Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100325/8/Fra/Ka

Linz, 18.03.1992

VwSen - 100325/8/Fra/Ka Linz, am 18.März 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung der R H-W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F B, L, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 22. November 1991, VU/S/2014/91 R, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 14. Februar 1992 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z.1 VStG.

II. Es entfällt die Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 22. November 1991, A.Z:VU/S/2014/91 R, über die Beschuldigte wegen der Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.5 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.b leg.cit eine Geldstrafe von 2.500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen verhängt, weil sie es am 26. April 1991 gegen 19.15 Uhr auf der A1, Westautobahn, in Richtung S, bei Straßenkilometer 230,00, Gemeinde A, als Lenkerin des PKW's , unterlassen hat, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift mit dem Unfallbeteiligten (Unfallgeschädigten) unterblieben ist. Ferner wurde sie gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren in Höhe von 250 S verpflichtet.

I.2. Der erstbehördliche Schuldspruch stützt sich auf die Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich, Verkehrsabteilung, vom 23. Mai 1991 sowie auf das durchgeführte behördliche Ermittlungsverfahren, insbesondere auf die Zeugenaussage der zweitbeteiligten Lenkerin, Frau M Sch, wonach nach dem Unfall beide Lenkerinnen die Anstoßstellen ihrer Kraftfahrzeuge besichtigt hätten, die Zeugin der Beschuldigten weiters mitgeteilt hätte, daß an deren KFZ ein Schaden entstanden wäre, worauf sie die Beschuldigte aufgefordert hätte, ihre Papiere vorzuweisen. Als die Zeugin ihre Papiere aus dem PKW holen hätte wollen sei die Beschuldigte ohne Nachweis von Name und Anschrift weggefahren. Die Zeugin hätte sich noch das Kennzeichen notieren können. Hinsichtlich des Vorliegens eines Sachschadens führte die Erstbehörde aus, daß aktenkundig sei, daß am KFZ der Geschädigten eine leichte Eindellung und ein Farbabrieb beim rechten hinteren Kotflügel vorliege, weshalb durchaus nachvollziehbar sei, daß bei einer seitlichen Streifung, abgesehen von einem Farbabrieb auch eine leichte Delle im Kotflügel entstehen könne.

I.3. In der fristgerecht gegen das o.a. Straferkenntnis eingebrachten Berufung beantragt die Beschuldigte ihrem Rechtsmittel vollinhaltlich Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben, wobei im wesentlichen folgende Argumente vorgebracht werden:

Sie sei nach dem Verkehrsunfall der Meinung gewesen, daß kein Sachschaden vorliegen würde, der es notwendig mache, die Identität auszutauschen. Aus ihrem Verhalten nach dem Vorfall gehe hervor, daß sie unumwunden ihre Schuld eingestanden habe. Es sei für sie nach dem Unfall klar gewesen, daß auf eine wechselseitige Ausweisleistung verzichtet würde. Über eine Ausweisleistung an sich sei überhaupt nach dem Unfall nicht gesprochen worden, sondern lediglich über die Frage, ob ein Schaden vorliegen würde. Auch wenn der Verkehrsunfall letztlich lediglich harmlose Auswirkungen gezeigt habe, mag es durchaus sein, daß die Unfallsgegnerin unmittelbar nach dem Unfall derartig erschreckt war, daß diese Person genauso wie sie ursprünglich über das Vorliegen eines Schadens irrte. Sie beantrage daher neuerlich, die Unfallsgegnerin im Berufungsverfahren zeugenschaftlich einzuvernehmen. Auch die über sie verhängte Strafe sei bei weitem überhöht, sie habe ihr Lokal erst vor einiger Zeit eröffnet und entnehme so viel Geld, daß sie ihre bescheidenen täglichen Ansprüche sichern könne.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat am 14. Februar 1992 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Zu dieser Verhandlung sind sowohl die Parteien als auch die Zeugin M Sch erschienen.

Aufgrund des Verhandlungsergebnisses nimmt der unabhängige Verwaltungssenat als erwiesen an, daß die Beschuldigte was im übrigen auch unbestritten blieb - am 26. April 1991 an einem Verkehrsunfall ursächlich beteiligt war. Die Beschuldigte - dies stellt im gegenständlichen Zusammenhang zwar kein Tatbestandsmerkmal dar - gestand, diesen Unfall alleine verschuldet zu haben. Allerdings bestreitet sie, nach dem Unfall, als sie und die Unfallsgegnerin am Pannenstreifen angehalten haben, am PKW der Unfallsgegnerin einen Schaden wahrgenommen zu haben.

Sie behauptet, daß der PKW der Unfallsgegnerin lediglich Abriebspuren aufgewiesen hat. Laut ihrer Version sagte sie der Unfallsgegnerin, daß diese Abriebspuren ohne weiteres mittels Shampoo zu entfernen seien. Sie sei daher der Meinung gewesen, daß kein Sachschaden vorliegen würde, der es notwendig mache, die Identität auszutauschen. Dieser Version steht die Aussage der Zeugin Sch entgegen, wonach sie die Beschuldigte, nachdem mit den PKW's am Pannenstreifen angehalten wurde, aufgefordert hat, ihre "Papiere" vorzuweisen. Die Beschuldigte sei sodann zu ihrem PKW gegangen und sei weggefahren, ohne sich auszuweisen.

In Würdigung dieser Aussagen ist festzuhalten, daß weder die Aussage der Zeugin Sch noch die Aussage der Beschuldigten unglaubwürdig erschienen. Was die Feststellung der Zeugin Sch im Hinblick auf wahrgenommene Alkoholisierungssymptome bei der Beschuldigten anlangt, so ist der unabhängige Verwaltungssenat der Auffassung, daß ihr diesbezüglich doch ein Fehler unterlaufen ist, wo doch kurze Zeit nach dem Unfall geschulte Straßenaufsichtsorgane bei der Beschuldigten keinerlei Symptome in bezug auf Alkoholisierung feststellen konnten (vgl. die Anzeige des Landesgendarmeriekommandos vom 23. Mai 1991). Was die Aussage der Beschuldigten anlangt, so erscheint sie zwar in Bezug auf das Verhalten der Unfallbeteiligten nach dem Verkehrsunfall bezüglich des Nichtaustausches des Identitätsnachweises unglaubwürdig, im Hinblick auf das Geständnis bezüglich des Verschuldens an diesem Verkehrsunfall und der Tatsache, daß sie nicht alkoholisiert war, ist ihre Version, beim PKW der Zeugin keinen Schaden festgestellt zu haben, auch nicht zur Gänze von der Hand zu weisen. Davon ausgehend, hat ihr Vorbringen, daß sich der gegenständliche Unfall tatsächlich nicht zur Tatzeit und am Tatort ereignet hat, einiges an Gewicht, zumal die Zeugin Sch dezidiert ausgesagt hat, sich den Straßenkilometer, an dem sich der Unfall ereignet hat, (im Widerspruch zur Anzeige) nicht notiert zu haben und andererseits die Beschuldigte glaubwürdig angegeben hat, auf der Fahrt zu ihrem Zweitwohnsitz gewesen zu sein und es ein sinnloser Umweg wäre, wenn sie den Weg zu diesem Zweitwohnsitz über die Autobahnabfahrt S genommen hätte.

Es scheint somit der Tatort und die Tatzeit unrichtig festgestellt worden zu sein bzw. sind diese Kriterien nicht mehr eindeutig rekonstruierbar. Der angefochtene Bescheid war deshalb zu beheben, weil der Spruch den Anforderungen des § 44a Z.1 VStG entsprechend nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Exaktheit präzisierbar ist.

zu II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig. Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r 6

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