Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251780/12/Py/Sta

Linz, 14.07.2009

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 5. Kammer (Vorsitzende : Mag. Michaela Bismaier, Berichterin: Dr. Andrea Panny, Beisitzer: Mag. Thomas Kühberger) über die Berufung des Herrn H J, vertreten durch Rechtsanwälte N & T, S, S, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 26. März 2008, GZ: Ge-319/07, wegen einer Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungs­gesetz (AuslBG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 16. April 2009 zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1  und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 26. März 2008, GZ.  Ge-319/07, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw)  wegen Übertretung des § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975 idgF eine  Geldstrafe in Höhe von 5.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 500 Euro vorgeschrieben. Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben es als Gewerbeinhaber der Firma J H in S, S, zu vertreten, dass der ungarische Staatsbürger G F, geb. am 12.7.1978, zumindest am 26.2.2007, in K, an der Kreuzung der 1. Straße mit der 6. Straße, von oa. Firma mit Plakatierungsarbeiten beschäftigt wurde, ohne dass dieser Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung besaß oder diesem eine Zulassung als Schlüsselkraft erteilt worden wäre, noch war für diesen Ausländer eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder ein Niederlassungsnachweis ausgestellt worden.

Gegenständliche Firma hat somit oa. Ausländer entgegen den Bestimmungen des § 3 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz beschäftigt.

Da sie bereits wegen der unerlaubten Beschäftigung von bis zu drei Ausländern rechtskräftig bestraft wurden, stellt dies eine wiederholte Übertretung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes dar."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass der gegenständliche Tatbestand von Organen des Zollamtes A anlässlich einer Kontrolle festgestellt wurde. Der Ausländer habe die gegenständlichen Arbeiten in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis ausgeführt. Die Rechtfertigungsgründe des Bw würden nicht ausreichen, um seine Schuldlosigkeit glaubhaft zu machen.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird angeführt, dass bereits ex lege die Mindeststrafe 2.000 Euro betrage, als straferschwerend gewertet werde, dass der Beschuldigte bereits in mehreren Fällen wegen Übertretung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes bestraft wurde. Sonstige erschwerende oder mildernde Umstände seien nicht bekannt.

 

2. Dagegen brachte der Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung rechtzeitig  Berufung ein und führte, unter Hinweis auf die im Verfahren vor der belangten Behörde abgegebene Stellungnahme vom 5. Juni 2007, aus, dass Herr G F als Subunternehmer tätig geworden sei, da er einen eigenen Betrieb aufweise, wobei für Plakatierunternehmen keine erhebliche Infrastruktur erforderlich sei, er eine eigene Steuernummer besitze und Einkommens- und Umsatzsteuer abführe, im Besitz eines Gewerbescheines sei, bei der gewerblichen Sozialversicherung versichert sei, mit seinen Kunden zu festgesetzten Tarifen verrechne und darüber Rechnungen ausstelle, er in keinen organisatorischen Betrieb eingebunden sei und ihn keine höchstpersönliche Pflicht zur Leistungserbringung treffe.

 

Es sei richtig, dass der Bw den Zeugen F auf Grund der Bestrafungen nach dem AuslBG nicht weiter unselbstständig beschäftigen wollte. Aus dem Bestreben, nunmehr rechtskonform zu handeln, könne nicht unzulässigerweise ein Umgehungsgeschäft abgeleitet werden. Der Bw stelle Herrn G F keinerlei Betriebsmittel zur Verfügung und würde dieser, sofern er aus besonderem Anlass das Fahrzeug des Bw nutze, dafür ein Mietentgelt in Form eines Kilometergeldes entrichten.

 

Des Weiteren wird darauf hingewiesen, dass Herr G F im Rahmen einer Einvernahme bezüglich eines Verwaltungsstrafverfahrens, das gegen einen anderen Plakatierunternehmer, für den Herr F tätig wurde, eingeleitet – und später eingestellt - wurde, seine ursprünglichen Aussagen anlässlich der gegenständlichen Kontrolle in weiten Teilen richtig gestellt habe.

 

Abschließend wird festgehalten, dass selbst für den Fall, dass das Vorliegen einer unselbstständigen Beschäftigung angenommen werde, der Verschuldensgrad des Bw denkbar gering sei, da er auf Grund der von Herrn F eingeleiteten Schritte zur Gründung eines eigenständigen Plakatierunternehmens davon ausgehen konnte, dass nunmehr keine illegale Ausländerbeschäftigung mehr vorliege, weshalb in eventu eine Herabsetzung der von der Erstbehörde verhängten Geldstrafe beantragt werde.

 

3. Mit Schreiben vom 21. April 2008 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Dieser ist, da eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, zur Entscheidung  durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 16. April 2009. An dieser haben der Bw mit seinem Rechtsvertreter sowie ein Vertreter der zuständigen Abgabenbehörde als Parteien teilgenommen. Als Zeugin wurde eine an der gegenständliche Kontrolle beteiligte Beamtin der KIAB einvernommen. Der gegenständliche ausländische Staatsangehörige G F konnte mangels Vorliegen einer Zustelladresse nicht zur mündlichen Berufungsverhandlung geladen werden. Weiters wurde die mit Herrn G F vor der belangten Behörde im Verfahren Ge-225/08 aufgenommene Niederschrift vom 12. März 2008 sowie die von Herrn G abgegebene Stellungnahme zum Verfahren SV96-59-2007 vor der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 26. März 2008 ins Verfahren einbezogen und in der mündlichen Verhandlung verlesen.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw betreibt am Standort W v. S, S, das Ankündigungsunternehmen H J.

 

Zur Abwicklung von Plakatieraufträgen von Großfirmen bediente sich der Bw über längere Zeit  der Unterstützung durch den ungarischen Staatsangehörigen G F, der ihn auf seinen Plakatierfahrten begleitete und mit ihm gemeinsam tätig wurde. Da es in weiterer Folge zu mehreren Anzeigen wegen Übertretung des AuslBG auf Grund einer arbeitnehmerähnlichen Beschäftigung des Herrn F durch den Bw kam, teilte dieser Herrn F mit, dass eine weitere Tätigkeit für ihn nur im Rahmen eines Gewerbebetriebes möglich sei.

 

Daraufhin meldete Herr G F am 30. August 2008 beim M S das Gewerbe eines Ankündigungsunternehmens mit Sitz in S, G H, an. Zudem schaffte sich Herr F das für die Tätigkeit eines Plakatierers erforderliche Werkzeug, wie Leiter, Kübel, Besen, Kleister und Farbroller an und mietete für die Unterbringung dieser Werkzeuge eine Garage. In weiterer Folge führte Herr F für den Bw und andere Ankündigungsunternehmen Plakatierfahrten und –arbeiten alleine mit dem eigenen Pkw durch und legte darüber den Unternehmen Rechnungen.

 

Zwischen dem Bw und Herrn F wurde ein Plakatbogentarif in Höhe von 0,17 Euro vereinbart. Sonderleistung, wie die Entfernung alter Plakatreste von Anschlagtafeln, wurden nicht gesondert entlohnt, sondern waren im Pauschalpreis enthalten. Die Größe des jeweiligen Gebietes, in dem Herr F die Plakatierungen durchzuführen hatte, wurde ebenfalls zwischen ihm und dem Bw vereinbart und konnte je nach Vereinbarung hinsichtlich der Größe variieren.

 

Herr F holte die von den Großfirmen zu bereits längerfristig festgelegten Zeitpunkten an den Bw gelieferten Plakatbögen im Unternehmen des Bw ab, um sie innerhalb von 3 bis 4 Tagen, in Ausnahmefällen auch länger, auf den im vereinbarten Gebiet vorgesehenen Anschlagflächen anzubringen. Es konnte nicht zweifelsfrei festgestellt werden, dass Herrn F eine persönliche Arbeitsverpflichtung traf. Herr F informierte den Bw jedoch immer, falls er einen vereinbarten Klebetermin nicht wahrnehmen konnte.

 

Erforderlichenfalls, etwa wenn großflächige Plakatreste zu entfernen waren, stellte der Bw Herrn F ein Transportmittel gegen Entgelt zur Verfügung.

 

Am 26. Februar 2007 wurde der ungarische Staatsangehörige G F von Organen der Abgabenbehörde in K, Kreuzung 1. Straße/6. Straße, beim Entfernen von alten Plakaten auf einer dort an der Bushaltestelle befindlichen Plakatwand angetroffen.

 

Es konnte nicht zweifelsfrei festgestellt werden, dass Herr F diese Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis bzw. in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis für das Unternehmen des Bw verrichtete.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt mit den darin einliegenden Urkunden und Unterlagen, dem Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung vom 16. April 2009 und der schriftlichen Stellungnahme des Herrn F G vom 26. März 2008 sowie der mit Herr F G aufgenommenen Niederschrift vor dem M S vom 12. März 2008.

 

Eingangs ist darauf hinzuweisen, dass auf Grund der Kontrollsituation, die die Beamten der KIAB am 26. Februar 2007 in K vorfanden, nachvollziehbar ist, dass davon ausgegangen wurde, dass Herr F – wie bereits davor – im Rahmen eines der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigungsverhältnis für den Bw tätig wurde, zumal dies bereits mehrfach der Fall war und Herr F mit einem auf den Bw zugelassenen Kfz angetroffen wurde. Allerdings blieb die Verantwortung des Bw in der mündlichen Berufungsverhandlung unwidersprochen, dass Herr F bei den vorgegangenen Kontrollen in Begleitung des Bw angetroffen wurde. Auch hat Herr F bereits bei der Einvernahme anlässlich der Kontrolle angegeben, dass er für die Nutzung des Pkw ein Entgelt an den Bw zu entrichten hat, ein Umstand, der auch vom Bw in seiner Aussage bestätigt wurde.

 

Insgesamt stellte sich die Verantwortung des Bw in der Berufungsverhandlung als nachvollziehbar und schlüssig dar. Eine Aufklärung der zwischen der ursprünglichen Aussage des ungarischen Staatsangehörigen G F anlässlich der Kontrolle getätigten Aussagen und seinen späteren Angaben vor dem M S am 12. März 2008 bzw. seiner schriftlichen Stellungnahme vom 26. März 2008 hätte im Wesentlichen nur durch seine Zeugeneinvernahme geklärt werden können, die jedoch mangels Vorliegen einer ladungsfähigen Zustelladresse unterbleiben musste. Auch wenn bei der Einvernahme anlässlich der Kontrolle eine sprachkundige Person beigezogen wurde, so ist doch nicht unglaubwürdig, dass sich der Bw zu einzelnen Fragestellungen missverständlich äußerte, wie er es in seinen späteren Aussagen und seiner schriftlichen Stellungnahme auch darzulegen versuchte. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat auch keinen Grund zur Annahme, dass die vor dem M S am 12. März 2008 aufgenommene Niederschrift mit Herrn F nicht seine tatsächlichen Aussagen wiedergibt.

 

Der nunmehr festgestellte Tatbestand stützt sich daher auf die im Rahmen des Berufungsverfahrens unbestrittenen und somit auch unzweifelhaften Feststellungen.

 

5. In der Sache  hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 idgF darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt. 

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)    in einem Arbeitsverhältnis,

b)    in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c)     in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeit nach § 3 Abs.5 leg.cit,

d)    nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e)    überlassener Arbeitskräfte im Sinn des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs.4 1. Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

5.2. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist der Begriff der Beschäftigung durch § 2 Abs.2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinn des § 2 Abs.2 leg. cit. ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung (vgl. § 2 Abs.2 AuslBG) in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, dass typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zustande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willenübereinstimmung) Mängel anhaften oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. zB. VwGH vom 23. Mai 2002, Zl. 2000/09/0190 mit weiteren Nachweisen).

 

Entscheidend für die Frage der Arbeitnehmerähnlichkeit ist die wirtschaftliche Unselbstständigkeit, deretwegen eine Person, die im Auftrag und für Rechnung einer anderen Person Arbeit leistet, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, sich in einer einem Arbeitnehmer ähnlichen wirtschaftlichen Abhängigkeit befindet. Der "Arbeitnehmerähnliche" ist daher nicht persönlich vom Empfänger der Arbeitsleistung abhängig; seine wirtschaftliche Unselbstständigkeit, deretwegen er als "arbeitnehmerähnlich" zu qualifizieren ist, muss daher darin erblickt werden, dass er unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie ein Arbeitnehmer tätig ist.

 

Bei der Beurteilung des konkret erhobenen Sachverhaltes geht es nicht darum, dass lückenlos alle rechtlichen und faktischen Merkmale festgestellt sind, sondern darum, die vorhandenen Merkmale zu gewichten und sodann das Gesamtbild  daraufhin zu bewerten, ob wirtschaftliche Unselbstständigkeit vorliegt oder nicht. Das totale Fehlen des einen oder anderen Merkmales muss dabei nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die vorhandenen Merkmale werden in aller Regel unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ihre Bewertung erfolgt nach einer Art "beweglichem System" in dem das unterschiedliche Gewicht der einzelnen Tatbestandsmerkmale zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, dass man berücksichtigt, dass eine Art von wechselseitiger Kompensation der einzelnen Gewichte vorgenommen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmals durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen bzw. überkompensiert werden kann (vgl. VwGH vom 22.2.2006, Zl. 2002/09/0187).

 

Die Situation, wie sie bei der gegenständlichen Kontrolle am 26. Februar 2007 vorlag, weicht jedoch in einigen wesentlichen Merkmalen von den davorliegenden Kontrollsituationen ab. So konnte der Bw in der mündlichen Verhandlung glaubwürdig darlegen bzw. ist aus den vorgelegten Urkunden und Unterlagen ersichtlich, dass zum Kontrollzeitpunkt

 

-         jeweils Entgelt, Einsatzgebiet und Leistungszeitraum zwischen Bw und F frei vereinbart wurde;

 

-         Sonderleistungen (zB Ablösen alter Plakate) nicht eigens honoriert wurden sondern im vereinbarten Pauschalpreis enthalten waren;

 

-         F für verschiedene Unternehmen tätig wurde;

 

-         er schriftlich Rechnungen über erbrachte Leistungen legte;

 

-         er eigene Betriebsmittel für seine Tätigkeit verwendete;

 

-         er nicht gemeinsam mit dem Bw, sondern alleine tätig wurde;

 

-         er Aufträge des Bw auch ablehnen konnte;

 

-         er seit 30. August 2006 ein Gewerbe als Ankündigungsunternehmen angemeldet hatte, Einkommen- und Umsatzsteuer sowie die Kammerumlage entrichtet und bei der Sozialversicherungsanstalt unfall-, pensions- und krankenversichert war;

 

Eine persönliche Leistungsverpflichtung des Herrn F konnte dagegen im Hinblick auf seine späteren Angaben vor der belangten Behörde nicht zweifelsfrei festgestellt werden. Auch konnte nicht festgestellt werden, dass über sachbezogene Anordnungen hinaus auch personenbezogenen Anordnungen (zB Arbeitszeit, Arbeitskleidung) des Bw an Herrn F ergingen.

 

Auf Grund der aufgelisteten Merkmale, unter denen der ungarische Staatsangehörige G F für das Unternehmen des Bw tätig wurde, ist nicht zweifelsfrei feststellbar, dass wirtschaftliche Unselbstständigkeit vorlag. Insbesondere hinsichtlich des nicht unwesentlichen Merkmales der persönlichen Arbeitsverpflichtung kann keine zweifelsfreie Feststellung getroffen werden, da der Bw mit seinen nicht unglaubwürdigen Schilderungen ein solches Vorliegen in Abrede stellte und Herr F die mit ihm anlässlich der Kontrolle protokollierten Aussagen in weiterer Folge mündlich wie auch schriftlich in Abrede stellte.

 

5.3. Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Nach Durchführung des Beweisverfahrens verbleiben Zweifel an der Täterschaft des Bw. Im Hinblick auf die Unschuldsvermutung des Artikel 6 Abs.2 EMRK, wonach bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet wird, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist, war daher mangels ausreichender Beweise für einen Schuldspruch des Bw spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Bei diesem Ergebnis entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

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