Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400720/19/BMa/Wb/Ka

Linz, 18.09.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Bergmayr-Mann über die Be­schwerde der E O geb.
, vertreten durch F, wegen Anhaltung in Schubhaft vom 17. Mai 2005 bis 8. Juni 2005, durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck nach Aufhebung des Erkenntnisses vom 17. November 2005, VwSen-400720/7/BMa/Be, durch den Verwaltungsgerichtshof zu Recht erkannt:

I.                  Der Beschwerde wird Folge gegeben und die Anhaltung in Schubhaft von 17. Mai 2005 bis 8. Juni 2005 als rechtswidrig erklärt.

II.              Der Bund hat der Beschwerdeführerin den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 673,80 Euro binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

§§ 72 Abs.1, 73 Fremdengesetz 1997, BGBl. I Nr. 75 idF BGBl. I. Nr. 126/2002 (im Folgenden: FrG), iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 (im Folgenden: AVG) und UVS Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Die Beschwerdeführerin (in der Folge: Bfin) reiste am 30. August 2003 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet der Republik Österreich ein und stellte am selben Tag im Rahmen ihres Aufgriffs beim G A einen Asylantrag, der beim Bundesasylamt (Außenstelle Eisenstadt) eingebracht wurde. Das aufgrund dieses Asylantrags eingeleitete Verfahren wurde am 18. September 2003 gemäß § 30 Asylgesetz eingestellt, da die Bfin sich ohne Abmeldung am 13. September 2003 unrechtmäßig aus der ihr zur Verfügung gestellten Unterkunft entfernt hatte. Der Bfin wurde die vorläufige Aufenthaltsberechtigung gem. § 19 Abs. 2 AsylG 1997 (Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl – BGBl. I Nr. 76/1997) bis zu deren Untertauchen, durch Aushändigen der Bescheinigung, nicht zuerkannt.

Bis zum 10. Mai 2005 war die Bfin unbekannten Aufenthalts und brachte am 11. Mai 2005 neuerlich einen Asylantrag in der EAST - West unter einem anderen Namen ein. Ihr wurde eine bundesbetreute Unterkunft zugewiesen. Am 17. Mai 2005 wurde festgestellt, dass die Bfin bereits im August 2003 das oben erwähnte Asylbegehren gestellt hatte. Das Bundesasylamt hat an diesem Tag zur Fortsetzung der eingestellten Asylverfahren konkrete Schritte gesetzt. Vom Bezirkshauptmann von Vöcklabruck wurde am selben Tag zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes sowie zur Sicherung der Abschiebung der angefochtene Schubhaftbescheid erlassen und die Bfin im PAZ Linz in Schubhaft genommen. Nach Ausstellung der vorläufigen Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 36b Asylgesetz am 8. Juni 2005 ist die Bfin am selben Tag aus der Schubhaft entlassen worden.

Diese Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Akt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, Sich 40-2227-2005, und dem vom Unabhängigen Verwaltungssenat beigeschafften Akt des Bundesasylamts, AZ.: 0326.168 BAL.

1.2. Im bekämpften Schubhaftbescheid wird im Wesentlichen ausgeführt, die Bfin sei unter Umgehung der Grenzkontrolle, ohne im Besitz eines Nationalreisedokumentes und ohne im Besitz eines Einreise- oder Aufenthaltstitels für Österreich oder einen anderen Schengenstaat zu sein, ins Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist.

Sie habe sich unrechtmäßig ihrem Asylverfahren, das im Jahr 2003 eingeleitet worden sei, entzogen und sei seit ca. zwei Jahren unbekannten Aufenthaltes gewesen. Sie sei völlig mittellos, ohne ordentlichen Wohnsitz und habe keinen sämtliche Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz.

 

Aufgrund ihres bisherigen Verhaltens im Bundesgebiet sei ohne Verhängung der Schubhaft zu befürchten, dass sie sich dem weiteren Zugriff der Behörde entziehen werde. Zur Sicherung des Verfahrens, zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes sowie zur Sicherung ihrer Abschiebung sei die Verhängung der Schubhaft erforderlich.

1.3. Gegen ihre Anhaltung in Schubhaft richtete sich die am 16. Juni 2005 beim Unabhängigen Verwaltungssenat eingelangte Beschwerde.

Darin brachte die Bfin  im Wesentlichen vor, sie habe am 11. Mai 2005 in der
EAST - West einen Asylantrag eingebracht und ihr sei in der Folge eine bundesbetreute Unterkunft zugewiesen worden. Am 17. Mai 2005 sei mittels abgenommener Fingerabdrücke festgestellt worden, dass die Bfin bereits am 30. August 2003 einen Asylantrag gestellt habe. Dieses erste Asylverfahren sei am 18. September 2003 gemäß § 30 Asylgesetz eingestellt worden. Aufgrund dieser Feststellung sei am 17. Mai 2005 der gegenständliche Schubhaftbescheid erlassen und die Bfin im PAZ Linz in Schubhaft genommen worden. Die für diesen Tag terminisierte erste Einvernahme in der EAST - West sei nicht mehr durchgeführt worden und nach erfolgter Einvernahme am 7. Juni 2005 in der Außenstelle Linz des Bundesasylamtes und Ausstellung der vorläufigen Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 36b Asylgesetz am 8. Juni 2005 sei die Bfin am selben Tag aus der Schubhaft entlassen worden. Die Verhängung der Schubhaft sei zu Unrecht erfolgt, denn die Bfin habe am 11. Mai 2005 einen Asylantrag eingebracht und die Schubhaft sei erst am 17. Mai 2005 verhängt und vollzogen worden; die Bfin genieße faktischen Abschiebeschutz, daher seien die Bestimmungen des Fremdengesetzes hinsichtlich Schubhaft auf sie nicht anzuwenden gewesen.

1.3. Mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenat vom 17. November 2005, Zl. VwSen-400720/7/BMa/Be, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

1.4. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. März 2009, Zlen. 2006/21/0019 und 0020-5, ho. eingelangt am 7. April 2009, wurde das vorgenannte Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenats aufgehoben.

Begründend wurde im Wesentlichen folgendes ausgeführt:

 

"Die Beschwerdeführer wenden sich gegen die Ansicht der belangten Behörde, die auf Grund ihrer im Jahr 2003 gestellten Asylanträge eingeleiteten Verfahren seien im Zeitpunkt der Schubhaftverhängungen noch immer eingestellt gewesen. Dieses Vorbringen führt die Beschwerden zum Erfolg.

 

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Auffassung der belangten Behörde, die am 11. Mai 2005 von den Beschwerdeführern gestellten Asylanträge wären wegen der Fortsetzung der am 18. September 2003 eingestellten Asylverfahren "obsolet" gewesen, im Ergebnis gefolgt werden kann. Es entspricht nämlich der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum AsylG, dass ein im Falle eines noch nicht endgültig abgeschlossenen Asylverfahrens gestellter weiterer Asylantrag ohne selbständiges Schicksal als ergänzendes Vorbringen zum ursprünglichen Asylantrag zu behandeln ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. April 2005, Zl. 2004/01/0491, mwH).

 

Aus den vorgelegten Akten ergibt sich, dass das Bundesasylamt (im Einklang mit dieser Judikatur) am 17. Mai 2005 im Asylwerberinformationssystem zu den die Beschwerdeführer betreffenden, im Jahr 2005 neu angelegten Aktenzahlen eine "Datenbereinigung" durchführte und die jeweiligen Asylverfahren unter den bereits im Jahr 2003 - aufgrund der damals gestellten Asylanträge - vergebenen Aktenzahlen (ohne die im Jahr 2005 gestellten Asylanträge als gegenstandslos abzulegen) weiter führte.

 

Insofern erweist sich letztlich die Ansicht der belangten Behörde, aufgrund der Übergangsbestimmung des § 44 Abs. 1 AsylG idF BGBl. I Nr. 129/2004 handle es sich hier bei den für die Asylverfahren, die aufgrund vor dem 1. Mai 2004 gestellter Anträge eingeleitet wurden, maßgeblichen Vorschriften des AsylG um jene in der Fassung des BGBl. I Nr. 126/2002, als zutreffend.

 

Die belangte Behörde geht nun davon aus, die am 18. September 2003 eingestellten Asylverfahren seien vom Bundesasylamt erst durch die am 7. Juni 2005 erfolgten Einvernahmen der Beschwerdeführer fortgesetzt worden. Diese Ansicht findet allerdings in den vorgelegten Verwaltungsakten keine Deckung. Aus den in den Akten erliegenden Auszügen aus dem Asylwerberinformationssystem ergibt sich (wie bereits erwähnt), dass am 17. Mai 2005 zu den aus dem Jahr 2003 stammenden Aktenzahlen eingetragen wurde, es sei zu den im Jahr 2005 auf Grund der neuerlichen Asylantragstellungen angelegten Aktenzahlen eine Datenbereinigung vorgenommen worden, und die Fortführung der Asylverfahren erfolge unter den aus dem Jahr 2003 stammenden Aktenzahlen. Darüber hinaus ist den unmittelbar anschließenden Eintragungen zu entnehmen, dass die im Jahr 2003 angelegten Asylakten von der Außenstelle Eisenstadt des Bundesasylamtes zur weiteren Verfahrensführung an die Außenstelle Linz des Bundesasylamtes übermittelt wurden. Bereits am 20. Mai 2005 wurden - den weiteren Eintragungen zufolge - an die Beschwerdeführer Ladungen zwecks Einvernahme vor dem Bundesasylamt abgefertigt.

 

Sohin ist in den Verwaltungsakten ausreichend dokumentiert, dass das Bundesasylamt zur Fortsetzung der eingestellten Asylverfahren schon am 17. Mai 2005 konkrete Schritte gesetzt hat. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde sind diese bereits ausreichend, um von einer Verfahrensfortsetzung iSd § 30 Abs. 2 AsylG sprechen zu können (vgl. Schmid/Frank/Anerinhof, AsylG2, § 30, K 20; vgl. auch zur insoweit gleichartigen Rechtslage nach dem Asylgesetz 2005 Frank/Anerinhof/Filzwieser, AsylG 20054, § 24, K 18). Dass eine Verfahrensfortsetzung - wie die belangte Behörde meint - erst in jenem Zeitpunkt möglich iSd § 30 Abs. 2 AsylG wäre, in dem die Einvernahme eines Asylwerbers tatsächlich stattfinde, und daher erst zu dieser Zeit die Fortsetzung des Asylverfahrens vorliege, kann dem Gesetz hingegen nicht entnommen werden.

 

Die belangte Behörde geht in den angefochtenen Bescheiden, indem sie ausführt, die Beschwerdeführer hätten ihre vorläufige Aufenthaltsberechtigung durch Einstellung der Verfahren verloren gehabt, davon aus, sie hätten vor den Verfahrenseinstellungen im Jahr 2003 über solche verfügt.

 

Ausgehend von ihrer Annahme, die Beschwerdeführer hätten bis zur Einstellung ihrer Asylverfahren im Jahr 2003 über - infolge Fortsetzung der Asylverfahren wieder auflebende - vorläufige Aufenthaltsberechtigungen verfügt, hätte die belangte Behörde nun aber iSd § 21 Abs. 1 AsylG idF BGBl. I Nr. 126/2002 zu prüfen gehabt, ob die Beschwerdeführer ihre Asylanträge entweder außerhalb einer Vorführung persönlich beim Bundesasylamt eingebracht haben oder diese anlässlich der Grenzkontrolle oder anlässlich eines von ihnen sonst einer Sicherheitsbehörde oder einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgenommenen Kontaktes gestellt haben, weil dann auf die Beschwerdeführer (u.a.) § 61 FrG, sohin die als Grundlage für die Schubhaften dienende Bestimmung, nicht anwendbar gewesen wäre.

 

In diesem Zusammenhang wird die belangte Behörde allerdings auch zu klären haben, ab wann den Beschwerdeführern die vorläufige Aufenthaltsberechtigung im Sinne des § 19 Abs. 2 AsylG idF BGBl. I Nr. 126/2002 zukam. Ungeachtet der von der belangten Behörde geäußerten Ansicht, die Beschwerdeführer hätten ihre vorläufigen Aufenthaltsberechtigungen mit Einstellung der Asylverfahren verloren gehabt, ergeben sich aus den Feststellungen zur Art der im Jahr 2003 erfolgten Einreise deutliche Hinweise dafür, dass die vorläufigen Aufenthaltsberechtigungen nicht mit den Antragstellungen im Jahr 2003 nach § 19 Abs. 1 AsylG idF BGBl. I Nr. 126/2002 entstanden sein könnten, sondern den Beschwerdeführern erst ab Zuerkennung iSd § 19 Abs. 2 AsylG idF BGBl. I Nr. 126/2002 zugestanden sein könnten. Dann aber wäre der Zeitpunkt der Zuerkennungen durch die Asylbehörde für die Beurteilung von Relevanz."

 

1.5. Zur Sachverhaltsergänzung wurde vom Unabhängigen Verwaltungssenat mit Schreiben vom 24. Juli 2009 vom Asylgerichtshof die bei diesem befindlichen Asylakte herbeigeschafft.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die Beschwerde, den vorgelegten Verwaltungsakt und die vom Asylgerichtshof angeforderten Unterlagen betreffend das Asylverfahren festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinreichend geklärt erscheint, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

 

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat über die vorliegende Beschwerde erwogen:

 

3.1. Mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung kann gemäß § 72 Abs. 1 FrG 1997 der Unabhängige Verwaltungssenat von dem angerufen werden, der gemäß § 63 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf das FrG 1997 angehalten wird oder wurde.

 

Nach dem § 73 Abs. 4 FrG 1997 hat der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

Die Bfin wurde von der belangten Behörde von 17. Mai 2005 bis 8. Juni 2005 in Schubhaft angehalten. Ihre Beschwerde vom 8. Juni 2005 (beim Unabhängigen Verwaltungssenat am 16. Juni 2005 per Fax eingelangt) gegen die Verhängung der Schubhaft ist damit zulässig.

3.2. Gemäß § 61 Abs.1 FrG 1997 können Fremde festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Gemäß § 31 Abs. 1 leg. cit. halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie unter Einhaltung der Bestimmungen des 2. Hauptstückes und ohne die Grenzkontrolle zu umgehen eingereist sind oder

2.  wenn sie auf Grund eines Aufenthaltstitels oder einer Verordnung für Vertriebene (§ 29) zum Aufenthalt berechtigt sind oder

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind oder

4. solange ihnen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 zukommt.

 

Wie sich aus den Feststellungen ergibt, erfüllt der Aufenthalt der Bfin im Jahr 2003 keine dieser Voraussetzungen, daher hält sie sich nicht rechtmäßig in Österreich auf.

 

3.3. Gemäß § 1 Z. 3 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 1997 - AsylG, BGBl I Nr. 76/1997, idF BGBl. I Nr. 126/2002) ist unter Asylwerber ein Fremder oder eine Fremde ab Einbringung eines Asylantrages bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens oder bis zu dessen Einstellung zu verstehen.

 

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG ist ein Asylantrag gestellt, wenn Fremde auf welche Weise immer gegenüber einer Sicherheitsbehörde oder einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu erkennen geben, in Österreich Schutz vor Verfolgung zu suchen.

 

Die Bfin stellte am 30. August 2003 anlässlich ihres Aufgriffs beim G A einen Asylantrag und war ab diesem Zeitpunkt Asylwerberin in Österreich.

 

3.4. Gem. § 19 Abs. 1 Asylgesetz 1997 idF BGBl.I Nr. 126/2002 sind Asylwerber, die sich - sei es auch im Rahmen einer Vorführung nach Anreise über einen Flugplatz oder nach direkter Anreise aus dem Herkunftsstaat (§ 17 Abs. 1) - im Bundesgebiet befinden, vorläufig zum Aufenthalt berechtigt, es sei denn, ihr Antrag wäre wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

 

Nach Abs.2 leg.cit. haben Asylwerber, die unter Umgehung der Grenzkontrolle oder entgegen den Bestimmungen des 2. Hauptstückes des Fremdengesetzes eingereist sind, die vorläufige Aufenthaltsberechtigung erst, wenn sie von der Behörde zuerkannt wird. Die Behörde hat solchen Asylwerbern, deren Antrag zulässig, aber nicht offensichtlich unbegründet ist, unverzüglich die vorläufige Aufenthaltsberechtigung durch Aushändigung der Bescheinigung zuzuerkennen.

 

Aufgrund der illegalen Einreise nach Österreich konnte die Bfin die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nur durch Zuerkennung durch die Behörde erlangen. Aus den vorliegenden Akten ist nicht ersichtlich, dass eine Zuerkennung durch die Behörde erfolgt war. Die Bfin hatte damit keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung.

 

3.5. Gem. § 21 Abs. 1 Asylgesetz 1997 idF BGBl.I Nr. 126/2002 findet auf Asylwerber - soweit im Folgenden nicht anderes festgelegt wird - das Fremdengesetz insgesamt Anwendung, die §§ 33 Abs. 2, 36 Abs. 2 Z 7, 55 und 61 bis 63 FrG jedoch  nicht auf Asylwerber mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung, sofern sie

1. den Antrag außerhalb einer Vorführung persönlich beim Bundesasylamt eingebracht haben;

2. den Antrag anlässlich der Grenzkontrolle oder anlässlich eines von ihnen sonst mit einer Sicherheitsbehörde oder einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgenommenen Kontaktes gestellt haben.

 

Weil die Bfin als illegal eingereiste Fremde aufgegriffen wurde und ihren Asylantrag im Zuge ihrer Vernehmung in der Grenzbezirksstelle N am S gestellt hatte, sie somit ihren Asylantrag weder persönlich beim Bundesasylamt eingebracht hatte, noch von ihr aus der Kontakt zu den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes hergestellt wurde, finden auch die §§ 61 bis 63 FrG Anwendung.

 

Gem. Abs. 2 leg.cit darf ein Asylwerber nicht in den Herkunftsstaat zurückgewiesen und überhaupt nicht zurückgeschoben oder abgeschoben werden.

 

Nach der vom VwGH zu diesem Verfahren geäußerten Ansicht, die gem. § 30 Abs.1 AsylG eingestellten Asylverfahren seien iSd § 30 Abs.2 AsylG am 17. Mai 2005, also am Tag der Verhängung der bekämpften Schubhaft fortgesetzt worden, war die Bfin zu diesem Zeitpunkt (wieder) Asylwerberin und durfte nicht in den Herkunftsstaat zurückgewiesen und überhaupt nicht zurückgeschoben oder abgeschoben werden.

Der Behörde erster Instanz war es somit verwehrt, die Inschubhaftnahme und deren Aufrechterhaltung zur Sicherung der Abschiebung anzuordnen.

Die Inschubhaftnahme zur Sicherung eines Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbots oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit erfolgte jedoch rechtmäßig.

3.6. Eine Prüfung der Gründe einer Annahme, die Rechtsmittelwerberin werde sich dem Verfahren entziehen (§ 61 Abs.1 FrG 1997), konnte unterbleiben, hielt sie sich doch nicht rechtmäßig in Österreich auf.

3.7. Gem. § 66 Abs. 1 FrG 1997 kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann.

Als gelinderes Mittel kommt insbesonders die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen (Abs. 2 leg.cit).

Ausgehend davon, dass die Bfin ab 11. Mai 2005 Anspruch auf Bundesbetreuung hatte und ab 17. Mai 2005 ihr Asylverfahren fortgesetzt wurde, war die Annahme der belangten Behörde, die Bfin sei mittellos und ohne ordentlichen Wohnsitz, nicht zutreffend, war doch ausreichend für ihre Unterkunft und Verpflegung gesorgt.

Die belangte Behörde hat im bekämpften Bescheid lediglich angeführt, es sei aufgrund ihres bisherigen Verhaltens im Bundesgebiet zu befürchten, sie werde sich - auf freiem Fuß belassen – dem weiteren Zugriff der Behörde entziehen. Damit aber hat sie nicht ausreichend begründet, warum die Verhängung der Schubhaft erforderlich gewesen ist und die Anwendung gelinderer Mittel nicht zum Tragen kommen konnten. Es ist nämlich nicht ersichtlich, warum die Bfin, die nachdem sie rund zwei Jahre untergetaucht war und nun ihr im Bundesgebiet zwischenzeitig eingestelltes Asylverfahren fortsetzen wollte, die Unterstützung, die ihr durch die Bundesbetreuung zuteil wurde, freiwillig aufgeben und neuerlich untertauchen hätte sollen. Bereits aufgrund dieses Begründungsmangels ist der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet. 

Überdies sind Gründe, die im Sinne der vorzunehmenden Verhältnismäßigkeitsprüfung gegen die Anwendung gelinderer Mittel sprechen würden, im konkreten Fall nicht ersichtlich, sodass die Verhängung der Schubhaft unter Bedachtnahme auf die Alternativen des § 66 FPG nicht erforderlich und somit rechtswidrig war.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Beschwerdeführerin als der obsiegenden Partei (vgl. § 79a Abs.2 AVG) gemäß den § 79a Abs.5 AVG antragsgemäß der notwendige Schriftsatzaufwand in Höhe von 660,80 Euro, zuzüglich der von der Beschwerdeführerin zu entrichtenden Eingabegebühr (§ 79a Abs.4 Z1 AVG) von 13 Euro für die Beschwerde, insgesamt daher 673,80 Euro, zuzusprechen.

 

Analog dem § 59 Abs.4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von 2 Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die neue Regelung idF BGBl. Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Bergmayr-Mann

 

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