Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100324/7/Fra/Ka

Linz, 09.03.1992

VwSen - 100324/7/Fra/Ka Linz, am 9.März 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung der Frau H B, L, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J R,L, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 21. November 1991, A.Z.VU/P/2030/91 W, betreffend Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z.3 VStG.

II. Es entfällt die Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 21. November 1991, A.Z. VU/P/2030/91 W, über die Beschuldigte wegen der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1 lit.a. i.V.m. § 5 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 9.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von einer Woche verhängt, weil sie am 16. Juni 1991 um ca. 15.00 Uhr, auf der St.straße, aus Richtung Sch.straße kommend, in Richtung Ing. S.straße, Kreuzung mit der G.straße, nach links auf diese einbiegend, ein Fahrrad in einem durch Alkohol beeinträchtigten und fahruntüchtigen Zustand gelenkt hat.

Ferner wurde sie gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren in Höhe von 900 S und gemäß § 5 Abs.9 StVO 1960 zum Ersatz der Barauslagen für die klinische Untersuchung, für die Blutuntersuchung und für die Blutabnahme verpflichtet.

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines seiner Mitglieder zu entscheiden.

I.3.1. Ergänzende Ermittlungen des unabhängigen Verwaltungssenates haben ergeben, daß der Krankentransport der Beschuldigten durch das Rote Kreuz Linz erfolgte und die Patientin vom Unfallsort am 16. Juni 1991 um 12.25 Uhr abgeholt wurde. In der Unfallambulanz des AKH Linz erfolgte die Patientenaufnahme im Computer - der das Aufnahmedatum und die Uhrzeit der Einlieferung automatisch vorgibt - um 12.30 Uhr. Diese Aufnahmezeit deckt sich mit dem im Akt befindlichen Ambulanzblatt des Allgemeinen öffentlichen Krankenhauses der Stadt Linz, wonach als Behandlungsbeginn der 16. Juni 1991, Uhrzeit: 12.30 Uhr, eingetragen ist. Es besteht keine Veranlassung, die Unfallszeit auf Grund dieser Mitteilungen bzw. Unterlagen in Zweifel zu ziehen. Weiters ist zu berücksichtigen, daß die Beschuldigte am 16. Juni 1991 erst um 17.45 Uhr vernommen wurde und aus der Anzeige nicht hervorgeht, wann der Meldungsleger in die Wohnung der Beschuldigten gekommen ist. Die von der Behörde angenommene Tatzeit stammt von den Angaben der Beschuldigten, wobei zusätzlich zu bedenken ist, daß die von der Beschuldigten angeführte Unfallszeit mit der von der Mutter des unfallbeteiligten Kindes, Frau K P, angegebenen Unfallszeit ebenfalls nicht in Einklang zu bringen. Es ist durchaus möglich, daß die Beschuldigte bedingt durch ihre Alkoholisierung die Unfallszeit falsch anführte. Aufgrund dieser Fakten ist rechtlich folgendes festzustellen:

I.3.2. Gemäß § 44a Z.1 VStG hat der Spruch des Straferkenntnisses "die als erwiesen angenommene Tat" zu enthalten. Die fehlende oder mangelhafte Tatbeschreibung begründet Rechtswidrigkeit im Sinne des § 44a Z.1 leg.cit. Nach dieser Bestimmung ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß u.a. die Identität (nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht (vgl. VwGH vom 13. Juni 1984, Slg.11.466 A, verstärkter Senat). Inhaltliche Rechtswidrigkeit liegt auch vor, wenn die Tatzeit im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses irrtümlich falsch angeführt ist. Eine Richtigstellung durch den unabhängigen Verwaltungssenat ist jedoch aufgrund der inzwischen eingetretenen Verfolgungsverjährung nicht mehr zulässig.

Da somit Umstände vorliegen, welche die weitere Verfolgung der Beschuldigten hinsichtlich des ihr zur Last gelegten Tatbestandes ausschließen, war von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und spruchgemäß zu entscheiden.

zu II. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r 6