Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-222252/15/Bm/Sta

Linz, 04.08.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung der Frau R E, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. C A, B S, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I.  vom  22.10.2008, Ge96-155-2008, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994, zu Recht erkannt:

 

I.             Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.         Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1951 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. vom 22.10.2008, Ge96-155-2008, wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe von 2.000 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z1 iVm § 1 Abs.4 und  § 5 Abs. 1 und 2 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) idgF iVm § 9 Abs.1 VStG 1991 idgF verhängt, weil die I.S. P E KG mit dem Sitz in  M, H-B-S, zumindest am 30.6.2008 im Standort H-B-S, M, das Sicherheitsgewerbe ausgeübt habe, indem Herrn F für ein Sommerfest Ordner- und Kontrolldienste bei dieser Veranstaltung angeboten worden seien, ohne hiefür die erforderliche Gewerbeberechtigung für das Sicherheitsgewerbe (Berufsdetektive, Bewachungsgewerbe) erlangt zu haben. Als unbeschränkt haftende Gesellschafterin und somit zur Vertretung nach außen berufenes Organ der I.S. P E KG sei die Bw gemäß § 9 Abs.1 VStG für diese Verwaltungsübertretung verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und diese im Wesentlichen damit begründet, dass die gegen die Beschuldigte erhobenen Vorwürfe unrichtig seien, das geführte Ermittlungsverfahren ungenau und nicht den Strafvorwurf rechtfertigen würde.

Außer Streit gestellt werde, dass über einen gewissen N. F im Auftrag der Wirtschaftskammer Salzburg vorgetäuscht worden sei, für ein Sommerfest einen Ordnerdienst zu benötigen. Tatsächlich sei dieser Ordnerdienst nicht benötigt worden, sondern handle es sich bei Herrn F offenbar um einen "Agent Provocateur" der Wirtschaftskammer Salzburg.

Die Behörde hätte amtswegig die erhobenen Vorwürfe sorgfältig prüfen müssen und auch ohne Antragstellung der Beschuldigten, Herrn N. F als Zeuge zu vernehmen gehabt. Im Zuge dieser Vernehmung hätte sich herausgestellt, dass tatsächlich nicht beabsichtigt gewesen sei, einen Ordnerdienst für ein Sommerfest zu arrangieren, sondern Zweck der Anfrage lediglich darin bestanden habe, ein unzulässiges Anbot des Unternehmens der Beschuldigten zu erwirken. Wäre Herr F als Zeuge einvernommen worden, hätte auch erkannt werden müssen, dass das Unternehmen der Beschuldigten nicht selbst die Ordnerdienste bzw. Sicherheitsdienste angeboten habe, sondern diese von ihr in zulässiger Weise als Inhaberin der Gewerbeberechtigung für Eventmanagement vermittelt worden wäre. Die Rechnungslegung und Ausübung des Sicherheitsdienstes bei einer allfälligen Veranstaltung wäre durch das Unternehmen von Herrn J L erfolgt. Herr L hätte im Rahmen seines Gewerbes auch die Rechnung gelegt. Das Unternehmen der Beschuldigten hätte weder Personal zur Verfügung gestellt, noch eine sonstige Tätigkeit des Sicherheitsgewerbes ausgeübt. Das Unternehmen der Beschuldigten verfüge über keine Angestellten aus dem Sicherheitsgewerbe. Im Anbot zum Sommerfest sei der Interessent F auch zu einem Gespräch und zur Besprechung näherer Details eingeladen worden. Zu einem solchen Gespräch, bei dem auch unmissverständlich aufgeklärt worden wäre, wie die gesamte Organisation erfolge, sei es allerdings nicht mehr gekommen.

 

Es werde daher beantragt, das gegen die Beschuldigte geführte Verwaltungsstrafverfahren ersatzlos einzustellen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.5.2009, zu welcher der Vertreter Bw erschienen ist. Als Zeugen einvernommen wurden Herr J L und Herr F, Wirtschaftskammer Salzburg.

 

4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

 

Die Bw war zum Tatzeitpunkt unbeschränkt haftende Gesellschafterin der I.S. P E KG und wurden auf der Homepage der I.S. P E KG. jedenfalls bis zum 7.7.2008 Ordner- und Sicherheitsdienste angeboten.

Im Juni 2008 ist ein Mitarbeiter der Wirtschaftskammer Salzburg unter dem Namen "F" mit der Frage an die I.S. P E KG herangetreten, ob diese Firma Sicherheitsdienste bei einem Sommerfest übernehmen könne. Daraufhin wurde am 30.6.2008 von der I.S. P E KG ein unverbindliches, sehr allgemein gehaltenes Angebot gelegt.

Das Angebot wurde nicht angenommen, ein Vertrag ist sohin nicht zustande gekommen; Ordner- bzw. Sicherheitsdienstes wurden von der I.S. P E KG. nicht durchgeführt.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2.600 Euro zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

 

Gemäß § 1 Abs.2 GewO 1994 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbstständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen.

 

Nach § 1 Abs.4 leg.cit. gilt auch eine einmalige Handlung als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach dem Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert. Das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen wird der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes versteht die Gewerbeordnung unter der "Ausübung" eines Gewerbes eine den Gegenstand des Gewerbes bildende Tätigkeit. Aus der Bestimmung des § 1 Abs.2 iVm § 1 Abs.4  2. Satz GewO 1994 geht hervor, dass das Anbieten einer den Gestand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit noch nicht von der Ausübung der Tätigkeit mit umfasst ist.

§ 1 Abs.4 2. Satz leg.cit. bestimmt nämlich ausdrücklich, dass das Anbieten einer gewerblichen Tätigkeit der Ausübung der gewerblichen Tätigkeit gleichgestellt wird, allerdings unter der Voraussetzung, dass das Anbieten der gewerblichen Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen erfolgt.

Das Anbieten an eine bestimmte Person bzw. die Anbotlegung in Form eines Kostenvoranschlages nur an eine Person – wie im gegenständlichen Straferkenntnis vorgeworfen – ist somit von der gesetzlichen Regelung des § 1 Abs.4 2. Satz GewO 1994 nicht erfasst und kann daher mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung auch nicht als Ausüben einer gewerblichen Tätigkeit gesehen werden.

 

Weil daher das Anbieten einer gewerblichen Tätigkeit an nur eine Person der Ausübung des Gewerbes nicht gleichzuhalten ist, hat daher die Bw auch nicht den Tatbestand des § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 erfüllt und daher keine strafbare Handlung begangen.

Es war daher das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

II. Bei diesem Verfahrensergebnis war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht zu leisten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum