Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252204/5/Kü/La

Linz, 25.09.2009

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn x, vertreten durch o. Univ. Prof. x, x, x, x, Rechtsanwälte, x, x, vom 27. Juli 2009 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshaupt­mannschaft Linz-Land vom 13. Juli 2009, SV96-11-2009, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) zu Recht erkannt:

 

 

I.        Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.    Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl.  Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 13. Juli 2009, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a iVm § 9 VStG eine Geldstrafe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen verhängt.

 

Diesem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zu Grunde:

„Der Beschuldigte x hat

es in seiner Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma x GmbH, somit als der gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen Berufener zu verantworten, dass die Firma die ungarische Staatsangehörige x, geb. am, der Zweigstelle in x in den Zeiträumen von

 

07.11.2006 bis 03.12.2006

12.12.2006 bis 24.12.2006

07.01.2007 bis 10.12.2007

 

zu nachangeführten Zeiten beschäftigt wurde, obwohl für diesen Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde noch dieser Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine „Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt“ oder ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EG“ oder einen Niederlassungsnachweiß besaß“.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass aus den Erkenntnissen des Unabhängigen Verwaltungssenates für Tirol hervorgehe, dass eine ordnungsgemäße Bestellung der Frau x zur verantwortlichen Beauftragten für die Zweigstelle in x nicht zweifelsfrei bejaht werden könne, weshalb die Zuständigkeit des Strafverfahrens bei der ha. Behörde liege und der Verantwortliche für die Übertretung der handelsrechtliche Geschäftsführer der x GmbH sei. Somit stehe außer Zweifel, dass der Bw die Verantwortung für die Übertretung nach dem AuslBG wahrzunehmen habe. Die Übertretung an sich sei in keinem Stadium des Verfahrens bestritten worden.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Rechtsvertreter des Bw eingebrachte Berufung, mit welcher die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt wird und als Berufungsgründe die Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie die unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht werden.

 

Neben Ausführungen dahingehend, wonach das angefochtene Straferkenntnis nicht dem § 44a VStG entspreche, wird in der Berufung vorgebracht, dass gemäß der der Berufung beigeschlossenen Bestellungsurkunde der Bw am 09.05.2005 durch eine hiezu mit einer Spezialvollmacht ermächtigte Person Frau xx zu verantwortlichen Beauftragten für alle im Bundesland x gelegenen Filialen der x  GmbH bestellt habe. Gemäß Punkt III B 1. dieser Urkunde sei Frau x auch die Verantwortlichkeit für die Einhaltung der Bestimmungen des Ausländerbe­schäftigungsgesetzes übertragen worden.

 

Diese Urkunde sei am 6.6.2005 bei der gemäß § 28a Abs.3 AuslBG (in der am diesen Tag gültigen Fassung) zuständigen Behörde eingelangt und sei damit rechtswirksam geworden. Dementsprechend sei der Bw für die vorgeworfene Tathandlung verwaltungsstrafrechtlich nicht verantwortlich.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Schreiben vom 06.08.2009 die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

 

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

4.1. Folgender für die Entscheidung wesentlicher Sachverhalt fest:

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma x GmbH mit dem Sitz in x, x.

 

Am 9. Mai 2005 wurde zwischen der x GmbH und Frau x, eine mit „Vereinbarung und Bestellungsurkunde“ überschriebene Vereinbarung getroffen, dass der Geschäftsführer der x GmbH Frau x zur verantwortlich Beauftragten für den im nachstehenden Punkt III bezeichneten sachlich und räumlich abgegrenzten Bereich in der x GmbH bestellt. Unterschrieben ist diese Vereinbarung von Frau x x und der Prokuristin x, welche mit Spezialvollmacht vom 1.1.2003 vom Bw als handelsrechtlichen Geschäftsführer der x GmbH Vollmacht erteilt wurde, in seinem Namen Verkaufsleiter der x GmbH zu verantwortlich Beauftragten im Sinne des § 9 VStG zu bestellen und die Bestellungsurkunden zu Delegierung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit an die Verkaufsleiter der x GmbH zu unterzeichnen.

 

Im Punkt III A der Bestellungsurkunde ist der räumlich abgegrenzte Bereich, für welchen Frau x die Verantwortlichkeit trägt, mit dem Gebiet der Bundesländer x und x, dh. mit allen in diesen Bundesländern gelegenen Niederlassungen, Filialen, Verkaufsstellen, Arbeitsstätten der x GmbH festgelegt.

Im Punkt III B 1. ist festgelegt, dass der sachlich abgegrenzte Bereich, für welchen Frau x die Verantwortlichkeit trägt, unter anderem die Normen des Ausländerbeschäftigungsgesetztes betrifft.

 

Diese Bestellungsurkunde wurde mit Schreiben vom 1. Juni 2005 dem Arbeitsinspektorat für den  . Aufsichtsbezirk, A, I, vorgelegt.

 

Mit Schreiben vom 30. Juli 2008 bestätigt das Finanzamt x auf Anfrage der Erstinstanz, dass die Bestellung von Frau x zur verantwortlich Beauftragte iSd § 28a AuslBG von der x GmbH am 10.06.2005 zur Anzeige gebracht wurde und bei der zentralen Koordinierungsstelle protokolliert wurde somit als gültig angesehen werden kann.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus an der mit der Berufung vorgelegten Vereinbarung und Bestellungsurkunde sowie dem Schreiben des Finanzamtes x vom 30.07.2008.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 9 Abs.2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

 

Nach § 9 Abs.4 VStG kann verantwortlicher Beauftragter nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.

 

5.2. Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist aus dem Wortlaut des § 9 Abs.2 VStG klar ersichtlich, dass der räumliche oder sachliche Bereich des Unternehmens, für den ein verantwortlicher Beauftragter mit  dessen Zustimmung bestellt wird, klar abzugrenzen ist. Erfolgt eine solche klare Abgrenzung nicht, so liegt keine wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im Sinne dieser Bestimmung vor. Bei der Auslegung einer Bestellungsurkunde ist ein objektiver Maßstab anzulegen. Dabei kommt es im Sinne der allgemeinen Auslegungsregeln auch nicht auf die Absicht des Erklärenden, sondern auf den objektiven Erklärungswert des Empfängers an (vgl. VwGH vom 21.5.2003, Zl. 2002/09/0021).

 

Die mit der Berufung vorgelegte Vereinbarung und Bestellungsurkunde vom 9. Mai 2005 zeigt, dass Frau x ihre Bestellung zur verantwortlich Beauftragten für einen räumlichen Geltungsbereich (sämtliche Niederlassungen, Filialen, Verkaufsstellen, Arbeitsstätten in den Bundesländern x und x) und den sachlich abgegrenzten Bereich der Normen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nachweislich zugestimmt hat. Frau x hat ihren Hauptwohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland. Im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Entscheidung vom 25.02.2009, Zl. 2008/03/0172) sind die Voraussetzungen des § 9 Abs.4 VStG 2. Satz für die Bundesrepublik Deutschland erfüllt, zumal zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland der Vertrag über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl Nr. 526/1990 besteht. Frau x konnte daher gemäß § 9 Abs.4 VStG zur verantwortlich Beauftragten bestellt werden.

 

Die mit der Berufung vorgelegten Unterlagen verdeutlichen, dass am 1. Juni 2005 die Vereinbarung samt Bestellungsurkunde dem zum damaligen Zeitpunkt zuständigen Arbeitsinspektorat für den 14. Aufsichtsbezirk in Innsbruck vorgelegt wurde. Auch aus dem Schreiben des Finanzamtes x vom 30. Juli 2008 geht hervor, dass die Bestellung von Frau x zur verantwortlich Beauftragten im Sinne des § 28a AuslBG von der x GmbH mit 10.06.2005 zur Anzeige gebracht wurde und von der zentralen Koordinierungsstelle protokolliert wurde und somit als gültig anzusehen ist.

 

Die Bestellung von Frau x ist unbefristet erfolgt. Im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine einmal ordnungsgemäße erfolgte Bestellung zum verantwortlich Beauftragten auch nach Änderung der gesetzlichen Grundlagen weiterhin wirksam. Mit dem im Zuge des Berufungsverfahrens vorgelegten Unterlagen ist vom Bw der Nachweis erbracht, dass er für die Einhaltung der Vorschriften des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für die Zweigstelle in x nicht verantwortlich ist, zumal rechtswirksam Frau x als verantwortlich Beauftragte im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG bestellt wurde. Dem Bw in seiner Funktion als handelsrechtlichen Geschäftsführer der x GmbH, trifft daher im gegenständlichen Fall keine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung, weshalb der Berufung stattzugeben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

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