Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-420241/5/Gf/Km

Linz, 27.08.1998

VwSen-420241/5/Gf/Km Linz, am 27. August 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde des A A, vertreten durch RA Dr. M H, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck am 12. Juli 1998 zu Recht erkannt:

I. Die am 12. Juli 1998 in der Zeit zwischen 19.35 Uhr und 22.30 Uhr in Königswiesen an der Person des Beschwerdeführers zu einem Zeitpunkt, als sich dieser noch in bewußtlosem Zustand befand, über Aufforderung eines Sicherheitsorganes von einem Gemeindearzt durchgeführte Blutabnahme wird als rechtswidrig festgestellt.

II. Der Bund (Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) hat dem Beschwerdeführer Kosten in Höhe von 8.400 S zu ersetzen.

Rechtsgrundlage: § 67c Abs. 4 AVG; § 79a AVG.

Begründung:

1. Mit einem am 12. August 1998 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebenen Schriftsatz hat der Rechtsmittelwerber beim Oö. Verwaltungssenat eine auf Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG i.V.m. § 67a Abs. 2 Z. 1 AVG gestützte Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck am 12. Juli 1998 erhoben.

Darin bringt der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, daß ihm am 12. Juli 1998 im Gefolge eines Verkehrsunfalles in K über Anordnung eines Gendarmerieorganes vom Gemeindearzt von S Blut abgenommen worden sei, obwohl er zu diesem Zeitpunkt noch bewußtlos gewesen wäre; anschließend sei diese Blutprobe zu Beweissicherungszwecken beschlagnahmt worden.

Da der Beschwerdeführer dadurch in seinem durch Art. 8 Abs. 1 MRK verbürgten Recht auf Achtung des Privatlebens verletzt worden sei, wird die Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Maßnahme begehrt.

2. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 24. August 1998, Zl. VerkR21-656-1998, eine Gegenschrift erstattet.

Darin wird vorgebracht, daß das einschreitende Sicherheitsorgan die zur Beweissicherung im gerichtlichen Strafverfahren unumgängliche Blutabnahme wegen des dringenden Verdachtes der Alkoholisierung des Beschwerdeführers veranlaßt und in der Folge der Untersuchungsrichter des Landesgerichtes Wels deren Auswertung angeordnet habe.

Daher wird - erschließbar - die Abweisung der Beschwerde beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck zu Zl. VerkR21-656-1998; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und mit der gegenständlichen Beschwerde lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wird, konnte im übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat über die vorliegende Beschwerde erwogen:

4.1. Aus der Stellungnahme des einschreitenden Sicherheitsorganes des GP St. Georgen vom 21. August 1998, Zl. P-623/98, geht hervor, daß ein Auftrag des Untersuchungsrichters des LG Wels zur Sicherung der entnommenen Blutprobe erst am 13. Juli 1998 um 8.30 Uhr erteilt wurde und sich dieser inhaltlich nur auf die Veranlassung der Untersuchung derselben bezog ("Beschlagnahmebefehl").

Die hier in Rede stehende Blutabnahme erfolgte jedoch bereits am 12. Juli 1998 zwischen 19.35 Uhr und 22.30 Uhr über alleinige Veranlassung des einschreitenden Sicherheitsorganes; dieses wurde sohin aus eigener Macht tätig, sodaß zu diesem Zeitpunkt jedenfalls ein behördliches - und nicht etwa ein der Gerichtsbarkeit zuzurechnendes - Handeln vorlag.

Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist die gegenständliche Maßnahme sohin zulässig.

4.2. Im vorliegenden Fall steht - allseits unbestritten - fest, daß dem sich als Folge eines Verkehrsunfalles noch im Zustand der Bewußtlosigkeit befindlichen Beschwerdeführer Blut abgenommen wurde, um auf diese Weise dessen Alkoholgehalt zum Unfallzeitpunkt bestimmen zu können.

In diesem Zusammenhang hat der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 6. Dezember 1988, B 1092/87 (= VfSlg 11923/1988), ausgesprochen, daß eine derartige Vorgangsweise einen Eingriff in das durch Art. 8 Abs. 1 MRK verfassungsgesetzlich geschützte Recht auf Privatleben darstellt, wobei die Bestimmung des § 5 Abs. 6 der Straßenverkehrsordnung, BGBl.Nr. 159/1960, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 92/1998, (im folgenden: StVO) diesen i.S.d. Art. 8 Abs. 2 MRK nicht zu tragen vermag.

Aber auch eine andere, die Eingriffsermächtigung des Art. 8 Abs. 2 MRK ausführende gesetzliche Grundlage als Deckung für eine derartige Vorgangsweise läßt sich nicht finden.

Insbesondere enthält auch die Strafprozeßordnung - entgegen der Auffassung der belangten Behörde - keine spezifische Regelung dergestalt, daß ein derartiger, zum Zweck der "Beweissicherung im gerichtlichen Strafverfahren unumgänglicher" Eingriff allein schon deshalb per se zulässig wäre, im Gegenteil: Eine solche Ermächtigung müßte - weil gegen das in Art. 90 Abs. 2 B-VG positivierte Anklageprinzip verstoßend - selbst (wie § 5 Abs. 6 StVO) im Verfassungsrang stehen (vgl. in diesem Sinne VfSlg 11923/1988, 650).

4.3. Läßt sich somit aber keine Rechtsgrundlage i.S.d. Art. 8 Abs. 2 MRK für den hier in Rede stehenden Eingriff - Blutabnahme im Zustand der Bewußtlosigkeit - in das Recht auf Achtung des Familienlebens finden, war der vorliegenden Beschwerde sohin gemäß § 67c Abs. 4 AVG stattzugeben und die Rechtswidrigkeit dieser Maßnahme festzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Beschwerdeführer gemäß § 79a AVG i.V.m. § 1 Z. 1 Aufwandersatzverordnung UVS Kosten in Höhe von 8.400 S zuzusprechen. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. G r o f

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde zurückgewiesen;

VwGH vom 26.07.2002, Zl.: 99/02/0316-6

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum