Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251877/28/Lg/Hue/Ba

Linz, 03.08.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 4. März 2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des A J A, L, E, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. S L, L, T, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 26. Jänner 2007, GZ 0029388/2006, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG)  zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 24, 45 Abs.1 Z1, 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber (Bw) sechs Geldstrafen in Höhe von je 2.000 Euro (insgesamt somit 12.000 Euro) bzw. sechs Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je 67 Stunden verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gem. § 9 VStG nach außen vertretungsbefugtes Organ der Firma M.S.M. G GmbH, L, F, zu verantworten habe, dass

1.     der tschechische Staatsbürger F D, geb. am, vom 17. November 2006 bis zumindest 2. Dezember 2006 als Kellner,

2.     die tschechische Staatsbürgerin G L, geb. am, vom 2. November 2006 bis zumindest 2. Dezember 2006,

3.     die ungarische Staatsbürgerin G I, geb., vom 29. November 2006 bis zumindest 2. Dezember 2006,

4.     die ungarische Staatsbürgerin K K, geb. am, vom 29. November 2006 bis zumindest 2. Dezember 2006,

5.     die ungarische Staatsbürgerin M A, geb. am, vom 29. November 2006 bis zumindest 2. Dezember 2006 und

6.     die ungarische Staatsbürgerin S I, geb. am, vom 11. November 2006 bis zumindest 2. Dezember 2006

als Prostituierte und Animierdamen in der Betriebsstätte der oa. Firma in L, F, ohne entsprechende arbeitsmarktrechtliche Bewilligungen beschäftigt worden seien.

 

In der Begründung wird angeführt, dass der angeführte Sachverhalt am 2. Dezember 2006 von einem Organ des Hauptzollamtes L festgestellt worden sei. Der Anzeige seien das Personenblatt des Herrn F, Niederschriften mit 5 Ausländerinnen, Fotos und Dokumentkopien beigelegt. Zur Aufforderung zur Rechtfertigung vom 13. Dezember 2006 habe sich der Bw nicht geäußert.

Für die Behörde sei der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage erwiesen.

 

Zum Verschulden wird auf die Regelung des § 5 Abs.1 VStG hingewiesen.

 

Hinsichtlich der Bemessung der Strafhöhe wird ausgeführt, dass weder mildernde noch erschwerende Umstände vorgelegen seien. Aufgrund des Vorliegens verwaltungsstrafrechtlicher Vorstrafen sei die Anwendung des § 20 VStG ausgeschlossen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels Angaben des Bw wie im Schreiben vom 13. Dezember 2006 angenommen worden.

 

2. In der Berufung wird dazu Folgendes ausgeführt:

 

"Vorab wird vorgebracht, dass das Straferkenntnis zur GZ 0029388/2006 vom 26.01.2007 offensichtlich am 09.02.2007 zuzustellen versucht wurde, ein zweiter Zustellversuch am 12.02.2007 war ebenfalls negativ, sodass die Postsendung nach erfolgter Hinterlegung wieder retourniert wurde.

 

Diesbezüglich wird ausgeführt, dass der Einschreiter seit 01.02.2007 nicht in Österreich, sondern in Spanien für die Dauer von ca. 10 Monaten aufhältig war. Eine entsprechende spanische Meldebestätigung wird vorgelegt, woraus ersichtlich ist, dass der Einschreiter seit 16.02.2007 in Spanien gemeldet war.

 

Der Einschreiter war ab 01.02.2007 auch nicht mehr an der Adresse E, L ständig aufhältig und wurde die gegenständliche Wohnung bereits ab diesem Zeitpunkt an Andere vermietet.

 

Beweis: vorzulegende spanische Meldebestätigung, ZV eines informierten Vertreters der Vermieterin H & G, PV, weitere Beweise vorbehalten;

 

Der Einschreiter war daher aus beruflichen Gründen nicht in Österreich, sondern in Spanien aufhältig. Diesbezüglich wird vorgebracht, dass in Entsprechung des Zustellgesetzes und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Einschreiter nicht die erforderliche regelmäßige Anwesenheit an der Abgabestelle aufwies. Es ist daher eine Hinterlegung gemäß dem Zustellgesetz unzulässig und daraus auch keine Heilung ableitbar, weil die 'hinterlegte Sendung' im Sinne der Bestimmung des Zustellgesetzes nicht vorliegt.

Auch ist der Einschreiter während der Abholfrist nicht an die Abgabestelle zurückgekehrt und konnte daher auch die Sendung aus diesem Grund nicht behoben werden. Ebenfalls in Entsprechung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reicht die bloße Kenntnisnahme des Straferkenntnisses nicht aus um die Wirksamkeit der Zustellung zu begründen.

 

Es wird daher aus den dargelegten Gründen nachfolgender

 

I) Antrag

 

gestellt, die Behörde möge die Zustellung des Straferkenntnisses veranlassen.

 

Gleichzeitig wird mit obigem Antrag aus rein prozessualer Vorsicht das Rechtsmittel der

 

II) Berufung

 

erhoben und wird das Straferkenntnis in seinem gesamten Umfange angefochten.

Vorgebracht wird, dass die ausländischen Staatsbürgerinnen G L, G I, K K, M A und S I mit der Firma M.S.M. G GmbH kein wie immer geartetes Vertragsverhältnis hatten.

 

Angeführt wird, dass einige dieser Damen in den Personalblättern angegeben haben, dass ihr Dienstgeber / Auftraggeber 'M' war. Bei diesem M handelt es sich um Herrn M E, welcher derzeit unter der Adresse 'J L, P, L' erreichbar und aufhältig ist.

 

Darüber hinaus haben diese Damen von der M.S.M. G GmbH kein Gehalt bezogen oder allfällige Tätigkeiten für diese GmbH, welcher Art auch immer verrichtet.

 

Diesen Damen wurden keine Anweisungen, Vorgaben oder Ähnliches gemacht und kennt der Berufungswerber diese Damen darüber hinaus nicht.

 

Herr D F war dem Berufungswerber bekannt, dieser war als Kellner tätig, jedoch nicht für die die M.S.M. G GmbH. Diesbezüglich wird die Einvernahme des Herrn D F beantragt, zumal der Einschreiter bereits mit Mitte November 2007 keine Tätigkeiten mehr auch für die M.S.M. G GmbH verrichtete und darauf drängte, dass das Abtretungsangebot angenommen wird.

 

Beweis: wie bisher, ZV D F, vorzulegendes Abtretungsanbot,

PV, weitere Beweise vorbehalten;

 

Aus all den dargelegten Gründen wird daher beantragt, das Verwaltungsstraf­verfahren gegen den Einschreiter einzustellen.

 

Offensichtlich wurde betreffend dieses Straferkenntnis die Vollstreck­bar­keits­bestätigung erteilt, auch wenn dieser lediglich Beurkundungscharakter zukommt, wird aus obigen Gründen die

 

III) Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung

 

beantragt, zumal dem Straferkenntnis keine Rechtskraft zukommt."

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Laut Strafantrag des Zollamtes L vom 6. Dezember 2006 sei am 2. Dezember 2006 durch ein Organ des Zollamtes L gemeinsam mit der Polizeiinspektion L eine Kontrolle nach dem AuslBG in der M.S.M. G GmbH, L, F (Inhaber: A J A, geb. am) durchgeführt worden. Dabei seien

F D, geb. am, bei Kellnertätigkeiten hinter der Bar betreten und

S I, geb. am,

G L, geb. am,

G I, geb. am,

M A, geb. am und

K K, geb. am,

im Lokal angetroffen worden. Sämtliche Getränke seien durch den Betreiber des Etablissements den Damen zur Steigerung des Prostitutionsumsatzes kostenlos zur Verfügung gestellt worden. Der gesamte Umsatz des Lokals entstehe durch Prostitution, wobei der Kunde 160 Euro/Stunde an den Kellner entrichte. Die Damen würden lt. niederschriftlicher Angaben mit 80 Euro/Stunde entlohnt. Die Auszahlung erfolge durch den Kellner. Im gegenständlichen Fall werde die Tätigkeit der Prostituierten bzw. Animierdamen in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit vom Betreiber des Etablissements ausgeübt. Ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis iSd § 2 Abs.2 lit.b AuslBG sei daher in allen Fällen gegeben.

 

In den der Anzeige beiliegenden Niederschriften (bzw. dem Personenblatt betreffend F) finden sich im Wesentlichen folgende Einträge:

 

D F, geb., wh. in der R, beschäftigt als Kellner seit 17. November 2006. Lohn: 700 Euro. Arbeitszeit: 6 Stunden.

Weiters findet sich folgender amtlicher Eintrag: "wurde hinter der Bar bei Kellnertätigkeit betreten".

 

S I, geb., wh. in L, R, Beruf: Prostituierte, Dienst-/Auftraggeber: "M", beschäftigt seit 3 Wochen, Ausmaß: 8 Stunden täglich, Lohn: ca. 2.000 Euro/Monat.

Der Kunde bezahlt an den Kellner, bei Geschäftsabschluss wird anteilig ausbezahlt, "Ich bekomme keinen Getränkeumsatz. Ich bekomme 50 % vom Zimmerumsatz. Der Kunde bezahlt an den Kellner, ich bekomme die Hälfte". Keine festen Arbeitszeiten.

 

L G, geb., Beruf: Prostituierte, Dienst-/ Auftraggeber: "M", beschäftigt seit einem Monat, Ausmaß: 8 Stunden täglich, Lohn: 2.000 Euro/Monat.

"Wie erfolgt die Bezahlung? Ich bekomme 50 % vom Prostitutionsumsatz. Getränkeumsatz bekomme ich nicht. Der Kunde bezahlt pro Stunde Prostitution € 160, ich bekomme davon € 80."

 

G I, geb., wh. in L, F, Beruf: Prostituierte, Dienst-/Auftraggeber: "M", beschäftigt seit 4 Tagen, Ausmaß: 8 Stunden täglich, Lohn: 240 Euro.

"Wie erfolgt die Bezahlung? Der Kunde bezahlt an den Kellner, bei Geschäftsschluss bekomme ich 50 %, Getränkeprozente bekomme ich nicht. Die € 240 habe ich für 3 Kunden bekommen. Der Kunde bezahlt pro Stunde € 160, ich bekomme v. Kellner € 80."

 

M A, geb., wh. in L, F, Beruf: Prostituierte.

"Wie erfolgt die Bezahlung? Ich bekomme 50 % vom Zimmerumsatz.

Bekommen Sie auch Prozente v. Getränkeumsatz? Nein.

Wie lange sind Sie im Lokal? Seit 4 Tagen.

Wie viel haben Sie bisher verdient? 160 Euro für 2 Kunden in den letzten 4 Tagen für Prostitution."

 

K K, geb., wh. in L, F, Beruf: Prostituierte, Dienst-/Auftraggeber: "M", beschäftigt seit 4 Tagen, Ausmaß: 8 Stunden täglich, Lohn: 160 Euro.

"Wie erfolgt die Bezahlung? Ich bekomme 50 % v. Umsatz der Prostitution. Getränkeprozente bekomme ich nicht. Bisher habe ich € 160 durch Prostitution verdient."

 

Weiters sind der Anzeige 3 Kopien von Reisepässen sowie zwei Beweisfotos angeschlossen. Auf einem Foto ist eine Ansammlung von Flaschen mit einem Schild "Die Getränke sind frei" ersichtlich.

 

Aus dem Firmenbuchauszug ist ersichtlich, dass der Bw von 29.9.2006 bis 1.3.2007 handelsrechtlicher Geschäftsführer der M.S.M. G GmbH war.

 

Zum Tatvorwurf gab der Bw – trotz Aufforderung zur Rechtfertigung vom 13.12.2006 – keine Stellungnahme ab.

 

In weiterer Folge wurde das angefochtene Straferkenntnis erlassen, welches lt. einliegendem Postrückschein am 12. Februar 2007 beim Postamt hinterlegt worden ist.

 

Mittels Schreiben vom 19. März 2007 teilte die belangte Behörde der Zentralen Koordinationsstelle des Bundesministeriums für Finanzen mit, dass das Straferkenntnis vom Bw am 12. Februar 2007 und am 7. Februar 2007 von der Zollbehörde übernommen worden sei.

 

Im Akt befindlich ist weiters eine Vollstreckungsverfügung betreffend den Bw vom 19. März 2007, welche mit dem Vermerk "verzogen" von der Post an die Erstbehörde rückübermittelt wurde. Der Vollstreckungsverfügungsbescheid wurde schließlich am 21. März 2008 beim Postamt einer alternativen Adresse des Bw hinterlegt.

 

Der Akt setzt fort mit der gegenständlichen Berufung vom 6. Mai 2008, die auch einen Antrag auf Zustellung des Straferkenntnisses vom 26. Jänner 2007 enthält.

 

Daraufhin übermittelte die belangte Behörde dem Vertreter des Bw am 15. Mai 2008 folgendes Schreiben:

 

"Aufgrund Ihres Ersuchens vom 06.05.2008 wird Ihnen das Erkenntnis nochmals unter Hinweis auf § 6 Zustellgesetz zu Ihrer Information übermittelt. Gleichzeitig wird ersucht einen geeigneten Nachweis der Ortsabwesenheit während des Zustellzeitraumes beginnend vom 12.02.2007 bis 26.02.2007 (Ende der Rechtsmittelfrist) innerhalb von 2 Wochen ab Zustellung dieses Schreibens beizubringen. Nach dieser Frist wird Ihre Berufung selbstverständlich dem UVS OÖ zur weiteren Entscheidung vorgelegt."

 

Der Vertreter des Bw legte daraufhin eine eidesstattliche Erklärung des Bw vor, wonach dieser sich ab 1. Februar 2007 nicht mehr an der Adresse in L, E, ständig aufgehalten habe. Er sei bereits ab diesem Datum mit seinem PKW nach M aufgebrochen.

Weiters vorgelegt wurden eine s Meldebestätigung, wonach der Bw ab dem 16. Februar 2007 in M gemeldet gewesen sei, und eine Kündigungsbestätigung des ehemaligen Vermieters des Bw. Demnach habe der Bw sein Mietverhältnis im Februar 2007 fristgerecht und ordnungsgemäß beendet und sei seither auch nicht mehr an der Adresse in der E wohnhaft gewesen.

 

Der Akt schließt mit der Übermittlung des Verwaltungsaktes mittels Schreiben des Magistrats Linz vom 15. Mai 2008 an den Oö. Verwaltungssenat.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte der Vertreter des Bw ein "Abtretungsanbot" (Notariatsakt vom 20.10.2006) vor. Der Bw habe mit M E, welcher hinter der WDI W- und D-I GmbH gestanden sei, vereinbart, dass der Bw seine Geschäftsanteile abtrete und auch als Geschäftsführer ausscheide. Offenbar habe E länger gebraucht, jemanden zu finden, sodass erst mit 22.2.2007 der Bw seine Anteile abtreten habe können und zwar an D J.

 

Von den gegenständlichen Ausländern konnte lediglich L G zeugenschaftlich einvernommen werden. Diese sagte aus, sie sei ins Lokal gekommen und habe gefragt, ob sie dort arbeiten könne. "M" habe dies bejaht. Er habe nicht gesagt, für jemand anderen zu handeln. Die Zeugin glaube, dass das Lokal M gehört habe. Er habe auch gesagt, er sei der Chef.

 

Im Übrigen schilderte die Ausländerin die konkreten Umstände ihrer Tätigkeit im Lokal.

 

5. Der vorgelegte Notariatsakt vom 20.10.2006 hat folgenden Inhalt:

 

"Vor mir, Doktor C M, öffentlichem Notar mit dem Amtssitz in G, O, und der Amtskanzlei in G, H, ist heute in meiner Amtskanzlei in G, H, erschienen die nachbenannte, mir persönlich bekannte, großjährige und eigenberechtigte Partei, und zwar:

 

Herr A J A, geboren, L, E, und es hat dieselbe vor mir errichtet und zu Akt gegeben das nachstehende

 

ANBOT

 

Erstens: Herr A J A ist Gesellschafter der 'M.S.M. G GmbH' mit dem Sitz in L, mit einem Geschäftsanteil im Nominale von € 35.000,-- (EURO fünfunddreißigtausend).

Der Geschäftsanteil ist zur Hälfte bar geleistet.

 

Herr A J A erklärt, dass die einbezahlte Stammeinlage in Höhe von € 17.500,— (EURO siebzehntausendfünfhundert) von der 'WDI W und D I GmbH' mit dem Sitz in L, H, FN, vorfinanziert wurde. Aus diesem Grund hat Herr A J A für die Dauer der offenen Forderung den vorbeschriebenen Gesellschaftsanteil zugunsten dieser Gesellschaft verpfändet.

 

Zweitens: Als weitere Absicherung bietet hiemit Herr A J A eigenen Namen als auch namens seiner Erben und Rechtsnachfolger seinen Geschäftsanteil an der 'M.S.M. G GmbH' im Nominale von € 35.000,— (EURO fünfunddreißigtausend) an die 'WDI W und D I GmbH' mit dem Sitz in L, FN, oder an einen von dieser namhaft gemachten Dritten, um den Abtretungspreis von € 17.500,— (EURO siebzehntausendfünfhundert)  zur Abtretung an.

 

Drittens: Der im vorigen Punkt vereinbarte Abtretungspreis von € 17.500,— (EURO siebzehntausendfünfhundert) ist unmittelbar nach Annahme dieses Anbotes zur Zahlung fällig.

 

Viertens: Herr A J A bleibt für die Dauer der Verpfändung des oben beschriebenen Geschäftsanteiles mit diesem Anbot der 'WDI W und D I GmbH' im Wort.

 

Fünftens: Herr A J A beziehungsweise dessen Erben und Rechtsnachfolger haften lediglich dafür, dass der angebotene Geschäftsanteil zum Zeitpunkt der Annahme dieses Anbotes zur Hälfte geleistet ist und dritten Personen daran keinerlei Rechte zustehen.

 

Herr A J A verpflichtet sich, für die Dauer der Rechtswirksamkeit dieses Anbotes sich jedweder Verfügung über den Geschäftsanteil ohne Zustimmung der 'WDI W und D I GmbH' zu enthalten.

 

Herr A J A erklärt verbindlich, dass neben dem Gesellschaftsvertrag keinerlei Vereinbarungen oder Beschlüsse der Gesellschafter bestehen, die die mit dem abzutretenden Geschäftsanteil verbundenen Mitgliedschaftsrechte beeinflussen.

 

Sechstens: Der angebotene Geschäftsanteil geht am Tag der Annahme dieses Anbotes mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten auf die Erwerberin über.

 

Siebentens: Sämtliche Kosten und Abgäben jedweder Art, die mit der Errichtung, Vergebührung und Ausfertigung dieses Anbotes und der korrespondierenden Annahmeerklärung im Zusammenhang stehen, gehen zu Lasten der Erwerberin.

 

Achtens: Ausfertigungen dieses Notariatsaktes können in beliebiger Anzahl, auch über einseitiges Verlangen, den Vertragsparteien sowie der 'M.S.M. G GmbH' hinausgegeben werden.

 

Hierüber wurde dieser Notariatsakt aufgenommen, der Partei in ununterbrochener Anwesenheit wörtlich vorgelesen, von ihr vollinhaltlich genehmigt und sohin von der Vertragspartei vor mir, Notar, eigenhändig unterfertigt.

 

G, am 20. (zwanzigsten) Oktober 2006 (zweitausendsechs)."

 

 

6. Mit Schreiben vom 3.4.2009 legte der Vertreter des Bw folgenden Schriftsatz vor:

 

"In umseits bezeichneter Verwaltungsstrafsache wurde anlässlich der letzten mündlichen Verhandlung der Notariatsakt vom 20. Oktober 2006 vorgelegt.

 

Es wurde seitens des Vorsitzenden Verhandlungsrichters aufgetragen, zu diesem Notariatsakt ein geeignetes Vorbringen zu erstatten; diesem Auftrag wird innerhalb der Frist nachgekommen und wie folgt höflichst vorgebracht:

 

1. Aus dem Firmenbuchauszug der M.S.M. G GmbH ist ersichtlich, dass der einzige Gesellschafter bei Gründung am 29.9.2006 Herr M S war.

 

Erst mit 12.10.2006 übernahm der Berufungswerber die Gesellschaftsanteile des Herrn M S.

 

Die Stammeinlage wurde vom Berufungswerber zum Hälftebetrag, sohin mit € 17.500,00 einbezahlt.

 

2. Diese oben beschriebene Stammeinlage in der Höhe von € 17.500,00 wurde jedoch von der WDI W und D I GmbH, FN dem Berufungswerber als Darlehen hingegeben und sohin von dieser (vor)finanziert.

 

Aus diesem Grund musste der Berufungswerber den besagten Gesellschaftsanteil zu Gunsten der WDI W und D I GmbH verpfänden.

 

Daraus leitet sich jedenfalls rechtlich eindeutig ab, dass der Berufungswerber aufgrund dieser Treuhandkonstruktion niemals Eigentümer des vorbeschriebenen Gesellschaftsanteiles war, sondern war der wirtschaftliche Eigentümer immer die WDI W und D I GmbH, und war deren einziger Gesellschafter und handelsrechtlicher Geschäftsführer Herr M E.

 

3. Einzig als weitere Absicherung musste der Berufungswerber gleichzeitig mit der Verpfändung dieses Gesellschaftsanteiles diesen an die WDI W und D I GmbH zur Abtretung anbieten.

 

Das bedeutet, dass die WDI W und D I GmbH jederzeit ohne weiteres Zutun des Berufungswerbers das Abtretungsanbot des Berufungswerbers hätte annehmen können.

 

Diese doppelte Absicherung mag nun etwas verwundern, zumal ja bereits der verpfändete treuhändig gehaltene Gesellschaftsanteil an der M.S.M. G GmbH im wirtschaftlichen Eigentum der WDI W und D I GmbH war.

 

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Berufungswerber zu keinem wie immer gearteten Zeitpunkt wirtschaftlicher Eigentümer oder auch wirtschaftlicher Verfügungsberechtigter der M.S.M. G GmbH war. Vielmehr waren sämtliche Gesellschaftsanteile stets in der wirtschaftlichen Verfügungsmacht der WDI W und D I GmbH, welche von Herrn M E vertreten und auch sämtliche Anteile von diesem gehalten wurden.

 

Der Berufungswerber erklärt weiters an Eides Statt, und zwar in Wissentlichkeit der Strafbarkeit eines falschen Zeugnisses, dass die vorfinanzierte Stammeinlage niemals an die WDI W und D I GmbH zurückbezahlt wurde, sodass sich an der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des obgenannten Gesellschaftsanteils für die WDI W und D I GmbH nichts änderte.

 

Dies gilt auch für den Zeitpunkt der Übernahme der Geschäftsanteile durch Herrn D J, welche am 3.3.2007 firmenbuchrechtlich eingetragen wurde.

 

Die Geschäftszahl des seitens des LG Linz beantragten und beizuschaffenden Strafaktes wird wie folgt bekanntgegeben: GZ 22 HV 1/08z.

 

Eine telefonische Informationsaufnahme mit der vorsitzenden Verhandlungs­richterin, Frau Richterin des Landesgerichtes L Mag. U E, erbrachte die Auskunft, dass die Anforderung des gesamten Aktes derzeit wegen Fortsetzung des Verfahrens nicht möglich und auch untunlich erscheint, zumal der Akt über 24 Bände fasst.

 

Die wesentlichen Angaben des Herrn M E finden sich jedoch im zweiten und dritten Hauptverhandlungsprotokoll, die Angaben des Berufungswerbers im sechsten Hauptverhandlungsprotokoll.

 

Wesentlich erscheint dem Berufungswerber daher auch die Beischaffung des rk. Urteiles des Landesgerichtes Linz gegen Herrn M E zu oben angeführter Geschäftszahl vom 12.09.2008, zumal in diesem wesentlich festgestellt wurde, dass Herr M E (sinngemäß) '...im besagten Unternehmen die Fäden zog und sohin die gesamte wirtschaftliche Verfügungsmacht hatte...', und der Berufungswerber '...lediglich eine untergeordnete Rolle spielte...'.

 

Abschließend wird noch vorgebracht, dass für den Fall der Notwendigkeit der Antrag auf Anberaumung einer weiteren mündlichen Verhandlung aufrecht bleibt."

 

7. Mit Schreiben vom 8.4.2009 räumte der Unabhängige Verwaltungssenat dem Finanzamt Linz die Gelegenheit ein, zum Schriftsatz des Bw vom 3.4.2009 eine Stellungnahme abzugeben. Von dieser Möglichkeit wurde nicht Gebrauch gemacht.

 

8. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

8.1. Zur Rechtzeitigkeit der Berufung und Rechtswidrigkeit  der Vollstreckungsverfügung:

 

Gem. § 17 Abs. 3 ZustellG ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabenstelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabenstelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

 

Der Bw hat durch die vorgelegten Dokumente (eidesstattliche Erklärung, spanische Meldebestätigung, Schreiben des ehemaligen Vermieters) dargelegt, dass er sich zum Zeitpunkt der Zustellversuche des Straferkenntnisses vom 9. bis zum 12. Februar 2007 nicht mehr an der Wohnadresse in L, E, aufgehalten hat und bereits auf dem Weg nach M gewesen ist. Der Unabhängige Verwaltungssenat sieht diese Angaben des Bw als glaubwürdig an, weshalb das am 12. Februar 2007 beim Postamt hinterlegte (und anschließend wieder retournierte) Straferkenntnis durch diese Hinterlegung als nicht zugestellt gilt (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, S. 1914). Mangels Zustellung konnte das Schriftstück zu diesem Zeitpunkt weder eine Rechtsmittelfrist auslösen noch in Rechtskraft erwachsen.

Aus diesem Grund war die Vollstreckungsverfügung des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 19. März 2007, Zl. 0029388/2006, unzulässig.

 

Eine Zustellung des Strafbescheides erfolgte schließlich am 19. Mai 2008 durch Übernahme durch den Vertreter des Bw. Die am 2. Juni 2008 eingebrachte Berufung ist damit rechtzeitig erfolgt.

 

8.2. Strittig ist im vorliegenden Fall, ob der Bw verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich für die Beschäftigung der gegenständlichen Ausländerinnen war. Diese Verantwortung könnte sich aus seiner Stellung als handelsrechtlicher Geschäftsführer der M.S.M. G GmbH (laut Firmenbuch zwischen 29.9.2006 und 3.3.2007) in Verbindung mit der Eintragung dieser Gesellschaft ins Gewerberegister (zwischen 1.12.2006 [!] und 5.3.2008) abgeleitet werden; zur Verantwortung des handelsrechtlichen Geschäftsführers der GmbH, welche das Lokal "betreibt", vgl. statt vieler das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15.5.2009, Zl. 2008/09/0088. Für die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des handelsrechtlichen Geschäftsführers ist unerheblich, wer Gesellschafter ist bzw. in wessen "wirtschaftlichem Eigentum" die Geschäftsanteile stehen. Die übliche Ableitung der Arbeitgeberrolle aus der Betreiberrolle und letzterer wiederum aus der aus dem Register ersichtlichen Gewerbeinhaberschaft ergibt sich daraus, dass diese Funktionen in der Regel zusammenfallen. Die sohin gegebene Indizwirkung des Gewerberegisters ist gegenüber (bei ordnungsgemäßer Geschäftsführung wohl kaum hervortretenden) Abweichungen von faktischen Verhältnissen zu betonen, um Formenmissbrauch hintanzuhalten. Gegenständlich wird die Indizwirkung "formaler Verhältnisse" freilich dadurch konterkariert, dass für den Zeitraum von 10.6.2005 bis 4.1.2007 auch die M H B B GmbH als Gewerbeinhaber im Gewerberegister aufscheint. Dazu kommt, dass die Verträge mit den Ausländerinnen und F (aufgrund der vorgeworfenen Beschäftigungsdauer) vor der Eintragung der M.S.M. G GmbH in das Gewerberegister abgeschlossen wurden, zu einer Zeit also, als allein die M H B B GmbH nach dem Gewerberegister Gewerbeinhaber war. Hinzuweisen ist darauf, dass – unter der Voraussetzung der Verantwortungsbegründung durch die Gewerberegistereintragung (1.12.2006) und ihm Hinblick auf das Datum der Kontrolle (2.12.2006) – sich die allfällige Verantwortung der Bw maximal auf die beiden Tage beschränkt.

 

Arbeitgeber ist nach allgemeinen Regeln derjenige, der im Rahmen eines Arbeitsvertrages über die Arbeitskraft eines anderen verfügt. Für das betriebliche Handeln ist vielfach entscheidend, ob der Arbeitnehmer aus der Sicht eines redlichen Erklärungsempfängers objektiv gesehen darauf vertrauen durfte, dass der Erklärende im eigenen Namen als Arbeitgeber oder als Vertreter für einen bestimmten Arbeitgeber aufgetreten ist (vgl. Löschnigg, Arbeitsrecht, 10. Auflage, 2003, S. 131 f). Aus der Sicht der gegenständlichen Ausländerinnen war (vgl. die diesbezüglichen Aussagen in den erwähnten Niederschriften) ausdrücklich "M" (gemeint: E) der "Dienst-/Auftraggeber". Dazu kommt, dass G in der öffentlichen mündlichen Verhandlung aussagte, "M" habe gesagt, sie dürfe im Lokal arbeiten, er habe gesagt, er sei der "Chef" und sie glaube, dass das Lokal ihm gehört habe. Daraus ist zu schließen, dass E gegenüber den gegenständlichen Ausländerinnen (Gleiches gilt für F) als Vertragspartner im eigenen Namen auftrat und er nicht nur ein Vertretungsverhältnis nicht offenlegte (wie dies gegenüber Prostituierten, die um eine Arbeitsmöglichkeit in einem Etablissement nachfragen, häufig der Fall sein mag).

 

Ferner ist beachtlich, dass im Urteil des LG Linz vom 12.9.2008, 22 Hv 1/08z,  M E wegen schweren Betrugs, betrügerischer Krida, Begünstigung eines Gläubigers verurteilt wurde. In diesem Urteil ist festgehalten, dass M E die M.S.M. G GmbH gründete, um nach außen hin nicht selbst als Bordellbetreiber aufzutreten und ihm faktisch dieses Unternehmen gehörte, das Unternehmen von ihm faktisch geleitet wurde und er sämtliche Entscheidungen getroffen habe (S. 27). Sämtliche Entscheidungen (geschäftliche Belange betreffend die Einstellungen von Prostituierten, Vornahme von Anzahlungen, Vermögensverwaltung, Buchhaltung) oblagen M E alleine (S. 31). Die Einnahmen aus dem Bordellbetrieb begründeten überwiegend die Einnahmequelle von M E (S. 33). Er führte den gesamten Geschäftsbetrieb, überwachte die Buchhaltung, vereinnahmte das Geld und traf sämtliche wesentlichen Entscheidungen (S. 49). Er stellte die Angestellten ein, führte die Gehaltsabsprachen, machte die gesamte Organisation und kontrollierte die Abrechnung, leitete sohin den gesamten Betrieb (S. 50).

 

Aus diesen Feststellungen des LG Linz in Verbindung mit dem Auftreten M E gegenüber den Ausländerinnen (bzw. F) ergibt sich, dass der tatsächliche Betreiber des Lokals auch derjenige war, der gegenüber den betroffenen Ausländerinnen (und Fremr) in eigener Person als Vertragspartner auftrat, mithin M E sowohl wirtschaftlich als auch nach den Regeln des Vertragsrechts Arbeitgeber war.

 

Da sohin M E als Arbeitgeber fungierte, war spruchgemäß zu entscheiden. Ausdrücklich sei hervorgehoben, dass die ausnahmsweise Abweichung von der Regel, dass der handelsrechtliche Geschäftsführer der im Gewerberegister als Betriebsinhaber eingetragenen Gesellschaft in den besonderen Umständen des Falles begründet liegt und daraus keine Relativierung der der in Rede stehenden Regel für zukünftige Fälle abgeleitet werden kann.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

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