Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164232/5/Zo/Ps

Linz, 15.09.2009

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn E G, geb. , vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. H B, M, L, vom 9. Juni 2009 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 25. Mai 2009, Zl. VerkR96-995-2009, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 1. September 2009, zu Recht erkannt:

 

 

 

I.             Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass es anstelle des Wortlautes "… auf einer engen Stelle der Fahrbahn gehalten." zu lauten hat: "… auf einer engen Stelle der Fahrbahn geparkt.".

 

Der Zeitraum wird von "ca. 11.00 Uhr und 12.30 Uhr" auf "ca. 11.30 Uhr und 12.30 Uhr" eingeschränkt.

 

 

II.           Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrens­kosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in Höhe von 10 Euro zu bezahlen.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 


Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 19. April 2009 zwischen ca. 11.00 Uhr und 12.30 Uhr in Neustift im Mühlkreis auf dem Güterweg M, Zufahrt H, Grundstücksnummer  der KG Neustift, direkt nach der Umkehrschleife beim Haus H in M, als Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen B auf einer engen Stelle der Fahrbahn gehalten habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs.1 lit.b StVO 1960 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 21 Stunden) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 5 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass er sein Fahrzeug am Ende des gegenständlichen Güterweges, einer Sackgasse, abgestellt habe. Er habe weder den fließenden Verkehr noch die Zufahrt zur Liegenschaft H behindert. Auch das Wenden von Fahrzeugen im gegenständlichen Bereich sei ungehindert möglich gewesen. Er bestreitet deshalb den Tatbestand.

 

Er habe das Fahrzeug nur deshalb am angegebenen Ort abgestellt, weil er keine andere Möglichkeit gesehen habe, um Beweise zu sichern, die bestätigen, dass sein angrenzendes Waldgrundstück durch einen von Herrn D beauftragten Baggerfahrer rechtswidrig in Anspruch genommen wurde. Der Bagger habe an einem Sonntag Vormittag auf seinem Waldgrundstück Grabungsarbeiten in rechtswidriger Weise durchgeführt. Er habe vorerst die Polizei verständigt, diese habe sich aber geweigert, zu kommen. Er habe weder das Gericht noch die Bezirkshauptmannschaft oder seinen Rechtsanwalt am Sonntag erreichen können und deshalb den Pkw abgestellt, um den Baggerfahrer am Wegfahren zu hindern und auf diese Weise Beweise für nachfolgende Verfahren zu sichern. Dies sei notwendig gewesen, da behördliche Hilfe jedenfalls zu spät gekommen wäre. Unter Berücksichtigung dieser besonderen Umstände liege ein klassischer Fall für die Anwendung des § 21 VStG vor.

 

3. Die Bezirkshauptfrau von Rohrbach hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 1. September 2009. An dieser haben der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter teilgenommen, die Erstinstanz war entschuldigt.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber ist Eigentümer einer Waldliegenschaft, welche durch den Güterweg M verkehrstechnisch erschlossen wird. Zur Vorfallszeit wurde er von seinem Bruder darüber informiert, dass ein Bagger auf diesem Waldgrund­stück Arbeiten durchgeführt habe. Er ist deshalb mit seinem Fahrzeug dorthin gefahren, um sich die Situation anzusehen. Dabei hat er festgestellt, dass die Baggerungsarbeiten ohne seine Zustimmung und – nach seinen Angaben – auch an Stellen durchgeführt wurden, die von der entsprechenden wasserrechtlichen Bewilligung nicht umfasst waren. Der Berufungswerber wollte deshalb Beweisfotos machen, hatte aber keinen Fotoapparat bei sich und konnte diese Fotos auch nicht mit seinem Mobiltelefon anfertigen.

 

Der Berufungswerber hat daraufhin sein Fahrzeug quer zur Fahrbahn des Güterweges M unmittelbar vor der Umkehrschleife beim Haus H so über den Güterweg abgestellt, dass die gesamte Fahrbahn blockiert war. Er hat dies deshalb gemacht, um zu verhindern, dass der Baggerfahrer mit seinem Traktor und dem Tieflader die Örtlichkeit verlässt. Er ist dann nach Hause gegangen und hat dort mit der Polizei telefoniert sowie seinen Fotoapparat geholt. In weiterer Folge ist er zur gegenständlichen Örtlichkeit zurückgekehrt und hat Fotos angefertigt. Der Vorfall hat nach den Angaben des Berufungswerbers höchstens eine Stunde, also ca. von 11.30 Uhr bis ca. 12.30 Uhr, gedauert.

 

Beim Güterweg M handelt es sich um eine Sackgasse, welche unmittelbar nach dem Objekt M mit einer Umkehrschleife endet. Der Berufungswerber hatte sein Fahrzeug vor dieser Umkehrschleife so abgestellt, dass die Zufahrt zum Objekt M Nr. möglich war und lediglich die Umkehrschleife blockiert wurde. Der Baggerfahrer konnte mit seinem Traktor die Örtlichkeit jedoch aufgrund des vom Berufungswerber abgestellten Fahrzeuges nicht verlassen.

 


5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 lit.b StVO 1960 ist das Halten und Parken auf engen Stellen der Fahrbahn, im Bereich von Fahrbahnkuppen oder von unübersichtlichen Kurven sowie auf Brücken, in Unterführungen und in Straßentunnels verboten.

 

5.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Fahrbahnstelle dann eng, wenn neben dem abgestellten Fahrzeug nur eine Fahrbahnbreite von weniger als 2,5 m verbleibt. Im gegenständlichen Fall wurde die Fahrbahn zur Gänze blockiert, wobei die Fahrbahnbreite entsprechend der im Akt befindlichen Lichtbilder offenbar weniger als 4 m beträgt. Der Berufungswerber hat daher sein Fahrzeug auf einer engen Stelle der Fahrbahn abgestellt und die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung begangen. Unabhängig davon ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass er sein Fahrzeug nicht parallel zum Fahrbahnrand sondern quer zu diesem abgestellt hat und er dadurch eine weitere Übertretung gemäß § 23 Abs.2 StVO 1960 zu verantworten hat. Diesbezüglich wurde aber offenbar von der Erstinstanz keine Verfolgungshandlung gesetzt.

 

Zum Verschulden des Berufungswerbers ist darauf hinzuweisen, dass er das Fahrzeug bewusst so abgestellt hat, um den Baggerfahrer am Wegfahren zu hindern. Er hat die gegenständliche Verwaltungsübertretung daher absichtlich begangen.

 

Gemäß § 6 VStG ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist. Der Berufungswerber beruft sich darauf, dass es wegen der Baggerungsarbeiten ohne seine Zustimmung, welche auch zu Schäden an seinem Waldgrundstück geführt haben sollen, jedenfalls notwendig gewesen sei, Fotos zu machen. Er habe deshalb den Baggerfahrer so lange am Wegfahren hindern müssen, bis er einen Fotoapparat besorgen konnte.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter Notstand eine Kollision von Pflichten und Rechten zu verstehen, in der jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr nur dadurch retten kann, dass er eine im Allgemeinen strafbare Handlung begeht. Es muss sich um eine unmittelbar drohende Gefahr für das Leben, die Freiheit oder das Vermögen handeln. Die bloße Möglichkeit einer wirtschaftlichen Schädigung, durch die die Lebensmöglichkeiten selbst nicht unmittelbar bedroht sind, bildet keinen Notstand (siehe zum Beispiel VwGH vom 23.07.1999, Zl. 97/02/0506).

 

Bereits aus diesem Grund scheidet Notstand im gegenständlichen Fall aus, weil es lediglich um die Dokumentation von Schäden auf dem Waldgrundstück des Berufungswerbers gegangen ist. Ein schwerwiegender wirtschaftlicher Nachteil ist damit nicht verbunden. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass es für allfällige zivilrechtliche Schritte wohl durchaus ausgereicht hätte, das Kennzeichen des Traktors zu notieren und den Baggerfahrer um seinen Namen zu fragen. Dies umso mehr, als dem Berufungswerber ohnedies bekannt war, in wessen Auftrag der Baggerfahrer gearbeitet hat. Die Folgen der Baggerungsarbeiten auf seinem Grundstück hätte er auch nach dem Wegfahren des Baggers noch fotografieren können.

 

Soweit der Berufungswerber allenfalls irrtümlich eine Notstandssituation angenommen hat, so wäre er nur dann entschuldigt, wenn dieser Irrtum über die tatsächlichen Voraussetzungen des Notstandes nicht auf Fahrlässigkeit beruhen würde. Dazu ist nochmals darauf hinzuweisen, dass es sich objektiv betrachtet lediglich um die Dokumentation eines Schadens an einem Waldgrundstück handelt, also um einen relativ geringen finanziellen Nachteil. Der Berufungswerber hat dazu den Baggerfahrer ca. eine Stunde lang am Wegfahren gehindert und damit in seiner persönlichen Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Jedem normgerechten Durchschnittsmenschen muss klar sein, dass ein derartiges Verhalten bei weitem überschießend ist und daher von der Rechtsordnung nicht gebilligt wird. Da also der Irrtum des Berufungswerbers auf Fahrlässigkeit beruht, ist ihm fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 beträgt die gesetzliche Höchststrafe für derartige Übertretungen 726 Euro.

 

Der Berufungswerber ist aktenkundig unbescholten, was einen erheblichen Strafmilderungsgrund bildet. Sonstige Strafmilderungs- bzw. Straferschwerungs­gründe liegen nicht vor.

 

Im Hinblick darauf, dass durch das Verhalten des Berufungswerbers der Baggerfahrer über einen doch erheblichen Zeitraum am Wegfahren gehindert wurde, ist der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Übertretung durchaus als erheblich einzuschätzen. Unter Abwägung all dieser Umstände erscheint die von der Erstinstanz verhängte Strafe, welche den gesetzlichen Strafrahmen nur zu ca. 7 % ausschöpft, keineswegs überhöht. Sie entspricht auch den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers, wobei die erstinstanzliche Einschätzung (monatliches Einkommen von 1.100 Euro bei durchschnittlichem Vermögen und keinen Sorgepflichten) zugrunde gelegt wird, weil der Berufungswerber dieser nicht widersprochen hat.

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Im gegenständlichen Fall wurde der Baggerfahrer am Wegfahren gehindert, sodass nicht von bloß unbedeutenden Folgen gesprochen werden kann. § 21 VStG kann daher nicht angewendet werden.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

 

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