Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281089/23/Py/La

Linz, 30.07.2009

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn H O, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. K, Mag. H, M, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land  vom 12. April 2008, Ge96-115-2007-Do, wegen einer Übertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 20.05.2009  zu Recht erkannt:

 

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene   Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren   eingestellt.

 

II.              Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 65 und 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 12. April 2008, Ge96-115-2007-Do, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw),  wegen Verwaltungsübertretung nach § 27 Abs.1 Bauarbeiterschutzverordnung – BauV, BGBl. Nr. 340/1994 idgF. iVm § 130 Abs.5 Z1 iVm § 118 Abs.3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), BGBl. Nr. 450/1994 idgF eine Geldstrafen von 500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 23 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 50 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

„Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma „F O Gesellschaft mbH.“ (protokolliert beim Firmenbuch des Landesgerichtes Wels unter FN), unbeschränkt haftender Gesellschafter der Firma „F O GmbH & Co“ (protokolliert beim Firmenbuch des Landesgerichtes Wels unter FN), mit Sitz in G, L, und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ (§9 Abs. 2 VStG 1991 idgf) und Arbeitgeber zu verantworten, dass im  Zuge einer am 03. Juli 2007 von einem Organ des Arbeitsinspektorates Linz auf der Baustelle A, F (Firma B), durchgeführten Baustellenkontrolle festgestellt wurde, dass die gesetzlichen Bestimmungen der Arbeitnehmschutzvorschriften nicht erfüllt waren.

 

Am 02.Juli 2007 führte ein Arbeitnehmer der Firma O F GmbH  Co B- und F, L, G, Arbeiten an der Baustelle bei der Firma B in A, F, durch. Er und zwei weitere Kollegen waren damit beschäftigt Betonfertigteil-Seitenwände mit ca. 5m Höhe mittels Kran aufzustellen. Beim Einrichten eines Elementes ist an der oberen Kante ein kleines Betonstück (ca. 10x5 cm) ausgebrochen und dem Arbeitnehmer A auf den Kopf gefallen. Da A keinen Schutzhelm trug erlitt er eine stark blutende Wunde am Kopf.

 

Dies stellt eine Übertretung des § 27 Abs. 1 BauV dar, wonach jedem Arbeitnehmer, für den durch herabfallende Gegenstände die Gefahr einer Kopfverletzung besteht, ein geeigneter Schutzhelm zur Verfügung zu stellen ist. Dies gilt insbesondere auch für Stahlbauarbeiten.“

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges aus, dass die vom Bw bzw. vom einvernommen Zeugen Herrn D I M angeführten Hinweise auf ein bestehendes Kontrollsystem zur Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften im Unternehmen nicht ausreichen, um den Bw vom Schuldvorwurf zu entlasten. Das Tatbild der im Spruch angeführten Verwaltungsübertretung sei somit als erfüllt und erwiesen zu werten.

 

Zur Strafbemessung wird angeführt, dass Milderungsgründe nicht festgestellt werden konnten, als straferschwerend gewertet wurde, dass bereits Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz vorliegen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung vom 5. Mai 2008.

 

Darin führt der Bw aus, dass der Spruch der Erstbehörde nicht den Bestimmtheitserfordernissen des § 44a VStG entspreche. Weiters habe die erkennende Behörde ihren Bescheid nicht hinreichend begründet. Die belangte Behörde habe zudem nicht einmal den verletzten Arbeitnehmer einvernommen, was als wesentlicher Verfahrensmangel geltend gemacht werde. Auch stelle sich das gegenständliche Straferkenntnis als nichtig heraus, da es nicht unterfertigt wurde.

 

Inhaltlich führt der Bw aus, dass aus der Aussage des Zeugen D I M hervorgehe, dass jeder Mitarbeiter über einen Schutzhelm verfüge und die Arbeitnehmer auch angewiesen seien, diese zum Einsatz zu bringen. Den Bw treffe daher kein Verschulden an der gegenständlichen Verwaltungsübertretung und habe der Bw glaubhaft dargelegt, dass im Unternehmen ein Kontrollsystem eingerichtet ist.

 

3. Mit Schreiben vom 13.05.2008 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

Zum Berufungsvorbringen, wonach das gegenständliche Straferkenntnis mangels Unterschrift als nichtig anzusehen ist, ist auf die Übergangsbestimmung des
§ 82a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I 2008/5, zu verweisen, mit dem der Übergangszeitraum für die breitflächige Anwendung der elektronischen Signatur zur Fertigung von Erledigungen über den 31. Dezember 2007 hinaus verlängert wurde. Gemäß
§ 82a AVG bedürfen bis zum Ablauf des 31. Dezember 2010 schriftliche Ausfertigungen von elektronisch erstellten Erledigungen keiner Unterschrift, Beglaubigung oder Amtssignatur. Wie dem erstbehördlichen Verfahrensakt zu entnehmen ist, weist der im Akt einliegende Bescheidentwurf die Unterschrift des Genehmigenden auf. Schon aus der Art und Form, in der das Schriftstück ausgedruckt wurde, wie auch aus der aus dem Schriftstück ersichtlichen DVR-Nummer ist erkennbar, dass diese Erledigung mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung hergestellt wurde (vgl. VwGH 21.11.2005, Zl. 2002/10/0232, 31.3.2004, Zl. 2000/13/0073). Die Behauptung, es liege kein Bescheid vor, trifft somit nicht zu. Gemäß § 82a AVG in der zum Zeitpunkt der Erledigung geltenden Fassung ist für diese weder eine Unterschrift noch eine Beglaubigung oder Amtssignatur erforderlich.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 20.05.2009. An dieser nahmen  der Rechtsvertreter des Bw, eine Vertreterin der belangten Behörde sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates Linz als Parteien teil. Als Zeuge wurde Herr I M P H vom A L einvernommen.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma F O GmbH, die ihrerseits persönlich haftende Gesellschafterin der Firma F O GmbH & Co mit Sitz  G, L, ist.

 

Am 2. Juli 2007 führte der Arbeitnehmer A der Firma F O GmbH & Co auf der Baustelle bei der Firma B in  A, Bauarbeiten durch. Er war damit beschäftigt, Betonfertigteilseitenwände mit ca. 5 m Höhe mittels Kran aufzustellen. Beim Einrichten eines Elementes ist an der oberen Kante des Fertigteilelementes ein Betonstück in Größe von ca. 10 x 15 cm ausgebrochen und Herrn A auf den Kopf gefallen. Herr A, der zu diesem Zeitpunkt keinen Schutzhelm trug, erlitt dadurch eine stark blutende Wunde am Kopf. Ob dem Arbeitnehmer A zu diesem Zeitpunkt ein geeigneter Schutzhelm zur Verfügung gestellt wurde, konnte im Verfahren nicht zweifelsfrei geklärt werden.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und den Aussagen des in der mündlichen Berufungsverhandlung einvernommenen Zeugen I M P H. Der Umstand, ob dem Arbeiter ein Schutzhelm zum Tatzeitpunkt zur Verfügung stand, konnte von ihm nicht dargelegt werden, zumal seine Erhebungen erst am Tag nach dem Unfall auf der Baustelle durchgeführt wurden. Das Vorbringen des Bw, wonach jedem Arbeitnehmer ein Schutzhelm zur Verfügung gestellt wurde, dieser jedoch zum Unfallzeitpunkt nicht verwendet wurde, konnte in der Berufungsverhandlung nicht widerlegt werden.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 130 Abs. 50 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), BGBl. Nr. 450/1994 idgF begeht eine Verwaltungsübertretung die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwider handelt.

 

Gemäß § 118 Abs.3 gilt nach Maßgabe der folgenden Bestimmung die Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl. Nr. 340/1994 (BauV) als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß § 27 Abs.1 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV), BGBl. Nr. 340/1994 idgF ist jedem Arbeitnehmer, für den durch herabfallende, umfallende oder fortgeschleuderte Gegenstände oder Materialien sowie pendelnde Lasten die Gefahr einer Kopfverletzung besteht oder eine solche durch anstoßen an Hindernisse zu erwarten ist, ein geeigneter Schutzhelm zur Verfügung zu stellen. Dies gilt insbesondere für Bauarbeiten unter oder in der Nähe von Gerüsten und hochgelegenen Arbeitsplätzen, Abbrucharbeiten, Arbeiten in Gruben, Gräben, Künetten, Schächten und Stollen, Arbeiten unter Tage, Sprengarbeiten, Arbeiten im Bereich von Aufzügen, Hebezeugen, Kranken und Fördermitteln, Arbeiten im Stahl- und Freileitungsbau und Arbeiten mit Bolzensetzgeräten.

 

Gemäß § 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

 

1. Die als erwiesen angenommene Tat;

2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3. die verhängte Strafe und die angewendete Rechtsbestimmung;

4. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

5. im Falle eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.

 

5.2. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 18. September 2007 wurde dem Bw der nunmehr Spruch des angefochtenen Straferkenntnis angeführte Tatbestand zugrunde gelegt. Das durchgeführte Beweisverfahren hat zwar unzweifelhaft ergeben, dass der bei dem Arbeitsunfall verletzte Arbeitnehmer der Firma O F GmbH & Co, Herr A, zum Unfallzeitpunkt keinen Schutzhelm getragen hat, jedoch konnte im Beweisverfahren nicht geklärt werden, ob ihm ein solcher von der Firma O F GmbH & Co nicht zur Verfügung gestellt wurde. Das an den Arbeitgeber gerichtete Gebot des § 27 Abs.1 BauV beschränkt sich darauf, den  Arbeitnehmer/Innen geeignete Schutzhelme zur Verfügung zu stellen. Eine Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Arbeitnehmer diese Schutzausrüstung „dann auch benützen“ ist dieser Norm im Hinblick auf ihren eindeutigen Wortlaut allerdings nicht zu erschließen (vgl. VwGH vom 24.11.1992, Zl. 88/08/0221). Der Tatvorwurf der mangelnden Überwachung der entsprechenden Verwendung der Schutzausrüstung wurde jedoch nicht erhoben, weshalb das Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen war.

 

6. Der Kostenausspruch ist in den angeführten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

 

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