Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522331/5/Kof/Jo

Linz, 18.08.2009

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn J N, geb. , L, M, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. F S, B, W gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 25.06.2009, VerkR21-400-2009 wegen Entziehung der Lenkberechtigung ua, nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 17.08.2009 einschließlich Verkündung des Erkenntnisses,
zu Recht erkannt:

 

I.

Der Berufung wird insofern stattgegeben, als

-         die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung

-         die Aberkennung des Rechts, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen  und

-         das Verbot des Lenkens eines Motorfahrrades und eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges

bis einschließlich 15. Dezember 2009 herab- bzw. festgesetzt wird.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und 25 Abs.3  iVm  §§ 7 Abs.1 Z2, 7 Abs.3 Z11 und
    7 Abs.4 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 31/2008

§ 30 Abs.1 FSG

§ 32 Abs.1 Z1 FSG

§ 64 Abs.2 AVG

 

II.

Betreffend die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens ist der erstinstanzliche Bescheid – durch Zurückziehung
der Berufung – in Rechtskraft erwachsen.

 

 

III.

Betreffend die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme wird der Berufung stattgegeben und der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben.

 

Rechtsgrundlage:  § 17 FSG-GV

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem/den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG

-         die Lenkberechtigung für die Klasse B wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf die Dauer von 12 Monaten – vom 24.04.2009 bis einschließlich 24.04.2010 – entzogen

-         für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen

-         für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Lenken eines Motorfahrrades und eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges verboten

-         verpflichtet, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 FSG beizubringen und

-         verpflichtet, eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen.

 

Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 15.07.2009 erhoben.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:

 

Der Bw wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Wels vom 08.05.2009, 15 Hv 59/09h ua wegen dem Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs.1 5. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten – davon zwei Monate unbedingt und zehn Monate bedingt unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren – verurteilt.

 

Grund für diese Verurteilung war, dass der Bw im Zeitraum Anfang 2005 bis zumindest Mitte März 2009 in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge insgesamt mehr als 1,5 kg Cannabis, mindestens 70 g Amphetamin und mindestens 80 Ecstasy-Tabletten an näher bezeichnete Personen verkauft hat.

 

Der UVS als Behörde II. Instanz in Angelegenheiten der Entziehung                                 der Lenkberechtigung ist an dieses rechtskräftige Gerichtsurteil gebunden;

VwGH v. 6.4.2006, 2005/11/0214;  v. 6.7.2004, 2002/11/0163; v. 20.2.2001, 98/11/0317;  vom 14.11.1995, 95/11/0215;  vom 27.6.1995, 95/11/0004;

vgl. auch vom 24.1.2008, 2007/03/0247 mit Vorjudikatur   sowie  

OGH – verstärkter Senat vom 17.10.1995, 1 Ob 612/95.

 

Am 17.08.2009 wurde beim UVS eine öffentliche mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt, an welcher der Rechtsvertreter des Bw teilgenommen und folgende Stellungnahme abgegeben hat:

"Betreffend die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens wird die Berufung zurückgezogen.

Im Übrigen wird die Berufung aufrecht erhalten."           

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrs-zuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. Wurden begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs.3 leg.cit. angeordnet, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

 

 

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z11 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 leg.cit. zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gemäß § 28 – nunmehr: § 28a – SMG begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind,  kein wie immer geartetes Beweisthema;

Erkenntnisse v. 30.5.2001, 2001/11/0081; vom 23.4.2002, 2000/11/0182;

vom 11.4.2002, 99/11/0328; vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur;

vom 25.2.2003, 2003/11/0017; vom 4.10.2000, 2000/11/0176.

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern;

VfGH v. 14.3.2003, G203/02; v. 11.10.2003, B1031/02; v. 26.2.1999, B 544/97

VwGH vom 18.3.2003, 2002/11/0062; vom 22.11.2002, 2001/11/0108;

vom 23.4.2002, 2000/11/0184; vom 22.2.2000, 99/11/0341 mit Vorjudikatur vom 6.4.2006, 2005/11/0214.

 

Die jahrzehntelange Rechtssprechung des VwGH, wonach Haftzeiten in die Entziehungsdauer nicht einzurechnen sind, ist mittlerweile überholt.

In den letzten Jahren hat der VwGH wiederholt im Ergebnis ausgesprochen,

dass Haftzeiten in die Entziehungsdauer miteinzubeziehen sind;

Erkenntnisse vom 29.4.2003, 2002/11/0161; vom 21.2.2006, 2003/11/0025;

vom 21.2.2006, 2004/11/0129; vom 21.11.2006, 2005/11/0168;

vom 21.3.2006, 2005/11/0196;  vom 18.12.2006, 2006/11/0076.

 

Die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit ist ab Tathandlung bzw. Beendigung des strafbaren Verhaltens zu bemessen;

VwGH vom 17.10.2006, 2006/11/0120; vom 21.3.2006, 2005/11/0196;

vom 22.2.2007, 2005/11/0190; vom 21.11.2006, 2005/11/0168; vom 21.3.2006, 2005/11/0153; vom 27.3.2007, 2005/11/0115; vom 18.12.2007, 2007/11/0194.

 

 

 

 

Verbrechen nach dem Suchtmittelgesetz sind wegen der damit verbundenen Gefahr für die Gesundheit von Menschen verwerflich.

Im vorliegenden Fall ist – zu Gunsten des Bw – zu berücksichtigen, dass sich die vom Bw begangenen Delikte nach dem Suchtmittelgesetz hauptsächlich auf Cannabiskraut bezogen haben, welches – insbesondere was die Eignung, Gewöhnung hervorzurufen – zu den weniger gefährlichen Suchtmitteln gehört.

Dies hat letztlich Einfluss auf die Verwerflichkeit der Straftat und damit auf die Entziehungsdauer;

VwGH vom 06.07.2004, 2002/11/0163 mit Vorjudikatur.

 

Zu Gunsten des Bw ist – siehe das Gerichtsurteil – zu werten:

-         das Geständnis

-         die bisherige Unbescholtenheit

-         dass ein Großteil der Strafe bedingt nachgesehen wurde.

 

Zum Nachteil des Bw ist der lange Tatbegehungszeitraum (ca. 4 Jahre) zu werten.

 

Insgesamt gesehen kommt der UVS zum Ergebnis, dass beim Bw die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit 9 Monate, beginnend mit Beendigung des strafbaren Verhaltens (= Mitte März 2009), beträgt.  –  Das Ende der Entziehungsdauer wird daher mit Ablauf des 15. Dezember 2009 festgesetzt.

 

Gemäß § 30 Abs.1 FSG kann Besitzern von allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigungen das Recht aberkannt werden, von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, wenn Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen;  VwGH vom 17.3.2005, 2005/11/0057.

 

Dem Bw war daher für die Dauer der – nunmehr neu festgesetzten – Entziehung der Lenkberechtigung das Recht abzuerkennen, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen.

 

Gemäß § 32 Abs.1 Z1 FSG ist Personen, welche nicht iSd § 7 leg.cit verkehrs-zuverlässig sind, ein Motorfahrrad und ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug zu lenken, das Lenken eines derartigen KFZ ausdrücklich zu verbieten.

 

Dem Bw war daher für die Dauer der – nunmehr neu festgesetzten – Entziehung der Lenkberechtigung das Lenken eines Motorfahrrades und eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten.

 

 

Die Behörde kann iSd § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung immer dann ausschließen, wenn die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen wird; 

siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, E24 zu § 64 AVG                     (Seite 1222f) zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen.

 

Die im erstinstanzlichen Bescheid enthaltene Verpflichtung: 

" ..... ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 FSG ..... beizubringen"   

ist durch die – bei der mVh erfolgte – Zurückziehung der Berufung in Rechtskraft erwachsen.

 

Die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme ist gemäß
§ 24 Abs.3 FSG sowie § 17 Abs.1 FSG-GV erforderlich:

-         Lenken eines KFZ in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand; Alkoholisierungsgrad: 0,8 mg/l oder mehr  bzw.  1,6 ‰ oder mehr

-         Lenken eines KFZ; Verweigerung des Alkotests oder der Blutabnahme

-         dreimalige Entziehung der Lenkberechtigung innerhalb eines Zeitraumes von 5 Jahren.

 

Alle diese Fälle treffen beim Bw nicht einmal ansatzweise zu.

 

Betreffend die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme war somit der Berufung stattzugeben und der erstinstanzliche Bescheid aufzuheben.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

 

 

Mag. Josef Kofler

 

 

 

  

 

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