Linz, 10.07.2009
E R K E N N T N I S
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn J K, geb. am , M, vertreten durch Dr. S B – Dr. J W, Rechtsanwälte, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 24.4.2009, Zl. VerkR96-3981-2009-FS, nach der am 10. Juli 2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:
I. Der Berufung wird im Punkt 2.) Folge gegeben; das Straferkenntnis in diesem Punkt behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 eingestellt; im übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
II. Im Punkt 2.) entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge; in den Punkten 1.) und 3.) werden dem Berufungswerber zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren € 14,-- und € 40,-- (20 % der verhängten Geldstrafe) auferlegt.
Rechtsgrundlagen:
I. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009 – VStG.
II. § 66 Abs.1 u. § 64 Abs.1 u. 2 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Über den Berufungswerber wurden mit dem o.a. Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn wegen der Übertretungen nach § 11 Abs.1 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960, § 4 Abs.1 lit.a StVO iVm § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 u. § 4 Abs.5 iVm § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 (im Spruch wohl irrtümlich die Rechtsvorschrift des Punktes 2. mit § 4 Abs.5 bezeichnet, anstatt § 4 Abs.1 lit.a StVO, wobei Letztere in der Rubrik "verletzte Rechtsvorschriften" nicht zitiert, die Strafnormen jedoch in der zutreffenden Reihenfolge zitiert wurden) Geldstrafen von 70,-- Euro, 250 Euro u. 200 Euro und im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von 36 Stunden, 120 Stunden und 96 Stunden verhängt, weil er
1. als Lenker eines Fahrzeuges den Fahrstreifen gewechselt habe, ohne sich vorher zu überzeugen, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist, zumal er den Fahrstreifen wechselte um an einem entgegenkommenden Fußgänger vorbeizufahren, obwohl sein Fahrzeug überholt wurde und sich das überholende Fahrzeug bereits auf halber Höhe seines Fahrzeuges befunden habe, so dass seitens des überholenden Fahrzeuges zur Kollision gekommen sei und in weiterer Folge dieses Fahrzeug von der Fahrbahn abkam.
2. nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand nicht sofort unter Berücksichtigung des Anhalteweges angehalten habe.
3. er es unterlassen habe, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Polizeidienststelle zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten bzw. der Personen, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, unterblieben ist.
Tatort: Geretsberg, L 504, nächst Strkm. 3,2 Tatzeit: 27.3.2008, 07:30 Uhr
Fahrzeug: SatteIkraftfahrzeug und .
1.1. Die Behörde erster Instanz begründete den Schuldspruch mit folgenden Erwägungen:
2. Der Berufungswerber tritt dem Straferkenntnis fristgerecht durch die ausgewiesenen Rechtsvertreters mit nachfolgenden Ausführungen entgegen:
3. Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung war gemäß § 51e Abs.1 Z1 VStG iVm Art. 6 Abs.1 EMRK durchzuführen.
3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des Inhaltes des vorgelegten Verfahrensaktes.
In Vorbereitung der Berufungsverhandlung wurden aus dem System DORIS Luftbilder vom Umfeld der Vorfallsörtlichkeit beigeschafft. Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurde der Berufungswerber als Beschuldigter und die Zeugen D B, F K und T S einvernommen. Die Aussage dieser Zeugen vor der Polizei wurde zum Teil vorgehalten und deren Widersprüchlichkeiten aufgezeigt. Auch eine Vertreterin der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung teil.
4. Sachverhalt:
Unbestritten ist, dass die Zeugin D B im Zuge eines versuchten Überholmanövers des vom Berufungswerber mit ca. 70 km/h gelenkten Sattelkraftfahrzeug auf der L504, im Ortsteil Hinterhof, nächst dem Straßenkilometer 3,2, von der Fahrbahn abkam, wobei sowohl ihr Fahrzeug als auch ein Leitpflock beschädigt wurde.
Die Straße (mit Bankett) weist im Bereich der Unfallörtlichkeit eine Breite von ~ 6,4 m auf, wobei die zwei durch eine Leitlinie gekennzeichneten Fahrstreifen ~ insgesamt 5,5 m breit sind. Die Vermessung erfolgte über das System DORIS (siehe Bild 4).
