Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530926/6/Wim/Ps

Linz, 31.08.2009

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung der V GmbH, vertreten durch H Rechtsanwälte GmbH, A, W, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt L vom 3. April 2009, Zl. 501/GW99025z.z.a, betreffend Abweisung eines Antrags auf Wiederverleihung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Ableitung der betrieblichen Abwässer aus der K im W L der V L GmbH zur Regionalkläranlage A, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid wegen Unzuständigkeit ersatzlos behoben.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG 1991 iVm § 39 des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000 – UVP-G 2000

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Berufungswerberin auf Wiederverleihung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Ableitung der betrieblichen Abwässer aus der K im W L zur Regionalkläranlage A vom Bürgermeister der L als Gewerbebehörde erster Instanz in mittelbarer Bundesverwaltung gemäß §§ 12a, 21 Abs.3, 32b, 105 und 106 Wasserrechtsgesetz 1959 – WRG 1959 abgewiesen.

 

Als Begründung dafür wurde angeführt, dass es der V GmbH nicht gelänge, bei der Einleitung in die gemäß § 32 WRG 1959 genehmigte Kläranlage die nach dem Stand der Technik geforderten Ablaufwerte einzuhalten.

 

Hinsichtlich der Zuständigkeit für diese Entscheidung wurde angeführt, dass es sich dabei um eine Ableitung aus dem Altbestand der K handle, die vom Verfahren "L6" nach dem UVP-G 2000 nicht umfasst sei, da in diesem Verfahren die Errichtung einer neuen K genehmigt worden sei.

 

 

2. Dagegen hat die Berufungswerberin rechtzeitig Berufung erhoben und darin zusammengefasst im Wesentlichen vorgebracht, dass eine Unzuständigkeit der Gewerbebehörde vorliege, als aufgrund des bereits durchgeführten UVP-Feststellungsverfahrens und Grundsatzgenehmigungsverfahrens der Bereich der Kokerei mitbetroffen gewesen sei und somit gemäß § 39 UVP-G 2000 es zu einem gesamten Zuständigkeitsübergang betreffend alle Verfahren an die Oö. Landesregierung als UVP-Behörde gekommen sei.

Überdies wurden auch Ausführungen zum bestehenden Anspruch auf Wiederverleihung gemäß § 31 Abs.3 WRG 1959 im Einzelnen getätigt.

 

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den umfassenden erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie Einholung einer Stellungnahme der UVP-Behörde zur Frage der Zuständigkeit.

 

Mit Schreiben vom 18. August 2009 wurde dazu vom Amt der Oö. Landesregierung, Direktion Umwelt und Wasserwirtschaft, Abteilung Anlagen-, Umwelt- und Wasserrecht, unter Zl. UR-2008-25978/121-Re/Rs, Stellung genommen.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Die V GmbH betreibt im Standort L eine Eisen- und Stahlproduktion, die auch den Betrieb einer K mitumfasst. Hinsichtlich der Ableitung der betrieblichen Abwässer aus dieser bestehenden Anlage wurde rechtzeitig mit Antrag vom 29. Juni 2006 um Wiederverleihung der wasserrechtlichen Bewilligung angesucht.

Im Zuge einer geplanten Kapazitätserweiterung des Eisen- und Stahlwerks wurde mit UVP-Feststellungsbescheid vom 5. Oktober 2006, Zl. UR-2006-1432/23, festgestellt, dass für das Vorhaben mit der Bezeichnung "L6" eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Bereits in diesem Ansuchen war hinsichtlich der K vorgesehen die Errichtung einer K neu und auch die Stilllegung der K Bestand.

Schließlich wurde von der V GmbH um Genehmigung nach dem UVP-G 2000 angesucht und wurde auch wiederum die K zum Antragsgegenstand gemacht, wobei hier um eine Grundsatzgenehmigung nach dem UVP-G 2000 angesucht wurde.

 

Für den Bereich der K lautete der Antrag:

 

"Im Bereich der K sind folgende Projekte, die in Anlage 2 übersichtlich dargestellt sind, Antragsgegenstand:

 

L6 KO01 – K neu 2,0 Mio Jato

L6 KO02 – Adaptierung Kohlenwertstoffanlage

L6 KO03 – Stilllegung Kokerei Bestand

 

Folgende Anträge werden hiefür gestellt:

 

§               Antrag auf Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für die Änderung einer IPPC-Anlage gemäß § 81 a GewO im Umfang und Ausmaß der gemäß Anlage 2 dargestellten Maßnahmen und Kapazitäten.

 

§               Antrag auf Erteilung der Baubewilligung gemäß § 24, 28 Bauordnung im Umfang und Ausmaß der in Anlage 2 für die Projekte L6 KO01 und L6 KO02 dargestellten baulichen Maßnahmen; weiters um Erteilung der Abbruchbewilligung gemäß § 24, 28 Bauordnung für die im Umfang und Ausmaß der in Anlage 2 zu L6 KO03 dargestellten Abbruchmaßnahmen.

 

§               Antrag auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung gemäß § 32 und 32 b WRG für die Ableitung von Kühlwässern und Abwässern in die Donau bzw. das werksinterne Hafenbecken und zur Regionalkläranlage A aus den Projekten L6 KO01 und L6 KO02; weiters um Erteilung der Wiederverleihung gemäß § 32 und 32 b WRG für die Ableitung von Kühlwässern und Abwässern in die Donau bzw. das werkseigen Hafenbecken und zur Regionalkläranlage A aus dem Projekt L6 KO01 und L6 KO02 für den genehmigten Bestand jeweils unter Verweis auf Anlage 3 und den detaillierten Konsensantrag in Teil C der Einreichunterlagen."

 

Mit UVP-Genehmigungsbescheid vom 1. Oktober 2007, Zl. UR-2006-5242/442, wurde unter anderem auch für die Kokerei der V GmbH eine UVP-Grundsatzgenehmigung erteilt. Diese UVP-Genehmigung steht auch mit den bestehenden Anlagen der Kokerei in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang.

 

3.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie aus den Ausführungen der UVP-Behörde und den darin zitierten einschlägigen Bescheiden und Projektsunterlagen sowie auch aus den Ausführungen der Berufung einschließlich deren Beilagen, insbesondere den Sachverständigengutachten. Es wurde darin unter anderem auch klargelegt, dass die Kokereianlage mit der Stahlproduktion in einem unmittelbaren Zusammenhang steht und auch hier wechselseitige Beeinflussungen, zum Beispiel durch die Gichtgasverarbeitung, stattfinden.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 2 Abs.2 UVP-G 2000 ist unter Vorhaben die Errichtung einer Anlage oder ein sonstiger Eingriff in die Natur und Landschaft unter Einschluss sämtlicher damit in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehenden Maßnahmen zu sehen. Ein Vorhaben kann eine oder mehrere Anlagen oder Eingriffe umfassen, wenn diese in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehen.

 

Gemäß § 3 Abs.3 UVP-G 2000 sind, wenn ein Vorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen ist, die nach den bundes- oder landesrechtlichen Verwaltungsvorschriften, auch soweit sie im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zu vollziehen sind, für die Ausführung des Vorhabens erforderlichen materiellen Genehmigungsbestimmungen von der Behörde (§ 39) in einem konzentrierten Verfahren mit anzuwenden (konzentriertes Genehmigungsverfahren).

 

Gemäß § 3 Abs.7 UVP-G 2000 hat die Behörde auf Antrag des Projektwerbers/der Projektwerberin, einer mitwirkenden Behörde oder des Umweltanwaltes festzustellen, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs.1 bis 3 durch das Vorhaben verwirklicht wird. Diese Feststellung kann auch von Amts wegen erfolgen.

 

Gemäß § 3a Abs.7 UVP-G 2000 hat die Genehmigung einer Änderung auch das bereits genehmigte Vorhaben soweit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der in § 17 Abs.1 bis 5 angeführten Interessen erforderlich ist.

 

Gemäß § 39 Abs.1 UVP-G 2000 ist für Verfahren nach dem ersten und zweiten Abschnitt die Landesregierung zuständig. Die Zuständigkeit erstreckt sich auf alle Ermittlungen, Entscheidungen und Überwachungen nach den gemäß § 5 Abs.1 betroffenen Verwaltungsvorschriften und auf Änderungen gemäß § 18b. Sie umfasst auch die Vollziehung der Strafbestimmungen. Gemäß Abs.2 beginnt in Verfahren nach dem zweiten Abschnitt (UVP-Genehmigungen und Grundsatzgenehmigungsverfahren) die Zuständigkeit der Landesregierung mit der Rechtskraft einer Entscheidung gemäß § 3 Abs.7, dass für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist oder sonst mit dem Antrag auf ein Vorverfahren gemäß § 4 oder, wurde kein solcher Antrag gestellt, mit Antragstellung gemäß § 5. Ab diesem Zeitpunkt ist in den Angelegenheiten gemäß Abs.1 die Zuständigkeit der nach den Verwaltungsvorschriften sonst zuständigen Behörden auf die Mitwirkung an der Vollziehung dieses Bundesgesetzes eingeschränkt. Die Zuständigkeit der Landesregierung endet zudem im § 22 bezeichneten Zeitpunkt.

 

Gemäß § 22 Abs.1 UVP-G 2000 geht mit Rechtskraft des Abnahmebescheides die Zuständigkeit der Behörde auf die nach den Verwaltungsvorschriften zur Vollziehung der für die Genehmigungen nach den §§ 17 bis 18b relevanten Vorschriften zuständigen Behörde über, sofern nicht Abs.2 anzuwenden ist.

 

4.2. Für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist im Sinne des § 2 Abs.2 UVP-G 2000 sehr wohl auch die bestehende K vom UVP-Vorhaben L6 mitumfasst bzw. davon betroffen. Es wurde bereits im UVP-Bescheid vom 1. Oktober 2007 ausgeführt, dass sowohl die UVP auslösenden Anlagen der Roheisen- und Rohstahlerzeugung als auch sämtliche Maßnahmen, die im Hüttenschluss diesen Anlagen vorgelagert und nachgeschaltet sind, sowie die mit der Produktionssteigerung verbundenen Aggregate der Prozessgasverteilung und -verwertung und die Verarbeitung von Nebenprodukten umfasst sind. Es wurde das gesamte integrierte Hüttenwerk in 14 Anlagenverbunde aufgeteilt, um zum einen dem umfassenden Vorhabensbegriff des UVP-Regimes Rechnung zu tragen und zum anderen die Genehmigung der 67 Detailprojekte bis zu den Abnahmeprüfungen gemäß § 20 UVP-G 2000 entsprechend zu strukturieren.

 

Auch für den gegenständlichen Anlagenverbund Kokerei als Bestand des integrierten Hüttenwerkes ist mit den weiteren Produktionsbereichen bzw. Anlagenverbunden nicht nur der bekannte räumliche, sondern auch ein zwingender sachlicher Zusammenhang gegeben, weil ein Teil des in den Hochofenanlagen erzeugten Gichtgases als Heizmedium in den Koksofenanlagen eingesetzt wird. Hier kann auf die detaillierten Aussagen des der Berufung beigelegten Gutachtens des Dipl.-Ing. F verwiesen werden.

Auch ist die Auflösung bzw. die Stilllegung der Kokerei Bestand ebenfalls Teil des Ansuchens, sodass auch hier der entsprechende Zusammenhang sich schon eindeutig ergibt. In diesem Zusammenhang kann auf die Stellungnahme der UVP-Behörde vom 18. August 2009, Zl. UR-2008-2597/8/121-Re/Rs, verwiesen werden, die als Beilage diesem Bescheid angeschlossen ist und vollinhaltlich in die Begründung übernommen wird.

 

Für den Bereich der Kokerei wurde eine UVP-Grundsatzgenehmigung erteilt und es wurde eine Abnahmeprüfung noch nicht durchgeführt. Gemäß § 39 UVP-G 2000 kommt es zu einer Verdrängungswirkung, das heißt zu einer ausschließlichen Zuständigkeit der UVP-Behörde für das von der Genehmigung umfasste Vorhaben, die sämtliche Nebenentscheidungen und auch Strafverfahren umfasst. Grundsätzlich erscheint es dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich auch im Sinne des Gesetzes gelegen, dass bei derart komplexen Anlagen eine einzige Behörde für die rechtliche Behandlung und zwar im Sinne des umfassenden Vorhabensbegriffes des § 2 Abs.2 UVP-G 2000 zuständig ist. Auch hiezu kann im Detail auch noch auf die Ausführungen der UVP-Behörde in ihrer Stellungnahme verwiesen werden.

 

Es ergibt sich somit für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass auch für das gegenständliche Ansuchen um Wiederverleihung es zu einem Zuständigkeitsübergang gekommen ist und somit eine Zuständigkeit des Bürgermeisters der Landeshauptstadt L als Gewerbebehörde erster Instanz bis zum Zeitpunkt gemäß § 22 UVP-G 2000 nicht besteht, sondern diese der UVP-Behörde und somit der Oö. Landesregierung zukommt.

 

 

5. Für die Berufung sind Stempelgebühren in der Höhe von 245,20 Euro angefallen. Ein Zahlschein ist der Ausfertigung für die Berufungswerberin angeschlossen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Leopold Wimmer

 

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