Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-390267/2/WEI/Ps

Linz, 24.09.2009

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung der X, vertreten durch Dr. X, gegen das Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg vom 13. November 2008, Zl. BMVIT-635.540/0967/08 wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Telekommunikationsgesetz 2003 - TKG 2003 (BGBl I Nr. 70/2003 idF BGBl I Nr. 133/2005) zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG; § 66 Abs 1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die belangte Behörde die Berufungswerberin (im Folgenden Bwin) wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

 

"Sie haben es als Geschäftsführerin und damit als zur Vertretung der Fa. X, (im weiteren kurz: Fa. M) nach außen berufene Person zu verantworten, dass durch die Fa. X am 10.09.2008 um 14:35 Uhr ein Anruf zu Werbezwecken (Werbung für Teilnahme an einem Lottospiel durch eine angebliche Frau X, welche sich als Mitarbeiterin der Firma X vorgestellt hat) bei Frau X, unter der Telefonnummer X ohne vorherige Einwilligung der Teilnehmers X, oder einer anderen Person, welche mit Zustimmung des Teilnehmers den Anschluss benützt hat, durchgeführt wurde."

 

Dadurch habe die Bwin die Rechtsvorschriften des § 107 Abs 1 iVm § 109 Abs 3 Z 19 Telekommunikationsgesetz (TKG), BGBl I Nr. 70/2003, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 133/2005, iVm § 9 Abs 1 VStG verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung verhängte die belangte Behörde gemäß "§ 109 Abs. 1 Zif. 19 TKG" (richtig wäre: Strafrahmen des § 109 Abs 3 TKG) eine Geldstrafe von 1.840 Euro  und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tagen. An Kosten des Strafverfahrens wurden der Bwin 185 Euro (10 % der Geldstrafe) vorgeschrieben.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, welches der Bwin am 14. November 2008 zugestellt wurde, richtet sich die durch ihren Rechtsvertreter rechtzeitig am 28. November 2008 bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung, mit der die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung der Strafverfahren wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit angestrebt wird.

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende Gang des Verfahrens und Sachverhalt:

 

2.1. Mit Schreiben vom 10. September 2008 erstattete Frau X Anzeige an die belangte Behörde wegen Telefonwerbung durch Mitarbeiter der Fa. X und Zuwiderhandlung gegen § 107 Telekommunikationsgesetz.

 

Am 8. September 2008 (Uhrzeit unbekannt) sei sie von einem gewissen Herrn X unter dem Telefonanschluss X ihres Vaters unerbeten zu Werbezwecken telefonisch kontaktiert worden. Konkret hätte sich Herr X als Mitarbeiter der Gesellschaft "X" gemeldet und eine einfache Gewinnfrage gestellt, die mit A oder B zu beantworten gewesen wäre. Er hätte ihr dann zur richtigen Antwort herzlich gratuliert und erklärt, dass sie nun die Möglichkeit erlangt habe, Lottoscheine günstig zu erwerben und zusätzlich an der Verlosung des größten Jackpots von Europa teilzunehmen. Sie wäre in weiterer Folge gekonnt in ein Gespräch verwickelt und mit zahlreichen Informationen konfrontiert worden, so dass sie den genauen Inhalt nicht mehr anführen könnte. Derart unter Druck gesetzt hätte sie Herrn X zu ihrem Bedauern neben ihrem Namen und Geburtsdatum auch ihre Kontonummer und das Bankinstitut preisgegeben. Als sie ihren Fehler bemerkte hätte sie Herrn X ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, telefonisch keinen Vertrag abschließen zu wollen. Dieser hätte ihr mitgeteilt, dass dies auch nicht der Fall wäre.

 

Am 10. September 2008 um 14:35 Uhr wäre die Anzeigerin neuerlich ungebeten von einer gewissen Frau X von der Fa. X telefonisch kontaktiert worden. Diese hätte ihr erklärt, dass ihr nun Unterlagen zugesandt werden würden. Gleichzeitig hätte sie ihr zwecks Kontrolle ihre persönlichen Daten vorgelesen. Sie hätte Frau X darauf aufmerksam gemacht, dass sie kein Interesse an der Teilnahme hätte, worauf diese erklärt hätte, dass ihre Daten nun aus dem Computer gelöscht werden würden. Da sie dem aber kein Vertrauen schenkte, hätte sie sicherheitshalber ein eingeschriebenes Schreiben an die Fa. X geschickt, in dem sie ihren Rücktritt aus einem eventuell bestehenden Vertrag erklärte.

 

2.2. Einer aktenkundigen Firmenbuchinformation vom 25. September 2008 betreffend die Fa. X (http://X; e-mail: X) ist zu entnehmen, dass Frau X, als selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführerin seit 26. November 2005 fungiert.

 

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 24. Oktober 2008 lastete die belangte Behörde der Bwin die Verwaltungsübertretungen im Wesentlichen wie im angefochtenen Straferkenntnis an. Die Bwin hat darauf nicht reagiert. In weiterer Folge erging das angefochtene Straferkenntnis vom 13. November 2008.

 

2.3. In der Begründung des Straferkenntnisses bezieht sich die belangte Behörde zum Sachverhalt auf die oben wiedergegebene Anzeige der Frau X.

 

Die belangte Behörde ging auch für den vorliegenden Fall vom Vertriebsschema aus, wonach der Erstanruf am 8. September 2008 "im Auftrag der Fa. X" durch die Fa. X von Spanien aus erfolgte und der Zweitanruf am 10. September 2008 zum Zweck eines Datenabgleichs und Vertragsabschlusses durch die Fa. X erfolgt sei.

 

2.3.1. Auf Grund der bisherigen Ermittlungen und der Niederschrift vom 13. April 2007 in den Verfahren BMVIT-635.540/0080 bis 0082/07 ergebe sich das folgende Zusammenwirken zwischen der Fa. X und der Fa. X:

 

Die Fa. X habe am 1. November 2005 mit der Fa. X einen Vertrag abgeschlossen, demzufolge sie von dieser Adressdatensätze ankauft. Die von der X angeworbenen Kunden haben einen ausdrückliche Zustimmungserklärung abzugeben, dass sie von durch die Fa. X kontaktiert werden können (Allgemeines/Pkt. 2.). Im Widerspruch zu dieser Vertragsklausel sei es der Fa. X jedoch untersagt, im Rahmen der Kundenakquisition auf die Fa. X hinzuweisen bzw. deren Namen zu verwenden (Allgemeines/Pkt. 3.). Die Fa. X werbe auf der Grundlage dieses Vertrags für die Fa. X Kunden in Österreich an, indem sie von Spanien aus Werbeanrufe in Österreich durchführe.

 

In den Erstanrufen würden die Teilnehmer von der X bedrängt, persönliche Daten und die Kontoverbindung bekannt zu geben. Die bei diesen Werbeanrufen ermittelten Daten leite die X an die Fa. X weiter. Die Tatsache, dass diese Daten vorliegen, werde von der Fa. X als Zustimmung zu einem weiteren Werbeanruf gewertet, der in der Folge von der Fa. X durchgeführt werde. Bei diesem Zweitanruf würden die übermittelten Daten noch einmal überprüft werden und mit dem Teilnehmer ein Vertrag über die Teilnahme an einem Gewinnspiel abgeschlossen.

 

2.3.2. Die belangte Behörde stellt in der rechtlichen Beurteilung auf § 9 Abs 1 VStG ab. Auf Grund der bisherigen Anzeigen gegen die Fa. X, der Stellungnahmen der Beschuldigten und der glaubwürdigen Angaben der Anzeigeerstatterin bestehe für die belangte Behörde kein Zweifel, dass der Anruf, in dem die Angerufene zur Teilnahme an einem Gewinnspiel (laut Homepage betreibe die Fa. X ein Wettstudio und ein Lottostudio) bewegt werden sollte, so erfolgt sei, wie es die Anzeigeerstatterin beschreibt. Die Beschuldigte bestreite auch nicht, dass derartige Anrufe von ihrem Unternehmen aus durchgeführt werden.

 

Dass es sich beim Zweitanruf ebenso wie beim Erstanruf der Fa. X um einen Anruf zu Werbezwecken gehandelt habe, sei offensichtlich. Zweck des Anrufs sei es gewesen, nach Übermittlung der Daten durch die Fa. X die betreffende Person zum Abschluss eines Vertrages betreffend die Teilnahme an einem Lottospiel zu bewegen. Die Beschuldigte habe dies auch nicht bestritten, wende jedoch eine Einwilligung dadurch ein, dass beim Erstanruf der gesamte Adressdatensatz bekannt gegeben wurde.

 

Diese Ansicht könne die Fernmeldbehörde nicht teilen. Die Einwilligung sei eine einseitige freiwillige Willenserklärung, bei der dem Erklärenden klar bewusst sein müsse, was Inhalt der Erklärung ist, bzw worauf sich seine Erklärung bezieht. Ein Herauslocken oder ein beharrliches Drängen auf Bekanntgabe persönlicher Daten bzw. einer Kontoverbindung, was im gegenständlichen Fall glaubwürdig erfolgt wäre, erfülle die Kriterien einer freiwilligen Willenserklärung jedenfalls nicht.

 

Da die Teilnehmerin gar nicht gefragt worden sei, ob sie einem weiteren Werbeanruf zustimmt, wäre sie gar nicht in der Lage gewesen, eine diesbezügliche Willenserklärung abzugeben. Sie habe im Gegenteil bekannt gegeben, dass sie nicht gewillt sei, einen Vertrag am Telefon abzuschließen. Die Bekanntgabe von Daten sei eine Wissenserklärung und könne unter den gegebenen Umständen auch nicht in eine konkludente Einwilligung umgedeutet werden. Für den Werbeanruf der Fa. M wäre daher keine vorherige Einwilligung der Teilnehmerin vorgelegen.

 

Es sei daher als erwiesen anzunehmen, dass in objektiver Hinsicht gegen die angeführten Gesetzesbestimmungen verstoßen wurde.

 

2.3.3. Die Gesetzesverletzung sei der Bwin aber auch subjektiv zuzurechnen und von ihr als Geschäftsführerin der Fa. X strafrechtlich zu verantworten, weil sie als Geschäftsführerin der Fa. X durch entsprechende Aufsichts- und Kontrollmaßnahmen dafür zu sorgen gehabt hätte, dass beim Betrieb ihres Unternehmens die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden. Da Werbeanrufe nur nach vorheriger Einwilligung zulässig sind, wäre es Obliegenheit der Beschuldigten, das Vorliegen dieser Voraussetzung zu prüfen und Kontrollmaßnahmen einzurichten, welche die Beachtung der gesetzlichen Vorschriften sicherstellen.

 

Die Beschuldigte hätte am 13. April 2007 mündlich zu Protokoll gegeben, dass ihr die zu beachtenden gesetzlichen Bestimmungen bekannt wären. Trotzdem ergreife sie offensichtlich keine wirksamen Maßnahmen, um die Durchführung unzulässiger Werbeanrufe, sei es durch Mitarbeiter des eigenen Unternehmens oder durch Mitarbeiter eines Vertragsunternehmens, abzustellen. Dies werde durch die große Anzahl der Anzeigen belegt. Die Beschuldigte hätte in Kenntnis der rechtwidrigen Anrufpraxis der Fa. X keinesfalls gutgläubig von einer vorherigen Einwilligung für weitere Werbeanrufe ausgehen können.

 

Indem die Beschuldigte die sie treffenden Aufsichts- und Kontrollpflichten nicht wahrnehme, nehme sie in Kauf, dass durch Erfüllungsgehilfen der Fa. X bei jeder sich bietenden Gelegenheit gegen die gesetzlichen Bestimmungen verstoßen wird, und sei finde sich offensichtlich damit ab. Als Verschuldensgrad sei zumindest bedingter Vorsatz anzunehmen.

 

2.4. In der rechtsfreundlich vertretenen Berufung wird ausgeführt, dass die X eine Lotterieanbieterin mit diversen Lottospielmöglichkeiten sei. Zum Beispiel werden Spiellose für Lotto 6 aus 45 oder Euromillionen angeboten. Die Betriebstätigkeit der Fa. X sei vor allem über die eigene Homepage ausgerichtet und werde über Links und Buttons auf anderen Internetseiten für die eigene Homepage Werbung gemacht. Die Kontaktwerbung erfolge zum überwiegenden Teil über Internetportale.

 

Seit November 2005 stehe die Fa. X in Geschäftsbeziehung zur Firma X s.l. Im Rahmen dieser Geschäftsbeziehung verkaufe die Fa. X als Verkäuferin Adressdatensätze an die Fa. X. Diese Adressdatensätze müssten aus Vorname, Nachname, Anschrift, Geburtsdatum, Geschlecht, Telefonnummer, E-mail (sofern vorhanden) und Bankverbindung bestehen. Voraussetzung für den Ankauf bzw. zur Berechtigung der Übermittlung solcher Adressdatensätze an die X sei die ausdrückliche Zustimmungserklärung des/der im Adressdatensatz Genannten. Aktivitäten und Akquisitionen, insbesondere das Ersttelefonat mit einem Kunden, würden von der X selbständig und von Spanien aus geführt. Die X habe darauf keinen Einfluss und sei in die Kundenakquirierung nicht involviert.

 

Die Fa. X habe im Rahmen der geschäftlichen Verbindung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass vermittelte Adressdateien unbedingt unter Einhaltung der in den jeweiligen Ländern herrschenden Gesetze, daher legal erhoben sein müssen. Sofern der Kunde die ausdrückliche Zustimmung erteilt hat, dass die Fa. X Adressdatensätze an Dritte, wie z.B. die Fa. X, weitergibt, erhalte die X eine vollständig ausgefüllte Kundendatei, beinhaltend vor allem auch die Kontoverbindung des Kunden. Erst zu diesem Zeitpunkt und nur unter der Voraussetzung, dass der Fa. X ein vollständiger Adressdatensatz mit Kundendaten und der ausdrücklichen Zustimmung zur weiteren Verwendung durch den Kunden vorliege, werde ein Zweitanruf durch die Fa. X vorgenommen.

 

Dass bei Übermittlung eines vollständigen Adressdatensatzes auch von der Zustimmung des Kunden zu einem Zweitanruf ausgegangen werden dürfe ergäbe schon der Umstand, dass der Kunde widrigenfalls seine Daten, insbesondere auch die Kontoverbindung, sicherlich nicht bekannt gegeben hätte. Sofern jedoch der Kunde keine ausdrückliche Zustimmung zu einem Zweitanruf gegenüber der Fa. X abgegeben hat, erfolge von der Fa. X kein Anruf.

 

Der Bwin liege hinsichtlich der angerufenen Frau X ein vollständiger Datensatz (Vorname, Nachname, Geburtsdatum sowie Kontodaten und Bankverbindung) vor. Weiters sei vermerkt worden, dass Frau X eine Information über die angebotenen Produkte auf dem Postweg und nicht über das Internet wünsche. Die Bwin habe daher berechtigt davon ausgehen können, dass die Angerufene ihre Zustimmung zum Anruf gegeben hat.

 

In rechtlicher Hinsicht (Punkt V.) wird gerügt, dass die Straferkenntnisse der belangten Behörde mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet seien. Dem Vorwurf der Verletzung der Aufsichtspflicht wird entgegnet, dass die Bwin als Geschäftsführerin der Fa. X dafür sorge, dass beim Betrieb ihres Unternehmens die gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere auch des Verwaltungsrechts, eingehalten werden. Soweit von der X Anrufe getätigt werden, erfolgten diese nur in jenen Fällen, in denen eine Zustimmung der Anzurufenden und ein vollständiger Adressdatensatz vorliegen.

 

Frau X habe sämtliche persönlichen Daten (vollständiger Datensatz) bekannt gegeben, welche der Bwin vorlägen. Entgegen der belangten Behörde nehme es die Bwin keinesfalls in Kauf, dass durch ihre Unternehmung Gesetze verletzt werden. Ganz im Gegenteil wäre die Bwin durch die Bekanntgabe sämtlicher für die Teilnahme am Gewinnspiel erforderlichen Daten subjektiv zur Annahme berechtigt gewesen, dass Frau X ihre Zustimmung zu einem Anruf erteilt hat. Das Verhalten der Frau X erscheine hinterfragungswürdig. Beim Zweitanruf durch eine Angestellte der Fa. X am 10. September 2008 habe Frau X erstmals für die Bwin erkennbar erklärt, dass sie am Gewinnlos nicht teilnehmen wolle. Dies sei notiert und Frau X aus der Kundendatei sofort entfernt worden. Der Anzeigerin sei dies auch schriftlich mit dem beiliegenden Schreiben vom 15. September 2008 (irrtümlich mit 15.8.2008 datiert) mitgeteilt worden. Auf diesem Schreiben finde sich der Vermerk "Sofort-Storno am 10.9.2008". Die Bwin habe demnach in ihrem Unternehmen geeignete Kontrollmechanismen eingerichtet bzw für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften gesorgt. Es könne daher kein Zweifel bestehen, dass es der Bwin an der Vorsätzlichkeit fehlt, sofern überhaupt eine Tatbildmäßigkeit vorliege.

 

Der Bwin mangle es auch an dem erforderlichen Unrechtsbewusstsein. Diese Voraussetzung der Vorwerfbarkeit sei im Gegensatz zur Ansicht der belangten Behörde nicht schon dadurch erfüllt, dass der Bwin der Tatbestand des § 107 Telekommunikationsgesetz bekannt ist. Jeder Rechtsunterworfene habe die Gesetze zu kennen und könne sich auch nicht mit deren Unkenntnis entlasten. Die Bwin halte sämtliche Verwaltungsvorschriften ein und sei der Ansicht, dass sie nicht für allfällige Gesetzesverletzungen anderer Unternehmungen einzustehen habe, auf welche sie gar keinen Einfluss habe. Die Bwin gehe von der Rechtmäßigkeit ihres Verhaltens aus, zumal bisher keine gegenteilige Entscheidung einer der belangten Behörde übergeordneten Instanz vorliege.

 

Die Bwin müsse auch nicht wegen des Einschreitens der belangten Behörde damit rechnen, dass ihr Handeln verwaltungsrechtlich bedenklich sein könnte, da die belangte Behörde selbst ihre rechtliche Beurteilung schon fünf Mal geändert habe. Der Bwin sei zuzugestehen, dass sie an ihrer Rechtsauffassung festhält, was in der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenats vom 20. Mai 2008, Zl. VwSen-390194/2/WEI/Eg, auch bestätig worden sei. Deshalb sei es auch verfehlt, einen Wiederholungstatbestand als straferschwerend heranzuziehen.

 

2.5. Der Berufung ist der Entwurf eines Schreibens der Fa. X an Frau X zu deren Rücktrittsschreiben angeschlossen, auf dem handschriftlich vermerkt wurde: "Sofortstorno am 10.9.2008". Der Inhalt des Schreibens lautet wie folgt:

 

"Ihr Schreiben vom 12.09.2008

 

Sehr geehrte Frau X,

 

wir haben Ihren Rücktritt bereits zur Kenntnis genommen.

 

Der Erstanruf erfolgt über ein externes Call Center, daher haben wir keinen Einfluss auf die Adressenbeschaffung, da diese Callcenter eigenständige juristische Personen sind.

 

Wir betonen noch einmal das wir nicht die Werbung für unsere Produkte im eigenen Haus machen, und dem nach keinerlei Adressmaterial zu kaufen.

 

Wir sichern Ihnen zu, dass wir keine Abbuchungen von dem angegebenen Konto vornehmen werden.

 

Ihre Daten sind bereits gelöscht.

 

Mit der Hoffnung, dass für Sie nun mehr keine weiteren Fragen offen sind, verbleiben wir

 

mit freundlichen Grüßen

 

X

 

X

Geschäftsführerin"

 

2.6. Die belangte Behörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt und im Vorlageschreiben vom 1. Dezember 2008 die Ansicht vertreten, dass in der Berufung keine Gründe angeführt worden wären, die ein Abgehen von der getroffenen Entscheidung erforderlich gemacht hätte.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsicht in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsstrafakt. Nach dessen Durchsicht war im Hinblick auf das unwiderlegte Berufungsvorbringen und die in gleichgelagerten Berufungsverfahren ergangenen Erkenntnisse des Oö. Verwaltungssenats (vgl etwa VwSen-390258 und 390259 vom 14.01.2009; VwSen-390243 vom 27.05.2009, VwSen-390245 vom 28.05.2009 und VwSen-390246 vom 29.05.2009; VwSen-390247 vom 2.06.2009) festzustellen, dass das angefochtene Straferkenntnis schon nach der Aktenlage aufzuheben ist.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 107 Abs 1 Telekommunikationsgesetz (TKG) sind Anrufe - einschließlich das Senden von Fernkopien – zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers unzulässig. Der Einwilligung des Teilnehmers steht die Einwilligung einer Person, die vom Teilnehmer zur Benützung seines Anschlusses ermächtigt wurde, gleich. Die erteilte Einwilligung kann jederzeit widerrufen werden; der Widerruf der Einwilligung hat auf ein Vertragsverhältnis mit dem Adressaten der Einwilligung keinen Einfluss.

 

Nach dem § 109 Abs 3 Z 19 TKG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 37.000 Euro zu bestrafen,

 

wer entgegen § 107 Abs 1 Anrufe zu Werbezwecken tätigt.

 

Unmittelbarer Täter einer Verwaltungsübertretung nach § 109 Abs 3 Z 19 iVm § 107 Abs 1 TKG ist nur der Anrufer, der ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers Anrufe (einschließlich das Senden von Fernkopien) zu Werbezwecken vornimmt. Die gesetzliche Verpflichtung zur Einholung der vorherigen Einwilligung trifft nach diesem Tatbild den Anrufer "eigenhändig". Wer selbst keine Werbeanrufe vornimmt und keine vorsätzliche Anstiftung oder Beihilfe zu solchen Werbeanrufen leistet, den trifft auch die gesetzliche Verpflichtung nach § 107 Abs 1 TKG nicht.

 

4.2. In vorangegangenen Straferkenntnissen (Zlen. BMVIT-635540/0080, 0081 und 0082/08), die vom Oö. Verwaltungssenat aufgehoben wurden (vgl h. Erk. VwSen-390193 vom 19.05.2008; VwSen-390194 vom 20.05.2008 und VwSen-390195 vom 21.05.2008), hatte die belangte Behörde zunächst eine rechtswidrige Werbeanrufpraxis der Fa. X vermutet und die Bwin dafür im Wege des § 9 Abs 1 VStG verantwortlich gemacht. Auf Grund des damals wie heute gleichen Berufungsvorbringens, wonach der erste telefonische Kontakt durch Bedienstete des Unternehmens X hergestellt werde und die Fa. X daraufhin Adressedatensätze erhalte, führte die belangte Behörde ein ergänzendes Ermittlungsverfahren zur Erlassung einer Berufungsvorentscheidung durch, in der sie schließlich selbst davon ausging, dass das Werbetelefonat durch die Fa. X von Spanien aus geführt wurde und die Daten der angerufenen Personen an die Fa. X weitergeleitet wurden, welche dann in einem Zweitanruf Kontakt aufnimmt, um einen Vertrag zur Teilnahme an einer Lottospielgemeinschaft abzuschließen.

 

Die belangte Behörde ist daraufhin von der ursprünglich angenommenen Verantwortung der Bwin gemäß § 9 Abs 1 VStG als Geschäftsführerin der Fa. X abgegangen und nahm nachträglich eine Beteiligung gemäß § 7 VStG an den Übertretungen von Mitarbeitern der Firma X an. Dementsprechend tauschte sie den Tatvorwurf in der Berufungsvorentscheidung einfach aus. Die Fernmeldebehörde hatte es verabsäumt, vor der Erlassung des Straferkenntnisses eine Rufdatenerhebung durchzuführen, obwohl ihr bereits aus anderen gleichgelagerten Verfahren bekannt sein musste, dass derartige Werbeanrufe nicht von der Firma X, sondern von der Firma X von Spanien aus durchgeführt worden waren. Die zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Erhebungen wurden von der Fernmeldebehörde nicht durchgeführt.

 

Die Berufungsvorentscheidung mit dem unzulässiger Weise ausgetauschten Tatvorwurf war schon gemäß § 64a Abs 3 AVG durch den Vorlageantrag ex lege außer Kraft getreten. Der Oö. Verwaltungssenat hatte daher nur mehr festzustellen, dass die Bfin nicht nach § 9 Abs 1 VStG verantwortlich sein könne, weil feststand, dass kein Mitarbeiter der Fa. X den angelasteten Werbeanruf tätigte.

 

4.3. In zahlreichen ähnlichen Strafverfahren hat die belangte Behörde bisher im Zusammenhang mit sog. Erstanrufen der Bwin als Geschäftsführerin der Fa. X angelastet, dass sie einen Anruf zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers zu verantworten habe, weil ein Mitarbeiter eines von der Fa. X vertraglich beauftragten Unternehmens (zB.: X) ein Gespräch bezüglich Werbung für die Teilnahme an einem von der Fa. X angebotenen Gewinnspiel geführt habe. Dabei wurde von der belangten Behörde in der Begründung der Straferkenntnisse auf eine aus der Geschäftsführertätigkeit abgeleitete Aufsichts- und Kontrollverantwortlichkeit der Bwin für "Erfüllungsgehilfen der Fa. X" abgestellt. Die belangte Behörde hat ganz allgemein eine Aufsichtspflicht und strafrechtliche Verantwortlichkeit angenommen, die die Geschäftsführung eines Unternehmens auch für fremde Dienstnehmer von Vertragsunternehmen und für Erfüllungsgehilfen treffe. Die Bwin hätte sich daher nach Ansicht der belangten Behörde vergewissern müssen, ob die vorherige Zustimmung zum Werbeanruf des vom Vertragsunternehmen angerufenen Teilnehmers tatsächlich vorliegt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hielt der belangten Behörde in näher begründeten Entscheidungen (vgl u.A. bspw VwSen-390243/2/WEI/Eg vom 27.5.2009, VwSen-390256/2/WEI/Se vom 25.6.2009; VwSen-390262/2/WEI/Se vom 8.7.2009) entgegen, dass sie mit ihrer Argumentation versucht, den § 9 Abs 1 VStG einerseits im Wege der Analogie (strafrechtliche Geschäftsführerhaftung für Erfüllungsgehilfen wie für eigene Mitarbeiter) auszudehnen und andererseits als Mittel zur Umgehung der strengeren Haftungsvoraussetzungen der Beteiligungsregelung des § 7 VStG zu instrumentalisieren, um Beweisschwierigkeiten zu vermeiden. Diese Vorgangsweise ist mit dem im Strafrecht herrschenden Grundsatz "nullum crimen sine lege" grundsätzlich nicht vereinbar (vgl dazu auch bereits die Erkenntnisse VwSen-390241 und 390242/5/SR/Sta sowie VwSen-390258 und 390259/5/SR/Sta je vom 14. Jänner 2009).

 

4.4.1. Im gegenständlichen Strafverfahren hat die belangte Behörde der Bwin ausdrücklich nicht den Erstanruf durch ein Vertragsunternehmen, sondern nur mehr den Zweitanruf durch eine Mitarbeiterin der Fa. X als unzulässigen Werbeanruf ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers angelastet. Bei Zweitanrufen der Fa. X werden die übermittelten Personaldaten noch einmal überprüft und sie sollen dem allfälligen Vertragsabschluss mit dem Kunden dienen. Es handelt sich demnach unbestritten um Werbeanrufe. Nach der vereinbarten Geschäftsbeziehung zwischen der Fa. X und der Fa. X wird ein solcher Zweitanruf nur nach vorheriger Zustimmung des Kunden zur weiteren Datenverwendung und zu diesem Zweitanruf vorgenommen. Aus der strafbehördlichen Einvernahme der Bwin vom 13. April 2007 und den Stellungnahmen des Herrn X von der Fa. X in Schreiben vom 12. Februar und 12. März 2007 an die belangte Behörde geht hervor, dass Kunden beim Akquisitionsgespräch nach dem Gesprächsleitfaden der Fa. X darauf hingewiesen werden, dass sie in den nächsten Tagen einen Zweitanruf durch die Fa. X erhalten werden. Diese Zustimmung des Kunden zur Datenverwendung und zum Zweitanruf ist für die Fa. X wesentlicher Inhalt des mit der Fa. X abgeschlossenen Vertrages, zumal ein legaler Zweitanruf sonst nicht möglich wäre und eine mangelhafte Kundenakquisition der Fa. X keinen Wert für die Fa. X hätte. Deshalb hat die Bwin im näher begründeten Vorlageantrag vom 29. Mai 2007 in vorangegangenen Berufungsverfahren (vgl dazu VwSen-390193 vom 19. Mai 2008) auch vorgebracht, dass die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen durch die X nachdrücklich gefordert und auch die Auflösung der Vertragsbeziehung angedroht worden wäre.

 

Die belangte Behörde hat keinerlei Beweise aufgenommen und die Verantwortung der Bwin auch nicht widerlegt, sondern nur referiert. Sie hat sich mit der bloß allgemein gehaltenen Erklärung der Anzeigerin begnügt, unerbetene Werbeanrufen erhalten zu haben. In der rechtlichen Begründung des Straferkenntnisses nimmt die belangte Behörde ohne aktenkundige Belege einfach an, dass die Anzeigerin beim Erstanruf nicht gefragt worden wäre, ob sie einem Zweitanruf in Sachen Teilnahme an einer Lottospielgemeinschaft der Fa. X zustimmt. Diese Frage wurde von der Anzeigerin nicht ausdrücklich behandelt. Diese hat nach ihrer Darstellung nur geäußert, am Telefon keinen Vertrag abschließen zu wollen, was Herr X auch verneint habe. Es geht in einem rechtsstaatlichen Strafverfahren nicht an, Tatsachen zum Nachteil eines Beschuldigten festzustellen, die ohne ein zuverlässiges Beweisverfahren erwiesen wurden. Wie der belangten Behörde beispielsweise aus der ohne Formblatt erstatteten Anzeige in dem Strafverfahren BMVIT-635.540/0347/08 (= VwSen-390245-2008) bekannt sein musste, war dort ausdrücklich von der Ankündigung eines Zweitanrufs die Rede. Schon aus diesen Gründen kann der erkennende Veraltungssenat der belangten Behörde nur insoweit folgen, als die Angerufene wahrscheinlich nur keine ausdrückliche Zustimmung zu einem Zweitanruf erteilt hat.

 

4.4.2. Eine solche Einwilligung konnte nach den gegebenen Umständen aber auch schlüssig erteilt werden (vgl § 863 ABGB). Die Anzeigerin hat sich nämlich nach ihrer eigenen Darstellung auf das Erstgespräch bewusst eingelassen und offenbar persönliche Daten und sogar ihre Kontoverbindung bekannt gegeben. Auch wenn das Erstgespräch unter Hinweis auf einen Gewinn oder eine Gewinnchance gekonnt geführt worden sein mag, um die Angerufene zur Bekanntgabe von persönlichen Daten zu bewegen, vermag ein später allenfalls enttäuschtes Motiv nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenats nichts daran zu ändern, dass diese Bekanntgabe von Daten freiwillig erfolgte. Denn von einer volljährigen und geschäftsfähigen Person muss der Rechtsverkehr erwarten können, dass sie die Bedeutung und Tragweite ihres Verhaltens erfassen und sich nach dieser Einsicht richten kann. Ein voll handlungsfähiger Erwachsener muss damit rechnen, dass er im Geschäftsleben nichts geschenkt bekommt und in Aussicht gestellte Vorteile meist auch mit Nachteilen bzw Leistungen des Kunden verbunden sind. Davon zu unterscheiden ist der Umstand, dass unseriöse Geschäftspraktiken zur Irrtumsanfechtung berechtigen können und nach Konsumentenschutzrecht allenfalls auch ein Rücktrittsrecht eingeräumt ist.

 

Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens ist aber ausschließlich die Frage der Einwilligung zum Werbeanruf der Fa. X an sich und nicht auch die Frage, ob aus zivilrechtlicher Sicht potentielle Kunden mit unerlaubten Methoden zur Teilnahme an Lottospielgemeinschaften gewonnen wurden. Diese Entscheidung bleibt den Zivilgerichten vorbehalten. Im gegenständlichen Berufungsverfahren sind daher konsumentenschutzrechtliche Fragen auch als Vorfragen nicht aufzuwerfen.

 

Der erkennende Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage im Zweifel zugunsten der Beschuldigten davon aus, dass entsprechend den bekannten Vertragsbestimmungen und der Aussage des Herrn X von der Fa. X auch in den gegenständlichen Fällen ein Zweitanruf angekündigt worden ist, dem die Angerufene zumindest nicht widersprochen hat. Die Anzeigerin hat selbst eingeräumt, dass sie in schneller Folge mit zahlreichen Informationen konfrontiert worden sei, so dass sie den Inhalt des Gesprächs nicht mehr genau anführen könnte. Erst nach Bekanntgabe ihrer persönlichen Daten, hätte sie den Fehler bemerkt und ausdrücklich einen telefonischen Vertragsabschluss abgelehnt. Damit hat sie entgegen der Ansicht der belangten Behörde aber noch nicht jedes Interesse an der Sache verneint. Sie könnte damit vielmehr die Option gewählt haben, sich noch näher informieren zu wollen und erst nach Zusendung von Unterlagen durch die Fa. X den Abschluss eines Vertrag über die Teilnahme an einer Lottospielgemeinschaft zu erwägen. So gesehen wäre der Zweitanruf durch eine Mitarbeiterin der Fa. X notwendig gewesen, um auf die Wünsche der Kundin einzugehen. Tatsächlich war der Zweitanruf am 10. September 2008 auch im Interesse der Anzeigerin, die damit ihr fehlendes Interesse an der Teilnahme klarstellen und für eine Stornierung eintreten konnte. Sicherheitshalber erklärte sie auch noch schriftlich den Rücktritt von einem allenfalls bestehendem Vertrag. Daraus ist zu schließen, dass die Anzeigerin selbst das Zustandekommen eines Vertrages durch ihr (schlüssiges) Verhalten für möglich hielt. Umso mehr konnte man dann aber zumindest auch eine schlüssige Einwilligung in einen Zweitanruf annehmen.

 

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde war die Fa. X nach Übermittlung eines vollständigen Datensatzes einschließlich der Kontoverbindung des Kunden grundsätzlich zur Annahme berechtigt, dass dieser in eine Kontaktaufnahme durch die Fa. X im Wege eines Zweitanrufs eingewilligt hat. Denn nach Bekanntgabe der persönlichen Daten einschließlich der sensiblen Kontodaten betreffend eine Bankverbindung besteht kein vernünftiger Grund daran zu zweifeln (vgl 863 Abs 1 ABGB), dass der potentielle Kunde zumindest so viel Interesse an der Sache gezeigt hat, dass er einem Zweitanruf durch die Fa. X zustimmt und eine Teilnahme an einer Lottospielgemeinschaft nicht von vornherein ausschließt. Ein unüberlegtes Handeln des Teilnehmers oder ein allfälliger Motivirrtum vermag am objektiven Erklärungswert eines Verhaltens nichts zu ändern. Es gilt die Vertrauenstheorie aus der Sicht des Empfängerhorizonts und damit der Erklärungswert, wie ihn ein verständiger Empfänger verstehen durfte (vgl mwN etwa Koziol/Welser, Bürgerliches Recht I13 [2006], 105).

 

Insofern vertritt der erkennende Verwaltungssenats die Ansicht, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung ein potentieller Kunde seine Daten samt Kontoverbindung nicht bekannt gegeben hätte, wäre er überhaupt nicht an der Sache interessiert und daher schon mit einem weiteren Anruf nicht einverstanden. Auch eine in diesem Zusammenhang unwidersprochen gelassene Ankündigung eines Zweitanrufs lässt darauf schließen, dass der Teilnehmer mit diesem Zweitanruf einverstanden war. Wer sich auf die Sache eingelassen hat, für den gilt der alte lateinische Grundsatz "Qui tacet consentire videtur!". Sein Schweigen ist unter diesen Umständen als Zustimmung zu deuten.

 

Für den erkennenden Verwaltungssenat steht daher als entscheidungswesentliche Tatsache fest, dass der Zweitanruf unter den gegebenen Umständen nicht ohne schlüssige Zustimmung der Anzeigerin stattgefunden haben konnte. Die maßgebliche Verantwortung der Bwin, dass die Fa. X erst nach Vorliegen eines vollständigen Adressdatensatzes mit Kundendaten und der Zustimmung zur weiteren Verwendung einen Zweitanruf vornimmt, konnte nach Ausweis der Aktenlage von der belangten Behörde nicht widerlegt werden. Die in der Berufung vertretene Ansicht, dass die Fa. X bzw die Bwin bei einem vollständigen Adressdatensatz jedenfalls von einer Zustimmung des Kunden zum Zweitanruf ausgehen konnte, weil der Kunde ansonsten nicht seine Daten, insbesondere auch nicht seine Kontoverbindung, bekannt gegeben hätte, erscheint dem erkennenden Verwaltungssenat schlüssig und wird daher grundsätzlich geteilt. Solange im Einzelfall keine eindeutigen Hinweise vorliegen, die eine solche Zustimmung des Kunden in Frage stellen, kann der Bwin kein Sorgfaltsverstoß angelastet werden.

 

5. Im Ergebnis steht daher schon nach der Aktenlage und dem von der belangten Behörde vorgeworfenen Sachverhalt fest, dass die beschuldigte Bwin die im Straferkenntnis angelastete Tat nicht begangen hat. Deshalb hatte der erkennende Verwaltungssenat der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und mangels einer nachgewiesenen Verwaltungsübertretung sowie aus rechtlichen Gründen die Einstellung des Strafverfahrens nach dem § 45 Abs 1 Z 1 VStG zu verfügen.

 

Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. W e i ß

 

 

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