Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522293/16/Bi/Se

Linz, 20.07.2009

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn W P, A, vertreten durch Herrn RA Mag. C S, S, vom 27. Mai 2009 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 12. Mai 2009, VerkR21-96-2009, wegen Entziehung der Lenkberechtigung und Lenk­verbot, aufgrund des Ergebnisses der am 1. Juli 2009 durchgeführten öffent­lichen mündlichen Berufungs­verhandlung zu Recht erkannt:

 

     Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung und des Lenkverbots auf 20 Monate herabgesetzt wird.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 24 Abs.1, 25, 26, 7 Abs.3 Z1 FSG die von der BH Vöcklabruck am 22. Jänner 2009, GZ.09/022655, für die Klassen A und B erteilte Lenkberechtigung auf die Dauer von 24 Monaten, gerechnet ab 29. Jänner 2009, das ist bis einschließlich 29. Jänner 2011, entzogen. Weiters wurde gemäß § 24 Abs.3 FSG angeordnet, dass sich der Bw auf seine Kosten einer Nachschulung bei einer vom BMVIT ermächtigten Stelle zu unterziehen und er auf seine Kosten ein amtsärztliches Gutachten über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen und eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen habe. Außerdem wurde gemäß § 32 FSG für die oben genannte Entzugsdauer ein Lenkverbot für Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge und Invalidenkraftfahrzeuge ausgesprochen und gemäß § 64 Abs.2 AVG wurde einer allfälligen Berufung gegen den Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 15. Mai 2009.

 

2. Ausdrücklich gegen die Dauer der Entziehung wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungs­vor­entscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Ober­öster­reich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Am 1. Juli 2009 wurde eine öffentliche mündliche Berufungs­verhandlung in Anwesenheit des Bw, seines Rechtsvertreters Herrn RA Mag. S, der Vertreterin der Erst­instanz Frau U P, der Zeugen A W (W), D R (R), Meldungsleger BI J K (Ml) und BI G R (BI R) durchgeführt. Auf die mündliche Ver­kün­dung der Berufungsentscheidung wurde verzichtet.

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er bestreite nicht den Vorfall vom 6. April 2009, bei dem er trotz entzogener Lenkberechtigung ein Kraftfahrzeug mit 0,63 mg/l AAG gelenkt habe. Der Vorfall vom 29. Jänner 2009 sei ihm aber nicht zuzurechnen, zumal auch nicht nachvollziehbar sei, warum die Beschädigungen laut Bild 2 von ihm stammen sollten. Beantragt wird die Einvernahme der Polizei­beamten, ob sie etwa eine Schadenszufügung durch ihn persönlich beobach­tet oder geprüft hätten, ob die Schäden mit seinem Pkw korrespondierten. Das Beweis­­verfahren diesbezüglich sei mangelhaft.

Im Übrigen hätte er zur Blut­ab­nahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkohol­gehaltes „zu einem Arzt gebracht werden müssen“. Die Beamten hätten darauf bestanden, die Blut­abnahme direkt bei der PI A durchzuführen, wo er sich aber mit Recht wegen der dort mangelhaften hygienischen Zustände gewei­gert habe, die Blutabnahme durchführen zu lassen. Er hätte vielmehr zu einem diensthabenden Arzt oder in eine öffentliche Krankenanstalt gebracht werden müssen, weil er nicht verpflichtet sei, sich außerhalb qualifiziert sanitärer Bereiche Blut abneh­men zu lassen. Dazu verweist er auf die Rechtsprechung des VwGH und macht geltend, Gesetze seien wörtlich auszulegen und der Gesetzes­wortlaut des § 5 sei völlig eindeutig. Es sei daher festzustellen, dass der Entzug der Lenkberechtigung ab 29. Jänner 2009 unrechtmäßig gewe­sen sei und für einen allenfalls gerecht­fertigten Entzug ab 6. April 2009 sei die Ent­zugs­dauer ab 29. Jänner 2009 einzurechnen.

Beantragt wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, Absehen von einem weiteren Entzug und die umgehende Ausfolgung des Führerscheins.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört und die oben genannten Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB zum Vorfall vom 29. Jänner 2009 einver­nommen wurden.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bw wohnt wie die Zeugen W und R in der K S 4 in A. Am 29. Jänner 2009 gegen 22.25 Uhr kam ein Bekannter der beiden Zeugen zu diesen nach Hause, um ihren Pkw zurückzubringen. Bei seinem Eintreffen in der Wohnung machte er sie darauf aufmerksam, dass der Bw gerade mit seinem Pkw vor dem Haus einzuparken versuche, aber bei einem neben der Haustür abgestellten hellen Pkw angefahren sei; das sollten sie sich anschauen.

Daraufhin sahen die Zeugen W und R vom inzwischen geöffneten Küchen­fen­ster ihrer Wohnung im 1. Stock hinunter und beobachteten, dass der ihnen samt seinem Pkw bestens bekannte Bw gerade genau unter ihrem Fenster versuchte, nach rechts hinten rückwärts einzu­parken, allerdings offensichtlich zu früh eingeschlagen hatte und beim links neben der Haustür abgestellten roten Madza 323 im Bereich des Radkastens mit seiner Stoßstangenecke "anstand", das aber offensichtlich nicht wahrhaben wollte und weiter Gas gab. Die Zeugin W infor­mierte sofort telefonisch die PI A, was sie in der Ver­hand­lung ausführlich damit erklärte, es habe bereits mehrere Schadensfälle, so auch an ihrem Pkw, gegeben, die dem Bw zuzurechnen seien, dem aber nie etwas zu beweisen gewesen sei; der Bw komme öfters alkoholisiert nach Hause. Die Zeugen W und R legten inhaltlich übereinstimmend dar, der Bw habe nach rechts hinten rückwärts einzuparken versucht; allerdings gab die Zeugin W an, dies sei im Bereich des Tankdeckels des Mazda, also beim hinteren Radkasten, gewesen, während der Zeuge R angab, der Anstoß sei beim vorderen Radkasten des Madza erfolgt, so wie auf dem Foto 2 festgehalten. Vom Fenster aus sei zu sehen ge­wesen, dass der Pkw dort, wie der Zeuge R sagte, "angedockt habe"; auf die straßen­seitig gelegene Anstoßstelle hätten sie aber naturgemäß nicht hinge­sehen, nur auf das dort schräg stehende Fahrzeug des Bw am parallel zum Gehsteig geparkten Mazda. Sie hätten auch einen Anstoß gehört, ein Geräusch, das wie ein "Anstoß von Plastik an einen festen Untergrund" geklungen habe. Der Bw habe trotzdem ein paar Mal weiterzufahren versucht und Gas gegeben.

Die Zeugen und ihr Bekannter gingen hinunter auf die Straße und beobachteten, dass der Bw schließlich weiterfuhr, beim Parkplatz der Tagesheim­stätte in Sicht­weite umdrehte und zurückkam, um beim Schulparkplatz einzu­parken. Da sei aber auch schon die Polizei mit Blaulicht hinter ihm gestanden.

 

Der Bw führte dazu aus, vor dem Haus sei gefrorener Schneematsch gelegen und die Parklücke sei für seinen Passat zu klein gewesen. Er habe einzuparken versucht, dann ein Stück weiter nochmals einzuparken versucht, sei aber nicht richtig in die Parklücke hineingekommen; ihm sei aber nicht aufgefallen, dass er irgendwo angefahren wäre. Beim Volksheim habe er umgedreht und als er zum Haus zurück­gekommen sei, sei schon die Polizei dagewesen.

Beide Zeugen bestätigten, sie hätten sowohl den roten Mazda, dessen Eigen­tümer ihnen unbekannt sei, als auch den von ihrem Bekannten beschriebenen rechts von der Haustür abgestellten Pkw, an dem der Bw ebenfalls erfolglos einzuparken versucht habe, allerdings bei Dunkelheit und der damaligen Straßen­be­leuchtung angesehen und Schäden an beiden Fahrzeugen festgestellt, nämlich laut dem Zeugen R am Mazda den Schaden, wie auf Foto 2 im Akt ersichtlich und beim silberfarbenen Fahrzeug einen schwarzen Abrieb an der Stoß­stange. So hätten sie es auch dem Ml mitgeteilt, der die Fahrzeuge fotografiert habe. Auf den Fotos ist tatsächlich beim Madza (V) eine Ein­dellung und schwarze Spuren am silberfarbenen Pkw (G) zu erkennen.

Der Bw hat in der Verhandlung ausgeführt, der Eigentümer des silberfarbenen Pkw habe eine Schadenersatzforderung von 600 Euro an ihn gestellt; der Eigen­tümer des Mazda habe ihm ausdrücklich zugesichert, keinen Sachschaden gehabt zu haben.

 

Der Ml gab an, er habe beim Bw bei der Anhaltung auf dem Schulparkplatz sofort Alkohol gerochen – der Bw bestätigte in der Verhandlung, er habe zwei Gespritz­te und einem Jägermeister innerhalb von ca 3 Stunden getrunken - und diesen zum Alkotest aufgefordert. Da die PI nur ca 200 m entfernt sei, hätten sie ihn dorthin mitgenommen. Er habe Schäden an den beiden von den Zeugen be­schrie­­ben­en Fahrzeugen im Licht einer Taschenlampe gesehen und noch in der Nacht fotografiert, könne aber zu deren Zustandekommen nichts sagen. Am Pkw des Bw seien rundherum kleinere Schäden zu sehen gewesen; zur Korrespon­denz von Schäden konnte der Ml nichts sagen.

Bei der PI wurde zunächst ein Alkotest mit dem Bw versucht, der allerdings vier erfolglose Blasversuche wegen zu kleinen Blasvolumens ergeben habe. Da der Bw sich auf Asthma berief, forderte der Ml über eine der PI für diesen Zweck vorliegende Telefon­nummer den diensthabenden Arzt für Alkoholuntersuchungen an und erreichte den ihm bis dahin persönlich unbekannten Herrn Dr. M R, der am Telefon erklärte, er komme zur Untersuchung des Bw zur PI A.

 

Wie vom erkennenden Mitglied über die Oö. Ärztekammer  in Erfahrung gebracht wurde, handelt es sich bei Herrn Dr. R um einen Arzt für Allgemein­medizin mit ius practicandi, der im Krankenhaus Vöcklabruck beschäftigt ist und im Rahmen des Ärzte­not­dienstes in dieser Nacht Dienst hatte.

Der Ml erläuterte in der Verhandlung, je nach Wunsch des erreichten Arztes werde der zu untersuchende Proband entweder zu diesem in die Ordination, wenn der Arzt eine solche habe, oder auch in die Ambulanz des Krankenhauses Vöcklabruck gebracht oder der Arzt komme selbst zur PI. Beide Polizeibeamten bestätigten zeugenschaftlich, ihnen sei konkret nichts darüber bekannt, dass es per Erlass ausdrücklich erlaubt oder verboten sei, solche § 5 StVO-Untersu­chungen samt Blutab­nahme in den Räumen der PI durchzu­führen, aber den Ort der Unter­suchung bestimme immer der unter­suchende Arzt. Der Ml erklärte dem Bw, dass die Untersuchung von einem Arzt in der PI durchgeführt werde.

 

Dr. R kam zur PI, wo für die Untersuchung des Bw ein Ver­nehmungs­raum mit Schreibtisch zur Verfügung stand. Der Arzt führte die klinische Unter­suchung beim Bw durch, füllte das vom Ml vorbe­reitete und der Anzeige beige­legte Drogen-Check-Formular aus und forderte den Bw in Anwe­sen­heit des Ml zur Blut­abnahme auf.

Der Ml erklärte in der Verhandlung ausführlich, dass es dazu ein spezielles Blut­ab­­nahme­set gibt; die dafür erforderlichen Utensilien sind in einem blauen Sackerl enthalten, das bei der PI aufliegt und dem Arzt übergeben wird, auch dann, wenn die Blutabnahme in einer Privatordination, beim Amtsarzt oder im Krankenhaus durchgeführt wird. Die darin enthaltenen Utensilien sind in Kunststoff einge­schweißt, das Sackerl selbst aber nicht verschlossen.

 

Der Bw bestätigte in der Berufungsverhandlung, er habe sich zur Blutabnahme grundsätzlich bereiterklärt, habe aber, als er gesehen habe, wie der Ml den Inhalt eines blauen Sackerls auf den Holzschreibtisch ohne jede Unterlage gelehrt habe, auf dem Akten gelegen seien, die Blutabnahme "mit diesem Werkzeug" abgelehnt; darunter habe er die von ihm wahrgenommenen hygienischen Zustände verstanden. Der Arzt habe dazu gar nichts gesagt; der Ml habe ihm erklärt, das sei als Verweigerung der Blutabnahme anzu­­sehen und führe zur Abnahme des Führer­scheins und einer längeren Ent­ziehung. Da der Bw dabei geblieben sei, habe er ihm dann den Führerschein abgenommen.

Im Drogen-Check-Formular wurde vom Arzt angekreuzt, dass die Blut­ab­nahme vom Bw verweigert worden sei, und gutachterlich bestätigt, dass "der Fahrer auf­grund der vom Exekutivbeamten beobachteten Vorkommnisse, Verhaltens­weisen und Erscheinungsmerkmale und aufgrund der von ihm beobachteten Symptome und der Ergebnisse der psychophysischen Tests zum Zeitpunkt des Lenkens des Kraftfahrzeuges durch Alkohol und Krankheit beeinträchtigt und nicht fahrfähig" gewesen sei.

Der Ml bestätigte in der Berufungsverhandlung, der Arzt habe, da die Blut­ab­nahme ein Teil der klinischen Untersuchung sei, den Bw gleich in seiner Gegen­wart im Sinne einer Aufforderung zur Blutabnahme weiterge­fragt, und als der Bw gesagt habe, er mache keine Blutab­nahme mit diesem Set, habe er ihm den Führerschein vorläufig abgenommen; es könne sein, dass er auf die Ausstellung der § 39 FSG-Bestätigung vergessen habe.

 

Zum Vorfall vom 6. April 2009 steht auf der Grundlage der Zeugenaussage des Ml in der Verhandlung unbestritten fest, dass der Bw an diesem Tag um 16.40 Uhr den Pkw V im Ortsgebiet von A auf der S S Höhe Haus Nr.56 gelenkt hat, obwohl ihm mit Mandatsbescheid der Erst­instanz vom 17. Februar 2009, VerkR21-96-2009, zugestellt laut Bestätigung des Rechtsvertreters in der Vorstellung am 4. März 2009, für 9 Monate (gerechnet ab 29. Jänner 2009) die Lenkberechtigung entzogen war. Der (an diesem Tag trotz Asthma mögliche) Alkotest ergab um 17.02 Uhr 0,63 mg/l AAG. Dazu wurde in der Berufungsverhandlung das Messprotokoll eingesehen und vom Bw rechts­­wid­riges Verhalten ausdrücklich zugestanden.

 

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt wer­den, die verkehrszuverlässig sind. Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) an­ge­­nommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraft­fahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunken­heit oder einen durch Sucht­mittel oder durch Medikamente beein­träch­tigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb ge­nommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat. Als bestimmte Tatsache hat gemäß § 7 Abs.3 Z6 lit.a FSG außerdem zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug trotz entzogener Lenkberechtigung lenkt.

