Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-150714/17/Re/Hue

Linz, 24.08.2009

 

                                                                                                                                                        

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger nach der am 9. Juni 2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des H M, S, O, vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei Dr. R G – Dr. R H,  S, V-K, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 13. November 2008, Zl. BauR96-106-2008-Hol, zu Recht erkannt:

I.                  Der (Straf-)Berufung wird Folge gegeben, die Geldstrafe auf
150 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabgesetzt.

II.              Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 15 Euro. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm.  § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden verhängt, weil er am 20. Dezember 2007, 11.00 Uhr, als Lenker eines Kfz mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und dem behördlichen Kennzeichen    die A8 Innkreisautobahn, aus Fahrtrichtung Wels kommend, bis Autobahnkm. 70,050, Gemeinde St. Marienkirchen bei Schärding, benützt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von mautpflichtigen Straßen mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliege. Es sei festgestellt worden, dass die Achsenzahl des gegenständlichen Kfz (4) höher gewesen sei als die mit 2 eingestellte Kategorie/Achsenzahl. 

 

2. In der Berufung wurde vom Bw vorgebracht, dass er vom Firmeninhaber, dessen zeugenschaftliche Einvernahme beantragt werde, angewiesen worden sei, stets mit der Go-Box-Einstellung "4" zu fahren. Da sich der Bw an diese Anweisung gehalten habe, könne in weiterer Folge nur von einem Defekt der GO-Box ausgegangen werden, weshalb ein entsprechendes Sachverständigengutachten aus dem Elektronikwesen beantragt werde. Dies auch deshalb, da ohne Zutun des Bw die GO-Box-Einstellung der Achsenzahl am 4. Jänner 2008 zwischen 10.55 und 11.03 Uhr von "2" auf "4" "umgesprungen" sei. Der Defekt der GO-Box sei für den Bw nicht erkennbar gewesen. Auch die A könne keine Angaben zur gegenständlichen GO-Box treffen und begnüge sich mit einem Pauschalhinweis, dass normalerweise keine Fehlerhaftigkeit vorliege.

In einer ähnlichen Angelegenheit sei gegen den Bw ein Berufungsverfahren beim Unabhängigen Verwaltungssenat Salzburg anhängig. Es werde daher beantragt, das gegenständliche Verfahren bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung in Salzburg zu unterbrechen.

Die Folgen der Übertretung seien auch unbedeutend, zumal der Mautbetrag für eine Achsenzahleinstellung "2" entrichtet worden sei. Jedenfalls würden die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen. Ein Erschwerungsgrund liege keiner vor.

 

Beantragt wurde die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Aussprache einer Ermahnung, in eventu die Herabsetzung der Geldstrafe auf die Hälfte der Mindeststrafe.   

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der A vom 27. Februar 2008 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Als Beanstandungsgrund ist angegeben, dass die Achsenzahl des Kraftfahrzeuges mit 4 höher gewesen sei als die mit 2 eingestellte Kategorie/Achsenzahl am Fahrzeuggerät. Gem. § 19 Abs. 4 BStMG sei dem Zulassungsbesitzer am 28. Dezember 2007 schriftlich die Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht (zeitgerecht) entsprochen worden. 

 

Nach Strafverfügung vom 17. März 2008 brachte der Bw vor, dass er die Achsenzahl bei der GO-Box mit "4" eingestellt habe und aufgrund mehrerer ähnlicher Vorfälle von einem Defekt der GO-Box auszugehen sei.  

 

Einer ergänzenden Stellungnahme der A vom 6. Mai 2008, in der auf die Mitwirkungspflicht des Fahrzeuglenkers hingewiesen wird, sind ein Beweisbild, eine Einzelleistungsinformation und eine Kopie des Ersatzmautangebotes angeschlossen.

 

Dazu äußerte sich der Bw im Wesentlichen wie in der später eingebrachten Berufung bzw. wie bisher.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.  

 

4. Mittels E-Mail vom 15. April 2009 wurde dem Oö. Verwaltungssenat vom Unabhängigen Verwaltungssenat Salzburg das vom Bw in seiner Berufung erwähnte Erkenntnis vom 30. März 2009 übersandt.

 

Zusätzlich übermittelte auf Anforderung die A dem Unabhängigen Verwaltungssenat am 27. April 2009 Einzelleistungsinformationen für den Zeitraum zwischen dem 20. Dezember 2007 und dem 30. Jänner 2008 und teilte mit, dass die gegenständliche GO-Box am 27. März 2008 aufgrund  Vertragsablaufs ausgetauscht worden sei. Ein Defekt sei dabei nicht vorgelegen.

 

5. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wies der Verhandlungsleiter darauf hin, dass auf eine Vernehmung des beantragten Zeugen verzichtet wird, da nicht angezweifelt wird, dass der Bw irgendwann vom Spediteur angewiesen wurde, den LKW mit der eingestellten Achsenzahl "4" in Betrieb zu nehmen. Dieses Absehen wurde vom Vertreter des Bw zustimmend zur Kenntnis genommen.

 

Anschließend wurden die A-Stellungnahme vom 27. April 2009 sowie Teile der Begründung des Erkenntnisses des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom 30. März 2009, Zl. UVS-5/13170-13174/4-2009 und UVS-5/13178-13179/4-2009, dem analoge Verwaltungsübertretungen des Bw zugrunde gelegen sind, verlesen.

 

Daraufhin stellte der Vertreter des Bw außer Streit, dass lt. Einzelleistungsnachweis zum Tatzeitpunkt die Achsenzahl "2" anstelle der erforderlichen Achsenzahl "4" eingestellt und der Bw der Lenker des LKW gewesen ist. Die Einvernahme des beantragten Zeugen war auch aufgrund des Verlesens des Salzburger Erkenntnisses nicht mehr erforderlich.

 

Der verkehrstechnische Amtssachverständige brachte zur Frage, ob die Möglichkeit bestehe, dass bei einer funktionstüchtigen GO-Box die eingestellte Achsenzahl selbstständig "umspringen" könne, vor, dass die Umstellung der Achsanzahl durch Drücken eines Tasters erfolge. Dieser Taster habe eine sehr kleine Masse und, wie Versuche gezeigt hätten, könnten durch im Fahrbetrieb üblich auftretende Beschleunigungen, Verzögerungen, Überfahren von Schlaglöchern etc. Verstellungen der Kategorie ausgeschlossen werden.

 

Der Vertreter des Bw verzichtete in der Folge auf weitere Beweisanträge und schränkte die Berufung auf die Strafhöhe ein, wobei die Herabsetzung der ausgesprochenen Strafe gefordert wird.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

6.1 Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Kraftfahrzeuglenker ihre Fahrzeuge vor der Benützung von Mautstrecken mit diesen Geräten ausstatten können.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden, die Anzahl der Achsen ihres Fahrzeuges und des von diesem gezogenen Anhängers auf dem Gerät zur elektronischen Entrichtung der Maut einzustellen und Nachweise mitzuführen, die eine Zuordnung zu einer Tarifgruppe gem. § 9 Abs. 5 und 6 ermöglichen.

 

Punkt 8.2.2 der Mautordnung besagt, dass bei Ausgabe der GO-Box eine Basiskategorie entsprechend der vorhandenen Achsenanzahl des mautpflichtigen Kraftfahrzeuges eingestellt wird (die Basiskategorie stellt die Untergrenze für eine manuelle Umstellung durch den Nutzer dar). Der Kraftzeuglenker hat vor jedem Fahrtantritt die Kategorie entsprechend Punkt 8.2.4.2 zu überprüfen.

 

Nach Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung hat sich der Nutzer vor dem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes über die Funktionstüchtigkeit der GO-Box durch einmaliges Drücken (kürzer als zwei Sekunden) der Bedientaste zu vergewissern (Statusabfrage). Diese Überprüfungspflicht umfasst jedenfalls auch die korrekte Deklarierung und Einstellung der Kategorie gemäß Punkt 8.2.2.

 

Gemäß Punkt 7.1 der Mautordnung besteht für ordnungsgemäß zum Mautsystem und mit einem zugelassenen Fahrzeuggerät ausgestattete Kraftfahrzeuge die Möglichkeit der Nachzahlung der Maut im Falle einer Nicht- oder Teilentrichtung der geschuldeten Maut, die auf ein technisches Gebrechen des zugelassenen Fahrzeuggerätes oder des Mautsystems, auf einen zu niedrigen Pre-Pay-Kontostand, ein gesperrtes Zahlungsmittel oder die Verwendung einer falschen (zu niedrigen) Kategorie zurückzuführen ist; dies jedoch ausnahmslos nur wenn alle in der Mautordnung näher definierten Bedingungen erfüllt werden.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG werden Übertretung gem. Abs. 1 und Abs. 2 straflos, wenn der Mautschuldner nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 bis 5 der Aufforderung zur Zahlung der in der Mautordnung festgesetzten Ersatzmaut entspricht.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 zu keiner Betretung, so ist die A- und S-F-Aktiengesellschaft ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 1 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung beruht, im Falle einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 2 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen vier Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 4).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs. 6).

 

6.2. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass der Bw eine Mautstrecke ohne ordnungsgemäße Mautentrichtung (nämlich mit falsch eingestellter Achsenzahl bei der GO-Box) benützt und er somit das Tatbild des   § 20 Abs. 2 BStMG verwirklicht hat. Unstrittig ist ferner, dass gem. § 19 Abs. 4 BStMG die Zahlung einer Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht entsprochen wurde. Die Verwirklichung des gegenständlichen Delikts durch den Bw ist nunmehr unbestritten. Die Berufung wurde in der öffentlichen mündlichen Verhandlung auf die Strafhöhe eingeschränkt.  

 

Dem Bw ist deshalb vorzuwerfen, dass er seinen Pflichten als Fahrzeuglenker nicht nachgekommen ist, da er vor Befahren einer mautpflichtigen Strecke die geänderte Achsenzahl nicht korrekt umgestellt hat bzw. er seiner Verpflichtung zur Überprüfung der eingestellten Kategorie bei der GO-Box iSd Punktes 8.2.2 der Mautordnung vor Beginn jeder Fahrt nicht nachgekommen ist.  

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Im Zweifel ist zugunsten des Bw von Fahrlässigkeit auszugehen, nämlich in dem Sinne, dass er übersehen hat, die eingestellte Achsenzahl vor jedem Befahren einer Mautstrecke zu überprüfen bzw. korrekt umzustellen.

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass ohnehin die gesetzliche Mindestgeldstrafe verhängt wurde, weshalb die konkreten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw unerheblich sind. Die gesetzliche Mindeststrafe ist aus dem bloßen Grund einer womöglich schlechten finanziellen Situation des Bw nicht unterschreitbar. Dass diese finanzielle Situation durch weitere einschlägige Verwaltungsstrafverfahren mitbedingt ist, kann sich für den Bw nicht im Sinne eines Arguments für die Unterschreitung der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe auswirken. Im Hinblick jedoch darauf, dass zur Unbescholtenheit zur Tatzeit und dem Tatsachengeständnis als weiterer Milderungsgrund die wenigstens teilweise Mautentrichtung tritt (ein Umstand, der auch nach der Mautordnung die Höhe der Ersatzmaut beeinflusst und der regelmäßig zum Aufgriff der Täter führt), erscheint es vertretbar unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechts (§ 20 VStG) die Strafe auf die Hälfte herabzusetzen. Die Tat bleibt aber nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des   § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Der Unrechtsgehalt einer Fehleinstellung der Achsenzahl ist als deliktstypisch einzustufen. Die Vorsorge für die korrekte Einstellung der GO-Box stellt im gegebenen Zusammenhang die zentrale Lenkerpflicht dar.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  Reichenberger

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum