Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164213/4/Bi/Se

Linz, 20.08.2009

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn M P, F, vertreten durch Herrn RA Dr. H P, I, vom 6. Mai 2009 gegen Punkt 2) des Straferkenntnisses des Bezirkshaupt­mannes von Grieskirchen vom 20. April 2009, VerkR96-9980-2008, wegen Übertretung des KFG 1967, zu Recht erkannt:

 

     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen einzustellen.   

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 2.Alt. und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten ua im Punkt 2) wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 45 Abs.4 2.Satz iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 150 Euro (30 Stunden EFS) verhängt, weil er als Besitzer des Probefahrtkennzeichens IL-20GU dieses Probefahrtkenn­zeichen Herrn S S T überlassen habe, obwohl es sich um keine Probefahrt gehandelt habe. Das genannte Kennzeichen sei auf einem Fahr­zeug der Marke Mercedes Benz 1324, FahrgestellNr.WDB6792371K275702, mon­tiert und das Fahrzeug von der genannten Person am 9.8.2998 um bzw vor 10.15 Uhr im Gemeindegebiet Kematen am Innbach auf der A8 bis auf Höhe des Strkm 24.950 in Fahrtrichtung Wels verwendet worden, obwohl Probefahrtkenn­zeichen nur bei Probefahrten im Sinne des § 45 Abs.1 KFG verwendet werden dürf­ten. Das Fahrzeug sei samt Ladung von der Schweiz nach Bulgarien über­stellt worden.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 15 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z1 und 3 VStG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Erstinstanz habe die Ansicht vertreten, die Überstellungsfahrt des Fahrzeuges Mercedes Benz von der Schweiz nach Bulgarien könne nicht als Überführung im Rahmen des Geschäftsbetriebes des Bw beurteilt werden, weil solche Überstellungen nur vom Inhaber der Probe­fahrtbewilligung oder seinem Dienstnehmer durchgeführt werden dürften – das  sei nicht vorgelegen. Schließlich meine die Erstinstanz, es habe sich auch nicht um eine Überführungsfahrt gemäß § 45 Abs.1 Z2 KFG gehandelt, weil der Kauf­ver­trag lediglich über seine Vermittlung zustandegekommen und er weder Käufer noch Verkäufer gewesen sei. 

Die Verwendung der österreichischen Probefahrtkennzeichen bei der Überstellung von der Schweiz nach Bulgarien sei vor dem Hintergrund eines Erlasses des BMVIT rechtmäßig, zumal laut diesem die Liste jener Länder, in denen das Lenken von Fahrzeugen mit österreichischen Probefahrtkennzeichen erlaubt sei, um Bulgarien und Rumänien ergänzt worden sei.

Probefahrten seien auch Fahrten zur Überführung des Fahrzeuges durch den Käufer bei Abholung des Fahrzeuges vom Verkäufer. Das ggst Fahrzeug sei vom Inhaber/Eigentümer von der Verkäuferin in der Schweiz abgeholt und nach Bulgarien überstellt worden. Richtig sei, dass lediglich der Kaufvertrag über seine Vermittlung zustandegekommen sei, daher er weder als Käufer noch als Verkäu­fer sondern nur als Vermittler aufgetreten sei; jedoch habe eine Überstellungs­fahrt nach § 45 Abs.1 Z2 KFG vorgelegen. Zum Grad seines Verschuldens ver­weise er darauf, dass seitens der BH Innsbruck 2008 ein gegen ihn anhängig gewesenes Verwaltungsstrafverfahren mit identem Sachverhalt aufgrund der eingeholten Rechtsmeinung des BMVIT eingestellt worden sei. Im Vertrauen darauf habe er nach dieser Rechtsansicht gehandelt, daher könne ihm kein Vor­wurf gemacht und nicht einmal von geringfügigem Verschulden ausgegangen werden. Beantragt wird Verfahrenseinstellung, zumindest Anwendung des § 21 VStG.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der genannte Lkw am 9.8.2008, 10.15 Uhr, bei km 24.950 der A8 angehalten wurde, wobei sich herausstellte, dass der Lkw, der  auch einen Hubstapler ohne jede Sicherung geladen hatte, aus der Schweiz kommend nach Bulgarien überstellt werden sollte. Die am Fahrzeug montierten Probefahrtkennzeichen waren auf den Bw in F registriert. Anhand der der Anzeige beiliegenden Unterlagen konnte verifiziert werden, dass Verkäufer des Fahrzeuges die S T GmbH in CH-Regensdorf war und Käufer die L & Partner O in B-P. Der Bw hat bereits im Einspruch gegen die Strafver­fügung den oben angeführten Erlass des BMVIT eingewendet.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 45 Abs.1 KFG 1967 in der zum Übertretungszeitpunkt 9.8.2008 gelten­den Fassung BGBl.I Nr.80/2002 dürfen Probefahrten mit nicht zum Verkehr zu­ge­­­lassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern oder Fahrgestellen solcher Fahr­zeuge dürfen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur mit Bewilligung der Behörde durch­geführt werden, in deren örtlichem Wirkungsbereich der Ort liegt, von dem aus der Antragsteller hauptsächlich über die Verwendung der Probe­fahrtkenn­zeichen verfügt. Probefahrten sind Fahrten zur Feststellung der Ge­brauchs­fähig­keit oder der Leistungsfähigkeit von Fahrzeugen oder ihrer Teile oder Ausrüs­tungs­­gegenstände oder Fahrten, um Fahrzeuge vorzuführen. Als Probe­­fahrten gel­ten ua auch

1. Fahrten zur Überführung eines Fahrzeuges an einen anderen Ort im Rahmen des Geschäftsbetriebes,

2. Fahrten zur Über­führung des Fahrzeu­ges durch den Käufer bei der Abholung des Fahrzeuges vom Verkäufer.

Mit Erlass des BMVIT vom 25.3.2008, GZ.MBVIT-179.492/0001-II/ST4/2008, wur­de die Liste der Länder, in denen das Lenken von Fahrzeugen mit österreichi­schen Probefahrtkennzeichen erlaubt ist, um die Länder Bulgarien und Rumänien ergänzt.

