Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522314/2/Fra/Sta

Linz, 01.10.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung der Frau X, X, X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18. Mai 2009, VerkR21-392-2009/LL/KP, betreffend Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung,   zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 67a Abs.1 AVG; § 24 Abs.4 Führerscheingesetz 1994 – FSG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid die  Berufungswerber (Bw) gemäß § 24 Abs.4 FSG aufgefordert, sich innerhalb von 2 Monaten nach Zustellung dieses Bescheides hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von führerscheinpflichtigen Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 sowie zum Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen, amtsärztlich untersuchen zu lassen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft  Linz-Land - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

3. Die belangte Behörde legte dem angefochtenen Bescheid folgenden Sachverhalt zu Grunde:

 

Von der Polizeiinspektion L wurde ein Sachverhaltsbericht vom 28.4.2009 vorgelegt, woraus hervorgeht, dass Sie gegen Ihren Mann eine gefährliche Drohung ausgesprochen haben. Weiters liegt eine Meldung der Polizeiinspektion Hauptbahnhof vom 28.3.2009 vor, wonach Sie am 28.3.2009 Ihren Mann mit dem Auto nachgefahren sind. Gegenüber den erhebenden Beamten gaben Sie an, dass Sie in Scheidung leben und Sie nur wissen wollten, wohin Ihr Gatte fährt. Sie wurden einige Male von den diensthabenden Beamten aufgefordert, sich zu beruhigen. Sie wurden immer hysterischer und Ihnen wurde angeraten, dass Sie sich mit der Rettung ins Wagner Jauregg Krankenhaus begeben sollten, was Sie auch taten, dort waren Sie bereits Ende 2008 etwa 2 Monate in stationärer Behandlung."

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung  (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

  1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
  2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränken einzuschränken.

 

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9).

 

Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist gemäß § 24 Abs.4 FSG ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen.

 

Ungeachtet des Umstandes, dass das FSG eine dem § 75 Abs.1 KFG 1967 entsprechende Bestimmung nicht enthält, ist auch dem Geltungsbereich des FSG Voraussetzung für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens betreffend Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung und damit für einen Aufforderungsbescheid gemäß § 24 FSG, dass begründete Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4 leg.cit.) noch gegeben sind. Dies folgt schon aus dem allgemeinen Grundsatz, dass die Verwaltungsbehörden nicht grundlos Ermittlungsverfahren einzuleiten und Aufforderungsbescheide mit der Folge eines Rechtsverlustes bei Nichtbefolgung zu erlassen haben (vgl. hiezu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 10.11.1998, Zl. 98/11/0120, vom 14.3.2000, Zl. 99/11/0185, vom 23.1.2001, Zl. 2000/11/0240 und vom 30.5.2001, Zl. 2001/11/0013).

 

Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides setzt demnach begründete Bedenken voraus, dass die Bw eine der in § 3 Abs.1 FSG-GV genannten Voraussetzungen für das Vorliegen der gesundheitlichen Eignung nicht erfüllt. In diesem Stadium des Verfahrens geht es noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann. Es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände unter der hiefür notwendigen Mitwirkung des Besitzers der Lenkberechtigung geboten erscheinen lassen.

 

Zum Sachverhalt laut Meldung der Polizeiinspektion Hauptbahnhof vom 28.3.2009, ist festzustellen, dass wohl jeder Mensch, der sich in einer schwierigen privaten und familiären Situation befindet, emotional bzw. hysterisch zu reagieren geneigt ist. Im Übrigen begab sich die Bw laut Anraten der Polizeibeamten mit der Rettung in das Wagner Jauregg Krankenhaus. Aus diesem Vorfall abzuleiten, dass die Bw nicht mehr die nötige körperliche und psychische Gesundheit zum Lenken von Kraftfahrzeugen für die Gruppe 1 besitzt, kann nicht ausreichend begründet werden. Vor der Hintergrund der oa Judikatur müssen jedoch begründete, sohin verdichtete Zweifel an der gesundheitlichen Eignung einer Person bestehen. Was die laut Sachverhaltsbericht der Polizeiinspektion L vom 28.4.2009 ausgesprochene gefährliche Drohung der Bw gegen ihren Mann anlangt, ist festzustellen, dass dieses Verhalten strafrechtliche Folgen nach sich ziehen kann, es weist jedoch keinen ausreichenden Bezug zu kraftfahrrechtlichen oder straßenverkehrsrechtlichen Fehlverhalten auf, welches eine mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung indizieren würde.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1.     Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2.     Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Beilagen

 

Dr. Johann  F r a g n e r

 

 

 

Für die Richtigkeit

 der Ausfertigung: