Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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Linz, 14.07.2009

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufungen von Herrn K und Frau P I, Herrn J und Frau A I, Herrn F und Frau R P sowie der B I GmbH und der B Ö GmbH, sämtliche vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H L, L, L, gegen die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 28.5.2009, Ge20-26-2009 und Ge20-38-2009, betreffend Anträge auf Akteneinsicht und Anträge auf Vollstreckung der bescheidmäßig verfügten Zwangs- und Sicherheitsmaßen gegen die P B GmbH, P, zu Recht erkannt:

 

 

Den Berufungen wird keine Folge gegeben und die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 28.5.2009, Ge20-26-2009 und Ge20-38-2009, werden bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 8, 17 und 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG),
§ 359a und § 360 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit den Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 28.5.2009, Ge20-26-2009 und Ge20-38-2009, wurden in den Spruchpunkten I und II die Anträge der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf sofortige Vollstreckung der bescheidmäßig zu verfügenden Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen und auf Akteneinsicht in den Schließungsverfahrensakt als unzulässig zurückgewiesen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass Nachbarn bzw. Mitbewerbern in einem Verfahren nach § 360 GewO 1994 eine Parteistellung nicht zukommt.

 

 

2. Dagegen richten sich die vom Rechtsvertreter der Bw rechtzeitig eingebrachten Berufungen und wird in diesen im Wesentlichen vorgebracht, die Behörde habe den Umbau und die Aufstockung des Mühlengebäudes der P B GmbH mit noch nicht rechtskräftigem Bescheid vom 15.12.2008 genehmigt und mit Bescheid vom 22.12.2008 Schließungsmaßnahmen verfügt. Diese seien in der Folge allerdings nie exekutiert und anschließend der Schließungsbescheid in rechtswidriger Weise mit Bescheid vom 18.3.2009 widerrufen worden. Aus dem von den Bw mit Eingabe vom 3.6.2009 vorgelegten schalltechnischen Prüfbericht der T S f t A SV-GmbH vom 19.5.2009 sei ersichtlich, dass die P B GmbH durch eine betriebsbedingte Lärmimmission an Dauergeräuschen der gesamten gegenständlichen Anlagenteile nach wie vor den behördlich festgesetzten Grenzwert von 40 dB überschreite.

Obwohl die P B GmbH mit 28.5.2009 den schalltechnischen Prüfbericht der DI Dr. K & P GmbH als Abnahmemessung vorgelegt habe und daher davon ausgehe, dass die Grenzwerte laut nicht rechtskräftigem Genehmigungsbescheid vom 15.12.2008 nunmehr eingehalten würden, habe die betroffene Nachbarin Frau P I am 3.6.2009 beobachten können, dass nunmehr wieder am bereits ausgetauschten Schalldämpfer der P B GmbH gearbeitet werde. Die Abnahmemessung sei daher nicht mehr gültig.

Von außen betrachtet erwecke dies den Anschein, dass auch die P B GmbH nicht sicher zu sein scheine, ob die Grenzwerte tatsächlich eingehalten werden. Diese Vermutung werde dadurch erhärtet, dass laut vorliegenden Informationen der Nachbarn am Nachmittag des 3.6.2009 von der DI Dr. K & P GmbH erneut Mikrophone zur Schallmessung an der Grundgrenze der Betriebsanlage zur Liegenschaft I aufgebaut worden seien.

Mangels Einhaltung der Auflagenpunkte werde die Betriebsanlage der P B GmbH daher nach wie vor konsenslos betrieben.

 

Wie bereits in den Anträgen auf sofortige Vollstreckung der bescheidmäßig zu verfügenden Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen vom 24./29.4.2009 ausgeführt, habe die Gewerbebehörde einstweilige Sicherheitsmaßnahmen  zu verfügen, wenn durch den Betrieb einer nicht genehmigten Betriebsanlage eine Gefahr für die Gesundheit oder zumindest eine unzumutbare Belästigung für die betroffenen Nachbarn ausgehe. Der der Rechtsordnung entsprechende Zustand könne nur in der Einstellung des gesamten Betriebes liegen, wenn der Betrieb der Betriebsanlage mangels der erforderlichen Betriebsanlagengenehmigung insgesamt unzulässig sei. Raum für die Interessensabwägung im Sinne einer Vermeidung von Härten lasse § 360 Abs.1 GewO 1994 nicht zu.

