Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163969/16/Kof/Jo

Linz, 24.08.2009

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 3. Kammer  (Vorsitzender: Dr. Johann Fragner;  Berichter: Mag. Josef Kofler; Beisitzer: Mag. Gottfried Zöbl)  über die Berufung des Herrn R M, geb. , W, L, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. M L, L, L gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 03.02.2009, S-1125/08-1, wegen Übertretung des § 5 Abs.2 StVO, nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 14.07.2009,  zu  Recht  erkannt:

 

 

Die Berufung wird betreffend den Schuldspruch als unbegründet abgewiesen.

Betreffend die Strafe wird der Berufung insofern stattgegeben,
als die Geldstrafe auf 1.500 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 18 Tage herab- bzw. festgesetzt wird.

Der Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz ermäßigt sich auf 10 % der neu bemessenen Geldstrafe (= 150 Euro).

Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keinen Verfahrenskostenbeitrag zu zahlen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 16, 19 und 24 VStG

§§ 64 und 65 VStG

 

Der Berufungswerber hat somit insgesamt zu entrichten:

-         Geldstrafe ...................................................................... 1.500 Euro

-         Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz .................................. 150 Euro

                                                                                                       1.650 Euro

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt ................................................ 18 Tage.

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) das in der Präambel zitierte Straferkenntnis – auszugsweise – wie folgt erlassen:

 

"Sie haben sich am 23.12.2007 um 05:05 Uhr in Linz, Dinghoferstraße 35-37 (Tankstelle Turmöl) geweigert, sich der Untersuchung der Atemluft (Alkomat)
auf Alkoholgehalt zu unterziehen, obwohl Sie von einem besonders geschulten und hiezu von der Behörde ermächtigten Organ der Straßenaufsicht dazu aufgefordert wurden, weil Sie verdächtig waren, den PKW, Kennzeichen PE-.....
am 23.12.2007 um 04:55 Uhr in Linz, Prinz-Eugen-Straße/Goethestraße und Dinghoferstraße in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Alkoholisierungssymptome: starker Alkoholgeruch aus dem Mund, gerötete Augenbindehäute) gelenkt zu haben.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt: § 5 Abs.2 StVO

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe in Euro          falls diese uneinbringlich ist,                Gemäß §

                                    Ersatzfreiheitsstrafe von

€ 2.200,--                   26 Tage                                   99 Abs.1 lit.b StVO

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG zu zahlen:

220,-- Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 € angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 2.420,-- Euro."

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 17.02.2009 erhoben und – im Ergebnis – vorgebracht, er sei

-         überhaupt nie in Verdacht gestanden, das Fahrzeug gelenkt zu haben  und

-         nicht zu einem Alkotest aufgefordert worden.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige 3. Kammer (§ 51c VStG) erwogen:

 

Entscheidungswesentlich ist im gegenständlichen Fall einzig und allein, ob im Zeitpunkt der Amtshandlung  iSd § 5 Abs.2 StVO

-         beim Bw der Verdacht des Lenkens bestanden hat,

-         beim Bw Alkoholisierungssymptome vorgelegen sind und

-         der Bw zur Vornahme des Alkotests aufgefordert wurde.

 

Am 14.07.2009 wurde beim UVS eine öffentliche mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt, an welcher der Bw, dessen Rechtsvertreter und die Zeugen,
Frau BI A. K.,  Herr BI M. H.  sowie  Herr O. R. F.  teilgenommen haben.

 

Zeugenaussage der Frau BI A. K.:

 

Die Zeugin wurde an die Wahrheitspflicht erinnert.

 

Am 23. Dezember 2007, kurz vor 5.00 Uhr früh war ich mit dem Zivilfahrzeug und in ziviler Kleidung gemeinsam mit meinem Kollegen BI M. H. auf der Goethestraße unterwegs.

Kollege H. war Lenker, ich war Beifahrerin in diesem Zivilfahrzeug.

Wir waren Richtung stadteinwärts Richtung Goethekreuzung unterwegs.

Vor uns fuhr ein kleinerer PKW, glaublich ein Daihatsu, Farbe türkis.

Uns fiel sofort die unsichere Fahrweise auf.

Insbesondere wäre er beinahe rechts an die parkenden Fahrzeuge angefahren. Es ging hier nur um Millimeter. Aufgrund der Fahrweise hatten wir den Verdacht, es handle sich um einen alkoholisierten Lenker.

Wir haben sofort Unterstützung durch eine uniformierte Polizeistreife angefordert. Das Fahrzeug war vollbesetzt mit 5 Personen.

