Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100316/8/Weg/Ka

Linz, 07.03.1992

VwSen - 100316/8/Weg/Ka Linz, am 7.März 1992 DVR.0690392 R Sch, F (BRD); Straferkenntnis wegen Übertretung der StVO 1960 - Berufung

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Kurt Wegschaider über die Berufung des R Sch gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 10. Dezember 1991, VerkR-96/10043/1991-Hu, aufgrund des Ergebnisses der am 17. März 1992 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution 240 S (20 % der verhängten Geldstrafe) zu entrichten.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), BGBl.Nr.51/1991 i.V.m. § 24, § 2 Abs.1 und 2, § 19, § 51 Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl.Nr. 52/1991.

zu II.: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.200 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt, weil dieser am 28. Juni 1991 um 20.26 Uhr im Gemeindegebiet A auf der Westautobahn A1 bei Autobahnkilometer 170,952 in Richtung W den PKW mit mit einer Geschwindigkeit von 157 km/h gelenkt und dadurch die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 27 km/h überschritten hat. Außerdem wurde er zu einem Kostenbeitrag des Strafverfahrens erster Instanz in der Höhe von 120 S verpflichtet.

I.2. Diesem Straferkenntnis liegt ein von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land durchgeführtes ordentliches Verfahren zugrunde, in dessen Verlauf der Berufungswerber anführte, er habe auf seiner Fahrt von Deutschland nach Ungarn zwischen P und N eine als Anhalter mitgenommene Person mit der Lenkung des Fahrzeuges beauftragt. Von dieser Person wisse er nur den Namen, nämlich K L und den Wohnort, nämlich B (Ungarn). Näheres, insbesondere die Adresse dieses Autostoppers und Lenkers durch das gesamte Bundesgebiet von Österreich, könne er nicht anführen. Die Erstbehörde hat diese Rechtfertigung als Schutzbehauptung gewertet, zumal es der allgemeinen Lebenserfahrung widerspreche, einem Anhalter ein diesem unbekanntes Fahrzeug (noch dazu einen Renault Alpine) durch das gesamte Bundesgebiet zum Lenken zu überlassen. In der als Widerspruch bezeichneten Berufung wendet der Berufungswerber sinngemäß ein, daß es für ihn in keinster Weise ausschlaggebend sei, daß die Behörde seine Rechtfertigungsangaben als Schutzbehauptungen behandle. Vielmehr sei ausschlaggebend, daß er sein Fahrzeug nicht selbst gelenkt habe und seinen Verpflichtungen nachgekommen sei. Die Behörde könne keine Vermutungen anstellen, sondern müsse ihrer Entscheidung Tatsachen zugrunde legen.

I.3. Die Berufung ist rechtzeitig. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht, womit die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben ist. Da eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist die Zuständigkeit eines Einzelmitgliedes gegeben. Ein Verzicht auf eine mündliche Verhandlung wurde von den Parteien nicht abgegeben, sodaß eine solche anzuberaumen war. Zu dieser für den 17. März 1992 anberaumten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu der sowohl der Beschuldigte als auch die belangte Behörde ordnungsgemäß geladen wurden, erschien lediglich ein Vertreter der belangten Behörde. Der Beschuldigte ist der Verhandlung unentschuldigt ferngeblieben.

I.4. Aufgrund des Ergebnisses dieser mündlichen Verhandlung wird nachstehender Sachverhalt als erwiesen angenommen:

Es ist unstrittig, daß am 28. Juni 1991 um 20.26 Uhr im Gemeindegebiet A auf der Westautobahn A1 bei Autobahnkilometer 170,952, in Richtung W, ein PKW mit dem Kennzeichen mit einer Geschwindigkeit von 157 km/h gelenkt wurde. Strittig ist, wer der Lenker dieses Fahrzeuges war. Es versteht sich, daß die Behörde nicht berechtigt ist, den Zulassungsbesitzer, im gegenständlichen Fall den Berufungswerber, ohne weitere Erhebungen als Lenker und damit als jene Person zu beschuldigen, die diese Verwaltungsübertretung begangen hat. Aus diesem Grund hat die Erstbehörde eine Anfrage an den Zulassungsbesitzer gestellt, dieser möge Name und Wohnanschrift des Lenkers bekanntgeben. Dies hat der Rechtsmittelwerber damit beantwortet, daß er einen Ungarn, den er als Anhalter mitgenommen hat, zwischen P und N mit dem Lenken seines Fahrzeuges betraut habe. Er wisse von ihm lediglich den Namen, nämlich K L und seinen Wohnort, nämlich B (Ungarn). Dies hat die Erstbehörde als Schutzbehauptung, die mit den täglichen Lebenserfahrungen nicht übereinstimmt, gewertet und das gegenständliche Straferkenntnis erlassen. Der unabhängige Verwaltungssenat hat zur mündlichen Verhandlung den Rechtsmittelwerber mit dem Ziel geladen diesen persönlich zu vernehmen, weil dabei die Glaubwürdigkeit leichter beurteilt werden kann als im schriftlichen Verfahren. Der Beschuldigte unterließ es jedoch, am ergänzenden Beweisverfahren mitzuwirken. In die gegenständliche Entscheidung darf gemäß § 51i VStG nur aufgenommen werden, was bei der Verhandlung vorgekommen ist. Dies war einerseits die Äußerung der belangten Behörde und andererseits die des Rechtsmittelwerbers, die jedoch lediglich verlesen werden konnte. Bei der Wertung aller vorliegenden Fakten kommt auch der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Auffassung, daß der Rechtsmittelwerber am 28. Juni 1991 den ihm gehörigen Renault Alpine nicht einem Anhalter aus Ungarn zum Lenken überlassen hat, sondern er selbst der Lenker war. Der Rechtsmittelwerber hat es durch sein unentschuldigtes Nichterscheinen unterlassen, der Berufungsbehörde einen Verlauf der Dinge darzulegen, der mit den Erfahrungen des täglichen Lebens soweit übereinstimmen könnte, daß einer bei der Verhandlung vorgebrachten Darlegung "in dubio pro reo" beigetreten hätte werden können. Im Einklang mit der Meinung der Erstbehörde betrachtet es unter Berücksichtigung aller entscheidungsrelevanten Umstände auch der unabhängige Verwaltungssenat als so gut wie ausgeschlossen, daß einem Anhalter ein Fahrzeug der gehobenen Mittelklasse zum Lenken durch das gesamte Bundesgebiet von Österreich überlassen wird und von diesem Anhalter nur der Name, nicht jedoch seine Wohnanschrift, in Notiz genommen wurde.

I.5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Vorweg wird dargelegt, daß für das gegenständliche Verfahren und somit für die Beweisregelung österreichisches Recht Anwendung findet. Dazu gehört, daß die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen hat, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Dem Beschuldigten obliegt es, die seiner Verteidigung dienlichen Umstände so darzulegen, wie die österreichische Rechtsordnung dies vorsieht, nämlich im Berufungsverfahren, anläßlich einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.

Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren.

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften der StVO 1960 verstößt.

Der unter I.4. dargestellte und als erwiesen angenommene Sachverhalt läßt sich unschwer unter die eben zitierten gesetzlichen Bestimmungen subsumieren. Das Verhalten des Berufungswerbers stellt sowohl objektiv als auch subjektiv eine gemäß den zitierten Vorschriften zu ahndende Verwaltungsübertretung dar.

Hinsichtlich der Höhe der von der Erstbehörde verhängten Geldstrafe vermag der unabhängige Verwaltungssenat in Anbetracht des vorgegebenen Strafrahmens und des Umstandes, daß vom Berufungswerber keine im Sinne des § 19 VStG die Geldstrafe allenfalls mindernden Umstände vorgetragen worden, keine Rechtswidrigkeit erkennen.

II. Die Vorschreibung der Verfahrenskosten ist in der zitierten gesetzlichen Bestimmung begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider 6