Etwa auf halber Höhe des Sattelkraftfahrzeuges kam es zum Unfallereignis, wobei mit hoher Wahrscheinlichkeit der Berufungswerber wegen eines ihm entgegen kommenden Fußgängers in dieser Phase seinen Lkw nach links versetzte und dadurch die Lenkerin des überholenden KFZ in Bedrängnis gelangte, wodurch sie von der Straße abkam, dabei einen Leitpflock rammte und es dabei möglicher Weise auch zu einem Streifkontakt mit den Hinterrädern des Lkw´s gekommen ist.
Die angegebene Fahrgeschwindigkeit des Sattelkraftfahrzeuges von etwa 70 km/h ist unstrittig und lässt sich auch aus dem Schaublatt nachvollziehen.
Geht man nun davon aus, dass die Berufungswerberin - wie sie selbst angibt - den Überholvorgang mit etwa 90 km/h ausführte, d.h. auf diese Geschwindigkeit ihr Fahrzeug beschleunigte und aus einem Sicherheitsabstand von einer Sekunde hinter dem Lkw zum Spurwechsel nach links ansetzte, befand sie sich zu diesem Zeitpunkt knappe 25 m hinter dem Lkw und etwa 33 m von dessen Fahrzeugmitte entfernt. Die Differenzgeschwindigkeit der beiden Fahrzeuge wäre demnach realistisch mit 5,55 m/sek anzunehmen.
Unter dieser Annahme benötigte sie für die 33 m - bis zur halbe Höhe des überholten LKW´s - knappe sechs Sekunden.
Wenn der Berufungswerber in seiner Vernehmung vor der Behörde erster Instanz am 3.6.2008 angab, er habe dem Fußgänger etwa 50 m vorher nach einen Blick in den linken Außenspiegel sowie nach Betätigen des Blinkers in einem Abstand von ca. 1 (einen) Meter ausgewichen, ist es nicht nachvollziehbar im Rückspiegel kein Auto gesehen zu haben. Andererseits erweist sich aber die Aussage der Zeugin B anlässlich der Berufungsverhandlung, wonach sie ein Blinken noch wahrgenommen habe als sich bereits auf Höhe des Lkw´s befunden habe, als plausibel.
Auf die Höhe des Fußgängers gelangte der mit 70 km/h fahrende Berufungswerber bereits nach knappen 2,6 Sekunden von Beginn des Auslenkens nach links etwa 50 m vor dem Fußgänger.
Das Fahrzeug von Frau B musste demnach bereits mehrere Sekunden vorher links gefahren sein und müsste demnach für den Berufungswerber sichtbar gewesen sein. Vor dieser Faktenlage lässt sich jedenfalls die Darstellung des Berufungswerbers nicht logisch nachvollziehen.
Wenn andererseits die Zeugin B bei der Berufungsverhandlung vermeinte sie hätte nur einen "Sicherheitsabstand von einer Fahrzeuglänge eingehalten gehabt und ihr darauf der Rechtsvertreter wohl zu Recht vorhielt in diesem Fall keine Sicht mehr auf den Gegenverkehr gehabt zu haben, kann dies nur mit der Nervosität der Zeugin erklärt werden.
Glaubhaft machte diese Zeugin dennoch, dass sie sich erst nach der Kurve und bei freier Sicht nach vorne zu diesem Überholmanöver entschloss.
Als mit dem Zeitlauf einhergehendes Verblassen ist auch die Angabe des Anhaltens des Berufungswerbers erst nach über einen Kilometer bzw. etwa 700 m (B u. S) zu erklären. Damit vermag jedoch die Glaubwürdigkeit der Zeugin über das Ereignis an sich nicht im geringsten erschüttert werden.
Ihre Darstellungen im Zuge der Berufungsverhandlung, wonach sie vor dem Überholen nur eine Fahrzeuglänge hinter dem Lkw hergefahren wäre sind mit Blick nicht anders zu bewerten, wobei es sich nur um wenige Sekunden handelt, die zwischen Überholentschluss und dem Erreichen der Höhe des überholten Fahrzeuges lagen.
