Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310374/12/Kü/Hue

Linz, 02.10.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung von Herrn X, X, X, vom
31. Jänner 2009 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/I. vom 12. November 2008, Zl. UR96-60-2008, wegen Übertretungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27. Mai 2009 zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die zu Spruch-­    punkt 1.) ausgesprochene Geldstrafe ersatzlos behoben und das     Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt wird.        Ansonsten wird der Berufung keine Folge gegeben und das    erstinstanz­liche Straferkenntnis bestätigt.

 

II.     Der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens der ersten Instanz   reduziert sich damit auf 73 Euro. Der Berufungswerber hat als       Beitrag zu den Kosten des Verfahrens   vor dem Unabhängigen      Verwaltungssenat einen Betrag von 20 % der verhängten          Geldstrafe (Spruchpunkt 2.), das sind 146 Euro, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 19, 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 64 und 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/I. vom 12. No­vember 2008, Zl. UR96-60-2008, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung

         1) nach § 79 Abs.2 Z3 iVm § 15 Abs.3 Z1 und 2 Abfallwirtschaftsgesetz      2002 (AWG 2002) eine Geldstrafe von 360 Euro, im Fall der    Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 17 Stunden und

         2) nach § 79 Abs.1 Z1 iVm § 15 Abs. 3 Z1 und 2 Abfallwirtschaftsgesetz     2002 (AWG 2002) eine Geldstrafe von 730 Euro, im Fall der    Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 7 Stunden

verhängt.

 

Ferner wurden gem. § 64 VStG Kostenbeiträge in der Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafen vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben zumindest am 18.09.2008 auf Grst.Nr. XX, KG und Gemeinde X (Wiese),

1.) nicht gefährlichen Abfall und zwar einen PKW-Anhängeraufbau mit den Abmessungen 2,5 x 1,5 x 2m, Farbe gelb, mit der Schlüsselnummer 35204 'Fahrzeuge, Arbeitsmaschinen und –teile, ohne umweltrelevante Mengen an gefährlichen Abteilen oder Inhaltsstoffen', stark verwittert und angerostet, sowie

2.) gefährlichen Abfall und zwar einen PKW (Campingbus) der Marke VW, Type XX, Farbe rot mit weißem Dach mit der Schlüsselnummer X 'Fahrzeuge, Arbeitsmaschinen und –teile, mit umweltrelevanten Mengen an gefährlichen Anteilen oder Inhaltsstoffen (z.B. Starterbatterien, Bremsflüssigkeit, Motoröl)', Karosserie stark angerostet bzw. teilweise bereits durchgerostet, Außenspiegel sowie Scheibenwischer kaputt, ohne Prüfplakette

jeweils entgegen den Bestimmungen des § 15 Abs. 3 Z1 und 2 AWG außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten gelagert."

 

2. Dagegen richtet sich die am 3. Februar 2009 per E-Mail übermittelte und vom Bw rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 31. Jänner 2009. Darin wird vom Bw im Wesentlichen vorgebracht, dass er Anfang November bei der Gemeinde X eine Entsorgung beantragt und dafür auch einen Zahlschein erhalten habe. Sowohl der Ford Scorpio als auch der VW-LT seien von der Firma X deshalb bereits entsorgt worden. Vorsorglich seien Beweismittel zum Beweis dafür angefertigt worden, dass aus diesen Fahrzeugen kein Öl ausgetreten sei und auch keine ähnlichen Umweltschäden erzeugt hätten. Der beanstandete und zum Verkehr zugelassene Anhänger werde nur für Spezialtransporte benötigt und dafür regelmäßig die Versicherung bezahlt. Dieser erzeuge keine Umweltbelastung. 

Der Bw stellt seine Einkommensverhältnisse dar und bringt vor, dass er sich um die Entsorgung gekümmert aber keinen Einfluss auf die Dauer bis zur Entsorgung gehabt hätte.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/I. hat mit Schreiben vom 23. März 2009 den bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27. Mai 2009, an welcher der Bw teilgenommen hat und Frau  X als Zeugin einvernommen wurde.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Bw hat das unbefestigte Wiesengrundstück Nr. X, KG und Gemeinde X, von den Österreichischen Bundesbahnen zur Lagerung von mobilen Verkaufskiosken und zum Abstellen von Kraftfahrzeugen gepachtet.

 

Am 18. September 2008 wurde vom Amtssachverständigen für Abfalltechnik im Auftrag der Erstinstanz ein unangekündigter Lokalaugenschein auf diesem Grundstück durchgeführt. Der Sachverständige hielt in seinem Befund und Gutachten darüber Folgendes fest:

 

"Befund

Das ggst. Grundstück befindet sich ca. 130 m südöstlich des Bahnhofes X. Die betroffene Wiesenfläche (ca. 40 m2) war ungepflegt und zum Teil von Bäumen und Sträuchern umgeben (siehe Foto 1). Bei den vorgefundenen Gegenständen handelte es sich um ein Kfz und einen Pkw - Anhängeraufbau. Die genau Lage der Gegenstände wurde im Orthofoto rot eingezeichnet.

 

Nachfolgend werden die Gegenstände, deren Allgemeinzustand und die vorgefundene Situation näher beschrieben:

 

1.      Der vorgefundene Pkw (Campingwagen) der Marke Volkswagen war   augenscheinlich in einem sehr schlechten Allgemeinzustand. Die        Karosserie des Fahrzeuges war bereits stark angerostet bzw. stellenweise    sogar durchgerostet und der Lack verwittert. Die Heckklappe des          Fahrzeuges war unversperrt, der Autoradio ausgebaut und die Außenspiegel sowie die Scheibenwischer kaputt. Weiters ist das       Fahrzeug bereits mit den Reifen in das Erdreich
         eingesunken. Ein Nummernschild oder eine Prüfplakette konnten am Fahrzeug nicht vorgefunden werden (siehe Fotos 2-11)

 

         Fahrzeugdaten:   Marke: Volkswagen Type: X   Farbe: rot (Dach weiß)          Prüfplakettendaten:      keine Prüfplakette vorhanden!

 

2.      Der vorgefundene Pkw - Anhängeraufbau, welcher augenscheinlich     ursprünglich für Verkaufszwecke diente, war ebenfalls in einem sehr        schlechten Zustand. Der Aufbau war stark verwittert und angerostet.        Weiters konnte festgestellt werden, dass zwischen der
         Anhängervorrichtung bereits bis zu ca. 10 cm dicke Bäume hindurch gewachsen sind (siehe Fotos 12-16)

 

         Anhängeraufbau: Abmessungen: ca. 2,5 x 1,5 x 2 m (I x b x h)

         Farbe: gelb

 

Weiters ist festzuhalten, dass bis vor kurzem augenscheinlich noch weitere Gegenstände auf dem ggst. Grundstücksteil abgelagert wurden, da auf der Wiesenfläche entsprechende Abdrücke bzw. Rückstände zu sehen waren (siehe Foto 1)

 

Gutachten

 

Nachfolgend wird zu den im Befund beschriebenen Gegenständen fachlich Stellung genommen und auf die Fragen der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn eingegangen:

 

Zu 1.:

Das Fahrzeug kann aus fachlicher Sicht aufgrund der festgestellten Mängel wie z.B. Karosserie angerostet bzw. durchgerostet, Scheibenwischer und Außenspiegel kaputt, mit keinem wirtschaftlich vertretbaren Aufwand mehr einer bestimmungsgemäßen Verwendung zugeführt werden. Weiters lassen die eingesunkenen Reifen darauf schließen, dass das Fahrzeug bereits seit längerer Zeit an Ort und Stelle steht.

Des Weiteren besteht bei der Lagerung von Fahrzeugen ohne gültiger Prüfplakette erhöhte Gefahr bezüglich dem Austritt von grundwassergefährdenden Flüssigkeiten (Betriebsmittel wie z.B. Motoröl, Bremsflüssigkeit), da eine regelmäßige und fachgerechte Wartung bzw. Überprüfung fehlt. Die ev. ausgetretenen Betriebsmittel können dann ungehindert in den Boden und in späterer Folge in das Grundwasser gelangen. Das Fahrzeug ist daher aus fachlicher Sicht aufgrund der oben angeführten Gründe als Altfahrzeug einzustufen und einer fachgerechten und ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen.

 

Das Fahrzeug ist der Schlüsselnummer 35203 "Fahrzeuge, Arbeitsmaschinen und -teile, mit umweltrelevanten Mengen an gefährlichen Anteilen oder Inhaltsstoffen (z.B. Starterbatterien, Bremsflüssigkeit, Motoröl)", gemäß ÖNORM S 2100, Abfallverzeichnis, zuzuordnen.

 

Zu 2.:

Der Pkw - Anhängeraufbau kann aus fachlicher Sicht aufgrund der festgestellten Mängel wie z.B. Aufbau stark verwittert und angerostet, mit keinem wirtschaftlich vertretbaren Aufwand mehr einer bestimmungsgemäßen Verwendung zugeführt werden.

Weiters zeigt die Tatsache, dass bereits Bäume im Bereich der Anhängerkupplung eingewachsen sind, dass der Anhängeraufbau schon seit mehreren Jahren an Ort und Stelle steht und nicht mehr verwendet wird. Der Pkw-Anhängeraufbau ist daher aus fachlicher Sicht einer fachgerechten und ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen.

 

Der Anhängeraufbau ist der Schlüsselnummer X "Fahrzeuge, Arbeitsmaschinen und -teile, ohne umweltrelevanten Mengen an gefährlichen Anteilen oder Inhaltsstoffen", gemäß ÖNORM S 2100, Abfallverzeichnis, zuzuordnen.

 

Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung der oben angeführten Gegenstände als Abfall ist erforderlich, da die Abfälle außerhalb von dafür geeigneten und genehmigten Behandlungsanlagen gelagert werden und dadurch

 

-         die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt wird und

-         die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann."

 

Am Tattag sind u.a. die im angefochtenen Straferkenntnis angeführten Gegenstände auf diesem Grundstück gelagert gewesen. Bei der Anhängervorrichtung des gelben PKW-Anhängers (mobiler Verkaufsstand) waren zum Zeitpunkt der Beanstandung bereits etwa 10 cm dicke Bäume hindurchgewachsen, da er schon sehr lange Zeit auf dem Grundstück gelagert war. Der Lack des Anhängers war stark verwittert. Eine Verwendung wäre aber jederzeit möglich gewesen, zumal der Anhängeraufbau aus Aluminium bestanden hat, welches nicht rosten kann und die Räder noch in Ordnung gewesen sind. Zudem handelt es sich um ein "Erinnerungs- bzw. Museumsstück".

 

Der PKW (Campingbus) der Marke VW X wurde auf einem Hänger zum gegenständlichen Grundstück transportiert und war zumindest schon 10 Jahre dort abgestellt. Der Bw hat dabei nicht beabsichtigt, mit diesem Kfz noch zu fahren. Aufgrund einer Gerichtspfändung konnte der Bus nicht verwertet werden, wobei u.a. das Fahrgestell nur mit erheblichem Aufwand hätte repariert werden können. Zum Tatzeitpunkt war der Auftrag zur Entsorgung bereits erteilt worden. Auch nach entsprechendem Nachfragen beim Bezirksabfallverband konnte dem Bw kein konkreter Termin für die Entsorgung bekannt gegeben werden, welche schließlich Ende Jänner 2009 erfolgt ist.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den im Akt einliegenden Fotoaufnahmen, dem Gutachten des Sachverständigen vom 2. Oktober 2008, Zl. U-UT-950105/269-2008-Br, sowie den Angaben des Bw und der einvernommen Zeugin in der Berufungsverhandlung.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 2 Abs.1 AWG 2002 sind Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes bewegliche Sachen, die unter die in Anhang 1 angeführten Gruppen fallen und

1.   deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder

2.   deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs.3) nicht zu beeinträchtigen.

 

§ 1 Abs.3 AWG 2002 lautet:

Im öffentlichen Interesse ist die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich, wenn andernfalls

1.     die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können,

2.     Gefahren für die natürlichen Lebensbedingungen von Tieren oder Pflanzen oder für den Boden verursacht werden können,

3.     die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann,

4.     die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,

5.     Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,

6.     Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,

7.     das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,

8.     die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder

9.     Orts- und Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt werden können.

 

Gemäß § 2 Abs.3 AWG 2002 ist eine geordnete Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung im Sinne dieses Bundesgesetzes jedenfalls so lange nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs.3) erforderlich, so lange

1.   eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder

2.   sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungs­gemäßen Verwendung steht.

 

§ 4 AWG 2002 ermächtigt den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft mit Verordnung

-        die Abfallarten in Form eines Abfallverzeichnisses,

-        die Abfallarten die gefährlich sind und

-        die Voraussetzungen, unter denen eine Ausstufung eines bestimmten Abfalls im Einzelfall möglich ist

 festzulegen.

 

Gemäß § 1 Abs.1  Abfallverzeichnisverordnung, BGBl.II/Nr. 570/2003 idF BGBl.II/Nr. 498/2008, umfasst das Abfallverzeichnis die Abfallarten, die in Punkt 5 Tabelle 1 der ÖNORM S 2100 „Abfallverzeichnis“, ausgegeben am
1. Oktober 2005, aufgelistet sind, mit den in Abschnitt III. der Anlage 5 angeführten Änderungen.

 

Nach § 4 Abs.1 Abfallverzeichnisverordnung gelten als gefährliche Abfälle jene Abfallarten, die im Abfallverzeichnis gemäß § 1 Abs. 1 mit einem „g“ versehen sind.

 

Die Ö-Norm S2100 „Abfallverzeichnis“, ausgegeben am 1. Oktober 2005, listet unter der Schlüsselnummer X „Fahrzeuge, Arbeitsmaschinen und -teile mit umweltrelevanten Mengen an gefährlichen Anteilen und Inhaltsstoffen (z.B. Starterbatterie, Bremsflüssigkeit, Motoröl) “ auf, welche mit  „g“ gekennzeichnet sind.

 

Nach § 15 Abs.3 AWG 2002 dürfen Abfälle außerhalb von

1.   hiefür genehmigten Anlagen oder

2.   für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden.

 

§ 79 Abs.1 Z1 AWG 2002 besagt: Wer gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs.1, 3 oder 4 entgegen § 16 Abs.1 sammelt, befördert, lagert, behandelt oder beim sonstigen Umgang mit gefährlichen Abfällen entgegen § 15 Abs.1 die Ziele und Grundsätze nicht beachtet oder Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen nicht vermeidet oder entgegen § 15 Abs.2 vermischt oder vermengt, begeht – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 730 Euro bis 36.340 Euro zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 3.630 Euro bedroht.

 

§ 79 Abs.2 Z3 AWG 2002 lautet: Wer nicht gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs.1, 3 oder 4 sammelt, befördert, lagert, behandelt oder beim sonstigen Umgang mit nicht gefährlichen Abfällen entgegen § 15 Abs.1 die Ziele und Grundsätze nicht beachtet oder die Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen nicht vermeidet oder entgegen § 15 Abs.2 vermischt oder vermengt, begeht – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 360 Euro bis 7.270 Euro zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 1.800 Euro bedroht.

 

5.2. Eine Sache ist dann als Abfall anzusehen, wenn entweder der subjektive oder der objektive Abfallbegriff erfüllt ist.

 

Der subjektive Abfallbegriff ist dann erfüllt, wenn eine Person in Entledigungsabsicht die Gewahrsame an der beweglichen Sache aufgibt und somit die tatsächliche Sachherrschaft aufgibt, wobei der Besitzer für sich beschließt, die Sache wegzuwerfen.

 

Eine Sache ist im objektiven Sinne Abfall, wenn die Sammlung, Lagerung, Beförderung oder Behandlung als Abfall erforderlich ist, um das öffentliche Interesse nicht zu beeinträchtigen. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Sache im objektiven Sinn dem Abfallregime zu unterstellen ist, ist zu klären, ob eine Sache eine mögliche Beeinträchtigung der Schutzkriterien des Abfallrechtes herbeiführen kann.

 

 

 

PKW-Anhänger/Mobiler Verkaufsstand (Punkt 1. des angefochtenen Strafer­kenntnisses):

Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass beim PKW-Anhänger nicht von einer Entledigungsabsicht des Bw ausgegangen werden kann, da in der Berufungsverhandlung sowohl vom Bw als auch von der Zeugin X glaubwürdig dargelegt wurde, dass dieser Anhänger nicht nur bestimmungsgemäß verwendbar ist sondern für den Bw auch ein nostalgisches  "Liebhaberstück" darstellt, weil es sich um seinen ersten diesbezüglichen Verkaufsstand zum Zeitpunkt der Betriebsgründung gehandelt hat. Im gegenständlichen Fall ist demnach der subjektive Abfallbegriff nicht erfüllt.

 

Das von der Erstinstanz durchgeführte Ermittlungsverfahren ergibt nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenat nicht, dass die im § 1 Abs. 3 AWG gelisteten Schutzzwecke verletzt würden. Der Sachverständige stellt dar, dass der PKW-Anhängeraufbau Mängel aufweist und keiner bestimmungsgemäßen Verwendung mehr zugeführt werden kann. Eine nähere Begründung diesbezüglich ist dem Sachverständigen-Gutachten nicht zu entnehmen. Im Besonderen ist aber zu bemerken, dass aus den fachlichen Ausführungen des Sachverständigen nicht hervorgeht, welcher konkret im § 1 Abs. 3 AWG 2002 festgelegte Schutzzweck durch die gegenständliche Lagerung des PKW-Anhängeraufbaues auf dem unbefestigten Grundstück verletzt wird. Umweltrelevante Mengen an gefährlichen Anteilen oder Inhaltsstoffen sind bei diesem PKW-Anhängeraufbau vom Sachverständigen nicht festgestellt worden. Eine Beurteilung bezüglich des Orts- und Landschaftsbildes findet sich im Gutachten ebenso wenig wie ein Hinweis auf mögliche Gefährdungen des Wassers, des Bodens oder der Umwelt. Auch auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere der subjektiven Verantwortung des Berufungswerbers, ist für den Unabhängigen Verwaltungssenat nicht erkennbar, welcher Schutzzweck des § 1 Abs. 3 AWG 2002 durch die gegenständliche Lagerung beeinträchtigt wird, sodass im konkreten Fall kein Nachweis vorliegt, dass es sich bei diesem PKW-Anhängeraufbau um Abfall im objektiven Sinn handelt.

 

Da der PKW-Anhänger somit der Abfallbegriff des § 2 Abs. 1 AWG 2002 nicht erfüllt, war der Berufung in Bezug auf Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses Folge zu geben, diesbezüglich das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Campingbus der Marke VW (Punkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses):

Vom Bw wurde in seinen Stellungnahmen angegeben, dass sich dieses Fahrzeug seit zumindest 10 Jahren auf dem Grundstück befindet und damals dorthin auf einem Anhänger transportiert wurde. Fahrbereit war das Kfz bereits zum Zeitpunkt der Lagerung nicht mehr. Für andere Zwecke wurde das Fahrzeug seit dieser Zeit nicht verwendet. Damit liegt hier eindeutig eine Entledigungsabsicht durch den Bw vor, weshalb es sich bei diesem Kfz um Abfall im subjektiven Sinn handelt.

 

Zudem wurde vom Sachverständigen für Abfalltechnik in seinem Gutachten vom 2. Oktober 2008 festgestellt, dass das Kfz augenscheinlich seit längerer Zeit nicht mehr im (bestimmungsgemäßen) Gebrauch steht. Eine Prüfplakette war nicht angebracht. Eine Sammlung und Behandlung als Abfall ist besonders bei diesen Fahrzeugen erforderlich, da durch die Lagerung im Freien auf unbefestigtem Untergrund eine Gefährdung von Boden und Wasser durch eventuell austretende grundwassergefährdende Flüssigkeiten (Betriebsmitteln wie z.B. Motoröl, Bremsflüssigkeit, Hydrauliköl) besteht.

Die Behauptung des Bw in der Berufungsverhandlung, im Fahrzeug würden sich keine Betriebsflüssigkeiten mehr befinden, wird als Schutzbehauptung gewertet, die der Bw durch keine objektivierbaren Beweismittel unterstützt hat. Der Oö. Verwaltungssenat sieht es daher als gesichert an, dass sich im Campingbus noch Betriebsmittel befunden haben.

 

Im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reicht für die Verwirklichung des objektiven Abfallbegriffs die bloße Möglichkeit einer Gefährdung von Schutzgütern aus (VwGH vom 22.12.2005/2005/07/0088 u.a.). Im Hinblick auf den Umstand, dass die Fahrzeuge noch Motor und Getriebe enthielten sowie die Lagerung auf unbefestigtem Boden erfolgt ist, muss davon ausgegangen werden, dass durch diese Art und Weise der Lagerung die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann, weshalb das  Altfahrzeug als Abfall im objektiven Sinn einzustufen ist. In Anlehnung an die Ausführungen des Sachverständigen ist dieses Fahrzeug der Schlüsselnummer 35203 "Fahrzeuge, Arbeitsmaschinen und –teile, mit umweltrelevanten Mengen an gefährlichen Anteilen oder Inhaltsstoffen (zB Starterbatterie, Bremsflüssigkeit, Motoröl)" gemäß der ÖNORM S 2100 zuzuordnen und stellt deshalb gefährlichen Abfall im Sinne des § 4 AWG 2002 iVm § 4 Abfallverzeichnisverordnung dar. Da durch die Lagerung des gegenständlichen Abfalls das öffentliche Interesse des § 1 Abs.3 AWG 2002 im vom Amtssachverständigen näher dargelegten Umfang verletzt wird, ist von der Erfüllung des objektiven Abfallbegriffs auszugehen, zumal das Kfz nach allgemeiner Verkehrsauffassung weder neu sind noch in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung bestimmungs­gemäßen Verwendung steht (§ 2 Abs.3 AWG 2002).

 

Der Campingbus stellt somit sowohl in subjektiver als auch in objektiver Hinsicht Abfall dar, weshalb der Bw diesbezüglich die vorgeworfene Verwaltungs­übertretung objektiv zu verantworten hat.

 

5.3. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht. Der Bw hat das Abstellen des Altfahrzeuges nicht bestritten und zudem nichts zu seiner subjektiven Entlastung vorgebracht. Die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens ist dem Bw daher nicht gelungen, weshalb ihm die gegenständliche Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht anzulasten ist.

 

5.4. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, in wie weit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Da im gegenständlichen Fall hinsichtlich der dem Bw zur Last gelegten Verwaltungsübertretung bereits von der Erstinstanz die nicht gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe verhängt wurde, erübrigt sich ein Eingehen darauf, ob den Bestimmungen des § 19 VStG bei der Bemessung der Strafe durch die Erstbehörde entsprochen wurde oder nicht und erweisen sich begründete Ausführungen über das Strafausmaß als entbehrlich.

 

Die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung iSd § 20 VStG war nicht in Betracht zu ziehen, da im gegenständlichen Fall Milderungsgründe nicht hervorgekommen sind und daher kein beträchtliches Überwiegen der Strafmilderungsgründe gegenüber den Erschwernisgründen, als gesetzliche Voraussetzung für die Unterschreitung der Mindeststrafe, gegeben ist.

 

Auch eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG scheidet aus, da die Tat nicht hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurückblieb.

 

6. Aufgrund des Umstandes, dass die Geldstrafe zu Spruchpunkt 1.) behoben wurde, war auch der Beitrag zu den Verfahrenskosten der ersten Instanz, welche gem. § 64 VStG 10 % der verhängten Geldstrafe beträgt, entsprechend herab zu setzen. Weil die Berufung ansonsten keinen Erfolg hatte und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt wurde, hat der Bw gem. § 64 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe zu leisten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

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