Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400956/16/Fi/FS

Linz, 24.07.2009

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Vizepräsident Mag. Dr. Johannes Fischer über die Be­schwerde des G O, vertreten durch S E W. D, W, betreffend die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme des Beschwerdeführers und seiner Anhaltung in Schubhaft vom 25. April 2008 bis 10. Juni 2008, mit diesem Bescheid zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, als der Schubhaftbescheid, die Festnahme des Beschwerdeführers und seine Anhaltung in Schubhaft vom 25. April 2008 bis 10. Juni 2008 für rechtswidrig erklärt werden.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann des Bezirkes Ried im Innkreis) den Verfahrensaufwand in der Höhe von 750,80 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

§ 82 Abs. 1 und § 83 Abs. 1, 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 29/2009) iVm den §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.

 

Entscheidungsgründe:

Hinsichtlich des bisherigen Verfahrensganges wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 9. September 2008, VwSen-400956/7/Fi/Wb, verwiesen.

Mit diesem Bescheid wurde der verfahrensgegenständlichen Schubhaftbeschwerde, soweit sie die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft in der Zeit vom 11. Juni 2008 bis zum 13. Juni 2008 betraf, Folge gegeben und zugleich das Mehrbegehren (Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme und Anhaltung vom 25. April 2008 bis 10. Juni 2008) als verspätet zurückgewiesen. Ferner wurde das Kostenbegehren des Beschwerdeführers abgewiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom 30. April 2009, 2008/21/0565, den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 9. September 2008 zum Teil, nämlich soweit mit diesem Bescheid die Schubhaftbeschwerde als verspätet zurückgewiesen und das Kostenbegehren des Beschwerdeführers abgewiesen worden war, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf.

Seine Entscheidung begründete der Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen damit, dass die Beschwerde nach § 82 FPG grundsätzlich auch noch innerhalb einer Frist von sechs Wochen ab Beendigung der Schubhaft uneingeschränkt erhoben werden könne. Auch der Schubhaftbescheid sei in diesem zeitlichen Rahmen, wann immer er ergangen sei, noch einer Anfechtung zugänglich, freilich nur, wenn er seinerseits innerhalb von sechs Wochen nach seiner Erlassung in Vollzug gesetzt worden sei. Sei das hingegen nicht der Fall, so komme eine Bekämpfung des Schubhaftbescheides nach Ablauf von sechs Wochen ab seiner Erlassung nicht mehr in Betracht, unabhängig davon, ob er mittlerweile vollstreckt worden sei oder nicht. Für den vorliegenden Fall bedeute das, dass die belangte Behörde die bei ihr erhobene Schubhaftbeschwerde sowohl hinsichtlich des vor dem 11. Juni 2008 liegenden Anhaltezeitraumes als auch hinsichtlich Festnahme und Schubhaftbescheid - dieser stamme vom 17. April 2008 und sei bereits am 25. April 2008 in Vollzug gesetzt worden - einer meritorischen Erledigung hätte zuführen müssen. Ihre insoweit zurückweisende Entscheidung sei daher - und damit auch die Abweisung des Kostenbegehrens des Beschwerdeführers - gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben gewesen.

 

In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

1. Rechtslage:

 

Die hier maßgebenden Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG jeweils in der Stammfassung BGBl. I Nr. 100/2005 lauten wie folgt:

 

"Anwendungsbereich

 

         § 1. (1) ...

         (2) Auf Asylwerber (§ 2 Z 14 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100) sind die §§ 41 bis 43, 53, 58, 68, 69, 72 und 76 Abs. 1 nicht anzuwenden. Ein vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eingeleitetes Aufenthaltsverbotsverfahren ist nach Stellung eines solchen Antrages als Verfahren zur Erlassung eines Rückkehrverbotes weiterzuführen. Es ist nur über das Rückkehrverbot abzusprechen. Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zukommt, sind darüber hinaus die §§ 39, 60 und 76 nicht anzuwenden. Die Durchsetzung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes gegen einen Asylwerber ist erst zulässig, wenn die Ausweisung nach § 10 AsylG 2005 durchgesetzt werden kann. Ein Rückkehrverbot kann gegen einen Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, erlassen werden.

        

Schubhaft

 

         § 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen. 

         (2) Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde kann über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

         1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

         2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

         3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder

         4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

         (3) Die Schubhaft ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

         ...

         (7) Die Anordnung der Schubhaft kann mit Beschwerde gemäß § 82 angefochten werden.                  

         ...

Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat

 

§ 82. (1) Der Fremde hat das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

         1. wenn er  nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

         2. wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz

             2005 angehalten wird oder wurde oder

         3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

         ...

 

Entscheidung durch den unabhängigen Verwaltungssenat

 

         § 83. (1) Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde.

         (2) Über die Beschwerde entscheidet der unabhängige Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder. Im übrigen gelten die §§ 67c bis 67g sowie 79a AVG mit der Maßgabe, dass

         1. eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus

             der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, und

         2. die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortset-

             zung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die   

             Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet.

         ...

         (4) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden."

 

2. Zuständigkeit:

Zur Frage der Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates wird auf die diesbezüglichen Ausführungen im Bescheid vom 9. September 2008 verwiesen.

3. Stattgabe der Schubhaftbeschwerde im Umfang des Spruchpunktes I:

Der Unabhängige Verwaltungssenat ist nach § 63 Abs. 1 VwGG bei Erlassung des Ersatzbescheides an die Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes gebunden, die er in seinem Erkenntnis vom 30. April 2009, 2008/21/0565, zum Ausdruck gebracht hat. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsanschauung erweist sich die Schubhaftbeschwerde zur Gänze als rechtzeitig. Es ist daher vorliegend – im Umfang der Aufhebung des Bescheides vom 9. September 2008 durch den Verwaltungsgerichtshof – über die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme des Beschwerdeführers und seiner Anhaltung in Schubhaft vom 25. April 2008 bis 10. Juni 2008 meritorisch abzusprechen.

Wie bereits im Bescheid vom 9. September 2008 dargelegt, war das Asylverfahren des Beschwerdeführers in erster Instanz noch nicht rechtskräftig abgeschlossen, weil der abweisende Bescheid des Bundesasylamtes dem Beschwerdeführer nicht rechtswirksam zugestellt wurde. Daher kam dem Beschwerdeführer weiter der aufenthaltsrechtliche Status eines Asylwerbers zu.

Schon deshalb konnte die Inschubhaftnahme des Beschwerdeführers zur Sicherung der Abschiebung nicht auf § 76 Abs. 1 FPG gestützt werden, weil gemäß § 1 Abs. 2 FPG die Gesetzesbestimmung des § 76 Abs. 1 FPG auf Asylwerber nicht anzuwenden ist.

Soweit die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift allerdings erklärt, dass die Schubhaft "unter Umständen" gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zu verhängen gewesen wäre, ist ihr zu erwidern, dass sie mit diesem Vorbringen die Rechtmäßigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme des Beschwerdeführers und dessen Anhaltung in Schubhaft nicht darzutun vermag. Der – nachträgliche – Austausch der Rechtsgrundlage des § 76 Abs. 1 auf die des § 76 Abs. 2 FPG ist nämlich nach der Spruchpraxis des Unabhängigen Verwaltungssenates (vgl. ua. VwSen-400939/5/Sr/Sta vom 15. Mai 2008) unzulässig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.  

 

4. Kosten (Spruchpunkt II):

Da der verfahrensgegenständlichen Schubhaftbeschwerde somit zur Gänze stattgeben wurde, war dem Beschwerdeführer als obsiegende Partei (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann des Bezirkes Ried im Innkreis) nach § 79a Abs. 1 und Abs. 4 Z1 und Z 3 AVG iVm § 1 Z 1 und § 2 Abs. 2 der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008, antragsgemäß Stempelgebühren in der Höhe von 13,20 Euro sowie ein Schriftsatzaufwand in der Höhe von 737,60 Euro zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Johannes Fischer

 

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