Der Zeugin kann aber sehr wohl den logischen Denkgesetzen folgend dahingehend geglaubt werden, dass sie sich vor dem Überholentschluss auf der vor Strkm 3,2 weithin einsehbaren Straße über keinen Gegenverkehr überzeugt hatte und erst dann überholte. Aus einem Nachfahrabstand von nur einer Fahrzeuglänge wäre dies nicht möglich gewesen.
Daher muss der Berufungswerber den von B bereits eingeleiteten Überholvorgang übersehen oder im entscheidenden Moment überhaupt nicht mehr in den Rückspiegel geblickt haben. Ein derartig minderer Grad des Versehens kann auch einem Berufungskraftfahrer mal unterlaufen, wobei er seine Aufmerksamkeit dem auszuweichenden Fußgänger zuwandte und vermutlich diesen auch noch während der Vorbeifahrt im rechten Außenspiegel zugewandt haben mag. So konnte wohl das Fahrzeug der Zeugin und folglich das Unfallereignis im entscheidenden Moment unentdeckt geblieben sein.
Wenn der Fußgänger mit Hund während der Annäherung des Lkw´s auch nur einen halben Meter der Straße in Anspruch nahm, folgt daraus bei der bestehenden Straßenbreite, dass für das überholende Fahrzeug kaum zwei Meter zur Verfügung blieben. Damit ist eine äußerst bedrängte Situation für das überholende Fahrzeug, welches mit der linken Fahrzeugseite offenkundig bereits auf das Bankett gelangt sein musste wo der Leitpflock touchiert wurde, erklärbar.
Der Zeuge S bestätigt im Ergebnis seine schon bisherige Darstellung, wonach der Lkw etwa 50 m vor ihm nach links versetzte, wobei der Zeuge mit seinem Hund auf die Wiese zurück trat und während der Vorbeifahrt des Lkw´s das Unfallgeräusch wahrnehmen habe können und er anschließend sah wie sich der Pkw, der bei Wahrnehmung des Geräusches durch den Lkw verdeckt war, drehte und schließlich auf der Gegenfahrbahn zu Stehen kam.
Vor diesem Hintergrund musste der Berufungswerber wohl nach Kenntnis der Umstände durch den zufällig vorbei kommenden Zeugen K von seiner Unfallbeteiligung ausgegangen sein, welche ihn jedenfalls - ungeachtet seines Rechtsstandpunktes über ein Verschulden - zur Mitwirkung in Form des Identitätsaustausches bzw. wegen des Unterbleibens des gegenseitigen Identitätsnachweises, zumindest zur Meldung des Unfalles veranlassen hätten müssen.
Erhebliche Widersprüche seitens der Zeugin B ergaben sich lediglich ob der Berufungswerber zum Unfallort zurückging oder nicht. Davon ist jedoch gemäß ihrer Aussage vor der Polizei sowie der Aussagen der übrigen Zeugen auszugehen. An ihren Angaben über das Unfallereignis an sich war jedoch nicht zu zweifeln. Diese sind schlüssig nachvollziehbar und werden im Ergebnis auch vom Fußgänger bestätigt, der akustisch das Unfallereignis wahrnehmen konnte als just der Pkw vom Lkw verdeckt war. Wenn nun der Lkw dem Fußgänger nur einen Meter nach links auswich und die Fahrbahnbreite insgesamt nur 5,5 m betrug, ergibt sich für das überholende Fahrzeug eine äußerst beengte Situation wohl folgelogisch.
Der Berufungswerber selbst machte im Rahmen der Berufungsverhandlung wohl einen durchaus guten Eindruck, wobei auch kein Zweifel daran verblieb, dass er sofort nach Wahrnehmung des Unfalles durch den Rückspiegel anhielt und folglich zum Unfallort zurückging. Da er sich subjektiv nicht schuldig fühlte und er den Unfall nicht auf sein (wahrscheinliches) Übersehen des überholenden Pkw von B, zum Zeitpunkt seines Ausweichens nach links - wegen des Fußgängers S - zurückführte ist wohl glaubhaft. Dies befreite ihn jedoch vor dem Hintergrund der objektiven Fakten vor Ort nicht von seiner Melde- oder Identitätsnachweispflicht. Das Beweisverfahren hat keine Zweifel darüber offen gelassen, dass man dem Berufungswerber gegenüber die Unfallsbeteilung zum Ausdruck brachte.
Im Zurückgehen an die Unfallstelle wurde aber sehr wohl der gesetzlichen Anhaltepflicht in adäquater und wohl einzig in der realen Verkehrspraxis möglichen Weise nachgekommen.
Letztlich konnte die abermalige Beiziehung eines Sachverständigen zum Beweis eines stattgefundenen gegenseitigen Kontaktes der betroffenen Fahrzeuge unterbleiben. Erwiesen ist die unfallskausale Beteilung, nämlich jedenfalls eines Sachschadens an einem Fahrzeug und einer Verkehrsleiteinrichtung (Leitpflock).
Auf die Durchführung eines Ortsaugenscheins verzichtete der Berufungswerber bzw. sein Rechtsvertreter zuletzt.
5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:
Dem Schutzziel des § 11 Abs.1 StVO 1960, "wonach der Lenker eines Fahrzeuges die Fahrtrichtung nur ändern oder den Fahrstreifen wechseln darf, nachdem er sich davon überzeugt hat, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist", hat hier der Berufungswerber durch das offenkundig unvermittelte Ausweichen auf den linken Fahrstreifen (§ 1 Abs.1 Z5 StVO zuwider gehandelt. Sein Umspuren war offenkundig unfallursächlich.
Zur Anhaltepflicht iSd § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 ist grundsätzlich zu bemerken, dass ein Fahrzeuglenker den Geschehnissen um sein Fahrzeug seine volle Aufmerksamkeit zuzuwenden und in bestimmten Verkehrssituationen einen Blick in den Rückspiegel zu werfen oder durch einen Blick über die Schulter das hinter ihm liegende Verkehrsgeschehen zu beobachten hat (vgl VwGH 17.4.1991, 90/02/0209, ua). So hat schließlich der Berufungswerber auch noch unmittelbar vom Unfallereignis über den Rückspiegel Kenntnis erlangt.
Dieser Verpflichtung ist der Berufungswerber offenbar selbst aus der Sicht der Behörde erster Instanz nachgekommen, wenn diese begründend ausführte, "ein bloßes "unfallbedingtes Anhalten" könne nicht mit dem "Anhalten" im Sinne des § 4 Abs.1 lit.a StVO gleichgesetzt werden." Mit dieser Sichtweise scheint jedenfalls der Tatvorwurf nicht im logischen Einklang, wenn schließlich im Spruch vermeint wird, der Berufungswerber hätte nicht "unter Berücksichtigung des Bremsweges" angehalten. Da er offenkundig das Unfallgeschehen nicht unmittelbar, sondern erst durch einen Blick in den Rückspiegel wahrgenommen hat, vermag das Anhalten nach 300 m durchaus im Sinne des Gesetzes, nämlich als "sofort" bezeichnet werden.
Vielmehr schien der Behörde erster Instanz das Fehlverhalten in einer nicht ausreichenden Mitwirkung an der Sachverhaltsfeststellung vorzuschweben, nachdem der Berufungswerber sich wohl zur Zweitbeteiligten zu Fuß zurückbegeben hatte wobei er sich über die Umstände informierte bzw. informiert wurde, er sich jedoch wieder mit dem sinngemäßen Hinweis trennte, sich an diesem Vorfall nicht schuldig zu fühlen.
Der Berufungswerber wandte dem ihm entgegenkommenden Fußgänger die gesamte Aufmerksamkeit zu, sodass wohl das Ausweichen nach links ohne vorherigen Blick in den Rückspiegel erfolgte, wodurch es zum "Bedrängen" und dadurch zur Unfallkausalität des zu diesem Zeitpunkt bereits im Überholen begriffenen und auf halber Höhe mit seinem Sattelkraftfahrzeug befindlichen Fahrzeug der Frau B gekommen ist.
Beim Vorbeifahren am Fußgänger (S) hat der Berufungswerber wohl eher noch den Fußgänger im rechten Außenspiegel beobachtet, sodass er erst nach einem weiteren Blick in den linken Außenspiegel vom Unfallgeschehen Kenntnis erlangen konnte. Der sich daraus ergebende Anhaltestrecke ist daher durchaus plausibel und nicht als schuldhafter Verstoß iSd § 4 Abs.1 StVO zu erkennen, wobei darüber hinaus auch keine hinter dieser Norm stehende Schutzzielverletzung wirksam wurde.
Das Tatbild des § 4 Abs. 5 StVO 1960 besteht nach dem klaren Wortlaut ("nur Sachschaden") in der Unterlassung der Meldung eines Verkehrsunfalls mit ausschließlichem Sachschaden wenn entweder keine oder die Meldung nicht ohne unnötigen Aufschub erstattet wird (VwGH 11.5.2004, 2004/02/0003 mit Hinweis auf VwGH 8.1.1968, 1351/67).
Voraussetzung für die Meldepflicht nach § 4 Abs. 5 leg. cit. ist als objektives Tatbildmerkmal der Eintritt eines Sachschadens und in subjektiver Hinsicht das Wissen von dem Eintritt eines derartigen Schadens, wobei der Tatbestand schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermochte (VwGH 23.5.2002, 2001/03/0417 mit Hinweis auf VwGH 29.6.1994, 92/03/0269). Davon ist angesichts der objektiven Tatsachenlage, der Angaben gegenüber dem Berufungswerber seitens des Zeugen Köhler und wohl auch der Zweitbeteiligten am Unfallort auszugehen gewesen.
Selbst eine kumulative Bestrafung nach § 4 Abs.1 lit.c in Konkurrenz mit § 4 Abs.5 StVO wäre hier grundsätzlich zulässig gewesen (vgl. VwGH 25.04.2001, 2001/03/0100).
Dem im Ergebnis unbegründet bleibenden Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis eines tatsächlichen Fahrzeugkontaktes war nicht zu folgen. So ist einerseits bereits ein diesbezüglich aussagekräftiges Gutachen im erstinstanzlichen Verfahren eingeholt worden, andererseits ist es aber für die rechtliche Beurteilung nicht relevant ob ein Fahrzeugkontakt tatsächlich statt fand. Die Klärung dieser Frage wird wohl einem zivigerichtlichen Verfahren vorbehalten zu bleiben haben.
Einem im Ergebnis auf einen bloßen Erkundungsbeweis hinauslaufenden Beweisantrag muss nicht gefolgt werden (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S 339, E 6a zu § 46 AVG zitierte Rechtsprechung des VwGH).
6. Zur Strafbemessung in den hier bestätigten Punkten beläuft sich gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO der Strafrahmen bis zu 726 Euro.
Die Behörde erster Instanz hat zutreffend die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit als mildernd gewertet. Erschwerende Umstände lagen demgegenüber keine vor. Angesichts des durchschnittlichen Einkommens des Berufungswerbers kann in den Geldstrafen wegen § 11 Abs.1 u. § 4 Abs.5 StVO ein Ermessensfehler seitens der Behörde erster Instanz jedenfalls nicht erblickt werden, wenngleich das Verschulden angesichts der widrigen Umstände als eher gering angenommen werden kann. Der Berufungswerber mag durchaus überzeugt gewesen sein den Unfall nicht verantworten zu müssen. Dieser Rechtsirrtum ist jedoch insbesondere für einen Berufskraftfahrer nicht entschuldbar.
Die verhängten Strafen entsprechen daher unter Bedachtnahme auf die Kriterien des § 19 VStG dem Unrechts- und Schuldgehalt der jeweiligen Übertretung, liegen im untersten Bereich des jeweiligen gesetzlichen Strafrahmens und halten general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand. Es steht dem Berufungswerber frei, bei der Erstinstanz um Bezahlung der Geldstrafen in Teilbeträgen nach seinen tatsächlichen finanziellen Verhältnissen anzusuchen. Auch die Ersatzfreiheitsstrafen sind im Verhältnis zu den Geldstrafen innerhalb des jeweiligen Strafrahmens angemessen. Konkrete Anhaltspunkte für eine Strafherabsetzung fanden sich nicht, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Die Anwendung des § 20 oder § 21 VStG scheidet ex lege aus, weil weder von einem deutlichen Überwiegen der Milderungsgründe noch von bloß geringen Tatfolgen ausgegangen werden kann.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r
Beachte:
Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.
VwGH vom 16.10.2009, Zl.: 2009/02/0291-5