Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164412/6/Br

Linz, 14.09.2009

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn A K, geb., W, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, vom 5. August 2009, Zl. VerkR96-26312-2008-Kub, zu Recht:

 

I.     Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

II.   Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

I.:      § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009 – AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungs­straf­gesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009 – VStG.

II.:    § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem o.a. Straferkenntnis wider den Berufungswerber eine Geldstrafe in Höhe von 200 Euro verhängt, weil er am 27.9.2009 gegen 11:30 Uhr als Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen in A, S, auf dem Parkplatz der OMV-Tankstelle beim Ausparken einen  abstellten Pkw beschädigt habe.

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz stütze den Schuldspruch auf die Angaben eines Zeugen, welcher im Zuge des Ausparkens des Berufungswerber einen Kontakt  mit dem abgestellten Pkw von O. T auf eine Entfernung von 15 m wahrgenommen haben wollte. Diesbezüglich verständigte dieser Zeuge eine Mitarbeiterin der genannten Tankstelle, welche ihrerseits die Anzeige erstattete. Der bestreitenden Verantwortung des Berufungswerbers folgte die Behörde erster Instanz unter Hinweis auf die höhere Glaubwürdigkeit des als Zeugen einvernommenen Anzeigers nicht.

 

 

2. Der Berufungswerber vermeint in seiner Berufung der Zeuge würde die Unwahrheit sagen. Er sei mit diesem Fahrzeug nicht in Berührung gekommen und sei daher keine Rechenschaft schuldig. Er habe die Übertretung nach § 4 Abs.5 StVO daher nicht begangen. Ebenfalls habe der Zeuge mit ihm nie gesprochen.

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser ist durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 51c VStG).

 

 

4. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mangels Antrag in Verbindung mit dem im Vorfeld einer Berufungsverhandlung erhobenen Beweisen und des diesbezüglich der Behörde erster Instanz gewährten Parteiengehör § 51e Abs.1 Z1 VStG unterbleiben.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Hier hat weder der Anzeiger noch der Eigentümer des als „möglicher Weise“ beschädigt bezeichneten Fahrzeuges einen dem Fahrverhalten des Berufungswerbers zuzurechnenden Schaden festgestellt. Die Anzeige spricht auf Seite zwei von „derzeit noch unbekannten Schäden“. Der Zeuge vermeinte im Rahmen seiner Aussage vor der Behörde erster Instanz, das abgestellte Fahrzeug „könnte beschädigt worden sein“. Ein tatsächlicher Schaden wurde offenbar weder vom Zeugen noch von der erhebenden Polizei festgestellt.

Eine Rückfrage seitens der Berufungsbehörde bei der Haftpflichtversicherung des Berufungswerbers ergab, dass dort keine Ansprüche geltend gemacht wurden, was letztlich auch der Fahrzeugeigentümer O. T bestätigte, wobei dieser ergänzend angab sich nicht geschädigt zu fühlen, weil der von ihm nicht als Schaden empfundene Kratzer an der Stoßstange außerdem keinem bestimmten Ereignis zugeordnet werden könne (Aktenstück 3).

Der Berufungswerber selbst bestreitet, wie oben schon erwähnt, von Anbeginn entschieden einen Fahrzeugkontakt.

In freier Beweiswürdigung gelangt der O. ö. Verwaltungssenat insbesondere aufgrund der Angaben des Halters des angeblich beschädigten Kraftfahrzeuges zur Auffassung, dass der Berufungswerber tatsächlich keinen Schaden verursacht hat.

Dieser Annahme trat zuletzt auch die Behörde erster Instanz nicht entgegen (Aktenstück 5).

5.1. Die Anhalte- und Meldepflicht setzt einerseits einen Vorfall (Verkehrsunfall) und andererseits ein Wissen (müssen) eines solchen voraus. Dabei ist aber nicht unbedingt das positive Wissen vom Verkehrsunfall und vom ursächlichen Zusammenhang erforderlich, sondern es genügt – da der Anwendungsbereich des § 4 StVO in diesem Zusammenhang nicht ausdrücklich auf die Schuldform des Vorsatzes beschränkt ist (§ 5 VStG) – wenn die betreffende Person bei gehöriger Aufmerksamkeit den Verkehrsunfall und den ursächlichen Zusammenhang hätte erkennen können (siehe Pürstl - Somereder, Kommentar zur StVO, 11. Auflage, S 69 Rn 34, sowie – unter vielen – VwGH 23.5.2002, 2001/03/0417, VwGH 13.2.1991, 90/03/0114 mit Hinweis auf VwGH 9.9.1981, 81/03/0125 u. VwGH 31.1.1986, 85/18/0367).

Laut Rechtsprechung des VwGH stellt etwa die bloße Beschmutzung oder ein Gummiabrieb (ohne Lackschaden oder bleibende Verformung der Karosserie) keinen Sachschaden iSd § 4 StVO dar (vgl. VwGH vom 20.1.1984, 82/02/0022).

Da hier letztlich weder von einem Sachschaden an sich und auch von keinem erwiesenen Anstoß (Verkehrsunfall bzw. Parkschadens) ausgegangen werden kann, war mangels Tatbestand das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

                                                           

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

                                                      Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichts­hof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220  Euro zu entrichten.

 

 

Anlagen

                                                           

Dr.  B l e i e r

 

 

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