Dies war mit ein Grund, dass wir die Unterstützung angefordert haben, da eine Kontrolle eines vollbesetzten Fahrzeuges nicht von zwei Polizisten alleine durchgeführt werden soll.

Dieser vor uns fahrende PKW ist rechts in die Dinghoferstraße in Richtung Donaulände eingebogen, ebenfalls in einer weiteren sehr unsicheren Fahrweise. Dieser PKW ist zur Tankstelle Turmöl zugefahren und wurde zwischen den Zapfsäulen abgestellt.  Der Beifahrer stieg aus, ging hinten um das Fahrzeug und stieg bei der Fahrerseite ein.

Ich habe 100 %-ig gesehen, dass der Beifahrer ausgestiegen und bei der Fahrerseite eingestiegen ist.  Andere Fahrzeugtüren wurden nicht geöffnet.

Auf der hinteren Sitzbank saßen drei Personen sehr eng beieinander, da es sich um ein kleines Fahrzeug handelt. Die Unterstützung durch die angeforderte uniformierte Polizeistreife war noch nicht da.

Da wir annehmen konnten bzw. mussten, der nunmehrige Lenker würde weiterfahren, haben wir uns entschlossen sofort die Amtshandlung vorzunehmen und nicht auf das Eintreffen der uniformierten Polizeistreife zu warten.

Wir sind mit unserem PKW vor diesen besagten PKW gefahren um ihn am Wegfahren zu hindern, ich habe mich auf den nunmehrigen Beifahrer konzentriert, da für uns klar war, der nunmehrige Beifahrer war der vorangegangene Lenker des PKW.

Ich ging zur Beifahrertüre und habe mit der dort sitzenden Person die Lenker- und Fahrzeugkontrolle durchgeführt.  Ich zeigte ihm die Dienstkokarde.

Ich forderte ihn auf, den Führerschein sowie den Zulassungsschein vorzuweisen. Da die betreffende Person gerötete Augenbindehäute hatte und aus dem PKW Alkoholgeruch festzustellen war, habe ich diese Person zum Alkotest aufgefordert. Er gab zu Antwort, er sei nicht gefahren und würde daher diesen Test nicht machen. Anschließend ist er aus dem PKW ausgestiegen.
Beim weiteren Gespräch habe ich bei dieser Person deutlichen Alkoholgeruch wahrgenommen. Ausgewiesen hat sich diese Person mit einer Karte mit Lichtbild, glaublich mit einer Asylkarte. Ich habe die Daten, Namen, Geburtsdatum notiert. Ich habe ihn anschließend noch mehrmals zum Alkotest aufgefordert, dies wurde jedoch von ihm verweigert. Wenn ich den Berufungswerber heute sehe bin ich mir eindeutig sicher, dass er jene Person war, welche bei der Amtshandlung auf dem Beifahrersitz gesessen hat und auf welchen sich meine Amtshandlung (Aufforderung den Führerschein und den Zulassungsschein vorzuweisen sowie Aufforderung zum Alkotest) bezogen hat. Die gesamte Amtshandlung habe ich mich nur auf die betreffende Person konzentriert.

 

Über Befragen des Rechtsanwaltes des Berufungswerbers gebe ich an, dass ich die Daten des nunmehrigen Berufungswerbers in einem Notizheft aufgeschrieben habe. Die Zeugin hat dieses Notizheft mitgebracht.

Die entsprechende Aufzeichnung wurde sowohl vom Rechtsanwalt des Berufungswerbers als auch von den Mitgliedern der Kammer eingesehen.

 

Über Befragen des Rechtsanwaltes des Berufungswerbers gebe ich an, dass das vor uns fahrende Fahrzeug zwischen den beiden Zapfsäulenreihen am Ende abgestellt wurde.

Ich habe dezidiert gesehen, wie dieses Fahrzeug abgestellt wurde.

Unser Zivilstreifenfahrzeug war in diesem Zeitpunkt (Zeitpunkt des Abstellens des vor uns fahrenden Fahrzeuges) geschätzt ca. 1,5 Fahrzeuglängen entfernt.

 

Als das vordere Fahrzeug abgestellt wurde waren wir geschätzt ca. 3 bis 4 Fahrzeuglängen von diesem entfernt. Beim Abstellen unseres Zivilstreifenfahrzeuges war dieses geschätzt ca. 1,5 Fahrzeuglängen vom vorderen Fahrzeug entfernt. Auf der hinteren Sitzreihe saßen drei Personen eng aneinander, einer von diesen war meiner Erinnerung nach ca. 1,95 m groß.

Ich habe nicht gesehen, dass der bisherige Lenker auf den Beifahrersitz gewechselt hat.

 

Über Befragen des Rechtsvertreters des Berufungswerbers gebe ich nochmals an, dass ich Herrn R. M. eindeutig als jene Person identifiziert habe,
mit welcher ich die Amtshandlung durchgeführt habe.

 

Zeugenaussage des Herrn BI M. H.:

 

Der Zeuge wird an die Wahrheitspflicht erinnert.

 

Am 23.12.2007 kurz vor 05.00 Uhr früh fuhren wir (meine Kollegin K. und ich; ich war der Lenker) mit dem Zivilstreifenfahrzeug in der Prinz Eugen Straße.

Dort fiel uns ein Fahrzeug auf, welches Schlangenlinie fuhr, wir vermuteten dass der Lenker entweder krank oder alkoholbeeinträchtigt sei. Dieses Fahrzeug wäre mehrmals beinahe rechts an parkende Fahrzeuge angefahren.

Dieses Fahrzeug ist in die Dinghoferstraße abgebogen und fuhr anschließend auf die Tankstelle "Turmöl".

Wir sind diesem Fahrzeug gefolgt und ebenfalls zur Tankstelle gefahren.

Dort habe ich beobachtet, dass der Beifahrer ausgestiegen ist, um das Fahrzeug hinten herum gegangen und auf der Fahrerseite eingestiegen ist.

Ich vermutete, er würde wegfahren. Dies wollte ich verhindern und so habe ich das Zivilstreifenfahrzeug vor diesem Fahrzeug abgestellt.

Meine Kollegin und ich sind aus dem Zivilstreifenfahrzeug ausgestiegen.

In weiterer Folge ist auch der Beifahrer von jenem Fahrzeug, welchem wir gefolgt und welches dort abgestellt wurde, ausgestiegen.

Beim Beifahrer handelt es sich eindeutig um den Berufungswerber, Herrn R. M.  Ich bin mir da absolut sicher.

Bei der Amtshandlung habe ich mich hauptsächlich auf die anderen 4 Personen konzentriert. Auf der Dinghoferstraße sind wir in einem Abstand von ca. 40 bis 50 m hinter diesem Fahrzeug nachgefahren, dieser Abstand verringerte sich unmittelbar vor dem Einbiegen zur Tankstelle. Wir haben jedenfalls das vor uns fahrende Fahrzeug kein einziges Mal aus den Augen verloren.

Nach dem Abstellen habe ich mich zuerst auf jene Person konzentriert, welche auf der Beifahrerseite ausgestiegen ist, hinten um das Fahrzeug herumgegangen ist und bei der Fahrertür wieder eingestiegen ist.

Für mich war klar, dass nur jene Person mit dem PKW gefahren sein kann, welche sich nunmehr auf dem Beifahrersitz befindet.

 

Meiner Ansicht nach waren alle 5 Fahrzeuginsassen stark alkoholisiert.

Ich persönlich habe keine Personenkontrollen durchgeführt.

Dies wurde von meiner Kollegin sowie den später eintreffenden uniformierten Polizisten durchgeführt.

Ob ich mich gegenüber den zu beamtshandelnden Personen ausgewiesen habe oder nicht, kann ich heute nicht mehr angeben.

 

 

 

Zeugenaussage des Herrn O. R. F.:

Der Zeuge wird auf die Wahrheitspflicht aufmerksam gemacht.

 

Am 23.12.2007 waren wir in einem afrikanischen Lokal.

Anschließend sind wir (insgesamt 5 Personen) mit dem Auto weggefahren.

Ich saß hinten, wo genau weiß ich nicht mehr.

Wo Herr R. M. gesessen hat, weiß ich heute nicht mehr.

Bei der Tankstelle Turmöl – Adresse kenne ich nicht – sind wir alle ausgestiegen. Erst bei der Turmöl-Tankstelle habe ich bemerkt, dass uns ein anderes Fahrzeug nachgefahren ist.  Dieser PKW gehört einem guten Freund von mir.

Ich fahre öfter mit diesem PKW.

An diesem Tag bin ich nicht gefahren, da ich zuvor getrunken hatte.

Ich hatte den Autoschlüssel, diesen habe ich im afrikanischen Lokal Herrn B. F. gegeben.

Mit diesem PKW ist dann Herr B. F. gefahren, da dieser im afrikanischen Lokal nichts getrunken hat.

B. F. hat einen österreichischen Führerschein.

 

Stellungnahme des Bw:

Ich wurde von der Polizistin, von der Zeugin BI A. K., nicht zum Alkotest aufgefordert.

Die Frau BI A. K. hat meines Wissens niemanden zum Alkotest aufgefordert.

 

Stellungnahme des Rechtsanwaltes des Bw:

Ergänzend zu den Berufungsausführungen wird insbesondere darauf hingewiesen, dass ein wie von beiden Polizeibeamten geschilderter "verdeckter Fahrerwechsel" zu einem Zeitpunkt, wo sich die Polizeibeamten nicht als solche zu erkennen gaben, vollkommen sinnlos gewesen wäre.

Dies lässt sich mit der allgemeinen Lebenserfahrung nicht in Einklang bringen. Der Bw hat erklärt, dass aufgrund der Fahrweise des Lenkers B. F. das Anhalten des Fahrzeuges auf dem Gelände der Tankstelle erforderlich und geplant war.

Der Lenker B. F. ist zweimal bei rot über die Kreuzung gefahren und auch nicht zur Straßenbahn – wie dies der Berufungswerber wollte – sondern er ist rechts in die Dinghoferstraße eingebogen.

Daraufhin wurde er aufgefordert stehen zu bleiben zwecks Fahrerwechsel.

Er fuhr zur Tankstelle und stellte das Fahrzeug ab.

Der "verdeckte Wechsel" macht keinen Sinn!

 

Auf die Durchführung einer Verkündungstagsatzung wird ausdrücklich verzichtet.

Ich bin ausdrücklich damit einverstanden, dass die Entscheidung schriftlich ergeht.

 

Alle Tatsachen, auf die eine behördliche Entscheidung gestützt werden soll, bedürfen eines Beweises. Die Behörde hat also somit alle beweisbedürftigen Tatsachen von sich aus zum Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens zu machen.

Dabei muss der volle Beweis erbracht werden.

Dies bedeutet, dass sich die Behörde Gewissheit vom Vorliegen der für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente (zB eines tatsächlichen Vorgangs) verschaffen – somit also davon überzeugen – muss.

 

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist für die Annahme einer Tatsache
als erwiesen keine "absolute Sicherheit" bzw. "kein Nachweis im naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn" erforderlich, sondern es genügt, wenn eine Möglichkeit gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.

 

Die Behörde hat

-         nach der Aufnahme von Beweisen zu prüfen, ob ihr diese die erforderliche Überzeugung vom Vorliegen oder Nichtvorliegen des maßgeblichen Sachverhalts vermitteln (= Beweiswürdigung)

-         unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht und

-         den Wert der aufgenommenen Beweise nach deren innerem Wahrheitsgehalt zu beurteilen;

Hengstschläger-Leeb, AVG-Kommentar, RZ 2 und RZ 8 zu § 45 AVG (Seite 460  und 463f) mit zahlreichen Literatur- und Judikaturhinweisen.

 

Wesentlich ist, ob

-         der Sachverhalt genügend erhoben wurde  und

-         die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen;

VwGH vom 26.06.2009, 2008/02/0044.

 

Zur Verwirklichung des Tatbestandes nach § 5 Abs.2 Z1 StVO reicht schon
der Verdacht aus, der Betreffende habe das Kraftfahrzeug in alkoholisiertem Zustand gelenkt;  VwGH vom 26.06.2009, 2009/02/0158; vom 12.10.2007, 2007/02/0286; vom 20.04.2007, 2007/02/0096 alle mit Vorjudikatur  uva.

 

 

 

Der Verdacht muss sich demnach einerseits auf die Alkoholisierung und andererseits auf das Lenken eines Fahrzeuges in alkoholisiertem Zustand beziehen;  VwGH vom 20.03.2009, 2008/02/0035.

 

Der bloße "Verdacht", dass der Aufgeforderte ein Fahrzeug in alkoholisiertem Zustand gelenkt hat, reicht aus. Bestand im Zeitpunkt der Aufforderung der begründete Verdacht des Lenkens eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand, so ist/war der Betreffende verpflichtet, sich einer entsprechenden Untersuchung nach § 5 Abs.2 StVO zu unterziehen;

VwGH vom 11.08.2006, 2006/02/0159 mit Vorjudikatur.

 

Der Verdacht des Lenkens iSd § 5 Abs.2 StVO kann zB auch dann zutreffen, wenn

-         der Betreffende auf dem Beifahrersitz des KFZ angetroffen wurde;

      VwGH vom 28.06.2002, 2002/02/0048

-         der Betreffende neben dem KFZ gestanden ist und über Befragen der einschreitenden Polizei- (dort: Gendarmerie-) Beamten gesagt habe, er sei nur als Beifahrer mitgefahren und wissen nicht wie der Fahrer heiße und wo er wohne; VwGH vom 13.05.2005, 2005/02/0094.

 

Es ist sogar möglich, dass mehrere Personen in einem Verdacht des Lenkens
ein- und desselben KFZ stehen können;  VwGH vom 16.11.2007, 2007/02/0250.

 

Zur Stellungnahme des Rechtsanwaltes des Bw bei der mVh (Niederschrift,
Seite 7)

dass ein wie von beiden Polizeibeamten geschilderter "verdeckter Fahrerwechsel" zu einem Zeitpunkt, wo sich die Polizeibeamten nicht als solche zu erkennen gaben, vollkommen sinnlos gewesen wäre und sich dies mit der allgemeinen Lebenserfahrung nicht in Einklang bringen lasse,  

ist auszuführen:

Der Lenker ist nach Aussagen der Polizeibeamten "Schlangenlinie" gefahren und beinahe mehrfach an parkende PKW angefahren bzw. gemäß der Stellungnahme des Rechtsvertreters des Bw zweimal bei Rot über die Kreuzung gefahren.

Von einem Lenker, welcher eine derartige Fahrweise an den Tag legt, kann nicht ernsthaft behauptet bzw. erwartet werden, dass dieser – iSd Ausführungen des Herrn Rechtsanwaltes – beim Fahrerwechsel zwangsläufig "sinnvoll" handeln müsse!

 

Den zur Wahrnehmung der Vorgänge des öffentlichen Straßenverkehrs, insbesondere zur Überwachung der zur Einhaltung der verkehrspolizeilichen Vorschriften bestellten und geschulten Polizeibeamten muss zugebilligt werden,

dass diese

-         ua. einfache Verkehrsvorgänge richtig beobachten und das Beobachtete richtig wiedergeben können;

siehe die in Walter – Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I, 2. Auflage,
E 113 zu § 45 AVG (Seite 660f)   und   Hengstschläger – Leeb, aaO,
Rz 17 zu § 45 AVG (Seite 468) zitierten zahlreichen Judikaturhinweise.

-         mit Sicherheit verlässliche Angaben darüber machen zu können, wer auf dem Beifahrersitz eines KFZ gesessen hat, insbesondere dann, wenn sich die Amtshandlung auf diese Person bezogen hat;

          VwGH vom 15.03.1989, 88/03/0138 mit Vorjudikatur.

 

Ein Vorgang tatsächlicher Art ist dann als bewiesen anzusehen, wenn die Behörde aufgrund einer aus den zur Verfügung stehenden Beweismitteln
(hier: Zeugenaussagen) nach allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen und den Gesetzen logischen Denkens gezogenen Schlussfolgerung zur Überzeugung gelangt, dass er sich so abgespielt hat;

VwGH vom 26.05.1993, 90/13/0155; vom 06.12.1990, 90/16/0031.

 

Die beiden amtshandelnden Polizeibeamten haben bei der mVh einen sehr glaubwürdigen und kompetenten Eindruck hinterlassen, den Ablauf der Nachfahrt sowie der Amtshandlung auf der Tankstelle ausführlich und detailliert geschildert und im Übrigen in keiner Weise bei der Einvernahme den Anschein erweckt,
den Bw in irgendeiner Art und Weise ungerechtfertigt belasten zu wollen;

vgl. VwGH vom 23.01.2009, 2008/02/0247.

 

Die beiden Polizeibeamten haben dargelegt, dass auf der Tankstelle jene Person, welche sich ursprünglich auf dem Beifahrersitz befunden hat, ausgestiegen ist, hinten um das Fahrzeug herumgegangen und an der Fahrerseite wieder eingestiegen ist.

Somit bestand iSd § 5 Abs.2 StVO der Verdacht, dass jene Person, welche sich danach auf dem Beifahrersitz befunden hat, zuvor den PKW gelenkt hat.

 

Die beiden amtshandelnden Polizeibeamten haben bei der mVh – ausführlich, überzeugend und völlig glaubwürdig – ausgesagt, dass es sich bei jener Person,

-         welche dann auf dem Beifahrersitz gesessen ist  und

-         auf welche sich die gesamte Amtshandlung betreffend § 5 StVO bezog

um den Bw gehandelt hat.

 

Obendrein hat der Bw – siehe die Zeugenaussage der Frau BI A.K. – sich mit seiner Asylkarte ausgewiesen.  Dass es sich bei jener Person, welche sich mit der Asylkarte des Bw ausgewiesen hat, um einen anderen Fahrzeuginsassen gehandelt hat, behauptet der Bw selbst nicht.

 

Der Wechsel vom Fahrersitz auf den Beifahrersitz eines PKW, ohne aus dem Fahrzeug auszusteigen, ist idR für jeden Menschen ohne nennenswerte Schwierigkeiten möglich;

vgl. den Bescheid des UVS OÖ vom 01.02.2007, VwSen-161881/10;

dort: Wechsel vom Fahrersitz auf den Rücksitz eines PKW, ohne aus dem PKW auszusteigen.  –  Die gegen dieses Bescheid eingebrachte Beschwerde wurde vom VwGH mit Erk. vom 20.04.2007, 2007/02/0085 als unbegründet abgewiesen.

 

Frau BI. A. K. hat – siehe deren Zeugenaussage bei der mVh

-         beim Bw Alkoholisierungssymptome (gerötete Augenbindehäute; starker Alkoholgeruch) festgestellt – VwGH vom 24.10.2008, 2008/02/0187 uva. und

-         den Bw zur Vornahme des Alkotests aufgefordert;

dieser wurde vom Bw verweigert.

 

Der UVS kommt nach erfolgter Beweiswürdigung zum Ergebnis, dass den übereinstimmenden Aussagen der beiden Polizeibeamten Glauben geschenkt wird
(vgl. VwGH vom 25.04.2008, 2007/02/0264)   und   dass der Bw

-         jene Person war, auf welche sich die Amtshandlung bezogen hat,

-         Alkoholisierungssymptome aufgewiesen hat,

-         zur Vornahme des Alkotests aufgefordert wurde und

-         den Alkotest verweigert hat.

 

Betreffend den Schuldspruch war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen.

 

Aufgrund des Erfordernisses einer entsprechenden Beratung in der zuständigen Kammer ist die in § 51h Abs.4 VStG enthaltene öffentliche Verkündung des Bescheides unterblieben;   Hengstschläger-Leeb, aaO, RZ 13 zu § 67g AVG
(Seite 1124) mit Judikaturhinweisen.

Obendrein hat der – durch einen Rechtsanwalt vertretene – Bw auf eine mündliche Verkündung der Entscheidung verzichtet;

VwGH vom 20.04.2004, 2003/02/0270 mit Vorjudikatur.

 

Zur Strafbemessung ist auszuführen:

Gemäß § 19 Abs.1 und 2 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen.

Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.

Die §§ 32 bis 35 StGB sind sinngemäß anzuwenden.

 

Gemäß dem im erstinstanzlichen Verfahrensakt enthaltenen Auszug aus der Verwaltungsstrafevidenz (Auszug vom 09.01.2008) sind beim Bw mittlerweile nur noch zwei Verwaltungsübertretungen nach § 5 StVO vorgemerkt, welche mit Ablauf des 08.10.2009 sowie 26.11.2009 getilgt sind.

 

Der Bw weist somit zwar zwei einschlägige Vorstrafen auf, diese sind jedoch
in ca. 3 Monaten getilgt.

Anders ausgedrückt:  In ca. 3 Monaten wäre der Bw unbescholten!

 

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse betragen gemäß dessen Ausführungen in der Berufung:

Einkommen ca. 290 Euro/Monat (= Grundversorgung und Mietzuschuss);

kein Vermögen; keine Sorgepflichten.

 

Unter Berücksichtigung des Strafrahmens nach § 99 Abs.1 StVO

(Geldstrafe: 1162 bis 5813 Euro; Ersatzfreiheitsstrafe: zwei bis sechs Wochen)
ist es daher gerechtfertigt und vertretbar, die Geldstrafe auf 1.500 Euro und
die Ersatzfreiheitsstrafe auf 18 Tage herab- bzw. festzusetzen.

 

Gemäß § 64 Abs.2 VStG beträgt der Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz 10 % der neu bemessenen Geldstrafe (= 150 Euro).

Gemäß § 65 VStG ist für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat kein Verfahrenskostenbeitrag zu entrichten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

 

 

Beschlagwortung:

§ 5 Abs.2 StVO – Verdacht des Lenkens;

 

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