Gemäß § 99 Abs.1a StVO 1960 begeht eine Ver­wal­tungs­übertretung und ist zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkohol­gehalt seines Blutes 1,2 %o oder mehr, aber weniger als 1,6 %o, oder der Alko­hol­gehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.

Gemäß § 99 Abs.1 lit.c StVO 1960  (Verfassungsbestimmung) begeht eine Ver­wal­tungs­übertretung und ist zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, sich Blut abnehmen zu lassen.

Gemäß § 5 Abs.4a StVO 1960 sind die Organe der Straßenaufsicht (weiters) berech­tigt, Personen, bei denen eine Untersuchung gemäß Abs. 2 aus Gründen, die in der Person des Probanden gelegen sind, nicht möglich war und die ver­dächtig sind, sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zu befinden, zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden, bei einer Bundes­polizei­behör­de tätigen, bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthaben­den oder im Sinne des § 5a Abs.4 ausgebildeten und von der Landesregierung hierzu er­mäch­­tig­ten Arzt zur Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkohol­gehaltes zu bringen.

Gemäß § 5 Abs.6 (Verfassungsbestimmung) ist an Personen, die gemäß Abs.4a zu einem Arzt gebracht werden, eine Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes vorzunehmen; die Betroffenen haben diese Blutabnahme vornehmen zu lassen.

 

Unbestritten ist, dass der Bw nach dem Lenken eines Fahrzeuges am 29. Jänner 2009 Alkoholi­sierungs­symptome aufwies, wobei er auch selbst Alkoholkonsum zugab. Nach der Aufforderung zum Alkotest durch den Ml stellte sich bei der PI A heraus, dass der Bw wegen Asthma nicht in der Lage war, den dortigen Alkomaten ordnungsgemäß zu beblasen, weswegen vom Ml der in dieser Nacht diensthabende Arzt telefonisch verständigt wurde. Der beim Ärztenotdienst und im Krankenhaus V beschäftigte Arzt für Allgemeinmedizin Dr.R. erklärte dem Ml am Telefon, er werde die Untersuchung gemäß § 5 Abs.4a StVO bei der PI A durchführen, und kam auch dorthin. Der Bw unter­zog sich dieser Untersuchung und wurde im Beisein des Ml vom Arzt zu einer Blutab­nahme aufgefordert, die er bei Ansichtigwerden der dafür vorhan­denen Uten­silien verweigerte.

Im Beweisverfahren wurde geklärt, dass das Blutabnahmeset in der beschrie­benen Form von der Gerichts­medizin S ausgegeben wird und bei jeder PI zur Verfügung steht, wobei alle Blutabnahmen gemäß § 5 StVO, egal ob in einer Privatordination, in der Ambulanz eines Krankenhauses oder in den Amts­räumen eines Amtsarztes, (auch aus Kostentragungsüberlegungen) mit diesem Set durch­zuführen sind. Das Set besteht aus den für eine Blutabnahme erfor­derlichen Utensilien, die in der Verhandlung so beschrieben wurden, dass die Nadel bzw Kanüle ebenso wie das der Blutaufbewahrung dienende Glasröhrchen in Kunststoff eingeschweißt sind und bei Bedarf vom Arzt geöffnet und nach der Blutabnahme ordnungsgemäß verschlossen werden. Die Aufbewahrung der Blut­abnahmeutensilien erfolgt in einem offenen Plastiksackerl.

 

Nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens erfolgte die klinische Untersuchung des Bw in einem Vernehmungszimmer bei der PI A, wo dem Arzt ein Schreibtisch zur Verfügung stand. Auch die Blutabnahme hätte dort stattfinden sollen.

Der Bw argumentiert nun dahingehend, dass die hygienischen Voraussetzungen für eine Blutabnahme mangels Vorhandensein einer Unterlage und wegen der einfach auf den Tisch geleerten Utensilien nicht vorgelegen hätten. Dazu ist vonseiten des Unabhängigen Verwaltungssenates auf die schon aus der allge­meinen Lebenserfahrung glaubwürdigen Schilderungen des Ml zu verweisen, dass sämtliche bei der Blutabnahme mit dem Körper in Kontakt kommenden Utensilien in Kunst­stoff eingeschweißt waren und auch die Aufbewahrung des abgenommenen Blutes in einem sterilen, weil ebenfalls in Kunststoff einge­schweißten und verschließ­baren Glasröhrchen erfolgt wäre. Der Bw machte außerdem in der Verhandlung gel­tend, der Arzt müsse ja auch etwas zum Abbinden des Armes und zum Desin­fizieren der Einstichstelle zur Verfügung haben; so etwas habe er auch nicht gesehen. Dem ist entgegenzuhalten, dass der Bw nach eigenen und den Schil­der­ungen des Ml die Blutabnahme schon beim Anblick der Utensilien verweigert hatte, sodass es in der Folge gar nicht mehr zur Vorbereitung eines Tupfers oä kam. Dass auf dem Schreibtisch bei der PI Akten lagen, hätte nach dem Dafürhalten des Unabhängigen Verwaltungssenates eher einen Nachteil für die Akten bedeuten können, sicher nicht für den Bw.

 

Der Bw begründete seine Verweigerung der Blutabnahme in der Verhandlung auch noch damit, im Fall eines bei der Blutabnahme erlittenen Kreislaufversagens wären in einer Ordination oder in der KH-Ambulanz bessere Möglichkeiten zur Erste-Hilfe-Leistung vorhanden gewesen. Dazu ist vonseiten des Unabhängigen Verwaltungssenates zu betonen, dass der dienst­habende Arzt nicht zur Behand­lung einer beim Bw akut gewordenen Krankheit geholt wurde, sondern lediglich eine Blutabnahme zum Zweck der Feststellung des Blutalkoholgehalts vornehmen sollte. Dabei ist naturgemäß die Möglichkeit eines Kreislaufversagens nicht gänz­lich auszu­schließen, was aber insofern unproblematisch gewesen wäre, als Dr. R in dieser Nacht im Rahmen des Ärztenotdienstes tätig war, wes­halb davon auszu­gehen ist, dass er seine Arzttasche und notfalls auch bei einem eventuellen Kollaps des Bw benötigte Medikamente bei sich hatte, auch wenn die Blutab­nahme in der PI stattgefunden hätte.

 

Wenn sich der Bw auf den Wortlaut des § 5 Abs.4a StVO insofern beruft, als dort wörtlich vorgesehen ist, die genannte Person sei "zu einem ... Arzt  zu bringen", was ausschließe, dass der Arzt zur genannten Person komme und seine Verwei­gerung der Blutabnahme unter diesen Voraussetzungen gerechtfertigt sei, ist ihm zum einen eben dieser Wortlaut entgegenzuhalten, wonach der Proband nicht "in die Ordination" oder "in die Ambulanz" sondern "zum Arzt" zu bringen ist. Mit der Ver­brin­gung des Bw zur Polizeiinspektion, wo sich letztlich erst die Erforder­lich­keit eines Arztes herausgestellt hat, wurde der Bw unter Aufklärung über den Zweck der Blutabnahme als Teil des Untersuchung gemäß § 5 Abs.4a StVO und über den Umstand, dass der dort zur Durchführung der Untersuchung samt Blut­ab­­nahme erschienene Arzt diese auch durchführen werde, nochmals vom Arzt mit Einverständnis des Ml zur Blutab­nahme aufgefordert, dh mit dem anwesen­den Arzt zum Zweck der Durchführung der Blutabnahme in Verbindung gebracht. Wenn sich der Arzt bereits bei der PI befindet, ist es schon begrifflich aus­ge­schlossen, den Bw noch irgendwohin zu bringen, wo der Arzt nicht sein kann, weil er ja schon bei der PI ist. Damit ist dem Argument des Bw die Grundlage entzogen, zumal der Arzt schon aufgrund seiner medizinischen Fachkenntnisse und, da er in dieser Nacht als Notarzt tätig war, auch seiner ohne Zweifel mitgeführten Medi­ka­­mente – die aber nichts mit einer Amtshandlung im Sinne des § 5 Abs.4a StVO zu tun haben sondern nur bei einer eventuellen Erste-Hilfe-Leistung zum Einsatz gelangen hätten können – eine ordnungsgemäße Blutab­nahme beim Bw zu gewähr­­leisten vermochte.

 

Nach der Judikatur des VwGH kann es nicht dem Belieben des Betroffenen an­heim gestellt bleiben, zu entscheiden, wann und auf welche Weise die Vor­führ­ung zur ärztlichen Untersuchung gemäß § 5 Abs.5 zu erfolgen hat. Die Vor­führung ist nicht an einen bestimmten Ort gebunden, sondern kann auch in einem Wachzimmer, in welches der Arzt beordert wird, vorgenommen werden. Eine Vorführung im Sinne des § 5 Abs 4 in Verbindung mit § 5 Abs 6 bzw im Sinne des § 5 Abs.7a StVO liegt dann vor, wenn ein Organ der Straßenaufsicht eine in einem Verdacht im Sinne des § 5 Abs.6 StVO stehende Person mit einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt bzw mit einem diensthabenden Arzt einer öffentlichen Krankenanstalt zum Zwecke einer Blutabnahme in Verbin­dung bringt (vgl E 23.10.1981, 81/02/0063; 24.5.1989, 89/02/0031; UVS.Oö. 24.3.1999, VwSen-105888, VwGH-Beschwerde dagegen abgelehnt mit B 26.7. 2002, 99/02/323-5).

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist im ggst Fall mit der Aufforderung zur Blutabnahme in den Räumen der PI ein In-Verbindung-Bringen des Bw mit dem bereits anwesenden Arzt zum Zweck der Blutabnahme im Sinne des § 5 Abs.4a StVO 1960 erfolgt und damit war die Weigerung des Bw, eine Blut­ab­nahme mit den dort vorhandenen Mitteln durchzuführen, als generelle Verweigerung der Blutabnahme anzusehen.

 

Mit dieser Verweigerung der Blutab­nahme trotz Vorliegens der in § 5 StVO vor­ge­­sehenen Voraussetzungen hat der Bw am 29. Jänner 2009 eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 lit.c StVO 1960 begangen und damit eine bestimmte Tatsache im Sinne der § 7 Abs.3  Z1 FSG gesetzt, wobei § 26 Abs.2 FSG die Mindestent­ziehungs­dauer vier Monate beträgt.

Bei der Wertung war zu berücksichtigen, dass der Bw beim der Anhaltung un­mittel­bar vorangegangenen Lenken des Pkw zweifellos einen Verkehrs­unfall mit Sach­schaden unter Alkoholeinfluss verursacht hat – der Anstoß am gepark­ten Mazda 323 wurde von den Zeugen W und R beobachtet und am Pkw war in objek­­tiver Hinsicht ein auch vom Ml festgestellter und foto­grafierter Schaden an der beschriebenen Stelle (Foto 2 der Anzeigenbeilage) ersichtlich, wobei es irre­le­vant ist, ob der Eigentümer des Pkw in diesem Zusammenhang Forder­un­gen an den Bw gestellt hat. Außerdem hat er selbst zugestanden, weitergefahren zu sein und an geeigneter Stelle umgedreht zu haben, was der Bestimmung des § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 widerspricht, auch wenn dem Bw nach den Ergeb­nissen des Beweisverfahrens zugutezuhalten ist, dass er objektiv gar keine Zeit mehr für eine Unfallmeldung gehabt hätte und er auch von sich aus zu seinem Wohn­haus K S zurückgekehrt ist.

 

Dass dem Bw der Führerschein abgenommen und ihm mit Mandatsbescheid der Erstinstanz vom 17. Februar 2009, VerkR21-96-2009, die Lenkberechtigung wegen Verkehrsunzuverlässigkeit für neun Monate, gerechnet ab 29. Jänner 2009, entzogen worden war, hat selbst er nicht bestritten. Trotzdem wurde er am 6. April 2009 erneut beim Lenken des Pkw V im Ortsgebiet von A auf der S S Höhe Haus Nr.56 angehalten und der ca 20 Minuten später durchgeführte Alkotest ergab 0,63 mg/l AAG. Der Bw hat damit Über­tretungen gemäß § 99 Abs.1a StVO 1960 und § 1 Abs.3 FSG began­gen und insofern bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z1 und Z6 lit.a FSG gesetzt, wobei zwischen den beiden Alkohol-Übertretungen lediglich etwas mehr als 2 Monate lagen.

Die Mindestentziehungsdauer gemäß § 25 Abs.3 FSG beträgt für jede der beiden bestimmten Tatsachen, bezogen auf die Vorfälle vom 6. April 2009, drei Monate.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH zählen Alkoholdelikte (neben Len­­ken eines Kraftfahrzeuges trotz entzogener Lenk­berechtigung) zu den schwer­s­ten Verstößen gegen Verkehrsvorschriften. Die Wiederholung solcher Delikte – noch dazu während der Entziehungsdauer und noch dazu innerhalb von nur 2 Monaten – ist als besonders verwerflich zu bewerten, wobei der Bw beim Vorfall vom 29. Jänner 2009 unter Alkoholeinwirkung außerdem einen Verkehrsunfall mit Sach­schaden insofern verursachte, als er gegen ein geparktes Fahrzeug stieß, dh nicht weil er nicht instande gewesen wäre, sich auf eine geänderte Verkehrs­situation einzu­stellen.

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist die Entziehungsdauer von 24 Monaten, insbesondere im Hinblick auf das Erkenntnis des VwGH vom 11.7.2000, 2000/11/0011, etwas zu lang. Trotzdem ist zu bedenken, dass der Bw offensichtlich Alkoholkonsum nicht vom Lenken von Kraftfahrzeugen trennen kann und damit eine massive Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer darstellt, zumal er sich in diesem Zustand auch über behördliche Anordnungen hinweg­setzt. Eine Herabsetzung der Entziehungsdauer, die auch als Prognose im Hinblick auf den Zeitraum zu sehen, ist, wann der Bw in der Zukunft wieder verkehrs­zuverlässig sein wird, ist damit nur in eingeschränktem Maß zu verant­worten. Die nunmehr festgesetzte Entziehungsdauer ist aus Überlegungen der Verkehrs­sicher­heit jedenfalls geboten.

 

Da die Verkehrszuverlässigkeit auch einziges Kriterium in Hinblick auf das Lenk­verbot gemäß § 32 FSG darstellt, war die eingeschränkte Entziehungsdauer auch darauf zu beziehen.

Gegen die Vorschreibungen gemäß § 24 Abs.3 FSG und die Anordnung gemäß AVG wurde nicht berufen und daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt (Steuerberater oder Wirtschafts­prüfer) einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Verweigerung der Blutabnahme wegen Alkomat VU mit Sachschaden am 29.1, 0,63 mg/l + Lenken ohne LB am 6.4. = 20 Monate FS

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VfGH vom 01.12.2009, Zl.: B 1085/09-3

Beachte:

 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

 

VwGH vom 20.02.2013, Zl.: 2010/11/0009-7

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