Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420584/14/Gf/Mu

Linz, 17.07.2009

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Beschwerde des Z A, R Nr. , D- N/I, vertreten durch RA Dr. P B, B , 4... S, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbe­hördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe des Bezirkshauptmannes von Ried am 19. April 2009 nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 1. Juli 2009 zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird stattgegeben; die am 19. April 2009 von einem Polizeibeamten aus eigener Macht durchgeführte Abnahme des Zulassungsscheines und der Kennzeichentafeln des KFZ wird als rechtswidrig festgestellt.

II. Der Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Ried) hat dem Beschwerdeführer Aufwändungen in Höhe von insgesamt 1.672,80 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3 AVG; § 79a AVG; § 1 UVS-AufwandsersatzVO.

Entscheidungsgründe:

1.1. In seiner am 12. Mai 2009 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebenen, ho. am 14. Mai 2009 eingelangten und explizit auf Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG i.V.m. § 67a Z. 2 AVG gestützten Beschwerde bringt der Rechtsmittelwerber vor, dass ihm am 19. April 2009 um 17.20 Uhr auf der B143 in Ried im Innkreis durch einen funktionell für den Bezirkshauptmann von Ried einschreitenden Beamten des Landespolizeikommandos Oberösterreich gemäß § 57 Abs. 8 des Kraftfahrgesetzes, BGBl.Nr. 267/1967, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 16/2009 (im Folgenden: KFG), der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln seines KFZ abgenommen worden seien. Dies deshalb, da eine betriebssichere Verwendung seines PKW deshalb nicht gegeben gewesen sei, weil die Räder der Hinterachse keine Freigängigkeit aufgewiesen hätten.

Durch diese Zwangsmaßnahme sei er in seinen Rechten, insbesondere in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums verletzt worden.

Weiters führt der Beschwerdeführer aus, dass ihm bereits zuvor, nämlich am 14. Februar 2009 um 16.35 Uhr in Wels, von demselben Polizeibeamten mit gleichem Tatvorwurf der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln abgenommen worden seien. In beiden Fällen sei diese Maßnahme jedoch deshalb unzulässig gewesen, weil ihm mit Bescheinigung der TÜV-Süd-Auto-GmbH vom 5. Februar 2009 bzw. mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 15. Juni 2007 eine entsprechende Typengenehmigung erteilt worden war. Daher seien ihm auch sowohl im unmittelbaren Anschluss an die erste als auch an die zweite Amtshandlung von der BPD Wels bzw. von der BH Ried jeweils sofort die Kennzeichen und der Zulassungsschein wieder ausgefolgt worden.

Da es für die neuerliche Abnahme am 19. April 2009 überhaupt keine sachliche Rechtfertigung gebe, vermutet der Rechtsmittelwerber auch, dass das einschreitende Polizeiorgan eine persönliche Aversion gegen ihn habe. Denn an diesem Tag hätte der Sicherheitswachebeamte jedenfalls bereits Kenntnis darüber haben müssen, dass sein KFZ laut Gutachten und Genehmigungsbescheid den Verkehrs- und Betriebssicherheitsvorschriften, insbesondere auch jenen nach § 57 Abs. 8 KFG, entspricht.

Daher wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Maßnahme beantragt.

1.2. Die belangte Behörde hat den Bezug habenden Akt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, mit der die kostenpflichtige Abweisung der gegenständlichen Beschwerde beantragt wird.

Begründend wird dazu vorgebracht, dass es zwar richtig sei, dass bei den Amtshandlungen am 14. Februar 2009 und am 19. April 2009 jeweils derselbe Polizeibeamte eingeschritten sei.

Am 14. Februar 2009 habe dieser dem Beschwerdeführer jedoch weder den Zulassungsschein noch die Kennzeichentafeln abgenommen. Vielmehr sei im Rahmen der damaligen Simulation der vollständigen Einfederung unter Verwendung einer dienstlichen Auffahrtsrampe nur festgestellt worden, dass die Reifen der Hinterachse des gegenständlichen PKW keinerlei Freigängigkeit aufgewiesen hätten. Eine Abnahme des Zulassungsscheines und der Kennzeichentafeln sei jedoch nur für den Fall angekündigt worden, dass der Rechtsmittelwerber die an der Hinterachse seines PKW angebrachten Distanzringe nicht entfernt. Da der Beschwerdeführer diese Demontage aber umgehend selbst vorgenommen habe, habe damals eben von einer Zwangsmaßnahme Abstand genommen werden können.

Anlässlich der Kontrolle am 19. April 2009 seien die in Rede stehenden Distanzringe jedoch wiederum am Fahrzeug angebracht gewesen; daher sei das einschreitende Polizeiorgan verpflichtet gewesen, die bekämpfte Zwangsmaßnahme zu setzen, um eine Gefährdung der Verkehrssicherheit zu vermeiden.

Außerdem wird daraufhin gewiesen, dass zwar eine TÜV-Bestätigung über den ordnungsgemäßen Einbau vom 5. Februar 2009 bzw. vom 21. April 2009 vorliegen würde. Diese würden jedoch nichts über die Frage der Ordnungsgemäßheit des Zustandes des Fahrzeuges anlässlich der Kontrolle am 14. Februar 2009 und am 19. April 2009 aussagen. Darüber hinaus hätten Änderungen in der Art, wie sie der Beschwerdeführer offensichtlich durchgeführt hat, der zuständigen Zulassungsbehörde gemeldet und eine unverzügliche Berichtigung der Fahrzeugpapiere vorgenommen werden müssen, was jedoch im gegenständlichen Fall nicht geschehen sei. Zudem müsse er bei auffälligen Umbauten seines Fahrzeuges jeweils sämtliche Typisierungsbescheide, TÜV-Bestätigungen o.Ä. mit sich führen, um bei Kontrollen entsprechende Probleme ausschließen zu können.

Abschließend wird noch mitgeteilt, dass der Rechtsmittelwerber bezüglich des Vorfalles am 14. Februar 2009 mit Straferkenntnis des Polizeidirektors der Bundespolizeidirektion Wels vom 16. März 2009, GZ 2-S-3934/09, rechtskräftig bestraft wurde.

Aus allen diesen Gründen wird daher die kostenpflichtige Abweisung der gegenständlichen Beschwerde beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Ried zu GZ VerkR96-2727-2009 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 1. Juli 2009, zu der als Parteien der Beschwerdeführer und dessen Rechtsvertreter, RA Dr. P B, und Mag. G G als Vertreter der belangten Behörde sowie der Zeuge GI P G (Landespolizeikommando ) erschienen sind.

2.1.1. Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Am 19. April 2009 hat der Beschwerdeführer an der sog. „Cult-Tuning“-Messe, einer Autoshow in Ried, teilgenommen. Nach Beendigung dieser Veranstaltung wurde sein Fahrzeug der Marke „BMW“, Typ „M346“, gegen 17.20 Uhr vom Zeugen einer Inspektion im Hinblick auf dessen Verkehrssicherheit unterzogen. Dabei stellte sich heraus, dass an den Hinterachsen sog. „Distanzringe“ angebracht waren, die eine Verbreiterung des Radstandes bewirkten. Diesbezüglich führte der Beschwerdeführer eine Bestätigung der in der BRD ansässigen TÜV-SÜD-Auto-Service-GmbH (im Folgenden: TÜV-BRD) vom 5. Februar 2009 (Bericht-Nr. 2221106936) und vom 21. April 2009 (Bericht-Nr. 2221109953) mit sich, in der jeweils bescheinigt wird, dass der Anbau dieser Distanzringe im KFZ ordnungsgemäß erfolgte und das Fahrzeug insoweit den geltenden Vorschriften der (deutschen) Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO, dBGBl.Nr. I 1988/S. 1793 i.d.F. dBGBl.Nr. I 2009/S. 872) entspricht; weiters legte er den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 15. Juni 2007, GZ VT-34681/2007, i.V.m. dem Gutachten des TÜV Österreich (im Folgenden: TÜV-Ö) vom 5. Juni 2007 vor, mit dem festgestellt wurde, dass durch die im Wege eines Austausches von Stoßdämpfern bewirkte Höhenverstellung des Fahrwerkes dessen Verkehrs- und Betriebssicherheit nicht negativ beeinflusst wird.

Dessen ungeachtet wurde vom Zeugen mittels der von ihm mitgeführten Auffahrrampe eine Überprüfung im Hinblick darauf, ob eine volle Einfederung des Fahrzeuges gegeben ist, durchgeführt. Dabei wurde festgestellt hat, dass in dieser Stellung des Fahrzeuges, die v.a. dessen volle Beladung simuliert, keinerlei Freigängigkeit der Räder an der Hinterachse mehr gegeben war. Denn zwischen der Radausschnittkante des Chassis und der äußeren Begrenzung der Reifen konnte ein Blatt Papier – konkret: der Zulassungsschein des Beschwerdeführers – nicht durchgezogen werden. Dem Einwand des Rechtsmittelwerbers, dass ihm vom TÜV sowohl die Ordnungsgemäßheit des Einbaus der Distanzringe als auch der Tieferlegung des KFZ bescheinigt worden sei, hielt der Zeuge entgegen, dass sich diese Bestätigungen nicht auf den Vorfalls-, sondern jeweils auf einen frühere Zeitpunkte beziehe und zudem keine Relevanz für die österreichische Rechtslage hätten.

Da nach Ansicht des Zeugen infolge der fehlenden Freigängigkeit der Räder eine Gefährdung der Verkehrssicherheit – nämlich durch einen Abrieb der Reifen, der in der Folge auch bis zu einem Reifenplatzer führen könnte – vorlag, wurde von ihm gemäß § 57 Abs. 8 KFG die Annahme des Zulassungsscheines und der Kennzeichentafeln angeordnet und von einem zufällig anwesenden Mechaniker auch unmittelbar fachmännisch durchgeführt. Hierüber wurde dem Beschwerdeführer vom Zeugen eine entsprechende Bestätigung ausgestellt.

2.1.2. Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die glaubwürdigen, jeweils in sich schlüssigen und widerspruchsfreien sowie im Wesentlichen ohnehin übereinstimmenden Aussagen des Beschwerdeführers einerseits und des einvernommenen Zeugen andererseits, die zudem auch in dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt ihre Deckung finden.

2.2. Nach § 67a Abs. 1 Z. 2 haben die Unabhängigen Verwaltungssenate über Maßnahmenbeschwerden i.S.d. Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG i.V.m. § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbe­hördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein.

Dass die seitens eines Sicherheitsorganes verfügte (nämlich: in dessen Auftrag – wie hier – von einer Privatperson vorgenommene) Abnahme des Zulassungsscheines und der Kennzeichentafeln eines KFZ eine derartige Ausübung von Zwangsgewalt darstellt, die unmittelbar in die Rechtssphäre des Zulassungsbesitzers eingreift, ergibt sich schon daraus, dass dieser nach dem Zeitpunkt der Setzung einer solchen Maßnahme nicht mehr befugt ist, sein Fahrzeug zu verwenden. Darauf wurde der Rechtsmittelwerber in der Abnahmebestätigung vom 19. April 2009 auch ausdrücklich hingewiesen.

Die vorliegende Beschwerde ist daher zulässig.

3.2. Nach § 57 Abs. 8 KFG sind dann, wenn durch die weitere Verwendung eines Fahrzeuges die Verkehrssicherheit gefährdet wird, bei Gefahr in Verzug der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln unverzüglich abzunehmen.

3.2.1. Im gegenständlichen Fall steht zwar allseits unbestritten fest, dass der Beschwerdeführer über entsprechende Genehmigungen zur Vornahme spezifischer Änderungen an seinem KFZ – nämlich: zur Höhenverstellung (Tieferlegung) durch den Einbau jener Stoßdämpfer, die im Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 15. Juni 2007, GZ VT-34681/2007, i.V.m. dem Gutachten des TÜV-Ö vom 5. Juni 2007 dezidiert angeführt sind sowie zur Verbreiterung des Radstandes um 30 mm (vorne) bzw. 10 mm (hinten) durch die Anbringung von Distanzringen, wie sie in der Bestätigung des TÜV-BRD vom 5. Februar 2009 (Bericht-Nr. 2221106936) und vom 21. April 2009 (Bericht-Nr. 2221109953) ausdrücklich genannt sind – verfügte.

Andererseits steht in gleicher Weise fest, dass dieses KFZ zum Zeitpunkt der hier in Rede stehenden Kontrolle am 19. April 2009 um 17.20 Uhr offensichtlich nicht den Anforderungen des § 4 Abs. 2 KFG – wonach Kraftfahrzeuge u.a. so gebaut sein müssen, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder andere Straßenbenützer entstehen – entsprach. Dabei ist es gleichgültig, auf Grund welcher Ursache – etwa der, dass das KFZ zwar zu den von den TÜV vorgenommenen Kontrollzeitpunkten am 5. Juni 2007, am 5. Februar 2009 und am 21. April 2009 jeweils den geforderten ordnungsgemäßen Zustand aufgewiesen haben mag, der Beschwerdeführer diesen jedoch nach den Kontrollzeitpunkten möglicherweise jeweils stets selbst wieder beseitigt hat (wofür insbesondere der Umstand spricht, dass er in der öffentlichen Verhandlung ausdrücklich angegeben hat, dass er „im Umgang mit KFZ geübt“ ist, „kaum in eine Werkstatt“ fährt, „meistens .... alle anfallenden Reparatur- oder Umbauarbeiten selbst“ durchführt und v.a. das Anbringen der Distanzringe „nicht besonders schwierig“ ist [vgl. S. 3 des h. VH-Protokolles]; aus diesem Grund war auch sein Antrag auf Einholung eines KFZ-Sachverständigen-Beweises schon von vornherein nicht dazu geeignet, die Ordnungsgemäßheit des Fahrzeuges gerade zum Kontrollzeitpunkt zu belegen) – dieser vorschriftswidrige Zustand resultierte. Entscheidend ist vielmehr die objektive, auch durch Bilddokumente entsprechend belegte (vgl. Beilage 2 zum h. VH-Protokoll) Tatsache, dass die Räder der Hinterachse des KFZ dann, als sich dieses auf der Auffahrtsrampe befand, wodurch dessen volle Belastung simuliert wurde, keinerlei Freigängigkeit mehr aufwiesen, weil es – was auch vom Rechtsmittelwerber nicht bestritten wird – zu diesem Zeitpunkt nicht einmal möglich war, ein Blatt Papier zwischen der Außenseite des Reifens und der Innenseite der Radausschnittkante des Fahrzeugchassis durchzuziehen.

Damit war aber der Schluss des einschreitenden Sicherheitsorganes, dass es zu einem Abrieb der Außenseite des Reifens – der ebenfalls durch Bilddokumente entsprechend belegt ist (vgl. wiederum Beilage 2 zum h. VH-Protokoll) – kommt, der im Extremfall zu einem Platzen des Reifens führen kann, offensichtlich ebenso gerechtfertigt wie die weitergehende Schlussfolgerung, dass damit Gefahr im Verzug für die Straßenverkehrsteilnehmer gegeben ist und sohin die Voraussetzungen des § 57 Abs. 8 KFG grundsätzlich erfüllt sind.

3.2.2. Dennoch ist der vorliegenden Beschwerde im Ergebnis aus folgenden Gründen ein Erfolg beschieden:

3.2.2.1. Nach § 123 Abs. 2 KFG hat die Bundespolizei an der Vollziehung dieses Gesetzes durch die Behörden mitzuwirken.

Dabei kommt ihr jedoch nur die Überwachung der Einhaltung der kraftfahrrechtlichen Vorschriften auf Straßen mit öffentlichem Verkehr (Z. 1), die Setzung der zur Einleitung und Durchführung von Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Maßnahmen (Z. 2) und das Einschreiten in den im KFG ausdrücklich vorgesehen Fällen (Z. 3) zu.

3.2.2.2. Als eine der in § 123 Abs. 2 Z. 3 KFG angesprochenen Eingriffsermächtigungen kommt im gegebenen Zusammenhang zunächst § 102 Abs. 12 KFG in Betracht. Danach sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht berechtigt, Personen am Lenken oder an der Inbetriebnahme eines Fahrzeuges zu hindern, wenn diese hiedurch eine der in lit. a bis lit. k angeführten Übertretungen begehen oder begehen würden; zu diesem Zweck können allenfalls auch Zwangsmaßnahmen angewendet werden. Da jedoch in § 102 Abs. 12 lit. a bis k – aus rechtspolitischer Sicht: unverständlicherweise – weder § 4 Abs. 2 KFG noch § 57 Abs. 8 KFG ausdrücklich (vgl. § 123 Abs. 2 Z. 3 KFG) angeführt sind, vermag somit auch diese Bestimmung das Einschreiten des Sicherheitsorganes im gegenständlichen Fall nicht zu tragen.

3.2.2.3. Die Vorschrift des § 57 KFG regelt – lediglich und im Anschluss an die in § 56 KFG normierte „Besondere Überprüfung“ von Kraftfahrzeugen – das im Zuge einer derartigen Administrativmaßnahme durchzuführende Verfahren; sie richtet sich daher, wie aus den Absätzen 6 und 7 unmissverständlich hervorgeht, primär an die „Behörde“ i.S.d. § 123 Abs. 1 KFG. Obwohl dies in § 57 Abs. 8 KFG nicht explizit angeführt ist, gilt dies daher in gleicher Weise – wie sich aus dem Gesamtzusammenhang der Absätze 6 bis 8 des § 57 KFG ergibt – auch für diese Bestimmung bzw. folgt dies zusätzlich e contrario aus § 123 Abs. 2 Z. 3 KFG, der die Bundespolizei eben nur dazu ermächtigt, in den im KFG „ausdrücklich“ vorgesehenen Fällen einzuschreiten.

Daraus ergibt sich insgesamt, dass bei einer im Zuge einer besonderen Überprüfung gemäß § 57 KFG wahrgenommenen Gefahr in Verzug – anders als etwa in den in § 102 Abs. 12 lit. a bis k KFG angeführten Fällen – mangels einer dementsprechenden gesetzlichen Ermächtigung nicht das Sicherheitsorgan aus eigener Macht, sondern lediglich die Behörde selbst (bzw. das Sicherheitsorgan auf Grund eines dahin gehenden konkreten behördlichen Auftrages) eine unverzügliche Abnahme des Zulassungsscheines und der Kennzeichentafeln verfügen und vornehmen darf (unzutreffend bzw. zumindest missverständlich in diesem Zusammenhang auch H. Grundtner – G. Pürstl, Das Kraftfahrgesetz 1967, 7. Aufl., Wien 2006, 146 f.).   

Im gegenständlichen Fall resultiert jedoch weder aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt, dass ein entsprechender, allenfalls auch mündlich erteilter konkreter behördlicher Auftrag an das einschreitende Sicherheitsorgan zur Abnahme des Zulassungsscheines und der Kennzeichentafeln vorgelegen hätte noch wurde Derartiges in der mündlichen Verhandlung vorgebracht.

Damit konnte aber der hier angefochtene Eingriffsakt – anders als dies in der dem Rechtsmittelwerber ausgestellten Abnahmebestätigung noch explizit zum Ausdruck gebracht wurde – nicht in rechtlich zulässiger Weise auf § 57 Abs. 8 KFG gestützt werden.

3.2.2.4. Da sich auch ansonsten keine die Vorgangsweise des einschreitenden Sicherheitsorganes tragende Rechtsgrundlage findet, erweist sich diese sohin im Ergebnis als rechtswidrig. 

3.3. Daher war der gegenständlichen Beschwerde gemäß § 67c Abs. 3 AVG stattzugeben und die am 19. April 2009 durchgeführte Abnahme seines Zulassungsscheines und der Kennzeichentafeln seines KFZ als rechtswidrig festzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Beschwerdeführer als obsiegender Partei nach § 79a Abs. 1, 2 und 4 AVG i.V.m. § 1 Z. 1 und 2 der UVS-Aufwandersatzverordnung, BGBl.Nr. II 456/2008, Kosten in Höhe von insgesamt 1.672,80 Euro (Schriftsatzaufwand: 737,60 Euro; Verhandlungsauf­wand: 922,00 Euro; Gebühren: 13,20 Euro) zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1.      Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

2.      Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 13,20 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Dr. Grof

Für die Richtigkeit

der Ausfertigung:


 

Rechtssatz:

VwSen-420584/14/Gf/Mu vom 17. Juli 2009:

 

§ 4 Abs. 2 KFG; § 57 Abs. 8 KFG; § 102 Abs. 12 KFG; § 123 Abs. 2 Z. 3 KFG

 

Nach § 123 Abs. 2 Z. 3 KFG dürfen Organe der Bundespolizei nur in den im KFG ausdrücklich vorgesehenen Fällen einschreiten; da weder die Bestimmung des § 4 Abs. 2 KFG noch jene des § 57 Abs. 8 KFG in der Aufzählung des § 102 KFG angeführt ist, bieten diese sohin auch keine Handhabe dafür, dass ein Sicherheitsorgan dann, wenn im Zuge der „Besonderen Überprüfung“ eines Fahrzeuges das Vorliegen von Gefahr in Verzug festgestellt wird, aus eigener Macht – d.h. ohne Vorliegen eines konkret darauf gerichteten behördlichen Auftrages – den Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln abnimmt.

 

 

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