Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522323/2/Fra/Rt

Linz, 03.08.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn T A, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. Dr. A M, gegenden Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 2. Juli 2009, FE-782/2009, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, Lenkverbot, Aberkennung des Rechts von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, Ablieferung des Führerscheines, Ablieferung des Mopedausweises und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung,
zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen  und

der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Abs. 1 Z 1, 25 Abs. 1 und 25 Abs. 3  iVm  §§ 7 Abs. 1 Z1, 7 Abs. 3 Z9 und 7 Abs. 4 FSG,  BGBl.I.Nr. 120/1997, zuletzt geändert durch BGBl.I.Nr. 31/2008

§ 32 Abs.1 Z1 FSG

§ 30 Abs.1 FSG

§ 29 Abs.3 FSG

§ 32 Abs.2 FSG

§ 64 Abs.2 AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem nunmehrigen Berufungswerber (Bw) wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG

-         die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von vier Monaten – gerechnet ab Zustellung des Bescheides (= 06.07.2009) – entzogen

-         für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Lenken
eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invaliden-kraftfahrzeuges verboten

-         für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, sowie den Bw

-         verpflichtet, den Führerschein und

-         den Mopedausweis unverzüglich bei der Behörde abzuliefern.

Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 7. Juli 2009 erhoben.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs. 1 AVG) erwogen:

 

Gemäß § 67d Abs. 3 erster Satz AVG ist die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung nicht erforderlich, da der – von einem Rechtsanwalt vertretene – Bw diese in der Berufung nicht beantragt hat;

VwGH vom 28.4.2004, 2003/03/0017.

 

Der Bw wurde in den Jahren 2003 bis 2008 – siehe Auszug aus dem Strafregister –  ua wegen nachfolgender Vergehen rechtskräftig bestraft:

§  83 Abs.1 StGB:  sechs Mal; § 107 Abs.1 StGB:  zwei Mal;

§ 270 Abs.1 StGB:  ein Mal.

 

Der Bw wurde mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom
03. 02. 2009, AZ: 31 U 60/08 d, wegen Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs.1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Wochen verurteilt.

Grund für diese Verurteilung war, dass der Bw gemeinsam mit Herrn M.M.F. am 5. Juli 2008 in Linz in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken Herrn A.C. vorsätzlich in Form von Schmerzen am linken Ellbogen am Körper verletzt hat, indem sie ihn mit Kunststoffsessel bewarfen.

 

Der UVS als Behörde II. Instanz in Angelegenheiten der Entziehung der Lenkberechtigung ist an dieses rechtskräftige Gerichtsurteil gebunden;  

VwGH  v. 6.4.2006, 2005/11/0214;  v. 6.7.2004, 2002/11/0163;  v. 20.2.2001, 98/11/0317;  v. 14.11.1995, 95/11/0215;  v. 27.6.1995, 95/11/0004;

vgl. auch vom 24.1.2008, 2007/03/0247 mit Vorjudikatur   sowie  

OGH – verstärkter Senat vom 17.10.1995, 1 Ob 612/95.

Gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs. 1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs. 3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrs-zuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. 

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie aufgrund ihrer Sinnesart beim Lenken
von KFZ die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z9 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs. 1 zu gelten, wenn jemand wiederholt eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß dem
§ 83 StGB begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit bilden (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind,  kein wie immer geartetes Beweisthema;  VwGH v. 30.5.2001, 2001/11/0081; v. 23.4.2002, 2000/11/0182;

vom 11.4.2002, 99/11/0328; vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur;

vom 25.2.2003, 2003/11/0017; vom 4.10.2000, 2000/11/0176.

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern;

VfGH v. 14.3.2003, G203/02; v. 11.10.2003, B1031/02; v. 26.2.1999, B 544/97

VwGH vom 18.3.2003, 2002/11/0062; vom 22.11.2002, 2001/11/0108;

vom 23.4.2002, 2000/11/0184; vom 22.2.2000, 99/11/0341 mit Vorjudikatur vom 6.4.2006, 2005/11/0214.

 

Die Charaktereigenschaft der Verkehrs(un)zuverlässigkeit einer Person ist

·         keiner ärztlichen und/oder psychologischen Beurteilung zugänglich,  sondern

·         von der Behörde anhand der Aktenlage im Wege der Lösung einer Rechtsfrage ohne Heranziehung von Sachverständigen zu beurteilen.

VwGH vom 11.7.2000, 2000/11/0011; vom 22.9.1995, 95/11/0202;

vom 15.3.1994, 94/11/0064; vom 23.11.1993, 93/11/0218 alle mit Vorjudikatur

 

Auch ein völlig gesunder Mensch kann verkehrsunzuverlässig sein;

VwGH vom 23.11.1993, 93/11/0214.

 

Die vom Rechtsvertreter des Bw in der Berufung gestellten Anträge

"ein verkehrspsychologisches Gutachten zu seiner Verkehrszuverlässigkeit bzw. zu seinem Aggressionsverhalten im Straßenverkehr" einzuholen   und

"Einholung entsprechender Gutachten zur vollständigen und rechtzeitigen Sachverhaltserhebung"

sind daher abzuweisen.

 

Von Kraftfahrzeuglenkern muss wegen der im Straßenverkehr häufig auftretenden Konfliktfälle eine nicht zu Gewalttätigkeiten neigende Sinnesart verlangt werden;  VwGH vom 18.3.2003, 2002/11/0062 mit Vorjudikatur.

 

Die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit ist ab Tathandlung bzw. Beendigung des strafbaren Verhaltens zu bemessen;

VwGH vom 17.10.2006, 2006/11/0120;  vom 21.3.2006, 2005/11/0196; vom 22.2.2007, 2005/11/0190; vom 21.11.2006, 2005/11/0168; vom 21.3.2006, 2005/11/0153; vom 27.3.2007, 2005/11/0115; vom 18.12.2007, 2007/11/0194.

 

Im gegenständlichen Fall beträgt der Zeitraum zwischen der letzten Tathandlung (5. Juli 2008) einerseits und dem mit erstinstanzlichen Bescheid festgesetzten Ende der Entziehungsdauer (= 6. November 2009) andererseits 16 Monate.

 

Somit ist zu überprüfen, ob beim Bw die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit – gerechnet aber der letzten Tathandlung – insgesamt 16 Monate beträgt.

 

Eine Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit von insgesamt 16 Monaten ist/wäre

-         bei Begehung eines einzigen Deliktes nach §§ 83 Abs.1 und 84 Abs.1 StGB zu lange; VwGH vom 14.9.2004, 2004/11/0119 mit Judikaturhinweisen

-         bei Begehung von drei Delikten nach § 83 Abs.1 StGB gerechtfertigt;

      VwGH vom 22.01.2002, 2001/11/0196.

 

 

 

Der Bw hat – wie dargelegt – innerhalb der letzen sechs Jahre insgesamt
zehn Vergehen gegen Leib und Leben
 (§ 83 Abs. 1 StGB: sieben Mal;
§ 107 Abs. 1 StGB: zwei Mal;  § 270 Abs. 1 StGB: ein Mal) begangen.

 

In einem derart gravierenden Fall besteht – gerechnet ab der letzten Tat – jedenfalls eine Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit von 16 Monaten

 

Die belangte Behörde hat daher völlig zu Recht dem Bw die Lenkberechtigung
für die Klasse B für die Dauer von vier Monaten – gerechnet ab Zustellung
des erstinstanzlichen Bescheides (= 6. Juli 2009), somit bis einschließlich
6. November 2009 – entzogen.

 

Gemäß § 32 Abs.1 Z.1 FSG ist Personen, welche nicht iSd § 7 leg.cit verkehrszuverlässig sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, das Lenken eines derartigen KFZ ausdrücklich zu verbieten.

 

Die belangte Behörde hat somit – ebenfalls völlig zur Recht – dem Bw für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Lenken eines in § 32 Abs. 1 FSG genannten Kraftfahrzeuges ausdrücklich verboten.

 

Gemäß § 30 Abs.1 FSG kann Besitzern von – allfällig bestehenden – ausländischen Lenkberechtigungen das Recht aberkannt werden, von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, wenn Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen;

VwGH vom 17.3.2005, 2005/11/0057.

 

Die belangte Behörde hat somit – wiederum völlig zu Recht – dem Bw für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch
zu machen.

 

Die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheines sowie des Mopedausweises ist in den zitierten Rechtsgrundlagen begründet.

 

Die Behörde kann iSd § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung immer dann ausschließen, wenn die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen wird; 

siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, E24 zu § 64 AVG (Seite 1222f) zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen uva.

 

 

Es war daher

-         die Berufung als unbegründet abzuweisen,

-         der erstinstanzliche Bescheid zu bestätigen  und

-         spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;   diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen -
jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

 

 

 

Dr. F r a g n e r

 

 

 

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