Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251839/17/Lg/Hue/Ba

Linz, 01.10.2009

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 28. Mai 2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des B A, P, S, vertreten durch Mag. A H, F, A, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 29. Mai 2008, Zl. SV96-62-2008, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG) zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 24, 45 Abs.1 Z 1, 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 1.000 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden verhängt, weil er als Obmann des Vereins "V d  n W – I K (M G)" mit Sitz in V, M, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten habe, dass von diesem Verein der türkische Staatsangehörige S A, geb., zumindest am 12. März 2008 im Gemischtwarengeschäft dieses Vereins in V, M, als Hilfsverkäufer beschäftigt worden sei, ohne dass eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung ausgestellt, der Ausländer im Besitz einer gültigen Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheines, einer Anzeigebestätigung bzw. einer Bewilligung als Schlüsselkraft oder ein Niederlassungsnachweis oder eine Niederlassungsbewilligung unbeschränkt oder ein Daueraufenthalt-EG gewesen sei.

 

In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf den Strafantrag des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom 15. April 2008 und auf die Rechtfertigungen des Bw vom 12. März und 28. Mai 2008.

 

Beweiswürdigend führt das angefochtene Straferkenntnis aus, dass der Tatbestand aufgrund der Feststellungen des Finanzamtes sowie der Angaben des Bw in objektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen sei. Zur subjektiven Seite sei festzustellen, dass dem Bw die Bestimmungen des AuslBG bekannt sein müssten.  

Bemerkenswert seien auch die Angaben des Ausländers im (auf Türkisch abgefassten) Personenblatt sowie die Angaben des Bw: Der Bw habe am 12. März 2008 niederschriftlich angegeben, der Ausländer hätte im Geschäft ausgeholfen, was er zwei- bis dreimal für ein bis zwei Stunden pro Woche mache. Der Ausländer hingegen habe angegeben, dass er jeden Tag, bei einer täglichen Arbeitszeit von 8.00 bis 17.00 Uhr als Kassierer im Geschäft arbeite und 1.400 Euro/Monat erhalte.

 

Zur Strafbemessung seien mildernd keine Umstände vorhanden gewesen. Ebenso liege keine absolute Unbescholtenheit des Bw vor. Erschwerungsgründe sind keine angeführt. Mangels Angaben des Bw sei von einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.500 Euro ausgegangen worden.

 

2. In der Berufung vom 11. Juni 2008 brachte der Bw Folgendes vor:

 

"Antrag:

 

Der Bescheid möge ersatzlos aufgehoben werden.

 

Begründung:

Wie bereits in der Rechtfertigung vom 28.5.2008 angeführt,  lag für die Tätigkeit im Lebensmittelgeschäft des Vereins keine Dienstverhältnis vor. Herr A S hat die Tätigkeit im Lebensmittelgeschäft freiwillig ausgeübt und für diese Tätigkeit kein Entgelt erhalten.

Er war und ist wohl in einem Dienstverhältnis zum Verein beschäftigt, allerdings mit einem anderen Tätigkeitsgebiet, nämlich als Prediger. In diesem Dienstverhältnis und für diese Tätigkeit besteht eine Leistungsverpflichtung.

Daß Herr S für den Verein, bei dem er auch Mitglied ist, genauso wie andere Mitglieder ehrenamtliche und freiwillige Leistungen erbringt, macht diese Tätigkeit nicht zu einem Dienstverhältnis. Genauso wenig wie für andere Mitglieder des Vereins, welche freiwillige Leistungen - im Geschäft genauso wie in anderen Vereinsbereichen - erbringen ein Dienstverhältnis zum Verein vorliegt.

Der gemeinnützige Kulturverein ist wesentlich auf die freiwillige und ehrenamtliche Tätigkeit seiner Mitglieder angewiesen, wie dies bei solchen Vereinen geradezu typisch ist.  Es ist umso erstaunlicher, dass diese Tatsache, die allgemein bekannt ist, von der Strafbehörde ohne Angabe von Gründen als nicht glaubwürdig abgetan wurde. Es liegen etwa Jahresabschlüsse und Steuererklärungen, welche mittels Bescheid des Finanzamtes bestätigt sind, vor, aus denen ersichtlich ist, daß der Geschäftsbetrieb seit Jahren regelmäßig Verluste erbringt. Der Verkauf von Lebensmitteln wird vom Verein nämlich nicht betrieben, um Geld zu verdienen. Vielmehr kommt es dem Verein darauf an, den Mitgliedern Lebensmittel anzubieten, welche religiös-rituell als rein anzusehen sind, um damit unter anderem dem gemeinnützig kulturellen Zweck zu dienen. Das Mitwirken von Predigern und Vorbetern hat dabei unter anderem auch ideelle Bedeutung.

Die Behörde hat einen wahren wirtschaftlichen Gehalt angenommen, ohne sich mit den wirtschaftlichen Fragen — etwa Zahlen aus der Buchhaltung – auseinanderzusetzen, und daraus als erwiesen angenommen, daß die Rechtfertigung des Beschuldigten nicht glaubwürdig sei, und hat in der Folge einen Sachverhalt angenommen, der nicht nur nicht erwiesen ist, sondern mit mindestens gleicher Glaubwürdigkeit anders gegeben sei kann, nämlich so wie vom Beschuldigten angeführt.

Es ist daher die Straferkenntnis unbegründet und aufzuheben."

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Laut Strafantrag des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom 15. April 2008 sei am 12. März 2008 gegen 10.40 Uhr durch ein Organ des Finanzamtes gemeinsam mit einem Beamten der BH Gmunden und Beamten der PI G im Gemischtwarengeschäft der "V d n W – I K" mit Sitz in V, M (Vereinsobmann: B A, geb., wh. in P, S), eine Kontrolle auf Einhaltung der Bestimmungen nach dem AuslBG und § 89 Abs.3 EStG durchgeführt worden.

Dabei sei der türkische Staatsangehörige A S, geb., alleine im Geschäft angetroffen worden. Sener habe den Kontrollorganen eine Aufenthaltskarte vorgelegt und angegeben, er sei als Prediger beim obgenannten Kulturverein beschäftigt.

Dieser Aufenthaltstitel berechtige ihn jedoch nicht, im Geschäft tätig zu sein. Während der Kontrolle sei der serbische Staatsangehörige Z H, geb., als Kundschaft in das Geschäft gekommen und habe Brot gekauft. Dieses habe er bei A S bezahlt, welcher das Geld in die hinter der Verkaufstheke vorhandene Registrierkasse gegeben habe. H habe niederschriftlich angegeben, dass er, wenn er hier im Geschäft einkaufe, bei Herrn S bezahle. Dies sei auch in der Vergangenheit öfter der Fall gewesen.

Im Laufe der Kontrolle sei auch der Obmann des Vereines B A hinzugekommen und gab an, dass A S zwei- bis dreimal in der Woche für ca. 2 Stunden im Geschäft aushelfe. Ansonsten sei S in der Moschee als Prediger angestellt.

 

Übertretungstatbestand: § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG: Beschäftigung von Ausländern entgegen § 3 Abs. 1 AuslBG, für den/die weder eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft noch eine Entsendebewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder ein  Niederlassungsnachweis ausgestellt wurde.

 

Auf dem Personenblatt vom 12. März 2008 finden sich u.a. folgende Einträge:

 

Familienname: S

Vorname: A

Staatsbürgerschaft: Türkei

Wohnadresse: B, S

Ich arbeite derzeit für: Islamischer Kulturverein

Beschäftigt seit: 6.00 Uhr jeden Tag

Beschäftigt als: Kassierer im Geschäft

Ich erhalte Lohn: € 1400/Monat

Essen/Trinken/Wohnung/Über Lohn nicht gesprochen: keine Eintragungen

Tägliche Arbeitszeit: 8 – 5 Uhr

Mein Chef hier heißt: "I A"

Amtliche Vermerke: "Kassieren eines Weißbrotes, private Kleidung"

 

Einer Niederschrift mit A B ist Folgendes zu entnehmen:

"Ich bin Obmann des Vereines 'V d n W – V, i K'". Der Verein besitzt das Geschäft in V, M.

 

Herr S hat heute im Geschäft kassiert. Dazu gebe ich an, dass er ausgeholfen hat. Das macht er ca. 2 – 3 mal für ein, zwei Stunden pro Woche."

 

Der Zeuge H Z gab niederschriftlich Folgendes an:

"Wenn ich hier im Geschäft einkaufe, bezahle ich bei Herrn S. Dies war auch in der Vergangenheit des öfteren der Fall".

 

Der Anzeige sind weiters Kopien eines Sozialversicherungsauszuges, des Vereinsregisters, eines Ausweises und 2 Fotoaufnahmen angeschlossen.

 

Nach Aufforderung zur Rechtfertigung brachte der Bw am 28. Mai 2008 vor:

 

"Dem Mandanten wird vorgeworfen, Herrn S A in einem Dienstverhältnis als Hilfsverkäufer und Kassier im Hilfsbetrieb des Vereins beschäftigt zu haben und mit dieser Beschäftigung gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz verstoßen zu haben. § 2 Abs.2 AuslbG sagt dazu: 'Als Beschäftigung gilt die Verwendung a) in einem Arbeitsverhältnis' weiters: 'Abs. (4) Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs.2 vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.'

 

Als Arbeitnehmer gilt gemäß ASVG, § 4 Abs 2 '...wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird'

 

Der Verein 'Vereinigung der neuen Weltansicht V - Islamischer Kulturverein­' übt eine nicht auf Gewinnerzielung gerichtete gemeinnützige Tätigkeit aus. Der Verein betreibt unter anderem auch im Vereinsbereich einen Gewerbebetrieb in der Betriebsform ein Lebensmitteleinzelhandelsbetriebes, welcher steuerlich erfasst ist und Abgaben leistet.

 

Herr S A ist seit Beginn des Jahres als Prediger im Rahmen der gesetzlich anerkannten Islamischen Glaubensgemeinschaft als Seelsorger im Verein tätig. Für diese Tätigkeit arbeitet er in einem Dienstverhältnis, welches gem. § 1 Abs 2 lit d) AuslbG nicht vom Geltungsbereich des AuslbG umfasst ist. Der Gewerbebetrieb wird regelmäßig von freiwillig, unentgeltlich und ehrenamtlich arbeitenden Vereinsmitgliedern und Funktionären aufrechterhalten. Ohne diese ehrenamtliche Tätigkeit könnte der Verein den Betrieb nicht kostendeckend fuhren. Es handelt sich dabei um keine Arbeitsverhältnisse sondern um ehrenamtliche Tätigkeiten ohne persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit, welche unentgeltlich geleistet wird. Auch Herr S, der in einem nicht dem Ausländerbeschäftigungsgesetz unterliegenden Beschäftigungsverhältnis hauptberuflich im Verein tätig ist, hat wie andere Mitglieder dies auch tun, in seiner arbeitsfreien Zeit ehrenamtlich im Vereinsgeschäft mitholfen Herr S erbringt diese Hilfe freiwillig, wenn er Zeit hat und selber will. Wenn keiner der Mitglieder oder Funktionäre Zeit hat, wird das Geschäft nicht geöffnet.

 

Diese Tätigkeit stellt kein Arbeitsverhältnis dar, und unterliegt damit nicht dem Ausländerbeschäftigungsgesetz. Es hat daher auch der Obmann des Vereines nicht gegen die Norm des § 3, Abs. 1 AuslbG verstoßen und er ist daher auch nicht zu bestrafen."

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte der Bw dar, dass das gegenständliche Geschäft den Zweck habe, Halal, also rituell/religiös korrekte Lebensmittel anzubieten. Dies sei auch wegen der in Lebensmitteln enthaltenen Zusatzstoffe (wie z.B. in Suppenwürfeln oder Gummibärli) erforderlich. Es würden unbedenkliche türkische Marken importiert. Der Verkauf sei ehrenamtlich durch Vereinsmitglieder, so auch durch den gegenständlichen Ausländer, erfolgt. Der gegenständliche Ausländer habe dies auch deshalb getan, um mehr Mitglieder zu derselben Tätigkeit zu motivieren. Es habe sich bei der Tätigkeit S im Lebensmittelgeschäft nur um sporadische bzw. punktuelle Tätigkeiten gehandelt, die momentan angefallen und zeitlich nicht ins Gewicht gefallen seien. So erkläre sich auch, dass der (Überstundenpauschale enthaltende) Nettolohn von 1.400 Euro ausschließlich auf die Tätigkeit als Prediger bezogen gewesen sei, sodass S nur wenig Zeit für die Tätigkeit im Lebensmittelgeschäft geblieben sei. Mittlerweile sei eine Person im Lebensmittelgeschäft angestellt worden, da sich das System der freiwilligen Mithilfe nicht bewährt habe.

Der gegenständliche Ausländer sagte zeugenschaftlich einvernommen aus, er habe den Vertrag mit dem Bw abgeschlossen. Dabei sei die Tätigkeit im Lebens­mittelgeschäft kein Gesprächsthema gewesen. Er sei als Prediger bezahlt worden. Über seine Predigerdienste hinaus habe er fünfmal am Tag zum Gebet aufrufen müssen und Kindern Unterricht erteilt. Dafür habe er einschließlich Überstunden­ 1.400 Euro netto erhalten. Als Vereinsmitglied habe er im Lebensmittelgeschäft geholfen, wie andere Vereinsmitglieder auch, und zwar ohne etwas zu verlangen.

Im Schlussvortrag legte der Vertreter des Finanzamtes dar, dass das Dienstver­hältnis sehr wohl auch die Tätigkeit im Lebensmittelgeschäft beinhaltet habe und sich die Höhe der Entlohnung daraus erkläre. Da diese Tätigkeit nicht durch die Beschäftigungsbewilligung gedeckt gewesen sei, liege eine illegale Beschäftigung im Sinne des AuslBG vor.

Der Vertreter des Bw legte dar, der Ausländer sei als Prediger angestellt gewesen, seine Tätigkeit im Lebensmittelgeschäft habe nicht zu seinen Dienstver­pflichtungen gehört. Diese Tätigkeit sei ehrenamtlich (unentgeltlich) erfolgt, sodass in Bezug auf diese Tätigkeit keine Beschäftigung vorliege.

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

Unbestritten war der Ausländer Mitglied des gegenständlichen Vereins. Dieser Umstand schließt jedoch nicht aus, dass Arbeitsleistungen für diesen Verein (unter den für den Beschäftigungsbegriff maßgeblichen Voraussetzungen) als Beschäftigung im Sinne des AuslBG zu qualifizieren sein kann (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 21.9.2005, Zl. 2004/09/0107 und vom 7.5.1997, Zl. 95/09/0293).

Es ist daher die Frage zu stellen, ob der zwischen dem Verein und dem Ausländer abgeschlossene Dienstvertrag die Arbeitsleistungen des Ausländers im Lebens­mittelgeschäft beinhaltete. Dafür könnte das Personenblatt ins Treffen geführt werden, worauf sich offenbar die Anzeige und in der Folge das angefochtene Straferkenntnis stützt. Das Personenblatt könnte so gelesen werden, dass der Ausländer täglich von 8.00 bis 5.00 Uhr als Kassier im Geschäft tätig war und dafür 1.400 Euro pro Monat erhielt. Diese Deutung wird jedoch durch die Darlegung des Bw, die durch die glaubwürdige Aussage des Ausländers in der öffentlichen mündlichen Verhandlung bestätigt wurde, in dem Sinn widerlegt, dass zumindest die Hauptaktivität des Ausländers nicht in der Tätigkeit im Lebens­mittelgeschäft bestand.

Damit bleibt offen, ob die vereinbarte Pflicht des Ausländers in einer Mischtätigkeit (als Prediger und Lebensmittelverkäufer/Kassier) bestand. Dafür könnte sprechen, dass der Nettolohn des Ausländers auch Überstunden enthielt und in Frage gestellt werden könnte, dass die Arbeit als Prediger einen solchen Umfang erreichte, dass Überstunden anfielen. Diese Annahmen stellen jedoch keine solide Grundlage für Schlussfolgerungen dar, die die Behauptungen des Bw mit der nötigen Sicherheit widerlegen könnten. Im Zweifel ist daher der Argumentation des Bw zu folgen, wonach die Entlohnung lediglich mit den Pflichten (wie sie der Ausländer in der öffentlichen mündlichen Verhandlung darstelle, also einschließ­lich der Gebets- und Unterrichtspflichten) korrespondierte und der Ausländer die Arbeitsleistungen im Lebensmittelgeschäft außerhalb seiner Dienstpflichten erbrachte.

Damit stellt sich die Frage, ob diese Arbeitsleistungen als Beschäftigung oder als unentgeltliche Gefälligkeitsdienste zu qualifizieren sind. Unentgeltliche Gefälligkeitsdienste haben nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsge­richtshofes folgende Voraussetzungen: Ein besonderes Naheverhältnis, Unentgeltlichkeit, Kurzfristigkeit und Freiwilligkeit. Ein persönliches Naheverhältnis (im Sinne einer die Motivation zur Erbringung unentgeltlicher Arbeitsleistungen plausibel machenden Konstellation) ist nicht etwa bloß aufgrund der Vereinsmitgliedschaft anzunehmen, sondern (und hierin liegt eine Besonderheit des Falles) vor allem auch infolge der Stellung als Prediger, wegen der er sich (so der Ausländer in der öffentlichen mündlichen Verhandlung) "verpflichtet" sah, im Sinne des Vereinszwecks im Lebensmittelgeschäft mitzuwirken. Dies ist als moralische Pflicht zu verstehen, verständlich aus dem Interesse heraus, den Glaubensgenossen religiös einwandfreie Lebensmittel zur Verfügung zu stellen und auch andere Vereinsmitglieder zur Mitarbeit anzuregen. Ein solches Pflichtgefühl steht der Freiwilligkeit (im Sinne des Fehlens einer vertraglichen Verpflichtung zur Arbeit) nicht entgegen; Indizien persönlicher Unselbstständigkeit sind nicht hervorgekommen. Die Kurzfristigkeit ist im Zweifel im Hinblick auf die nicht widerlegte Behauptung des Bw, dass diese Aktivitäten des Predigers nur von geringem zeitlichem Umfang bzw. nur sporadisch waren, anzunehmen. Die Unentgeltlich­keit ergibt sich aus der Aussage des Ausländers, er habe "nichts verlangt" bzw. aus dem gemeinsamen Vorverständnis mit dem Bw, dass der Betrieb des Lebensmittelgeschäftes durch ehrenamtliche Tätigkeit der Mitglieder bewerkstelligt werden sollte. Letzteres ist nicht unglaubwürdig, wenn man der (unwiderlegten) Behauptung des Bw folgt, dass der Geschäftsbetrieb nicht aus wirtschaftlichen sondern (defizitär) aus ideellen Interessen erfolgte, welche im Einklang mit dem Vereinszweck standen. Mithin liegen die Voraussetzungen eines unentgeltlichen Gefälligkeitsdienstes vor.

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden. Ausdrücklich sei darauf hingewiesen, dass, wie aus den oben stehenden Ausführungen ersichtlich, die Stellung als Prediger keineswegs per se zu Arbeitsleistungen anderer Art berechtigt und dass bei modifiziertem Sachverhalt bzw. anderer Beweislage das Verfahrensergebnis ein anderes hätte sein können.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

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