Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222256/6/Kl/Rd/Pe

Linz, 08.09.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Ing. J W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmann­schaft Vöcklabruck vom 19.1.2009, Ge96-2559-2008, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3  und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 19.1.2009, Ge96-2559-2008, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 300 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 96 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 367 Z1 iVm § 9 Abs.1 und 2 und § 39 GewO 1994 verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen berufene verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Organ der J C GmbH mit Sitz in G, diese ist Inhaberin einer Gewerbeberechtigung für "Gastgewerbe (§ 111 Abs.1 Z2 GewO 1994) in der Betriebsart Buffet" am Standort V, nicht dafür gesorgt hat, dass die Vorschriften der Gewerbeordnung eingehalten werden. Die gewerberechtliche Geschäftsführerin, Frau B O, ist am 17.12.2007 ausgeschieden.

 

Die J C GmbH wurde mit Verständigung vom 17.12.2007 sowie mit Schreiben vom 24.7.2008 aufgefordert, bis spätestens 17.6.2008 bzw unverzüglich einen neuen Geschäftsführer namhaft zu machen oder das Gewerbe ruhend- oder gänzlich abzumelden. Dieser Aufforderung wurde jedoch bis dato nicht nachgekommen.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin begründend vorgebracht, dass die Sache mit dem Geschäftsführer geregelt sei und die entsprechenden Gebühren dafür bezahlt worden seien. Es sei ihm telefonisch zugesichert worden, dass in dieser Sache, nachdem der Geschäftsführer definiert worden sei, keine Strafe mehr ausgesprochen werde. Vielleicht könne man es in dieser Sache so belassen und mit einer Abmahnung abschließen. Einem zur Behebung eines Formmangels erteilten Verbesserungsauftrag in Bezug auf den Berufungsschriftsatz wurde fristgerecht entsprochen.      

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG die Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung entfallen.

 

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh. in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechts nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, S 937ff).

 

4.1. Diesen Anforderungen wird aus nachstehenden Gründen nicht entsprochen: 

 

Gemäß § 367 Z1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, wer trotz der gemäß § 8 Abs.2 oder 3 oder gemäß § 9 oder gemäß § 16 Abs.1 bestehenden Verpflichtung zur Bestellung eines Geschäftsführers ein Gewerbe ausübt, ohne die Anzeige gemäß § 39 Abs.4 über die Bestellung eines dem § 39 Abs.2 entsprechenden Geschäftsführers erstattet zu haben.

 

Gemäß § 9 Abs.1 GewO 1994 können juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften (offene Gesellschaften und Kommanditgesellschaften) Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer (§ 39) bestellt haben.

 

§ 9 Abs.2 GewO 1994 bestimmt, dass bei Ausscheiden des Geschäftsführers das Gewerbe bis zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers, längstens jedoch während sechs Monaten, weiter ausgeübt werden darf.  

 

4.2. Laut Auszug aus dem Zentralen Gewerberegister vom 2.9.2009 ist der Berufungswerber Gewerbeinhaber der J C GmbH und verfügt über zwei Gewerbeberechtigungen, und zwar mit folgenden Gewerbewortlauten:

-        Gastgewerbe in der Betriebsart Buffet (§ 111 Abs.1 Z2 GewO 1994) mit     der Gewerberegister Nr. und

-        Handelsgewerbe mit der Gewerberegister Nr.

Bei ersterem handelt es sich um ein reglementiertes Gewerbe, bei welchem laut Gewerberegisterauszug Frau B O mit 17.12.2007 als gewerbe­rechtliche Geschäftsführerin ausgeschieden ist.

 

Dem Berufungswerber wurde von der belangten Behörde im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses vorgehalten, dass er keinen gewerberechtlichen Geschäftsführer seit 17.12.2007 bestellt habe, nicht jedoch, dass er das Gastgewerbe in der Betriebsart Buffet (§ 111 Abs.1 Z2 GewO 1994) in der Zeit vom 17.12.2007 bis dato (19.1.2009) ausgeübt hat, ohne einen gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellt zu haben. Die fehlende Anführung des "Ausübens" des verliehenen Gewerbes als wesentliches Tatbestandselement widerspricht dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z1 VStG, zumal § 367 Z1 GewO 1994 ausdrücklich normiert, "wer trotz der gemäß § 8 Abs.2 oder 3 oder gemäß § 9 oder gemäß § 16 Abs.1 bestehenden Verpflichtung zur Bestellung eines Geschäftsführers ein Gewerbe ausübt, ohne die Anzeige gemäß § 39 Abs.4 über die Bestellung eines dem § 39 Abs.2 entsprechenden Geschäftsführers erstattet zu haben".

 

Diesbezüglich ist zu bemerken, dass bei einem Strafvorwurf nach § 367 Z1  und Z2 GewO 1994 eine Tatkonkretisierung durch Anführung von Einzeltathandlungen nicht erforderlich ist, sondern die Feststellung der Ausübung des verliehenen Gewerbes im Tatzeitraum (vgl. VwGH 2.7.1992, 92/04/0075, sowie VwGH 10.4.1987, 87/04/0001 hier bezogen auf das Aufstellen von Automaten, das ohne gleichzeitiger Ausübung des Gewerbes als nicht tatbestandsmäßig befunden wurde). Diese Judikatur trifft auch auf den gegenständlichen Fall zu: Einem Beschuldigten ist daher innerhalb der Frist des § 31 Abs.2 VStG zum einen vorzuhalten, dass er das entsprechende Gewerbe ohne Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers ausgeübt hat und hat zum anderen dieses Tatbestandselement auch in den Spruch eines Strafbescheides Eingang zu finden.

 

Der Tatvorwurf, dass der Berufungswerber das im Spruch des nunmehr angefochtenen Straferkenntnisses näher ausgeführte Gewerbe im zur Last gelegten  Tatzeitraum ausgeübt hat, ohne einen gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellt zu haben, wurde dem Berufungswerber zu keinem Zeitpunkt des Verwaltungsstrafverfahrens zur Last gelegt.

 

4.3. Der Vollständigkeit halber wird im Übrigen auch noch darauf hingewiesen, dass entgegen der Annahme der belangten Behörde der Berufungswerber mit 3.12.2008 sich selbst zum gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellt hat und daher nicht "bis dato" (19.1.2009, Erlassung des Straferkenntnisses) die Übertretung begangen hat, sondern bis 2.12.2008.

4.4. Gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

 

Da hinsichtlich der Ausübung des Gewerbes keine entsprechende fristgerechte Verfolgungshandlung getätigt wurde, war es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, eine dahingehende Spruchberichtigung vorzunehmen.

 

5. Da die Berufung Erfolg hatte, entfällt gemäß § 66 VStG die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.      

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Spruchkorrigierung; Tathandlung ist das Ausüben des Gewerbes

 

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