Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-290159/5/Kei/Ps

Linz, 22.01.2009

 

                                                                                                                                                                                                           

                                                                                                                                                        

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des A K, vertreten durch die J, B, R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 20. März 2008, Zl. ForstR96-2-2006, zu Recht:

 

I.                 Der Berufung wird mit der Maßgabe, dass der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nachstehend berichtigt wird, im Hinblick auf die Schuld keine Folge gegeben. Im Hinblick auf die Strafe wird der Berufung insoferne teilweise Folge gegeben als die Geldstrafe auf 80 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 8 Stunden herabgesetzt wird.

         Der Ausspruch im Hinblick auf den privatrechtlichen Anspruch wird     bestätigt.

         Die Wendung "BGBl.I Nr. 78/03" wird gestrichen und statt "Ver-         waltungsübertretungen" wird gesetzt "Verwaltungsübertretung".

 

II.             Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens 10 % der verhängten Strafe, das sind 8 Euro, zu leisten. Die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat hatte hingegen zu entfallen.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 19, § 51 Abs.1 und § 57 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 und § 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Der Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses lautet (auszugsweise Wiedergabe):

"1. Sie haben als zur Verantwortung zu ziehender Waldeigentümer, wie anlässlich von Erhebungen durch den forsttechnischen Dienst der Bezirkshauptmannschaft Schärding am 16.11.2005 und am 8.2.2006 festgestellt und der Forstrechtsbehörde zur Kenntnis gebracht wurde, zwischen 5.1.2006 und 3.2.2006 im Bereich des Gst. , KG. H, Fällungen entlang ihrer Grundstücksgrenze in einer Entfernung von weniger als 40 m zum nachbarlichen Waldgrundstück Nr. , KG. H, vorgenommen und damit nachbarlichen Wald einer offenbaren Windgefährdung ausgesetzt, obwohl für Waldeigentümer aufgrund der Verpflichtung zum Deckungsschutz solche Fällungen verboten sind, wenn keine Ausnahmenbewilligung vorliegt.

2. Aufgrund der von Ihnen widerrechtlich vorgenommenen Fällung des Deckungsschutzes auf dem Waldgrundstück  ist am 11.1.2007 und am 19.1.2007 tatsächlich Waldbestand am Nachbargrundstück Nr. , KG. H, zerstört worden und damit ein Schaden eingetreten, für den Sie schadenersatzrechtlich haften.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 174 Abs. 1 lit. a Z. 2 iVm. § 14 Abs. 2 Forstgesetz 1975, BGBl. I Nr. 78/03 i.d.g.F.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von      falls diese uneinbringlich ist,       Gemäß

                            Ersatzfreiheitsstrafe von

100 Euro              9 Stunden                               § 174 Abs. 1 lit. a Z.2

                                                                           Forstgesetz 1975 i.d.g.F.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

10,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe sowie gemäß § 174 Abs. 2 Forstgesetz 1975 iVm. § 57 des Verwaltungsgesetzes 1991 4.605,44 Euro an privatrechtlichen Ansprüchen aufgrund des eingetretenen Schadens.

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 4.715,44 Euro."

 

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

Der Berufungswerber (Bw) bestritt in der Berufung das Vorliegen der ihm vorgeworfenen Übertretung und das Vorliegen der Voraussetzungen eines privatrechtlichen Anspruches.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen Zl. ForstR96-2-2006 Einsicht genommen.

 

Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Im Bereich der KG H befanden sich in den Jahren 2006 und 2007 die Grundstücke mit den Nummern  und . Eigentümer des Grundstückes mit der Nummer  waren der Bw und die Gattin des Bw R K und Eigentümer des Grundstückes mit der Nummer  waren die Ehegatten A S und E S.

In der Zeit zwischen 5. Jänner 2006 und 3. Februar 2006 ließ der Bw durch eine Kärntner Firma Holz auf dem Grundstück mit der Nummer  fällen und zwar entlang seiner Grundstücksgrenze in einer Entfernung von weniger als 40 Metern zum Grundstück mit der Nummer . Dadurch wurde der auf diesem Grundstück sich befindende Wald einer offenbaren Windgefährdung ausgesetzt und es war dadurch kein Deckungsschutz vorhanden. Dies hatte zur Folge, dass ein Schaden (Waldschaden) auf dem Grundstück mit der Nummer  in der Höhe von 4.112 Euro (exkl. USt) eingetreten ist. Eine Ausnahmebewilligung des Bw ist nicht vorgelegen.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

§ 14 Abs.2 Forstgesetz 1975 lautet:

Jeder Waldeigentümer hat Fällungen entlang seiner Eigentumsgrenzen in einer Entfernung von weniger als 40 Metern zu unterlassen, wenn durch die Fällung nachbarlicher Wald einer offenbaren Windgefährdung ausgesetzt würde (Deckungsschutz).

§ 174 Abs.1 Forstgesetz 1975 lautet (auszugsweise):

Wer

a)

2. entgegen § 14 Abs.2 keinen Deckungsschutz gewährt;

begeht eine Verwaltungsübertretung.

Diese Übertretungen sind in den Fällen

1. der lit.a mit einer Geldstrafe bis zu 7.270 Euro oder mit Arrest bis zu vier Wochen

zu ahnden.

§ 174 Abs.2 Forstgesetz 1975 lautet:

Die Behörde hat im Straferkenntnis, womit jemand einer nach diesem Bundesgesetz strafbaren Übertretung schuldig erkannt wird, auf Antrag des Geschädigten auch über die aus dieser Übertretung abgeleiteten privatrechtlichen Ansprüche des Geschädigten an den Beschuldigten zu entscheiden (§ 57 des Verwaltungsstrafgesetzes 1950).

§ 57 VStG lautet:

(1) Soweit die Behörde nach den einzelnen Verwaltungsvorschriften im Straferkenntnis auch über die aus einer Verwaltungsübertretung abgeleiteten privatrechtlichen Ansprüche zu entscheiden hat, ist der Anspruchsberechtigte Partei im Sinne des AVG.

(2) Dem Anspruchsberechtigten steht gegen die im Straferkenntnis enthaltene Entscheidung über seine privatrechtlichen Ansprüche kein Rechtsmittel zu. Es steht ihm aber frei, diese Ansprüche, soweit sie ihm nicht im Verwaltungsstrafverfahren zuerkannt worden sind, im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen.

(3) Der Beschuldigte kann die Entscheidung über die privatrechtlichen Ansprüche nur mit der gegen das Straferkenntnis zulässigen Berufung anfechten.

 

Der oben angeführte Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen aufgrund der Ausführungen des Bezirksförsters J L im Schreiben vom 24. Februar 2006 und der Ausführungen des Forstsachverständigen Dipl.-Ing. W P vom 28. Februar 2006 und der im Akt befindlichen Fotos und DORIS-Ausdrucke. Den Ausführungen des Bezirksförsters L und des Dipl.-Ing. P wird eine hohe Glaubwürdigkeit beigemessen. Diese Beurteilung stützt sich darauf, dass diese beiden Personen ausgewiesene Forstexperten waren und sind und dass sie als Beamte den Dienstpflichten unterlegen waren. Es wird davon ausgegangen, dass diese beiden Forstexperten eine deutlich bessere Fachkenntnis gehabt haben als die Zeugen E H, F H und L K.

Das Gutachten des Dipl.-Ing. P vom 28. Februar 2006 ist schlüssig.

Es ergibt sich aus den Aktenunterlagen nicht, dass Dipl.-Ing. P an Ort und Stelle war. Der Bezirksförster L war aber an Ort und Stelle anwesend und die Ausführungen des Dipl.-Ing. P stützen sich u.a. auch auf die Ausführungen des Bezirksförsters L vom 24. Februar 2006 ab. Weiters wird darauf hingewiesen, dass aussagekräftige Fotos und DORIS-Ausdrucke vorliegen.

 

Der objektive Tatbestand der dem Bw vorgeworfenen Übertretung wurde verwirklicht.

Das Verschulden des Bw wird – ein Rechtfertigungsgrund oder ein Schuldausschließungsgrund liegt nicht vor – als Fahrlässigkeit qualifiziert. Die Schuld des Bw ist nicht geringfügig iSd § 21 Abs.1 erster Satz VStG.

 

Zur Strafbemessung:

Dem gegenständlichen Verwaltungsakt ist nicht zu entnehmen, dass eine die Person des Bw betreffende Vormerkung in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht, die zur gegenständlichen Tatzeit in Rechtskraft erwachsen gewesen ist und die noch nicht getilgt ist, vorliegt. Der Oö. Verwaltungssenat geht davon aus, dass keine solche Vormerkung vorliegt. Diese Beurteilung hat zur Konsequenz, dass der Milderungsgrund des § 34 Abs.1 Z2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG zum Tragen kommt. Mildernd wird auch die lange Verfahrensdauer gewertet. Ein weiterer Milderungsgrund liegt nicht vor. Ein Erschwerungsgrund liegt nicht vor.

 

Im Hinblick auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw wird von folgenden Grundlagen ausgegangen: Der Bw hat ein Einkommen in der Höhe von ca. 1.060 Euro netto pro Monat, er ist Eigentümer eines landwirtschaftlichen Anwesens im Ausmaß von ca. 15 Hektar und er hat keine Sorgepflichten.

 

Auf den Unrechtsgehalt und auf das Ausmaß des Verschuldens wird Bedacht genommen.

Auch wurde berücksichtigt, dass das gegenständliche Verhalten des Bw durch den Eintritt des Schadens massive nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Der Aspekt der Generalprävention wird berücksichtigt. Der Aspekt der Spezialprävention wird nicht berücksichtigt.

Die Strafe wurde herabgesetzt, weil der Oö. Verwaltungssenat bei der Strafbemessung von für den Bw günstigeren Grundlagen ausgegangen ist als dies durch die belangte Behörde erfolgt ist.

 

Der Ausspruch im Hinblick auf die Verfahrenskostenbeiträge (siehe den Spruchpunkt II.) hat seine Grundlage in den im Spruchpunkt II. angeführten Bestimmungen.

 

Zum privatrechtlichen Anspruch:

 

Schaden:

Die Tatsache, dass der Schaden am Wald der Ehegatten A S und E S - sohin ein Vermögensschaden - entstanden ist, stützt sich auf das Schreiben des Bezirksförsters L vom 23. Jänner 2007 und auf die diesem Schreiben beigefügten Fotos.

Die Berechnung der Höhe des Schadens stützt sich auf das schlüssige Schätzungsgutachten des Dipl.-Ing. P vom 22. Juni 2007.

Auch wird bemerkt, dass das Vorliegen des Schadens und die Höhe des Schadens durch den Bw nicht bestritten wurde.

 

Verursachung:

Durch das gegenständliche Verhalten der Kärntner Firma, das dem Bw zuzurechnen ist, in der Zeit von 5. Jänner 2006 bis 3. Februar 2006, wurde der gegenständliche Schaden, der im Jänner 2007 eingetreten ist, verursacht.

Aus dem Schreiben des Bezirksförsters L vom 24. Februar 2006 iVm dem Schreiben des Dipl.-Ing. P vom 28. Februar 2006 ergibt sich, dass aufgrund der angenommenen Schädigung (20 bis 30 %) des Waldbestandes des Bw (vor dem Kahlschlag) der Restbestand ausreichend Deckungsschutz für den nachbarlichen Waldbestand geboten hätte und dass der Schaden mit großer Wahrscheinlichkeit nicht eingetreten wäre, wenn der Bw den Kahlschlag unterlassen hätte.

Es wird vom Vorliegen einer großen Wahrscheinlichkeit im Hinblick auf die Verursachung ausgegangen. Diese große Wahrscheinlichkeit ist ausreichend. In diesem Zusammenhang wird auch auf die Ausführungen in Rummel, "Kommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch", RN 3 zu § 1295 ABGB, hingewiesen.

Es liegt eine notwendige Bedingung (conditio sine qua non) vor (Äquivalenztheorie).

Der gegenständliche Schaden wurde auch adäquat verursacht (Adäquanztheorie).

 

Rechtswidrigkeit:

Das gegenständliche Verhalten des Bw war rechtswidrig. Es wurde gegen die Norm des § 174 Abs.1 lit.a Z2 iVm § 14 Abs.2 ForstG 1975 verstoßen. Bei dieser Bestimmung handelt es sich um ein Schutzgesetz.

Auch wurde durch das gegenständliche Verhalten des Bw in das Grundrecht der Ehegatten S auf Unverträglichkeit des Eigentums eingegriffen.  

Ein Rechtfertigungsgrund liegt nicht vor.

 

Rechtswidrigkeitszusammenhang:

Es ist durch das gegenständliche Verhalten des Bw ein solcher Schaden eingetreten, dessen Eintritt durch die Einhaltung der gegenständlichen Normen verhindert werden sollte. Der Rechtswidrigkeitszusammenhang liegt vor.

 

Verschulden:

In diesem Zusammenhang wird auf die Ausführungen des Bezirksförsters L im Schreiben vom 24. Februar 2006 und des Bw in der Niederschrift vom 4. Juli 2006 im Hinblick auf den Umfang der Erlaubnis zum Fällen hingewiesen.

Es ist eine "auffallende Sorglosigkeit" des Bw iSd ABGB vorgelegen und die Sorgfaltswidrigkeit war so schwer, dass sie einem ordentlichen Menschen in der Situation des Bw keinesfalls unterlaufen wäre. Es ist eine grobe Fahrlässigkeit des Bw vorgelegen.

Der Bw hat den Erfolg für möglich gehalten, er hat aber darauf vertraut, dass er nicht eintreten wird. Es liegt sohin eine bewusste Fahrlässigkeit des Bw vor.  

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Keinberger

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt;

VwGH vom 29.2.2012, Zl. 2009/10/0082-6

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