Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-400847/15/Ste/Wb

Linz, 31.08.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Präsident Mag. Dr. Wolfgang Steiner über die Be­schwerde des K A, vertreten durch Mag. Dr. B R, Rechtsanwalt, in S, wegen Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck, zu Recht erkannt:

         Der Beschwerde wird, soweit sie die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft vom 5. Oktober 2006 bis 18. Oktober 2006 betrifft, stattgegeben und es wird festgestellt, dass die Anhaltung in diesem Umfang rechtswidrig war.

Rechtsgrundlagen:

§ 82 Abs. 1 und § 83 Abs. 1, 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 29/2009) iVm. § 67c Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 17. März 2009, 2006/21/0301 und 2007/21/0063 (dem Unabhängigen Verwaltungssenat zugestellt am 9. April 2009), den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats (UVS) des Landes Oberösterreich vom 23. Oktober 2006, VwSen-400847/4, mit dem über die Beschwerde wegen Anhaltung in Schubhaft abgesprochen wurde, „im Umfang seiner Anfechtung (Abweisung der Schubhaftbeschwerde sowie Ausspruch über den Aufwandersatz)“ wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof an, dass der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. Juni 2007, B 1330, 1331/06, festgehalten hat, dass § 80 Abs. 5 FPG dahingehend zu verstehen ist, dass die über einen Asylwerber verhängte Schubhaft nur aufrecht erhalten werden darf, wenn weiterhin ein in § 76 Abs. 2 Z 1 bis 4 FPG geregelter Tatbestand erfüllt ist.

Ab Zulassung des Asylverfahrens und der damit verbundenen Einstellung des zuvor eingeleitenden Ausweisungsverfahrens war dies hier aber nicht mehr der Fall. § 80 Abs. 5 FPG stellt für sich genommen keine ausreichende Rechtsgrundlage dar, um die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft zu begründen (vgl. zur Unzulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft im Falle der Zulassung des Asylverfahrens auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 20. Dezember 2007, Zl. 2007/21/0261).

Vor Zulassung des Asylverfahrens konnte allerdings § 76 Abs. 2 Z 2 FPG grundsätzlich infolge des vom Bundesasylamt eingeleiteten und zu dieser Zeit auch noch anhängigen Ausweisungsverfahrens eine taugliche Grundlage für die Anhaltung in Schubhaft sein.

2. Unter Zugrundelegung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs hat der Unabhängige Verwaltungssenat in der Sache erwogen:

2.1. Gemäß § 82 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 in der Stammfassung BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.     wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.     wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.     wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

Gemäß § 83 Abs. 1 FPG ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der Unabhängige Verwaltungssenat nach § 83 Abs. 4 FPG jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

Der Beschwerdeführer ist Fremder, wurde in Oberösterreich festgenommen und wurde vom 3. Mai 2006 bis 18. Oktober 2006 in Schubhaft angehalten. Am 18. Oktober 2006 wurde der Bf aus der Schubhaft entlassen.

Seine Beschwerde war rechtzeitig und umfasste die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anhaltung vom 5. Oktober 2006 bis zum 18. Oktober 2006 sowie „zumindest“ seit 20. Oktober 2006.

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist nach § 63 Abs. 1 VwGG bei Erlassung des Ersatzbescheids an die Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofs gebunden, die er in seinem Erkenntnis vom 17. März 2009, 2006/21/0301 und 2007/21/0063, auf dessen Begründung im Übrigen zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, zum Ausdruck gebracht hat. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsanschauung war der vorliegenden Beschwerde insoweit stattzugeben, als die Anhaltung in Schubhaft vom 5. Oktober 2006 bis 18. Oktober 2006 für rechtswidrig zu erklären war.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

3. Zu den Kosten ist zu bemerken, dass der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 17. März 2009 den Bescheid des UVS vom 23. Oktober 2006 (bloß) „im Umfang seiner Anfechtung (Abweisung der Schubhaftbeschwerde sowie Ausspruch über den Aufwandersatz)“ wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufhob.

Nicht vom aufhebenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes erfasst ist somit der Teil des Bescheids des UVS vom 23. Oktober 2006, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers – der UVS möge aussprechen, dass seine Anhaltung in Schubhaft zumindest seit 20. Oktober 2006 rechtswidrig war – als unzulässig zurückgewiesen worden war. Einem neuerlichen Abspruch über diesen Beschwerdepunkt nach § 83 Abs. 4 FPG steht daher der Grundsatz „ne bis in idem“ entgegen, zumal der Bescheid des UVS vom 23. Oktober 2006 insoweit unbekämpft in Rechtskraft erwachsen ist.

Im Anwendungsbereich des § 79a AVG kommt eine analoge Anwendung des § 50 VwGG – der für das verwaltungsgerichtliche Verfahren festlegt, dass in Fällen, in denen ein Bescheid vom Verwaltungsgerichtshof teilweise aufgehoben wurde, die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz (§ 47) so zu beurteilen ist, wie wenn der Bescheid zur Gänze aufgehoben worden wäre – nicht in Betracht. In diesem Sinne führte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 5. September 2002, 2001/02/0209, aus, dass kein Kostenersatz stattfinde, weil die Beschwerde nur zum Teil zum Erfolg gelangt sei; eine analoge Anwendung des § 50 VwGG komme nicht in Betracht und § 79a Abs. 2 und 3 AVG sei nur bei gänzlichem Obsiegen anzuwenden.

Ein Kostenzuspruch hatte daher in keine Richtung stattzufinden, da kein gänzliches Obsiegen einer Partei vorliegt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Wolfgang Steiner

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum