Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-300834/15/WEI/Se

Linz, 26.08.2009

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des E K, R, vertreten durch Dr. M L, Rechtsanwalt in N, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Gmunden vom 20. Mai 2008, Zl. Pol 96-27-2008, wegen eine Verwaltungsübertretung nach dem § 5 Abs 1 Oö. Polizeistrafgesetz – Oö. PolStG (LGBl Nr. 36/1979 idF LGBl Nr. 94/1985, zuletzt geändert mit LGBl Nr. 77/2007) nach Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 14. Juli 2009 zu Recht erkannt:

 

I.                  Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.              Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 80 Euro zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG; § 64 Abs 1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Gmunden wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben als Halter der auf dem Arreal Ihrer Straußenzucht gehaltenen Strauße zu verantworten, dass diese am 30.01.2008, 15 Uhr, in R, in einer Weise beaufsichtigt bzw. verwahrt wurden, dass durch die Tiere dritte Personen gefährdet oder über das zumutbare Maß hinaus belästigt wurden, indem einer der von Ihnen gehaltenen Vögel aus dem umzäunten Gehege entweichen und bis in den Garten des Hr. J P, R, vordringen konnte. Hr. P fürchtete durch das aggressive Verhalten des Vogels sogar um seine Gesundheit und konnte sich nur durch Flucht in sein Haus vor dem Vogel in Sicherheit bringen."

 

Dadurch erachtete die belangte Behörde § 5 Abs 1 iVm § 10 Abs 2 lit b) Oö. PolStG als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe in Höhe von 400 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 80 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde dm Bw gemäß § 64 VStG der Betrag von 40 Euro (10 % der Geldstrafe) vorgeschrieben.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Händen seines Rechtsvertreters am 21. Mai 2008 zugestellt wurde, richtet sich die am 4. Juni 2008 um 18:16 Uhr außerhalb der Amtsstunden noch rechtzeitig per Telefax eingebrachte Berufung, mit der die Aufhebung des Straferkenntnisse und Einstellung des Strafverfahren angestrebt wird. Die Berufung lautet inhaltlich:

 

"Das Straferkenntnis wird zur Gänze angefochten.

 

Wie bereits in der Rechtfertigung ausgeführt, werden die Strauße des Beschuldigten ordnungsgemäß gehalten; die umzäunten Gehege sind entsprechend adaptiert. Zum Beweise hiefür wird die Verlesung der Strafakte des BG Gmunden zur Geschäftszahl 4U 242/05z, beantragt.

 

Beim gegenständlichen Vorfall wurden die Tiere des Beschuldigten von einem eindringenden Hund gejagt; in dieser Paniksituation ist ein Strauß ausgebrochen; es handelt sich diesbezüglich um ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis, sodass der Beschuldigte verwaltungsstrafrechtlich nicht belangt werden kann.

 

Beweis:         PV

 

Es wird auch festgehalten, dass die Strauße in keinster Weise aggressiv sind; das Vorbringen des Hr. J P ist demnach unrichtig.

 

Beweis:         zeugenschaftliche Einvernahme des Hr. J P

 

Aus all diesen Gründen wird beantragt,

 

die Unabhängige Verwaltungsbehörde möge seiner Berufung nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung Folge geben; das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 20.5.2008, Zl. Pol96-27/2008, möge aufgehoben und das Verfahren eingestellt werden.

 

N, 4.6.2008/                                           E K"

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat am 14. Juli 2009 eine gemeinsame öffentliche mündliche Berufungsverhandlung aus Anlass von drei vom Bw angefochtenen Straferkenntnissen der belangten Behörde (Schuldsprüche zu Zlen. Pol 96-27-2008, Pol 96-57-2008 und Pol 96-58-2008) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 5 Abs 1 Oö. PoStG durch mangelhafte Verwahrung von Straußenvögeln durchgeführt. Der zur Verhandlung nicht erschienene Bw wurde ordnungsgemäß zu Händen seines Rechtsvertreters geladen. Dieser nahm wegen einer Terminkollision an der Verhandlung nicht teil und entsendete auch keinen Substituten. Die Verhandlung fand daher in Abwesenheit des Bw und seines Rechtsvertreters statt.

 

Beweis wurde aufgenommen durch zeugenschaftliche Einvernahme des Herrn Mag. M S, Referent der belangten Behörde, und des Amtstierarztes Mag. R G über die amtliche Wahrnehmungen beim Lokalaugenschein am 17. April 2008 auf dem Anwesen des Bw. Der Zeuge J P berichtete über seine Begegnung mit einem Straußenvogel am Vorfallstag. Weiters wurde die Aktenlage erörtert und vor allem in die Fotos der Sammelbeilage 1 Einsicht genommen. Dabei handelt es sich um die vom Vertreter der belangten Behörde vorgelegte Fotobeilage in Farbe zum Aktenvermerk vom 17. April 2008 über den behördlichen Lokalaugenschein am Anwesen des Bw zur Überprüfung seiner Straußenhaltung.

 

3.2. Auf Grund der durchgeführten Berufungsverhandlung und der Aktenlage geht das erkennende Mitglied von folgendem S a c h v e r h a l t aus:

 

3.2.1. Am Nachmittag des 30. Jänner 2008 gegen 15:00 Uhr bemerkte J P beim Schneiden von Obstbäumen in seinem Garten einen frei herumlaufenden männlichen Straußenvogel, der sich von hinten näherte. Als sich J P umdrehte, hob der Strauß die Flügel, fauchte ihn an und kam immer näher. Der Zeuge, der nichts in der Hand hatte, fühlte sich derart bedroht, dass er in sein Haus flüchtete, wo er hinter einer leicht geöffneten Tür den Strauß beobachtete. Dieser beruhigte sich dann in der Folge und entfernte sich nach einigen Minuten wieder.

 

J P berichtete in der Berufungsverhandlung (Verhandlungsprotokoll, Seiten 7 f), dass ihm dieser aggressive Strauß mit auffälliger Schwellung im Brustbereich schon von einer früheren Begegnung bekannt war. Bei einem Spaziergang von M nach V hatte er eine Schneestange fassen können, um den Strauß, der ihn damals auf dem Weg nach Hause über eine Strecke von 400 bis 500 m begleitete, auf ca. 2 m Distanz halten zu können, um nicht in Reichweite der gefährlichen Beine zu kommen. Dieser Vogel sei dann seines Wissens anlässlich des späteren Vorfalls mit Herrn N und dessen Tochter erschossen worden.

 

Die Behauptung in der Berufung, dass die Strauße des Bw durch einen Hund gejagt worden wären, hielt der Zeuge für eine Erfindung. In der Nachbarschaft hätte es nur einen alten Schäferhund mit kaputter Hüfte gegeben, der nie einen Strauß hätte jagen können. Beim Spazierengehen konnte J P vielmehr wiederholt selbst feststellen, dass Zaunpfähle des Geheges des Bw schon morsch und teilweise umgefallen und Drähte locker waren, wodurch die Strauße leicht ausbrechen konnten.

 

3.2.2. Die amtlichen Zeugen Mag. S (Verhandlungsprotokoll, Seiten 3 f) und der Amtstierarzt Mag. G (Verhandlungsprotokoll, Seiten 5 ff) berichteten in der Berufungsverhandlung über ihren Lokalaugenschein vom 17. April 2008 zur Überprüfung der Straußenhaltung des Bw. Dabei fiel ihnen zunächst die mangelhafte Umzäunung des Geheges der Straußenfarm auf. In der Fotobeilage zum Aktenvermerk vom 17. April 2008 (vgl Sammelbeilage 1) befindet sich ein Foto, das zwei umgefallene Zaunpfähle der äußeren Umzäunung des Geheges und ein entsprechend großes Loch im Zaun im Ausmaß von zumindest 5 bis 6 m zeigt. Diese Stelle ist in einer leichten Senke, in einem Gefälle abwärts vom Wohngebäude und Stallgebäude, in einer Entfernung von vielleicht 200 m gelegen. Die Organe der belangten Behörde hielten dem beim Lokalaugenschein anwesende Bw vor, dass seine Straußenvögel durch das Loch im Zaun ungehindert entweichen können und forderten ihn zur umgehenden Reparatur auf. Beim anschließenden Gespräch mit dem Bw stellte sich dann heraus, dass der beschriebene Schaden an der Umzäunung des Geheges schon seit Ende November des Jahres 2007 bestanden haben musste. Der Bw hielt den Behördenorganen im Wesentlichen entgegen, dass sein Nachbar schon 2007 beim Gerstenanbau das Loch im Zaun verursacht hatte, indem er mit dem Traktor zwei Steher umfuhr. Der Nachbar wäre daher Schuld und der Bw sähe nicht ein, den Zaun auf seine Kosten zu reparieren. Der Bw wurde von den Zeugen auf seine Verantwortung hingewiesen und nachdrücklich zur Instandsetzung der Umzäunung des Geheges aufgefordert. Er zeigte sich aber uneinsichtig und äußert seinen Unmut.

 

Auf Fotos der Sammelbeilage 1 sind auch Zwischenzäune innerhalb des Geheges erkennbar, die sich in einem desolaten Zustand befinden. Wegen mehrerer umgefallener Zaunpfähle und abgerissener Drähte könne diese keine Abtrennung mehr bewirken. Über Vorhalt des schlechten Zustandes erklärte der Bw dem Amtstierarzt, dass angeblich "dem S seine Jagdhunde" ins Gehege gekommen wären und die Strauße gejagt hätten, wobei alles niedergetrampelt worden wäre. Den amtlichen Zeugen erschien diese Behauptung als reine Ausrede, auch wenn die Drähte des Gehegeaußenzaunes in einem Abstand gespannt sind, dass kleinere Hunde hindurchschlüpfen könnten (Zeuge Mag. S, VP, Seite 4). Der Zeuge Mag. G berichtete dazu, dass der Jäger S in der etwa drei Kilometer entfernten Ortschaft R wohnt und es unwahrscheinlich wäre, dass seine Jagdhunde frei herumliefen. Aus fachlicher Sicht erläuterte der Amtstierarzt, dass die Straußenhaltung auf einem einheitlichen Gehege ohne Abtrennungen durch Zwischenzäune zwecks Gruppenhaltung unweigerlich zum Problem von Rangkämpfen zwischen den Hähnen und damit zu Verletzungen der Tiere und zur Unruhe innerhalb der Herde führe. Normalerweise muss man die Straußenvögel in verschiedenen Gruppen halten, welche nach Alter und Geschlecht differenziert werden. Weil diese Erfordernisse einer ordnungsgemäßen Haltung vom Bw nicht erfüllt werden, seien Konflikte vorprogrammiert. Auch die Bodenvegetation innerhalb des Geheges sei im schlechten Zustand, weshalb die Tiere bei Gelegenheit Grünfutter außerhalb des Geheges suchen. Aus diesen Gründen komme es auch wegen der mangelhaften Umzäunung immer wieder zu Ausbrüchen von erwachsenen Straußenvögeln.

 

Ein ausgewachsener Strauß wiegt etwa 80 bis 90 kg und erreicht eine Laufgeschwindigkeit von etwa 60 km/h. Der Umgang mit diesen Tieren ist den Leuten in unseren Breiten fremd. Deshalb kann man sich nach der vom erkennenden Verwaltungssenat geteilten Ansicht des Amtstierarztes leicht falsch verhalten und einen eher als unberechenbar einzuschätzenden Strauß allenfalls auch unbewusst provozieren. Gefährlich sind Fußtritte von einem solchen Vogel, der über erhebliche Zehen wie größere Reptilien verfügt. Auch der Schnabel ist nicht zu unterschätzen und könnte Menschen verletzen.

 

Auf einzelnen Fotos der Sammelbeilage 1 sind bei ausgewachsenen Straußen größere kreisförmige Verletzungen im Brustbereich zu sehen. Nach Erläuterung des Amtstierarztes (vgl Verhandlungsprotokoll, Seite 7) stammen diese Verletzungen von Rangkämpfen durch Fußtritte der Kontrahenten, wobei es teilweise zur Ausbildung von chronischen Geschwüren kommt. Abschürfungen können auch durch den zu schmalen Zugang zum Stall entstehen, der mindestens doppelt so breit sein müsste.

 

3.3. Zur Beweiswürdigung ist neben den zitierten Belegstellen anzuführen, dass die getroffenen Feststellungen auf den schlüssigen und im Wesentlichen übereinstimmenden Angaben der in der Berufungsverhandlung einvernommenen Zeugen sowie der Aktenlage und der Fotodokumentation beruhen. Alle Zeuge haben beim erkennenden Mitglied einen sehr glaubwürdigen Eindruck hinterlassen.

 

Die Berufungsbehauptung, dass ein Strauß in Panik wegen eines ins Gehege eingedrungenen Hundes ausgebrochen wäre, konnte nicht verifiziert werden. Von jagenden Hunden sprach der Bw beim Lokalaugenschein am 17. April 2008 nach der übereinstimmenden Darstellung der amtlichen Zeugen nur im Zusammenhang mit den desolaten Zwischenzäunen innerhalb des Geheges, die dadurch beschädigt worden wären. Abgesehen davon, dass auch für diese Behauptung des Bw keine konkreten Hinweise vorliegen, hatte der Bw gegenüber den Behördenorganen seinen Nachbarn für das große Loch in der äußeren Umzäunung des Geheges verantwortlich gemacht, weil dieser mit dem Traktor Ende November 2007 Zaunpfähle umgefahren hätte. Das Entweichen von Straußenvögeln aus dem Gehege erscheint schon durch das große Loch in der Umzäunung naheliegend, insbesondere schon deshalb weil der Bw offenbar trotz Kenntnis des Schadens monatelang nichts unternommen hatte, um den Gehegezaun zu reparieren. Beim Lokalaugenschein zeigte er sich uneinsichtig und meinte gegenüber den Behördenorganen nur, dass der Nachbar schuld wäre (vgl Zeugenangaben im Verhandlungsprotokoll, Seiten 4 und 5).

 

Angesichts dieser Umstände geht der erkennende Verwaltungssenat von bedingt vorsätzlichem Verhalten des Bw aus. Er muss es nämlich zumindest ernstlich für möglich gehalten haben, dass Strauße das Gehege durch das 5 bis 6 m große Loch im Zaun ungehindert verlassen können und hat sich mit dieser Möglichkeit insoweit billigend abgefunden, als ihm das offenbar egal war, weil dafür vermeintlich alleine der Nachbar verantwortlich war. Auch wenn er damit seine rechtlichen Pflichten als Straußenhalter verkannte, änderte dies nichts an seiner Tatsachenkenntnis und damit an seinem vorsätzlichen Verhalten.

 

Aus dem Strafakt 4 U 242/05z ist entgegen der Berufung für den Bw nichts zu gewinnen. Durch den gerichtlichen Lokalaugenschein und das Hauptverhandlungsprotokoll vom 23. November 2007 wird nur für diesen einen Tag dokumentiert, dass der Zaun in Ordnung war. Der Bw gab damals an, dass er die Zäune hergerichtet hätte (VH-Potokoll, Seite 7. Der Schaden an der Umzäunung des Geheges durch den Nachbarn wurde offensichtlich erst nach dieser Gerichtsverhandlung mit Lokalaugenschein herbeigeführt. Geht man davon aus, dass der Bw die Zäune erst kurz vorher instand gesetzt hatte, so erscheint seine Frustration über den neuerlichen Schaden an der Umzäunung an sich verständlich. Deshalb liegt es nach h. Ansicht auch besonders nahe, dass der Bw die Schuld nur beim Nachbarn sah und deshalb die Meinung vertrat, dass ihn die Instandsetzung nichts anginge (vgl Zeugenaussage Mag. G, Verhandlungsprotokoll, Seite 5).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 5 Abs 1 Oö PolStG (idF LGBl Nr. 94/1985 und LGBl Nr. 147/2002) begeht u.A. eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet,

 

wer als Halter eines Tieres dieses in einer Weise beaufsichtigt oder verwahrt, dass durch das Tier dritte Personen gefährdet oder über das zumutbare Maß hinaus belästigt werden.

 

Den Materialien (vgl AB Blg 448/1985 zum kurzschriftlichen Bericht Oö. LT, 22. GP, 3) ist zu entnehmen, dass sich eine landesgesetzliche Regelung betreffend das Halten von Tieren nicht mehr nur auf gefährliche Tiere beschränken sollte und Missstände nicht mehr ortspolizeilichen Regelungen der Gemeinden überlassen bleiben sollten. Vielmehr sprach sich der Ausschuss für allgemeine innere Angelegenheiten des Oö. Landtages dafür aus, eine Beaufsichtigung oder Verwahrung von Tieren, die so mangelhaft erfolgt, dass sie Gefährdungen oder Belästigungen dritter Personen zur Folge hat, in Zukunft für strafbar zu erklären. Dritte Personen seien dabei alle, die nicht unmittelbar dem Haushalt des Tierhalters angehören.

 

Nach hM ist Tierhalter, wer die tatsächliche Herrschaft über das Verhalten des Tieres ausübt und über Verwahrung und Beaufsichtigung entscheidet (vgl näher mwN Dittrich/Tades, MGA ABGB³³, E 18ff zu § 1320; Reischauer in Rummel², Rz 7 f zu § 1320 ABGB). Auf eine bestimmte rechtliche Beziehung zum Tier (etwa das Eigentumsrecht) kommt es dabei nicht an. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, sind die faktischen Verhältnisse der Herrschaft über das Tier (Aufzucht, Ernährung, Unterbringung, Pflege und gesundheitliche Betreuung) für den Begriff des Haltens entscheidend (vgl VwGH 30.7.1992, 88/17/0149).

 

4.2. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Straferkenntnis bereits auf den erstbehördlichen Lokalaugenschein vom 17. April 2008 hingewiesen, bei dem das beschriebene erhebliche Loch in der Umzäunung des Geheges vorgefunden wurde, durch das Straußenvögel problemlos das Gehege verlassen konnten. Da durch die Aussage der amtlichen Zeugen erwiesen ist, dass nach eigenen Angaben des Bw der Nachbar beim Gerstenanbau etwa Ende November 2007 mit dem Traktor Zaunpfähle bzw Steher umgefahren hatte, bestand dieses Loch im Zaun zum Zeitpunkt des Lokalaugenscheines schon seit mehreren Monaten. Da der Bw nichts zur Behebung des Schadens unternommen hatte, besteht auch kein Zweifel, dass im gegenständlichen Tatzeitpunkt der im Garten des Zeugen J P auftauchende männliche Straußenvogel ungehindert aus dem Gehege entweichen konnte. Der Zeuge kannte den Strauß mit der auffälligen Schwellung im Brustbereich, die vermutlich von Rangkämpfen mit anderen Hähnen stammte, von einer früheren Begegnung mit diesem Tier beim Spazierengehen einige Wochen zuvor. Das Tier begegnete ihm aggressiv und er musste die Flucht ergreifen, weil er nichts in der Hand hatte, um den Strauß auf Distanz zu halten und sich zu schützen.

 

Ein erwachsener Strauß wiegt bis zu 90 kg und kann die ganz beachtliche Geschwindigkeit von rund 60 km/h laufen. Wie schon die auf den aktenkundigen Fotos ersichtlichen Verletzungen im Brustbereich der männlichen Strauße, welche nach der Fachmeinung des Amtstierarztes von Rangkämpfen herrühren, beweisen, kann ein solcher Vogel folgenschwere Fußtritte versetzen. Auch mit seinem Schnabel könnte er wohl jemanden verletzen. Es handelt sich daher um ein relativ gefährliches Tier, an das man hierzulande auch nicht gewöhnt ist. Dass die Strauße nicht aggressiv sind, wie die Berufung behauptet, kann nicht in dieser Allgemeinheit zutreffen. Die erheblichen Verletzungen auf einzelnen Fotos beweisen das Gegenteil. Der erkennende Verwaltungssenat folgt daher der überzeugenden Schilderung des Zeugen P, die auch mit den fachlichen Ausführungen des Amtstierarztes im Einklang steht.

 

4.3. Dass der Bw als Betreiber einer Straußenfarm auch Halter der Strauße ist, steht außer Frage. Er kommt als Täter der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs 1 Oö. PolStG in Betracht, zumal die belangte Behörde die Ausnahme nach § 8 leg.cit. für das Halten von Tieren im Rahmen der ortsüblichen land- und forstwirtschaftliche Produktion zutreffend verneint hat.

 

Der erkennende Verwaltungssenat teilt auch die Ansicht der belangten Behörde, dass der Zeuge P durch den am 30. Jänner 2008 aus dem Gehege des Bw entlaufenen Strauß jedenfalls im Sinne des § 5 Abs 1 Oö. PolStG über das zumutbare Maß hinaus belästigt und darüber hinaus auch gefährdet wurde, weil ihn der Vogel aggressiv anging und bedrohlich anfauchte, so dass er in sein Haus flüchten musste.

 

Der Tatbestand der nicht ordnungsgemäßen Verwahrung von Tieren zum Nachteil dritter Personen nach § 5 Abs 1 Oö. PolStG wurde vom Bw auf Grund des festgestellten Sachverhalts erfüllt. Die Verwaltungsübertretung hat der Bw auch schuldhaft und nach Ansicht des erkennenden Mitglieds bedingt vorsätzlich (vgl dazu § 5 Abs 1 2. Halbsatz StGB) begangen, weil er wusste und sich damit abfand, dass sich in der Umzäunung des Geheges schon seit Monaten ein großes Loch befand und einzelne Tiere daher leicht - aus welchen Gründen immer, seien es nun Rangkämpfe oder die Futtersuche - das Gehege verlassen und andere Personen belästigen oder gefährden konnten. Von einem unvorhergesehenen und unabwendbaren Ereignis kann entgegen der Berufung überhaupt keine Rede sein. Bei der Größe des Loches im Gehegezaun und den desolaten Zwischenzäunen innerhalb des Geheges, die eine tierschutzrechtlich gebotene Haltung in Gruppen unmöglich macht und zwangsläufig zur Unruhe unter den Tieren führt (vgl Amtstierarzt Mag. G, Verhandlungsprotokoll, Seite 6), waren Konflikte und ein Entweichen von Tieren aus dem Gehege vorprogrammiert.

 

Dass der Bw seine Strauße pauschal für nicht aggressiv und ungefährlich hält, vermag ihn nicht zu entschuldigen. Als langjährigem Betreiber einer Straußenfarm musste ihm die Problematik geläufig sein, dass zumindest einzelne männliche Strauße, die nach Rangkämpfen verletzt und gereizt das Gehege verlassen, sich weiterhin aggressiv verhalten und auch für Menschen gefährlich werden können. Dass ein erwachsener Strauß von 80 bis 90 kg Körpergewicht eine imposante Erscheinung ist und schon deshalb Personen, die den Umgang mit solchen Tieren nicht gewohnt sind, leicht Angst machen kann, ist allgemein verständlich und bedarf daher keiner weiteren Begründung.

