Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522324/4/Br

Linz, 23.07.2009

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn J K, geb.    , R, vertreten durch Frau Maga. S W, ÖAMTC-Rechtsabteilung, L, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a. d. Krems, vom 1. Juli 2009, Zl. VerkR22-396-2009/KI-Bg, zu Recht:

 

   

    Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid       vollinhaltlich bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 iVm 67a Abs.1 AVG sowie § 19 Abs.3 Z4 u. Abs.7 FSG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat dem Berufungswerber den Antrag vom 05.05.2009 auf Ausstellung einer Bewilligung zur Durchführung von Ausbildungsfahrten unter Hinweis auf § 19 Abs.3 Z4 zweiter Satz abgewiesen.

Gemäß § 19 Abs. 3 FSG könne der oder die Begleiter die Bewilligung zur Durchführung von Ausbildungsfahrten auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur erlangen – bzw. beantragen sofern die theoretische und praktische Ausbildung in einer Fahrschule abgeschlossen sind und die Fahrschule bestätigt, dass der Bewerber über die erforderlichen Kenntnisse für die Durchführung von Ausbildungsfahrten verfügt – wenn der  Begleiter

1. seit mindestens 7 Jahren eine Lenkberechtigung für die Klasse B besitzen,

2. während der letzten 3 Jahre vor Antragstellung Kraftfahrzeuge der Klasse B gelenkt haben,

3. in einem besonderen Naheverhältnis zum Bewerber stehen und

4. er darf innerhalb der in Ziff.2 angeführten Zeit nicht wegen eines schweren Verstoßes gegen kraftfahrrechtliche oder straßenpolizeiliche Vorschriften bestraft worden sein, so die Begründung.

Die Behörde erster Instanz legte ferner ihrer Entscheidung zu Grunde, dass über den Berufungswerber von der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung wegen einer Übertretung nach § 52 lit. a Ziffer 10a Straßenverkehrsordnung gemäß § 99 Abs.2cZ9 StVO eine Geldstrafe in Höhe von € 450,- rechtskräftig verhängt worden sei. Er habe am 29.11.2008 um 07:07 Uhr den Pkw, Kennzeichen     , in Hallwang auf der A1, bei Str.Km 284.680, bei Hallwang in Richtung Salzburg gelenkt und die dort kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 56 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz sein bereits zu Gunsten abgezogen worden.

Als schwerer Verstoß im Sinne des § 19 Abs.3 zweiter Satz Z4 FSG ist anzusehen:

Eine Geschwindigkeitsüberschreitung in einem Ausmaß, das nach § 7 Abs.3 Z4 FSG stelle bereits eine bestimmte Tatsache dar, welche zu einer Entziehung der Lenkberechtigung führen könne (Hinweis auf VwGH vom 19.07.2002, 2002/11/0113).

Dass er bereits seit 1982 die Lenkberechtigung der Klasse B besitze und erstmals einen derart schweren Verstoß gegen die Verkehrssicherheit begangen habe, ändere nichts daran, dass die Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 zweiter Satz Z4 FSG nicht vorliegen würden.

Eine Nachsicht von den Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 zweiter Satz Z4 FSG sei im Gesetz nicht vorgesehen und könne somit auch nicht erteilt werden.

Das Entziehungsverfahren sei von der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems bereits eingeleitet worden und es wäre der Führerschein für zwei Wochen zu entziehen.

Da somit die Voraussetzungen für die Ausstellung einer Bewilligung zur Durchführung von Ausbildungsfahrten nicht erfüllt wären, sei sein Antrag abzuweisen gewesen.

 

 

2. In der dagegen fristgerecht durch die ausgewiesene Rechtsvertreterschaft erhobene Berufung wird die Tatsache der Begehung eines schweren Verstoßes im Sinne des § 19 Abs.3 Z4 FSG in Abrede gestellt. Bei der ihm vorgeworfenen Übertretung handle es sich um eine reine Geschwindigkeitsübertretung ohne jemanden gefährdet gehabt zu haben. Es habe sich zu diesem Zeitpunkt kaum Verkehr auf der Straße befunden.

Nach dem Stufenbau der Strafbestimmung des § 99 StVO - auch nach der von der Behörde angeführten Judikatur - stelle eine reine Geschwindigkeits­übertretung ohne auffällig rücksichtsloses oder gefährliches Verhalten keinen Verstoß im Sinne des § 19 Abs. 3 Z4 FSG dar.

Nicht zuletzt besage die gegenständliche Bestimmung, dass während der letzten drei Jahre VOR Antragstellung keine Bestrafung vorliegen dürfe. In seinem Fall läge keine Bestrafung vor und wäre der Antrag daher positiv zu erledigen.

Zusammenfassend werde daher die Behebung des Bescheides beantragt.

 

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsver­handlung konnte mangels Antrag und strittiger Faktenlage unterbleiben (§ 67d Abs.1 AVG).

 

 

3.1. Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt und durch Anfrage über die Rechtskraft des fraglichen Straferkenntnisses an die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Land.

 

 

4. Sachverhalt:

Die mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Land mit dem oa. Straferkenntnis vom 19.3.2009 ausgesprochene  Geldstrafe ist in Rechtskraft erwachsen. Da hier das fragliche Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung ebenfalls unbestritten blieb besteht für die Administrativbehörde an den  Spruch auch im Hinblick auf das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung eine Bindung. Im übrigen kann zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die Feststellungen der Behörde erster Instanz verwiesen werden.

 

 

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 19 Abs.3 FSG können nach Abschluss einer theoretischen und praktischen Ausbildung in einer Fahrschule und mit Bestätigung der Fahrschule, dass der Bewerber über die erforderlichen Kenntnisse für die Durchführung von Ausbildungsfahrten verfügt, der oder die Begleiter die Bewilligung zur Durchführung von Ausbildungsfahrten des Bewerbers auf Straßen mit öffentlichem Verkehr beantragen. Der Begleiter muss

1.     seit mindestens 7 Jahren eine Lenkberechtigung für die Klasse B besitzen,

2.     während der letzten 3 Jahre vor Antragstellung Kraftfahrzeuge der Klasse B gelenkt haben,

3.     in einem besonderen Naheverhältnis zum Bewerber stehen und

4.     er darf innerhalb der in Z2 angeführten Zeit nicht wegen eines schweren Verstoßes gegen kraftfahrrechtliche oder straßenpolizeiliche Vorschriften bestraft worden sein. An eine rechtskräftige Bestrafung ist die Führerscheinbehörde gebunden (VwGH 29.4.2003, 2001/11/0287 mit Hinweis auf VwGH 20.2.2001, 98/11/0306).

Die Behörde hat dem Führerscheinregister den Namen und die Führerscheinnummer des oder der Begleiter zu melden.

 

 

4.1. Es trifft wohl zu, dass eine bei einem Probescheinbesitzer iSd § 4 Abs.3 u. Abs.6 FSG zur Nachschulung führende Geschwindigkeitsüberschreitung von 20 km/h (im Ortsgebiet) und mehr um 40 km/h (auf Freilandstraßen) und eine daraus auf § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 gestützte Bestrafung in diesem Zusammenhang noch nicht als schwerer zu werten wäre (s. VwGH 19.7.2002, 2002/11/0113). Diese Entscheidung des Verwaltungsgerichthofes nimmt offenbar auf den Strafrahmen des § 99 Abs.3 lit.a StVO Bezug und leitete daraus keinen als "schwer zu wertenden Verstoß" ab. Die in Rede stehende Wendung ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes durch eine systematische Auslegung zu ermitteln. Ob ein Verstoß gegen straßenpolizeiliche Vorschriften als  schwerer Verstoß  anzusehen ist, ist den Strafbestimmungen straßenpolizeilicher Vorschriften erkennbaren gesetzlichen Bewertung des straßenverkehrsbezogenen Fehlverhaltens zu entnehmen. Im vorliegenden Fall kommt dafür die StVO 1960 in Betracht. Der § 99 StVO 1960 gewichtet die im Einzelnen umschriebenen Verwaltungsübertretungen - nach Absätzen gegliedert - nach der Höhe des vorgesehenen Strafrahmens. Es ist daher davon auszugehen, dass Verwaltungsübertretungen, für die ein geringerer Strafrahmen vorgesehen ist, in Relation zu solchen mit höherem Strafrahmen nach der gesetzgeberischen Wertung als weniger schwer wiegend einzuordnen sind.

Hier liegt, ungeachtet ob sich letztlich wegen des geringen Verkehrsaufkommens  aus dieser Ordnungswidrigkeit keine quantifizierbare nachteiligen Auswirkungen ableiten lassen, eine bereits durch den Gesetzgeber im Straftatbestand als schwer(er) qualifiziert gewertete Übertretung nach § 99 Abs.2c Z9 StVO vor, die u.a. mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen ist, wenn der Lenker eines Fahrzeuges …..

die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschreitet. Eine nach § 99 Abs.3 lit.a StVO zu bestrafende Geschwindigkeitsüberschreitung bestimmt demgegenüber lediglich einen Strafrahmen bis zu 726 Euro.

Eine derartige Überschreitung muss auch mit Blick auf das FSG als schwerer Verstoß gegen straßenpolizeiliche Vorschriften im spezifischen Sinne des § 19 Abs.3 zweiter Satz Z4 FSG beurteilt werden. Dies folgt auch aus der Systematik des Führerscheingesetzes, worin eine Geschwindigkeitsüberschreitung in einem Ausmaß, das nach § 7 Abs.3 Z4 Führerscheingesetz bereits eine bestimmte Tatsache darstellt, welche iVm § 26 Abs.3 (erster Halbsatz) FSG zu einer Entziehung der Lenkberechtigung führen muss, sodass auch daraus die Wertung als "schwerer Verstoß" im Sinne der maßgeblichen Regelung des Führerscheingesetzes, zu sehen ist (s. dazu Bescheid des UVS Kärnten v. 18.5.2005, KUVS-838/2/2005).

Nach § 7 Abs.1 Z1 gilt  nämlich eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1.  die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

Z4. die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h oder eine Geschwindigkeit von 180 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde;

Dementsprechend ist für die Versagung einer Bewilligung zur Durchführung von Ausbildungsfahrten nach § 19 Abs. 3 FSG bereits die Nichterfüllung einer der im § 19 Abs.3 zweiter Satz FSG genannten Voraussetzungen hinreichend und ist wegen der rechtskräftigen Bestrafung des Berufungswerbers der Ausschluss für eine Ausbildungsfahrt iSd § 19 Abs. 3 zweiter Satz Z4 FSG als gegeben zu erachten.

In den Gesetzesmaterialen wird insbesondere auf die Vorbildfunktion des Ausbildners verwiesen (714 dBlgStenProt XX. GP).

Nach § 19 Abs.7 FSG ist die Bewilligung zur Durchführung von Ausbildungsfahrten einem Begleiter zu entziehen bei:

    1.   Verstößen gegen die Bestimmungen des Abs. 6 oder

    2.   wenn er wegen eines der in § 7 Abs.3 genannten Delikte rechtskräftig bestraft wurde.

Nichts zu gewinnen ist für den Berufungswerber letztlich mit seinem Hinweis, einerseits auf Z2 des § 19 Abs.4 FSG, wonach der Antragsteller während der letzten drei Jahre vor der Antragstellung nicht bestraft worden sein dürfe, wenn hier das Straferkenntnis gegen den Berufungswerber bereits  mit 9.4.09 in Rechtskraft erwachsen war,  dieser Antrag aber erst am 5.5.2009 gestellt wurde. Andererseits muss angesichts dieser Rechtslage auch der durchaus nicht unplausible Hinweis, wonach an einem Samstag um 7:00 Uhr früh diese Geschwindigkeitsüberschreitung auf der Autobahn wohl kaum zu einer abstrakten Gefährdung führen konnte, außer Betracht bleiben.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

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