Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300907/2/Gf/Mu/Bu

Linz, 24.09.2009

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des M B, E. , D  W, vertreten durch RA H M, S Nr. , D  M, wegen einer Übertretung des Tierschutzgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben wird.

II. Der Beschwerdeführer hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 64 Abs. 1 i.V.m. § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf vom 18. August 2009, GZ Pol96-19-1-2009-Sk, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von 800 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage) verhängt, weil er im Zuge der Anlieferung von Schlachtschweinen diese derart in einen bereits besetzten Wartestall verbracht habe, dass sie dort teilweise übereinander gelegen und unter widrigen Witterungsverhältnissen verwahrt worden seien; dadurch seien diese Tiere einer erheblichen Bewegungsbeschränkung ausgesetzt gewesen, wobei ihnen ungerechtfertigte Schmerzen und Leiden zugefügt und sie in erhebliche Angst versetzt worden seien. Durch diese Vorgangsweise habe der Beschwerdeführer eine Übertretung des § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 10 des Tierschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 118/2004, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 35/2008 (im Folgenden: TierSchG), begangen, weshalb er gemäß § 38 Abs. 1 TierSchG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der dem Rechtsmittelwerber angelastete Sachverhalt auf Grund entsprechender Wahrnehmungen eines zeugenschaftlich einvernommenen Amtstierarztes als erwiesen anzusehen sei. Im Zuge der Strafbemessung seien die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als mildernd, seine Uneinsichtigkeit hingegen als erschwerend zu werten und die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

1.2. Gegen dieses ihm am 19. August 2009 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die gegenständliche, am 2. September 2009 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Darin bringt der Rechtsmittelwerber unter Hinweis auf seine bereits im Verfahren vor der belangten Behörde abgegebene Stellungnahme vom 26. Mai 2009 vor, dass er das Schlachtvieh nach der Anlieferung ordnungsgemäß und tiergerecht in Stallungen gesperrt habe; dabei habe er sie aber weder zusammengepfercht noch seien Tiere übereinander zu liegen gekommen. Danach habe er das Rolltor geschlossen, wobei zu diesem Zeitpunkt weder Schneefall noch ein Sturm geherrscht hätten. Davon abgesehen erscheine die Strafe vor dem Hintergrund, dass das von der Behörde angenommene monatliche Nettoeinkommen in Höhe von 1.500 Euro nicht den Tatsachen entspreche und er als Familienvater für seine Angehörigen zu sorgen habe, als unangemessen hoch.

Daher wird die Aufhebung der angefochtenen Straferkenntnisse, in eventu eine Herabsetzung der Strafe beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Kirchdorf zu GZ Pol96-19-1-2009; da sich bereits aus diesem in Verbindung mit dem Parteienvorbringen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Weil in dem diesem Verfahren zu Grunde liegenden Straferkenntnis weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war im Rechtsmittelverfahren ein Einzelmitglied zur Entscheidung zuständig (vgl. § 51c VStG und § 67a AVG).

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 38 Abs. 1 Z. 1 TierSchG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 7.500 Euro zu bestrafen, der einem Tier Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zufügt.

Nach § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 10 TierSchG ist es insbesondere verboten, ein Tier Temperaturen, Witterungseinflüssen, Sauerstoffmangel oder einer Bewegungseinschränkung auszusetzen und ihm dadurch Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zuzufügen.

3.2. Im gegenständlichen Fall scheint zwar allseits unbestritten festzustehen, dass die Tiere vom Beschwerdeführer am 24. März 2009 vor 1.30 Uhr abgeladen wurden und die Kontrolle durch den Amtstierarzt (erst) um 6.15 Uhr dieses Tages erfolgte.

Dem in der Stellungnahme des Unternehmens des Rechtsmittelwerbers vom 28. April 2009 erhobenen Einwand, dass nach 1.30 Uhr auch noch von anderen Firmen Tiere angeliefert worden sein könnten, ist die belangte Behörde grundsätzlich unter Hinweis auf eine entsprechende Äußerung des Schlachtbetriebes dahin entgegen getreten, dass in dieser Nacht 2 LKW für eine näher bezeichnete GmbH jeweils ca. 180 Tiere angeliefert haben – wobei es sich beim Unternehmen des Beschwerdeführers um den späteren Transport gehandelt haben soll –, sodass dadurch die insgesamt bloß auf 300 Tiere ausgelegte Stallquantität zwangsläufig überschritten wurde. Die erste dieser beiden Anlieferungen sei dabei „schon Stunden“ vor jener des Rechtsmittelwerbers erfolgt (vgl. das e-mail des Schlachtbetriebes vom 30. April 2009); allerdings konnten weder der Schlachtbetrieb noch der Amtstierarzt die an sie seitens der belangten Behörde dezidiert gestellte Frage, „wann genau diese Anlieferung“ bzw. dass diese „eigentlich schon am Vortag erfolgt sein müsste“ (vgl. die e‑mails der BH Kirchdorf vom 30. April bzw. vom 6. Mai 2009), beantworten (möglicherweise findet sich auch deshalb – entgegen der Anordnung des § 44a Z. 1 VStG – kein Tatzeitpunkt bzw. Tatzeitraum im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses).

Die Klärung dieser Frage durch diese beiden Personen wäre jedoch insofern von essentieller Bedeutung gewesen, weil ansonsten offenbar keine (insbesondere keine schriftlichen) Belege dafür vorliegen, zu welchem Zeitpunkt diese beiden oder sonstige Lieferungen im näheren Umfeld des Tatzeitraumes genau erfolgten.

Auf Basis einer solchen Beweislage kann aber nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass nicht tatsächlich nach der Abladung der Tiere durch den Beschwerdeführer auch noch eine weitere Anlieferung durch einen anderen Unternehmer erfolgte (nach der Stellungnahme des Schlachtbetriebes vom 29. April 2009 dürfen Schweine nämlich grundsätzlich jeweils bereits ab 4.00 Uhr abgeladen werden, wobei die Schlachtung dann ab 6.00 Uhr beginnt), und zwar allenfalls erst kurz vor der am 24. März 2009 um 6.15 Uhr durchgeführten tierärztlichen Kontrolle, sodass es dann nicht schon während der gesamten Nacht, sondern erst unmittelbar vor diesem Zeitpunkt zu den festgestellten Missständen gekommen ist (wobei eine dementsprechende Reduzierung des Tatzeitraumes wiederum Auswirkungen auf die Strafhöhe zeitigen müsste).

3.3. Da die Unabhängigen Verwaltungssenate aber nach Art. 129 ff B-VG lediglich als ein Organ der Rechtmäßigkeitskontrolle, nicht jedoch auch als ein solches zu fungieren haben, das darüber hinaus auch selbst „die Verwaltung führt“ – und in diesem Zusammenhang insbesondere auch nicht die Rolle einer Strafverfolgungsbehörde wahrnehmen darf –, war daher bei der gegebenen Beweislage im Zweifel (vgl. Art. 6 Abs. 2 EMRK) zugunsten des Rechtsmittelwerbers der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war.

Eine Einstellung des Strafverfahrens war hingegen im Hinblick auf die weiterhin offene Strafbarkeitsverjährungsfrist (§ 31 Abs. 3 VStG) nicht zu verfügen; ob und bejahendenfalls in welchen Umfang das Verwaltungsstrafverfahren fortgeführt wird, hat vielmehr die belangte Behörde aus eigenem zu beurteilen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 64 Abs. 1 i.V.m. § 65 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbetrag zum Rechtsmittelverfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.


 

Dr.  G r o f

Rechtssatz:

 

VwSen-300907/2/Gf/Mu/Bu vom 24. September 2009:

 

Art. 6 Abs. 2 EMRK; Art. 129 B-VG; § 31 Abs. 3 VStG

 

– Bloße Aufhebung des Straferkenntnisses ohne Einstellung des Strafverfahrens, wenn im Zweifel zu Gunsten des Beschuldigten davon auszugehen ist, dass keine ausreichenden Beweise für ein strafbares Verhalten vorliegen und ;

Die Unabhängigen Verwaltungssenate haben nach Art. 129 ff B-VG lediglich als ein Organ der Rechtmäßigkeitskontrolle, nicht jedoch auch als ein solches zu fungieren, das darüber hinaus auch selbst „die Verwaltung führt“ – und in diesem Zusammenhang insbesondere die Rolle einer Strafverfolgungsbehörde wahrnimmt.

 

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