 

Wenn sich der Bw beim Lokalaugenschein vom 17. April 2008 den Organen der belangten Behörde gegenüber damit rechtfertigen zu können glaubte, dass der Nachbar Schuld sei und den Zaun hätte reparieren müssen, so hat der Bw, soweit man nicht ohnehin eher von einer bloßen Schutzbehauptung auszugehen hat, möglicherweise seine Pflichten als Halter einer Straußenherde missverstanden. Dieser Rechtsirrtum iSd § 5 Abs 2 VStG wäre ihm aber vorwerfbar, weil er eindeutig nicht unverschuldet gewesen wäre, sondern vielmehr nur grob fahrlässig entstanden sein konnte. Es kann nämlich nicht der geringste Zweifel bestehen, dass dem Bw als dem verantwortlichen Betreiber einer Straußenfarm klar sein musste, dass er als Tierhalter selbst für die ordnungsgemäße Verwahrung seiner Tiere zu sorgen hatte und nicht monatelang ein Loch im Gehegezaun belassen durfte. Dies gilt unabhängig von einem begründeten Schadenersatzanspruch, den er gegen seinen Nachbarn verfolgen könnte.

 

Im Ergebnis steht daher fest, dass der Bw die angelastete Verwaltungsübertretung sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht erfüllt hat.

 

4.3. Im Rahmen der Strafbemessung war nach der Strafbestimmung des § 10 Abs 2 lit b) Oö. PolStG bei einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Oö. PolStG von einer Strafdrohung bis zu 1.450 Euro auszugehen. Die belangte Behörde ging unwidersprochen unter Hinweis auf frühere Verwaltungsstrafverfahren zu den persönlichen Verhältnissen des Bw von einer Landwirtschaft mit Einheitswert von 23.000 Euro, keinem weiteren Vermögen und keinen Sorgepflichten aus. Straferschwerend wurden 9 einschlägige rechtskräftige Verwaltungsübertretungen wegen § 5 Oö. PolStG und weitere nicht näher spezifizierte Verwaltungsstrafen nach § 38 iVm § 24 Tierschutzgesetz (Verstöße gegen Tierhaltungsverordnungen) als erschwerend gewertet. Abgesehen von der Unbestimmtheit hält der erkennende Verwaltungssenat die Nichteinhaltung von Haltungsbedingungen im Verhältnis zu § 5 Oö. PolStG nicht unbedingt für einschlägig und daher insofern nicht für erschwerend. Als Erschwerungsgrund kommt aber nach der Auffassung des erkennenden Mitglieds die vorsätzliche Begehungsweise des Bw in Betracht, zumal zur Verwirklichung des § 5 Abs 1 Oö. PolStG bloße Fahrlässigkeit genügt. Strafmildernd war kein Umstand zu werten.

 

Die verhängte Geldstrafe von 400 Euro beträgt rund 27,6 Prozent des anzuwendenden Strafrahmens. Der unabhängige Verwaltungssenat kann der Strafzumessung der belangten Behörde schon wegen der einschlägigen 9 Vorstrafen des Bw nicht entgegentreten. Unter Berücksichtigung des bedingt vorsätzlichen Verhaltens des Bw erscheint die Strafe, die immer noch im unteren Bereich des Strafrahmens liegt, jedenfalls angemessen. Die im gegenständlichen Fall gemäß dem § 16 Abs 2 VStG innerhalb von zwei Wochen festzusetzende Ersatzfreiheitsstrafe erscheint mit 80 Stunden ebenfalls verhältnismäßig und kann nicht beanstandet werden.

 

5. Im Ergebnis war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen. Dem Bw war im Berufungsverfahren gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG zusätzlich zum Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ein weiterer Kostenbeitrag in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind 80 Euro, vorzuschreiben.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. W e i ß

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum