Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222263/6/Kl/Hu

Linz, 06.08.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn Ing. H R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 2. März 2009, Ge96-2549-1-2008, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994, zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 2. März 2009, Ge96-2549-1-2008, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 250 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 368 und 112 Abs.3 GewO 1994 verhängt, weil er als unbeschränkt haftender Gesellschafter und somit als das gemäß § 9 Abs.1  VStG 1991 zur Vertretung nach außen berufene, verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Organ der S C ltd & Co KG mit Sitz in T, diese ist Inhaberin einer Gewerbeberechtigung für "Gastgewerbe (§ 111 Abs.1 Z2 GewO 1994) in der Betriebsart Cafe" am Standort T, (Lokal S), nicht dafür Sorge getragen hat, dass der Gastgarten, welcher an eine öffentliche Verkehrsfläche angrenzt, um 23.00 Uhr geschlossen wurde, obwohl Gastgärten, die sich auf öffentlichem Grund befinden oder an öffentliche Verkehrsflächen angrenzen, nur von 08.00 Uhr bis 23.00 Uhr betrieben werden dürfen, wenn sie ausschließlich der Verabreichung von Speisen und dem Ausschank von Getränken dienen, lautes Sprechen, Singen und Musizieren vom Gastgewerbetreibenden untersagt ist und auf dieses Verbot hinweisende Anschläge dauerhaft und von allen Zugängen zum Gastgarten deutlich erkennbar angebracht sind. Am 06.09.2008 hielten sich um 02.45 Uhr zumindest 4 Gäste im Gastgarten auf, welche Getränke konsumierten.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses, in eventu die Herabsetzung der Strafhöhe beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Gastgarten nur zur Fußball-EM 2008 betrieben worden sei, somit ab 10. Juli 2008 nicht mehr offen gewesen sei. Auf der Fläche vor dem Lokal befinde sich weder eine Bestuhlung noch aufgestellte Tische, Dekorationsmaterial oder Ähnliches, das auf den Betrieb oder die Bewirtschaftung des Gastgartens schließen ließe. Auch am 6.9.2008 sei der Gastgarten nicht offen gewesen, die Fläche vor dem Lokal sei lediglich als Zu- und Abgangsfläche vorgesehen und in Verwendung gewesen. Kein Personal sei seit 10. Juli in diesem Bereich anwesend gewesen und sei auch nicht serviert worden. Personen, die das Lokal verlassen haben, werden vom Berufungswerber nicht mehr als Gäste bezeichnet. Auch sei im Lokal ein Aushang, wonach kein Glas und kein Lärm im Freien erlaubt sei. Er sei daher nicht schuldig.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Über schriftliche Aufforderung des Oö. Verwaltungssenates vom 27. März 2009 gab der Berufungswerber mit Schreiben vom 31. März 2009 bekannt, dass die Geschäftsführerin der S Cafe Ltd. (nach außen befugter handels- und gewerberechtlicher Director) seit November 2008 Frau V M heißt und in V, lebt. Die vorangegangene Geschäftsführerin Frau A hat mit 31.5.2008 einvernehmlich mit der Firma ihre Tätigkeit eingestellt und gekündigt. In den folgenden Monaten war die Ltd. & Co KG ohne bestellten Geschäftsführer tätig und gezwungen, sich um einen neuen Geschäftsführer umzusehen.

 

4. Weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

 

4.1. Aufgrund der Aktenlage, insbesondere der eingeholten Auszüge aus dem Firmenbuch und Gewerberegister sowie dem Companies House steht als erwiesen fest, dass die S Cafe Ltd. & Co KG mit dem Sitz in T, seit 9.2.2007 eingetragen ist. Als unbeschränkt haftender Gesellschafter ist die S Cafe Ltd. eingetragen, Kommanditisten sind Ing. H R und A W. Die S Cafe Ltd. & Co KG verfügt über eine Gewerbeberechtigung für das reglementierte Gewerbe Gastgewerbe (§ 111 Abs.1 Z2 GewO 1994) in der Betriebsart Cafe am Standort in T, und betreibt dort das Lokal S. Als gewerberechtliche Geschäftsführerin ist in der Zeit von 12.3.2007 bis 1.6.2008 Frau E A, ab 22.12.2008 Frau M V eingetragen. In der Zeit vom 1.6.2008 bis 22.12.2008 war demnach kein gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt und angezeigt.

 

Die S Cafe Ltd. ist im österreichischen Firmenbuch nicht eingetragen, ist aber in Companies House, dem zentralen englischen Gesellschaftsregister gemeldet und eingetragen. Zustellungs- und Aufbewahrungsort der Gesellschaft (Registered Office) ist in B. Als Director scheinen M G A und M V auf. Der Berufungswerber ist nicht als Director bzw. Geschäftsführender eingetragen.

 

4.2. Dieser Sachverhalt steht aufgrund der eingeholten Unterlagen als erwiesen fest und deckt sich auch mit den Ausführungen des Berufungswerbers.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist im Fall einer GesmbH & Co KG der Geschäftsführer der "K-GesmbH" als das nach § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ anzusehen (vgl. Hauer Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 1293, E16 mit Nachweisen). Der Kommanditist ist nach Gesellschaftsrecht nach außen nicht vertretungsbefugt und haftbar und ist daher auch verwaltungsstrafrechtlich nicht zur Verantwortung zu ziehen.

 

Unbeschränkt haftender Gesellschafter und Komplementär ist nach Firmenbuchauszug unzweifelhaft die S Cafe Ltd. In dieser Gesellschaft hat der Berufungswerber keine Funktion inne, insbesondere ist er nicht Geschäftsführer bzw. Director dieser Gesellschaft. Es stimmen daher die Angaben des Berufungswerbers mit den Eintragungen des Gesellschaftsregisters überein, dass als Director bzw. Geschäftsführerin Frau M V eingetragen ist. Es trifft daher den Berufungswerber keine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit gemäß § 9 Abs.1 VStG.

 

Hinsichtlich der Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers aber hat bereits die belangte Behörde im Verfahren erster Instanz festgestellt und wurde im Berufungsverfahren durch den Oö. Verwaltungssenat und die Ausführungen des Berufungswerbers ergänzt, dass zum Tatzeitpunkt ein gewerberechtlicher Geschäftsführer nicht bestellt und angezeigt war. Die ehemalige Geschäftsführerin E A ist mit 31.5.2008 aus dieser Funktion ausgeschieden, die neu bestellte und angezeigte Geschäftsführerin ist erst ab 22.12.2008 als Geschäftsführerin rechtswirksam bestellt. Ist aber ein gewerberechtlicher Geschäftsführer gemäß § 370 GewO 1994 nicht bestellt, so kommt die allgemeine Regelung des § 9 Abs.1 VStG zum Tragen.

 

Weil der Beschuldigte daher die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat, war das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten gemäß § 45 Abs.1 Z2 erste Alternative VStG einzustellen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Kommanditist ist nicht vertretungsbefugt und strafrechtlich verantwortlich; Haftung einer englischen Gesellschaft "Ltd."; keine Eintragung im englischen Gesellschaftsregister

 

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