Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164149/7/Zo/Jo

Linz, 14.07.2009

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn C G, geb. , W, vom 24.03.2009, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 18.03.2009, Zl. VerkR96-4177-2007, wegen einer Übertretung der StVO nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 07.07.2009 zu Recht erkannt:

 

 

I.          Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 45 Abs.1 Z1 VStG;

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 23.06.2007 um 11.20 Uhr als Lenker des Linienbusses mit dem Kennzeichen  in Ansfelden nächst dem Haus Traunuferstraße Nr.  zwei Fußgänger, die sich auf dem Schutzweg befanden, das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn nicht ermöglicht habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 9 Abs.2 StVO 1960 begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.2c Z1 StVO eine Geldstrafe in Höhe von 80 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 8 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Berufungswerber geltend, dass er diese Stelle mehrmals am Tag mit angepasster Geschwindigkeit befahre. Er wisse, dass sich dort ein Kindergarten befinde, weshalb er entsprechend langsam fahre. Er sei ein gewissenhafter Busfahrer und habe noch nie eine Verkehrsübertretung begangen.

 

An den Vorfall könne er sich nach zwei Jahren nicht mehr genau erinnern, er wisse bloß noch, dass es ein Problem mit einem Mann gegeben habe. Auf die Aufforderung zur Rechtfertigung von der Bezirkshauptmannschaft Freistadt habe er nicht reagiert, weil er bereits eine schriftliche Verständigung von der Einstellung des Verfahrens erhalten habe.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Freistadt hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 07.07.2009. An dieser hat der Berufungswerber teilgenommen, die Erstinstanz war entschuldigt. Als Zeuge wurde der damalige Anzeiger, Herr M K befragt.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte zur Vorfallszeit den Linienbus mit dem Kennzeichen  auf der Traunuferstraße in Richtung Linz. Ungefähr zur gleichen Zeit wollte der Anzeiger, Herr K mit seiner damals dreijährigen Tochter den Schutzweg überqueren.

 

Zu den örtlichen Gegebenheiten ist festzuhalten, dass sich auf der Traunuferstraße in jeder Fahrtrichtung ein Fahrstreifen befindet und die Fahrbahn beim gegenständlichen Schutzweg durch eine Mittelinsel getrennt ist. Auf Höhe des Schutzweges befindet sich südlich der Traunuferstraße ein Kindergarten, ca. 50 bis 70 m weiter ist jene Bushaltestelle, in welcher der Lenker des Linienbusses angehalten hat.

 

Strittig ist, wo sich der Anzeiger mit seiner Tochter zu jenem Zeitpunkt befunden hat, als der Berufungswerber mit seinem Linienbus den Schutzweg überquerte. Dazu gab der Berufungswerber in seiner Einvernahme am 17.07.2007 bei der Polizei Ansfelden an, dass er ca. 20 m vom Schutzweg entfernt gewesen sei, als er den Mann mit seinem Kind auf der anderen Straßenseite auf dem Gehsteig gesehen habe. Zu diesem Zeitpunkt hätten sich die Beiden aber noch nicht auf Höhe des Schutzweges befunden. Als er den Schutzweg erreicht hatte, hätten die beiden Personen auf der Gegenfahrbahn gerade den Schutzweg betreten. Sie hätten sich noch nicht auf der Schutzinsel befunden, als er den Schutzweg überquert hatte. Er sei wesentlich langsamer als 50 km/h gefahren, weil er den Schutzweg kenne und in weiterer Folge bei der Haltestelle angehalten habe. Bei der Haltestelle sei dann dieser Mann zu ihm gekommen und habe ihn beschimpft.

 

Bei der mündlichen Berufungsverhandlung gab der Berufungswerber an, dass er sich an den Vorfall überhaupt nicht mehr erinnern könne, er erkannte auch den als Zeugen geladenen Anzeiger nicht mehr. Dieser führte zum Sachverhalt aus, dass er den Schutzweg überqueren wollte, wobei er seine damals dreijährige Tochter an der Hand gehalten  habe. Sie seien an der nördlichen Seite der Straße gestanden und der aus Richtung Linz kommende Verkehr habe bereits angehalten, weshalb sie den Schutzweg betreten haben. Während er auf dem Schutzweg gegangen sei, habe er von rechts den Bus herankommen gesehen und habe mit dem Busfahrer Sichtkontakt gehabt. Der Busfahrer habe jedoch überhaupt nicht reagiert und das Fahrzeug nicht angehalten, weshalb er mit seiner Tochter auf der Mittelinsel habe stehen bleiben müssen. Der Busfahrer sei daraufhin in die ca. 50 m entfernte Bushaltestelle eingefahren, und weil sich diese auf seinem Weg befunden habe, habe er den Busfahrer wegen dieses Vorfalles angesprochen. Daraufhin sei es zu einer Streiterei gekommen.

 

4.2. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in freier Beweiswürdigung Folgendes erwogen:

 

Sowohl der Berufungswerber als auch der Zeuge machten bei der mündlichen Verhandlung einen glaubwürdigen Eindruck. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass sich der Berufungswerber, welcher die gegenständliche Strecke an jedem Arbeitstag mehrmals befährt, an den Vorfall überhaupt nicht mehr erinnern kann, während der Zeuge, welcher sich nach seinen Angaben subjektiv gefährdet fühlte, sich auch nach mehr als zwei Jahren noch erinnern konnte.

 

Es ist zwar möglich, dass der Berufungswerber den Anzeiger zu spät gesehen hat und diesen tatsächlich am Überqueren der Fahrbahn gehindert hat. Das würde auch erklären, weshalb der Zeuge den Berufungswerber überhaupt angesprochen hat. Andererseits ist es genauso gut möglich, dass der Zeuge den Vorfall wesentlich dramatischer in Erinnerung hat, als er sich tatsächlich abgespielt hat. Es darf nicht übersehen werden, dass die gegenständliche Straßenstelle dem Berufungswerber gut bekannt ist und er nachvollziehbar wegen des dort befindlichen Kindergartens besonders aufmerksam fährt und sowohl deshalb als auch wegen der in unmittelbarer Nähe befindlichen Bushaltestelle nur mit geringer Geschwindigkeit unterwegs war. Letztlich ist auch zu berücksichtigen, dass der Berufungswerber mit einem relativ großen und schweren Fahrzeug, nämlich einem Linienbus gefahren ist, in dem sich auch zahlreiche Fahrgäste befunden haben. Eine Notbremsung wäre daher auch dann nicht notwendig bzw. zweckmäßig gewesen, wenn der Anzeiger den Schutzweg unmittelbar vor dem Bus auf der anderen Seite der Fahrbahn – und vom Bus durch einen Fahrbahnteiler getrennt – betreten hätte. Es kann daher die vom Angezeigten gleich bei seiner polizeilichen Einvernahme getätigte Aussage zum gegenständlichen Vorfall nicht widerlegt werden. Entsprechend dem im Verwaltungsstrafverfahren geltenden Zweifelsgrundsatz ist die dem Berufungswerber vorgeworfene Übertretung objektiv nicht beweisbar.

 

Der Umstand, dass der Berufungswerber auf das behördliche Aufforderungsschreiben der BH Freistadt nicht reagiert hat, ändert an dieser Beweiswürdigung nichts. Der Berufungswerber konnte nachvollziehbar erklären, dass er von der Staatsanwaltschaft eine Mitteilung erhalten hatte, wonach das Verfahren eingestellt ist und er diese Mitteilung so verstanden hat, dass damit die Angelegenheit insgesamt erledigt sei.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

5.2. Wie bereits oben dargestellt, kann im gegenständlichen Verfahren nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit bewiesen werden, ob der Berufungswerber die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung begangen hat oder nicht. Das Verfahren war daher gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

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