrenze geboten ist.

3.2.2. Im gegenständlichen Fall ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass die Folgen der Übertretung angesichts des langen Zeitraumes der unver­sicherten Beschäftigung nicht unbedeutend sind und von keinem geringen Verschulden auszugehen ist.

Auch der Oö. Verwaltungssenat ist der Auffassung, dass die Straflosigkeit einer Missachtung der in § 33 Abs. 1 ASVG positivierten Meldepflicht eine weit­reichende Beispielswirkung nach sich ziehen könnte, die in Dienstgeberkreisen zu einer generellen Gleichgültigkeit bis hin zu einer prinzipiellen Missachtung dieser Obliegenheit solange, bis eine behördliche Beanstandung erfolgt, führen könnte. Unter diesem generalpräventiven Gesichtspunkt kann daher nicht die Rede davon sein, dass die hier über mehr als zehn Monate währende Nichtanmeldung eines Dienstnehmers – wobei hinzukommt, dass der gesetzwidrige Zustand offenkundig ohnehin nur aus Anlass der behördlichen Kontrolle beendet wurde – keine oder lediglich unbedeutende Folgen nach sich gezogen hätte.

3.2.3. Im Zuge der Prüfung der Frage, ob gemäß § 20 VStG eine Unterschreitung der gesetzlichen Strafuntergrenze in Betracht kommt, sind die Milderungs- gegenüber den Erschwerungsgründen abzuwägen, wobei Erstere die Letzteren beträchtlich überwiegen müssen.

Im vorliegenden Fall ist die Beschuldigte 57 Jahre alt und nach Ausweis des von der belangten Behörde vorgelegten Aktes bislang verwaltungsstrafrechtlich völlig unbescholten, was aus spezialpräventiven Gründen zu ihren Gunsten zu berücksichtigen ist. Unter weiterer Berücksichtigung des Umstandes, dass die Rechtsmittelwerberin einsichtig und geständig ist sowie die angelastete Tat offensichtlich auch keine bedeutenden Folgen nach sich gezogen hat, kommt der Oö. Verwaltungssenat zum Ergebnis, dass selbst angesichts des relativ langen Tatzeitraumes gesamthaft betrachtet eine außerordentliche Strafmilderung grundsätzlich gerechtfertigt ist.

All dies berücksichtigend findet es der Oö. Verwaltungssenat daher im vor­liegenden Fall als in gleicher Weise tat- und schuldangemessen, die Höhe der Geldstrafe mit 400 Euro und davon ausgehend jene der Ersatzfreiheitsstrafe mit 60 Stunden festzusetzen.

3.3. Insoweit war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben; im Übrigen war diese hingegen schon deshalb als unbegründet abzuweisen, weil die vorliegende Beschwerde ausdrücklich auf die Strafhöhe eingeschränkt wurde.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde nach § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf 40 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat war hingegen gemäß § 65 VStG kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

Rechtssatz:

 

VwSen-252163/2/Gf/Mu/Bu vom 7. Juli 2009:

 

wie VwSen-251936/2/Gf/Mu/Ga vom 3. Oktober 2008

 

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