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VwSen-100301/4/Weg/Ri

Linz, 30.04.1992

VwSen - 100301/4/Weg/Ri Linz, am 30. April 1992 DVR.0690392 U S, L; Straferkenntnis wegen Übertretung der StVO 1960 Berufung

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Kurt Wegschaider über die Berufung der U S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. R A, vom 30. Oktober 1991 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 9. Oktober 1991, St 6.767/91-G, zu Recht:

Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl.Nr. 51/1991, i.V.m. § 24, § 45 Abs.1, Z.1. § 51 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl.Nr. 52/1991.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über die Berufungswerberin wegen der Übertretung des § 58 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 2.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen verhängt, weil diese am 17. Juni 1991 um 16.55 Uhr in L, Kreuzung B(in Richtung zur S) - S, das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen gelenkt hat, obwohl sie sich nicht in einer solchen geistigen und körperlichen Verfassung befand, in der man ein Fahrzeug zu beherrschen und die beim Lenken eines Fahrzeuges zu beachtenden Rechtsvorschriften zu befolgen mag. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 200 S vorgeschrieben.

2. Diesem Straferkenntnis lag eine Anzeige der Verkehrsabteilung - Funkstreife vom 18. Juni 1991 zugrunde, wonach die Berufungswerberin in ihrem Auto auf dem angeführten Kreuzungsbereich bewußtlos sitzend aufgefunden wurde. Als Rechtfertigung brachte die Beschuldigte anläßlich der Vernehmung am 2. September 1991 vor, sie habe am 17. Juni 1991 in ihrem Betrieb Probleme gehabt und aus diesem Grund Beruhigungstropfen genommen. Sie dürfte jedoch zu viele Tropfen genommen haben und dürfte sich dieser Umstand sowie der Umstand, daß sie den ganzen Tag nichts gegessen habe, dahingehend ausgewirkt haben, daß ihr während der Fahrt schlecht wurde. Keinesfalls habe sie im Laufe des Tages Alkohol getrunken.

3. In der Berufung gegen das Straferkenntnis ist ergänzend sinngemäß ausgeführt, daß sie nach der Einnahme der Beruhigungstropfen weder vor Antritt der Fahrt noch beim Lenken Anzeichen einer Beeinträchtigung gespürt habe. Es sei ihr auch nicht bekannt gewesen, daß die eingenommenen Beruhigungstropfen Probleme dieser Art hervorrufen könnten. Ihr sei während der Fahrt ohne vorherige Ankündigung schlecht geworden, worauf sie den PKW sofort angehalten habe. Dann habe sie offensichtlich einen Kreislaufzusammenbruch erlitten.

4. Die Berufung erwies sich als rechtzeitig. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht, sodaß zur Sachentscheidung die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben ist, der - weil eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe ausgesprochen wurde - durch ein Einzelmitglied zu erkennen hat. Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unterbleiben (§ 51e Abs.1 VStG).

5. Auf Grund der Aktenlage, insbesondere auf Grund der eingeholten amtsärztlichen Stellungnahme vom 5. März 1992, ergibt sich nachstehender entscheidungsrelevante Sachverhalt:

Demnach ist die begründete Vermutung gegeben, daß die Berufungswerberin während des Lenkens einen epileptischen Anfall hatte. Ob die Beschwerden, die zur Einnahme von Beruhigungstropfen führten, schon als Vorzeichen eines derartigen Anfallgeschehens zu werten sind,läßt sich nach den vorliegenden Unterlagen nicht klären. Soweit der Amtsarzt.

Es kann also der Rechtfertigung der Berufungswerberin, daß sie nach der Einnahme der Beruhigungstropfen noch keine Beeinträchtigung gespürt habe und somit bei Antritt der Fahrt noch in einer körperlichen und geistigen Verfassung gewesen ist, die ein sicheres Beherrschen des Fahrzeuges nicht ausschließt, nicht entgegengetreten werden.

Es wird sohin als erwiesen angenommen, daß sich die Berufungswerberin bei Antritt der Fahrt in einer solchen körperlichen und geistigen Verfassung befunden hat, in der sie ein Fahrzeug zu beherrschen in der Lage war. 6. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 58 Abs.1 StVO 1960 darf ein Fahrzeug nur lenken, wer sich in einer solchen körperlichen und geistigen Verfassung befindet, in der er ein Fahrzeug zu beherrschen und die beim Lenken eines Fahrzeuges zu beachtenden Rechtsvorschriften zu befolgen vermag.

Tritt eine die Beherrschung eines Fahrzeuges ausschließende körperliche und geistige Verfassung erst nach Antritt der Fahrt auf, so hat der Betroffene die Fahrt sofort zu unterbrechen. Diesem Gebot ist die Beschuldigte nach Erkennen ihrer schlechten Situation auch nachgekommen, da der Motor des PKW's nicht mehr lief. Weitere Maßnahmen konnte sie wegen der eintretenden Bewußtlosigkeit nicht setzen.

Der Nachweis, daß ihr - durch welche Umstände auch immer der bevorstehende Anfall schon vor Antritt der Fahrt bekannt gewesen sein könnte oder zumindest zu ahnen gewesen wäre, konnte nicht mit einer für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit erbracht werden, sodaß ihr auch nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, daß sie sich zum Zeitpunkt des Antrittes der Fahrt in einer nicht entsprechenden körperlichen und geistigen Verfassung befunden hat bzw. diese während der Fahrt auftretende Verfassung erahnen hätte können.

Gemäß § 45 Abs.1 Z.1 VStG ist von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und das Verfahren einzustellen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

Da ein Beweis für das der Berufungswerberin zum Vorwurf gemachte und gegen § 58 Abs.1 StVO 1960 verstoßende Verhalten nicht mit Sicherheit erbracht werden konnte, war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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