Linz, 24.08.2009
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn A K, geb. , R, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. S, Mag. M u. Mag.a. S, F, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems vom 16.7.2009, Zl.
Der Berufung wird Folge gegeben; der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.
Rechtsgrundlagen:
§§ 66 Abs.4, 67a AVG, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008; §§ 24 Abs.4 iVm 8 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 31/2008.
Entscheidungsgründe:
1. Dem Berufungswerber wurde mit dem o.a. Bescheid aufgetragen, sich binnen zwei Monaten, gerechnet ab dem Datum der Zustellung dieses Bescheides, amtsärztlich untersuchen zu lassen und die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen.
1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz folgendes aus:
2. Dem tritt die Rechtsvertreterschaft des Berufungswerbers in der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung mit folgenden Ausführungen entgegen:
3. Der Verfahrensakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hat demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 Z2 AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte mangels gesonderten Antrages u. unstrittiger Faktenlage unterbleiben (§ 67d Abs.2 Z1 AVG).
Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsakt. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt.
3.1. Vorweg ist hier festzustellen, dass sich die Anordnung ausschließlich auf administrative und nicht auf medizinisch indizierte Fakten stützt. Amtsärztlich (seitens Dr. I P) wurde die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen B u. F am 4.3.2008 auf die Dauer von 5 Jahren festgestellt. Als Risikoprofil wurde Hypertonie, Übergewicht u. zweier Entwöhnungsbehandlungen (gemeint offenbar betr. Alkohol) festgestellt.
Es ist demnach die von der Behörde erster Instanz angenommenen "massiven Bedenken" hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung auch für die Klasse A u. EzB, hinsichtlich der offenbar auch die tschechische Behörde keine Bedenken hegte, sachlich nicht nachvollziehbar.
Vor dieser Faktenlage vermag ein sachlicher Anhaltpunkt für eine gesonderte Untersuchung der gesundheitlichen Eignung iSd Führerscheingesetzes anzuordnen nicht erblickt werden. Es deutet nichts darauf hin, dass sich etwa der ohnedies zu einer Befristung Anlass gebende Gesundheitszustand des Berufungswerbers so nachteilig verändert hätte, dass nunmehr für zwei Klassen der Gruppe 1 die Eignung zwischenzeitig in Frage gestellt werden müsste. Die Behörde erster Instanz vermeint etwa auf Seite 3, erster Absatz der Bescheidbegründung, es sei "in analoger Anwendung des § 30 Abs.3 FSG" die amtsärztliche Untersuchung vorzuschreiben, da gerade im Hinblick auf die Klassen A und EzB massive Bedenken an der gesundheitlichen Eignung des Berufungswerbers bestehen würden, zumal diese Klassen in Tschechien ohne Auflage erteilt worden seien."
Die Vorgehensweise der tschechischen Behörde würde jedoch wohl eher für die Unbedenklichkeit der Eignung sprechen.
Jedem Menschen und auch dem Berufungswerber wird wohl zugemutet werden können etwa abzuschätzen, ob er sich dem Anforderungsprofil einer Motorradfahrt noch gewachsen fühlt oder nicht. Das Ziehen eines anderen als leichten Anhängers mit einem Pkw lässt auch nicht wirklich ein anderes gesundheitsspezifisches Anforderungsprofil als es zum bloßen Lenken eines Personenkraftwagens bereits amtsärztlich bis 2013 attestiert ist erkennen.
4. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
§ 3. (1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinn des § 8 FSG gesundheitlich geeignet gilt, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften
1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,
...
Kraftfahrzeuglenker müssen die für ihre Gruppe erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen gemäß den nachfolgenden Bestimmungen erfüllen. Um die gesundheitliche Eignung nachzuweisen, ist der Behörde ein ärztliches Gutachten gemäß § 8 Abs. 1 oder 2 FSG vorzulegen.
...
(3) Ergibt sich aus der Vorgeschichte oder anlässlich der Untersuchung der Verdacht auf das Vorliegen eines Zustandes, der die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen einschränken oder ausschließen würde, so ist gegebenenfalls die Vorlage allfälliger fachärztlicher oder verkehrspsychologischer Stellungnahmen zu verlangen. Diese Stellungnahmen sind bei der Gesamtbeurteilung zu berücksichtigen und im Gutachten in geeigneter Weise zu bewerten, wobei die zusätzlichen Risiken und Gefahren, die mit den Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 verbunden sind, besonders zu berücksichtigen sind.
Zutreffend weist der Berufungswerber auch darauf hin, dass ihm die Lenkberechtigung nicht entzogen war. Sohin erweist sich, wie in der Berufung zutreffend dargelegt, ein Bezug zu § 30 Abs.3 FSG als unzutreffend.
4.1. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sind für einen Aufforderungsbescheid nach § 24 Abs.4 FSG jedenfalls begründete Bedenken in der Richtung notwendig, dass der Inhaber der Lenkerberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt. Es müssen hiefür zwar nicht Umstände vorliegen, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Überprüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen (vgl. hiezu VwGH vom 25.5.2005, GZ. 2004/11/0016 und andere). Hiefür spricht auch der klare Wortlaut des § 24 Abs.4 1. Satz FSG, dessen Inhalt besagt, dass zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind. Diese Formulierung setzt jedenfalls ein aktuelles Ereignis voraus, das begründete Bedenken hinsichtlich des Wegfalls der – im Zweifel jedenfalls vorliegenden – gesundheitlichen Voraussetzungen bei der Behörde hervorruft.
Im Gegensatz dazu liegen hier lediglich verfahrensrechtliche Aspekte vor die offenkundig für eine weitere amtsärztliche Untersuchung ins Treffen geführt werden. Diese sind jedoch weder medizinisch noch aus einem Fahrerverhalten heraus indiziert ableitbar. Dagegen spricht alleine schon das für die Gruppe 1 vorliegendes (positives) Gutachten der für die Behörde erster Instanz tätigen Amtsärztin vom März 2008, welches, wie die Behörde erster Instanz in ihrer Begründung selbst feststellt, die gesundheitliche Eignung vorläufig bis 7.3.2013 erwarten lässt. Eine vorbeugende oder präventive amtsärztliche Untersuchung ist aus dieser Bestimmung des FSG fremd.
4.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Aufforderungsbescheid nach § 24 Abs. 4 FSG nur dann zulässig, wenn begründete Bedenken in der Richtung bestehen, dass der Inhaber der Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt. Hierbei geht es zwar noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen (siehe dazu unter anderem VwGH 10.11.1998, Zl. 98/11/0120, VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0248 und VwGH 18.3.2003, Zl. 2002/11/0230).
Hier enthält der angefochtne Bescheid nicht nur keine ausreichenden, sondern überhaupt keine sachlich ableitbare Begründung über eine seit dem positiven amtsärztlichen Eignungsgutachten aus dem Jahr 2008 eingetretene Veränderung! Die Behörde führt vielmehr nur Umstände über die dem Berufungswerber von Tschechien erteilten Lenkberechtigung durch angebliche Vorlage eines in Österreich als gestohlen gemeldeten Führerscheins ins Treffen. Weder der § 24 Abs.4 noch der § 30 Abs.3 FSG bildet jedoch gegen allenfalls in diesem Zusammenhang unterlaufenen Rechtswidrigkeit eine geeignete Grundlage.
Die Notwendigkeit begründeter Bedenken und deren Inhalte – auf medizinische Fakten gestützt - lassen sich auch der nachfolgenden Judikatur ableiten (VwGH 13.12.2005, 2005/11/0191, sowie auch zu § 75 Abs.1 KFG 1967 z.B. VwGH 20.9.2001, 99/11/0279 mit Hinweis auf VwGH 3.7.1990, Zl. 89/11/0224 sowie VwGH 17.3.2005, 2004/11/0014).
Der angefochtene Bescheid war demnach ersatzlos zu beheben.
Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
H i n w e i s:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r