Auf Grund der der Behörde nunmehr aktuell vorliegenden schalltechnischen Prüfberichte und medizinischen Gutachten ergebe sich, dass die P B GmbH die Grenzwerte nach wie vor nicht einhalte. Auf Grund des Umstandes, dass an dem neu eingebauten Schalldämpfer nach der erfolgten Abnahmemessung durch die DI Dr. K & P GmbH gearbeitet worden sei, sei die vorgelegte Abnahmemessung keineswegs gültig. Die Betriebsanlage werde daher immer noch konsenslos betrieben.

Sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen für die Exekution der sofortigen Schließung der Betriebsanlage seien daher erfüllt, solange die Schallgrenzwerte nicht eingehalten würden und die für den Betrieb der Anlage notwendigen Genehmigungen nicht vorliegen würden.

Dennoch sei eine - auch durch die Nachbarn mehrmals angeregte – Vollziehung der Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen durch die Behörde offensichtlich nicht erfolgt.

 

Zur Zurückweisung des Antrages auf Akteineinsicht in den behördlichen Schließungsverfahrensakt wird vorgebracht, dass die Auflagen des nicht rechtskräftigen Genehmigungsbescheides nach wie vor nicht eingehalten würden, dass ein konsensloser Betrieb der Betriebsanlage der P B GmbH vorliege, durch den die Berufungswerber massiv in ihrer Gesundheit und ihrem Eigentum gefährdet, belästigt und beeinträchtigt werden würden.

Auch wenn ausnahmsweise ein Betrieb vor dem Vorliegen eines rechtskräftigen Genehmigungsbescheides gestattet sei, ändere dies nichts daran, dass es sich um eine nicht behördlich genehmigte Anlage iSd § 364a ABGB handle. Die betroffenen Nachbarn könnten daher die Immissionsabwehr im Zivilrechtsweg gemäß § 364 ABGB durchsetzen.

Die Bw würden daher als Nachbarn rechtliche Schritte zur Wahrung ihrer Interessen setzen, dies konkret im aktuell anhängigen Gewerbeverfahren. Aber auch für ein allfälliges Zivilverfahren würden die Bw rechtliche Schritte prüfen. Daraus ergebe sich sowohl für das gegenständliche Gewerbeverfahren und alle sich daraus ableitenden Verfahren als auch für ein Zivilverfahren die Notwendigkeit zur Akteneinsicht. Daher seien sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen für die Verfügung und Exekution der sofortigen Schließung der Betriebsanlage erfüllt, da die entsprechenden Schallgrenzwerte nicht eingehalten werden und die für den Betrieb der Anlage notwendigen Genehmigungen nicht vorliegen würden. Dennoch sei eine Vollziehung der Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen durch die Behörde nicht erfolgt.

Unter diesen Voraussetzungen hätten die Bw in Anbetracht der gegenständlich seit mehr als 1 1/2 Jahren konsenslos betriebenen Betriebsanlage, welche eine erhebliche Gesundheitsgefährdung und/oder unzumutbare Belästigung für sie darstelle, einen Rechtsanspruch auf Akteneinsicht in vorliegende behördliche Schließungs- und Verwaltungsstrafverfahren.

Eine Versagung dieser Akteneinsicht bedeute den Bw bei der rechtlichen Verfolgung ihrer berechtigten Ansprüche im Zivil- und Verwaltungsverfahren einen erheblichen Nachteil und beeinträchtige ihre Prozesschancen erheblich. Es stünden einer Akteneinsicht der betroffenen Bw keine berücksichtigungswürdigen anderen Interessen entgegen.

 

Die Durchsetzung rechtlicher Ansprüche der Bw dürfe die belangte Behörde nicht ungebührlich behindern.  Da bislang keine amtswegige Schließung der konsenslosen, gesundheitsgefährdenden und belästigenden Betriebsanlage der P B GmbH bzw. keine Exekution von angeordneten Maßnahmen erfolgt sei, würde den Bw nur der Zivilrechtsweg und weiterhin verwaltungsrechtliche Eingaben offen bleiben. Dabei dürften sie im Sinne der Waffengleichheit insofern nicht behindert werden, als ihnen die Akteineinsicht in amtswegige Schließungs- und Verwaltungsstrafverfahren verweigert werde, aber auch für die aktuellen verwaltungsrechtlichen Verfahren werde im Sinne der Waffengleichheit die Akteneinsicht benötigt, zumal sich die P B GmbH in ihren Eingaben explizit auf den Bescheid vom 22.12.2008 zur Ge20-113-2008 berufe. Wie sollten die Berufungswerber dazu Stellung nehmen, wenn die P B GmbH diesen Bescheid zum Gegenstand im aktuellen Verfahren mache, die Berufungswerber mangels Akteneinsicht aber keine Kenntnis vom Inhalt dieses Bescheides haben würden.

 

Es sei systemwidrig, den Bw die entsprechende Akteneinsicht zu versagen, da sie insofern betroffen seien, als sie mit einer über die zulässigen Lärmimmissionsgrenzwerte betriebenen Betriebsanlage tagtäglich konfrontiert seien. Das Verfahren hinsichtlich der Genehmigung der geänderten Betriebsanlage gehe einher mit dem nur aus formeller verwaltungstechnischer Sicht getrennten Verfahren zur Schließung der Betriebsanlage. In beiden Verfahren gehe es in erster Linie um Nachbarrechte. Warum hier die Akteneinsicht in die behördlichen Genehmigungsverfahren möglich sein solle, in die genau in diesem Zusammenhang stehenden behördlichen Schließungsverfahren aber nicht, sei aus Sicht der Bw völlig unverständlich. Für die Bw würden die Verfahren eine Einheit darstellen. Ebenso werde diese Einheit der Verfahren durch die Bezugnahme durch die P B GmbH auf den Bescheid vom 22.12.2008 des Schließungsverfahrens in ihren Eingaben bei den Behörden im Genehmigungsverfahren hergestellt.

Erhalte jener Sachbearbeiter der Behörde, welcher die Genehmigung für die Betriebsanlagenänderung erteilt habe, eine Anregung auf Schließung der Betriebsanlage, so müsse er sich unweigerlich neben seinem eigenen Gewerbegenehmigungsverfahrensakt mit dem Schließungsverfahrensakt beschäftigen. Gehe man davon aus, dass es sich um formell zwei verschiedene Akte handle, so könne diese Anregung auf Schließung der Betriebsanlage alleine mit den Unterlagen des Aktes der Gewerbegenehmigung nicht behandelt werden. Die Unterlagen aus dem Akt des Schließungsverfahrens seien unweigerlich notwendig. Formell gesehen müsste der Sachbearbeiter, der den Genehmigungsakt behandle, Einsicht in den Schließungsverfahrensakt nehmen und den sich daraus ergebenden Inhalt zur Begründung seiner Entscheidung verwenden, um die Anregung der Berufungswerber abschließend behandeln zu können. Soweit es sich tatsächlich um formell getrennte Akte handle, müsste dieser Sachbearbeiter in der Folge Unterlagen aus dem Schließungsverfahrensakt in den Genehmigungsakt übernehmen, um daraus eine Entscheidung hinsichtlich der Schließungsanregung treffen und begründen zu können. Auf Grund dieser Tatsache müssten im Akt der Gewerbegenehmigung daher Unterlagen hinsichtlich der Schließung vorhanden sei. Wie die Behörde immer wieder betone, haben die Bw das Recht auf Einsicht in den Akt des gewerblichen Genehmigungsverfahrens. Es sei daher davon auszugehen, dass sich bei tatsächlicher formeller Trennung Unterlagen zur Schließung im Akt der Gewerbegenehmigung befinden müssten. Bei der letzten Akteneinsicht am 2.6.2009 habe der Rechtsvertreter der Bw aber diesbezüglich nichts vorgefunden.

Die Bw würden daher davon ausgehen, dass auf Grund der formellen Trennung des Genehmigungs- vom Schließungsakt, aber die für das entscheidende Organ faktische vorhandene Einheit der beiden Akte den Bw eine vollständige Akteneinsicht zu Unrecht verwehrt wäre.

Die vom UVS des Landes Oö. in einem bereits ergangenen Erkenntnis angenommene Sorge der Bw, wonach diese befürchten, die Behörde I. Instanz käme ihren amtswegigen Verpflichtungen zu Zwangsmaßnahmen nicht nach, bestehe nach wie vor in der Tat. Die P B GmbH betreibe die konsenslose Betriebsanlage stetig weiter und die Berufungswerber würden jeden Tag und jede Nacht in ihrer Gesundheit und ihrem Eigentum gefährdet bzw. unzumutbar belästigt werden. Dass hier die Bw ein ehestmögliches Ende dieses rechtsmissbräuchlichen Betreibens der Betriebsanlage förmlich herbeisehnen, sei ihnen angesichts der vorliegenden Akten wohl nicht zu verübeln.

Eine bereits durchgeführte amtswegige Verhängung von Zwangsmaßnahmen sei nach den Anregungen durch die Bw zwar durch die Behörde I. Instanz immer wieder ins Treffen geführt worden und auch in den Medien werde von einem Stilllegungsbescheid im Sommer 2008 geschrieben, die Bw könnten aber bislang weder eine Verbesserung der Situation noch eine tatsächliche Stilllegung erkennen.

 

 

Zur Zurückweisung des Antrages auf Akteneinsicht in den behördlichen Schließungsverfahrensakt betreffend die B I GmbH und B Ö GmbH wird vorgebracht, dass die Betriebsanlage der P B GmbH nunmehr seit mehr als eineinhalb Jahren konsenslos betrieben werde; aus diesem Rechtsbruch ziehe die P B GmbH ungerechtfertigte Vorteile und Ersparnisse gegenüber rechtstreuen Mitbewerbern, die sie den betroffenen Mitbewerbern gegenüber insbesondere im Preiswettbewerb lauterkeitsrechtswidrig ausnütze, in dem sie Kunden der betroffenen Mitbewerber zu sich umlenken wolle und damit den Umsatz der betroffenen Mitbewerber beeinträchtige. Die P B GmbH setze einen Rechtsbruchtatbestand, der ihr einen Vorsprung gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern verschaffe. Unter diesen Voraussetzungen hätten die Bw einen Rechtsanspruch auf Akteneinsicht in vorliegende behördliche Schließungs- und Verwaltungsstrafverfahren. Durch den Rechtsbruch der P B GmbH seien diese lauterkeitsrechtlich betroffen.

 

Es werden daher die Anträge gestellt, der Unabhängige Verwaltungssenat möge  - eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumen, den Berufungen Folge geben und die angefochtenen Bescheide vom 28.5.2009 dahingehend ändern, dass den Anträgen auf sofortige Vollstreckung der bescheidmäßig zu verfügenden Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen und den Anträgen auf Akteneinsicht in die Schließungsverfahren stattgegeben werde, in eventu

- die angefochtenen Bescheide aufheben und die Verwaltungsrechtsache zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung neuer Bescheide an die Behörde
I. Instanz zurückverweisen.

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat die Berufungen samt den bezughabenden Verwaltungsverfahrensakten dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben.

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994 iVm § 67a Abs.1 AVG.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die verfahrensgegenständlichen Verfahrensakte der Erstbehörde (einschließlich der vorgelegten Schriftstücke der Nachbarn).

Eine mündliche Verhandlung konnte entfallen, da der Sachverhalt bereits auf Grund der Aktenlage feststeht und eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt.

 

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, soweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.

 

Gemäß § 17 Abs.1 AVG hat die Behörde, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen, den Parteien Einsicht in die ihre Sache betreffenden Akten oder Aktenteile zu gestatten; die Parteien können sich davon an Ort und Stelle Abschriften selbst anfertigen oder nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten auf ihre Kosten Kopien anfertigen lassen. Nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten kann Akteneinsicht auch im Wege des Zugriffes über das Internet auf die zur Einsicht bereitgestellten Akten oder Aktenteile gewährt werden, wenn die Identität des Einsichtswerbers und die Authentizität seines Begehrens elektronisch nachgewiesen wurden.

 

Gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z1, 2 oder 3 besteht, unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens, den Gewerbeausübenden bzw. den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern; eine solche Aufforderung hat auch dann zu ergehen, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß  § 367 Z25 besteht und nicht bereits ein einschlägiges Verfahren gemäß § 78 Abs. 2, § 79 c Abs. 4 oder § 82 Abs. 3 anhängig ist. Kommt der Gewerbeausübende bzw. der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes, zu verfügen.

 

5.2. Zu Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide

Zurückweisung der Anträge auf sofortige Vollstreckung der bescheidmäßig zu verfügenden Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen:

 

5.2.1. Die Einsichtnahme in die Verfahrensakte ergibt, dass mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 22.12.2008, Ge20-113-2008, die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 18.3.2009, Ge20-13-2008,verfügte einstweilige Zwangs- und Sicherheitsmaßnahme im Grunde des

§ 360 Abs.6 der GewO 1994 widerrufen wurde.

Damit liegt ein der Vollstreckung unterliegender rechtswirksamer Schließungsbescheid gemäß § 360 GewO 1994 nicht mehr vor.

 

Unabhängig davon ist auszuführen, dass der Verwaltungsgerichtshof in zahlreichen Judikaten zum Ausdruck gebracht hat, dass es sich bei dem Verfahren nach § 360 GewO 1994 um ein amtswegiges Verfahren handelt und weder Nachbarn noch Mitbewerbern des Unternehmens ein Antragsrecht zukommt, ein Verfahren nach § 360 GewO 1994 einzuleiten, noch ihnen ein Anspruch auf Setzung eines behördlichen Verwaltungsaktes bestimmten Inhaltes zukommt.

 

Im Lichte dieser eindeutigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wurden von der Erstbehörde zu Recht die Anträge der Bw abgewiesen.

 

5.3. Zu Spruchpunkt II.

Zurückweisung der Anträge auf Akteneinsicht:

 

Die Bw begründen ein ihnen zustehendes Recht auf Akteneinsicht zum einen damit, dass eine Versagung für die Bw einen Nachteil bei der rechtlichen Verfolgung ihrer Ansprüche im Zivil- und Verwaltungsverfahren darstellen und ihre Prozesschancen erheblich beeinträchtigen würde, und zum anderen damit, dass auch die P B GmbH als Konsenswerberin in ihren Eingaben den Bescheid vom 22.12.2008 zum Gegenstand im aktuellen Verfahren mache.

 

Grundsätzlich ist festzustellen, dass Nachbarn im Verfahren nach § 360 GewO 1994 eine Parteistellung nicht zusteht. Diesbezüglich wird auf die klare Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach Maßnahmen nach § 360 von Amts wegen zu treffen sind und Nachbarn einer Betriebsanlage und Mitbewerbern, denen nicht einmal Nachbarstellung zukommt, kein Antragsrecht und auch kein Rechtsanspruch auf Einleitung eines Verfahrens bzw. auf Setzung von Maßnahmen nach § 360 zukommt, somit auf die Handhabung der nach
§ 360 der Behörde zustehenden Zwangsgewalt zur Durchsetzung öffentlicher Interessen niemandem ein Rechtsanspruch zusteht, der mit Mitteln des öffentlichen Rechts verfolgbar wäre, insbesondere auch nicht den Nachbarn (VwGH 24.10.2001, 2001/01/0173; VwGH 20.10.1992, 92/04/0176); Das gleiche gilt umso mehr für Bewerber eines Unternehmens, denen nicht einmal Nachbarstellung zukommt.

 

Das Recht auf Akteneinsicht ist ein prozessuales Recht, das sich aus einer ausdrücklich eingeräumten Parteistellung ergibt.

Es handelt sich somit um ein subjektiv-prozessuales Recht der Partei im betreffenden Verfahren.

Das Recht auf Akteneinsicht kann auch nicht – wie von den Bw vorgebracht – darin begründet werden, dass solche Akteneinsicht zur Verfolgung zivilrechtlicher Ansprüche erforderlich sei.

In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen, dass ein Recht auf Akteneinsicht auch dann nicht besteht, wenn die die Akteneinsicht begehrende Person in einem anderen Verfahren Partei ist und die Geltendmachung oder Verteidigung ihrer Interessen in diesem anderen Verfahren die Kenntnis der Akten erfordert.

 

Soweit die Bw darauf verweisen, dass die P B GmbH in ihren Eingaben bei den Behörden im Genehmigungsverfahren auf den Schließungsbescheid vom 22.12.2008 Bezug nehmen und ihnen daraus ein Recht auf Akteneinsicht im Schließungsverfahren zustehe, ist dem entgegenzuhalten, dass eine Parteistellung der berufungsführenden Nachbarn im Genehmigungsverfahren nie in Abrede gestellt wurde. Die Nachbarn haben durch die Erhebung von Einwendungen die Parteistellung beibehalten und steht ihnen demnach in dem das Genehmigungsverfahren betreffenden Verfahrensakt das Recht auf Akteneinsicht zu. Sofern Aktenteile des "Schließungsaktes" entnommen und diese der Entscheidung im Genehmigungsverfahren zu Grunde gelegt werden, sind diese Aktenteile von der zustehenden Akteneinsicht im Genehmigungsverfahren umfasst.

 

Inwiefern die weitwendigen Ausführungen der Bw über die nach ihrer Auffassung erforderliche Vorgangsweise des zuständigen Sachbearbeiters der Behörde bei allfälligen Verfahren nach § 360 leg.cit. ein Argument für eine Parteistellung der Bw in diesem Verfahren sein soll, ist für das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates nicht nachvollziehbar. Die Schlussfolgerung, es müsste "...der Sachbearbeiter in der Folge Unterlagen aus dem Schließungsverfahrensakt in den Genehmigungsakt übernehmen, um daraus eine Entscheidung hinsichtlich der Schließungsanregung treffen und begründen zu können..." scheint nicht logisch; vielmehr müssten zur Bearbeitung der Schließungsanregung Unterlagen aus dem Genehmigungsakt übernommen werden.

Demgemäß kann auch die Annahme der Bw, im Akt der Gewerbegenehmigung müssten Unterlagen hinsichtlich der Schließung vorhanden sein, nicht nachvollzogen werden. Aus sämtlichen oben angeführten Sach- und Rechtsgründen wurden somit die Anträge der Bw von der Erstbehörde zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.

 

Ausdrücklich hingewiesen wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichthofes vom 27.5.2009, 2009/04/0104 bis 0106. Darin wird vom VwGH die Parteistellung der berufungsführenden Nachbarn im Schließungs- bzw. Verwaltungsstrafverfahren betreffend die Betriebsanlage der P B GmbH verneint und die Beschwerde der Nachbarn als unbegründet abgewiesen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

Beachte:


Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.


VwGH vom 06.10.2009, Zl.: 2009/04/0251-3

 

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