 

Zum Argument im Sinne des § 45 Abs.1 Z1 KFG ist zu sagen, dass nach Auf­fassung des Unabhängigen Verwaltungssenates die ggst Fahrt nicht im Rahmen des Geschäftsbetriebes des Bw erfolgt ist. Wenn er den Kauf des Fahr­zeuges nur vermittelt hat, ist er weder in den Kaufvertrag involviert noch steht sein Geschäfts­betrieb mit der Abwicklung des Kaufs oder der Überführung des gekauf­ten Fahr­zeuges in irgendeinem Zusammenhang. Dass in Bulgarien öster­reichische Probe­fahrt­kennzeichen (als Zulassung, aber nicht darauf bezogen, dass die Verwendung im konkreten Fall den österreichischen Bestimmungen entspricht) anerkannt werden, hat mit diesem zwischen dem schweizer und dem bulgarischen Unternehmer abgeschlossenen Kaufvertrag nichts zu tun, weil der Bw als Vermittler lediglich die beiden Interessenten, ev. gegen Provision, zusammen­geführt hat, aber selbst nicht Vertragspartner in irgend einer Form ist. Ausgehend von seinen eigen­en Berufungsausführungen ist der Bw am Vertrag in keiner Form beteiligt und schuldet daher auch keine Mitwirkung an der Abwicklung oder Überführung des Fahr­zeuges nach Bulgarien. Dass der Lenker des Fahrzeuges in irgendeiner Form diesem zuzurechnender "Erfüllungs­gehilfe" des Bw gewesen wäre, wurde nicht einmal behauptet.

§ 45 Abs.1 Z2 KFG meint in diesem Zusammenhang nicht irgendeinen Verkäufer und irgendeinen Käufer, sondern der Inhaber einer österreichischen Bewilligung muss als Vertragspartner auftreten.

 

Damit hat der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand ohne jeden Zweifel erfüllt. Zur Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG hat der Bw darauf verwiesen, in einem "vollkommen identen" Fall sei ein Verwal­tungs­­straf­­verfahren von der BH Innsbruck eingestellt und ihm bestätigt worden, dass kein Verwaltungsstraftatbestand vorliege und sein Verhalten recht­mäßig gewesen sei; er habe sich darauf verlassen, dass er auch hier nicht gegen ein Gesetz verstoße.

Seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates wurden bei der BH Innsbruck dies­bezüglich Erkundigungen eingezogen. Diese haben ergeben, dass das gegen den Bw wegen missbräuchlicher Überlassung des ihm zugewiesen Probefahrt­kenn­zeichens – der Bw überließ dieses am 23. Mai 2008 einem bulgarischen Len­ker zur Überstellung eines Kraftfahrzeuges aus Tirol nach Bulgarien, wobei das Fahrzeug auf einem Anhänger, der vom Kraftfahrzeug mit dem Probefahrt­kenn­zeichen gezogen wurde, befördert wurde und auch hier der Bw weder Käufer noch Verkäufer des Kraftfahrzeuges war – anhängige Verwaltungsstrafverfahren VK-22141-2008 eingestellt wurde, weil die Behörde (allerdings ohne konkrete Beweismittel, wie eingeräumt wurde) davon ausgegangen war, dass die Über­führung im Rahmen des Geschäftsbetriebes des Bw stattgefunden hatte. Die ein­ge­holten Erlässe des BMVIT betrafen nicht den konkreten Fall sondern waren all­gemeiner Natur.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Ver­schulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahr­lässig­keit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwal­tungs­­übertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungs­vor­schrift kein Verschulden trifft.

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist dem Bw als Inhaber einer Kfz-Werkstätte nicht zuzumuten, die von der BH Innsbruck angestellten Überlegungen für die Einstellung des damaligen Verwaltungsstrafverfahrens rechtlich nachzu­voll­ziehen, zumal ihm hier nicht durch Nichteinholen von Erkun­di­gungen ver­schul­dete Unwissenheit anzulasten ist, sondern er auf die Rechts­richtig­keit der Vorgangs­weise der do Behörde vertraute. Dass die Rechtsansicht des Unabhän­gigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich im hier konkret zu beurteil­enden Fall eine andere ist, war für ihn nicht grundsätzlich vorauszusehen. Damit ist ihm die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG – bezogen auf diesen Fall aber sicher nicht für die Zukunft – gelungen und war daher gemäß § 45 Abs.1 Z1 2.Alt. VStG ohne Vor­schreibung von Verfahrens­kos­ten­beiträgen spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt (Steuerberater oder Wirtschafts­prüfer) einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

 

Beschlagwortung:

Missbrauch einer Probefahrbezeichnung – v. Wohnsitzgemeinde im gleichen Fall Verwaltungsstrafverfahren eingestellt -> Vertrauen auf Rechtswidrigkeit der behördlichen Entscheidung = mangelndes Verschulden iSd § 5 Abs.1 VStG -> Einstellung

 

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