Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522352/2/Fra/Th

Linz, 01.10.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn X, vertreten durch X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 27.07.2009, VerkR21-80-2009-Gg, betreffend Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG iVm. § 67a Abs. 1 AVG; § 24 Abs. 4 FSG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid den Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 8 und 24 Abs. 4 FSG aufgefordert, sich innerhalb von zwei Monaten ab Zustellung des Bescheides vom Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Freistadt hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B sowie zum Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen oder Invalidenkraftfahrzeugen ärztlich untersuchen zu lassen und die für die Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde und Stellungnahmen beizubringen.

 

2. Über die dagegen rechtzeitig durch die ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied (§ 67a Abs. 1 AVG) folgendes erwogen:

 

2.1. Gemäß § 24 Abs. 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z. 2-4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

  1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
  2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9).

 

Gemäß § 3 Abs. 1 FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften unter anderem die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt (Z. 1).

 

Gemäß 24 Abs. 4 erster Satz FSG ist, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen in der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen.

 

Ungeachtet des Umstandes, dass das FSG eine dem § 75 Abs. 1 KFG 1967 entsprechende Bestimmung nicht enthält, ist auch im Geltungsbereich des FSG Voraussetzung für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens betreffend Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung und damit für einen Aufforderungsbescheid gemäß § 24 Abs. 4 FSG, das begründete Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z. 2-4 leg.cit) noch gegeben sind. Dies folgt schon aus dem allgemeinen Grundsatz, dass die Verwaltungsbehörden nicht grundlos Ermittlungsverfahren einzuleiten und Aufforderungsbescheide mit der Folge eines Rechtsverlustes bei Nichtbefolgung zu erlassen haben (Vergleiche hiezu die Erkenntnisse des VwGH vom 10.11.1998, Zahl 98/11/0120, vom 14.03.2000, Zahl 99/11/0185, vom 23.01.2001, Zahl 2000/11/0240 und vom 30.05.2001, Zahl 2001/11/0013). Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides setzt demnach begründete Bedenken voraus, dass der Bw eine der im § 3 Abs. 1 FSG-GV genannten Voraussetzungen für das Vorliegen der gesundheitlichen Eignung nicht erfüllt. In diesem Stadium des Verfahrens geht es noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen eine der Erteilungsvoraussetzungen geschlossen werden kann. Es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen.

 

2.2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt stützt den angefochtenen Bescheid auf die Anzeige der Polizeiinspektion Königswiesen vom 03.02.2009, GZ: B6/186/2009-Ha, wegen des Verdachtes des Vergehens nach § 27 Abs. 1 Suchtmittelgesetz. Laut dieser Anzeige hat der Bw im Oktober 2008 1,5 g Cannabis erworben. Er drehte am 09.01.2009 um 23.57 Uhr im PKW, Kennzeichen , welcher zu diesem Zeitpunkt auf dem öffentlichen Parkplatz hinter der Diskothek "X" in X, geparkt war einen "Joint" und rauchte diesen gemeinschaftlich mit anderen Personen. Danach warf er die "Jointkippe" aus dem Fahrzeug und ging mit anderen Personen in die Diskothek. Die weggeworfenen Kippe wurde sichergestellt und untersucht. Am 10.01.2009 um 01.02 Uhr setzte sich der Bw mit anderen Personen wieder in den oa. PKW um abermals einen "Joint" zu rauchen.

 

Der Bw bringt in seinem Rechtsmittel vor, es habe sich lediglich um einen Joint gehandelt, den er am 09.01.2009 kurz vor Mitternacht geraucht habe. Ca. eine Stunde später – es war daher bereits der 10.01.2009 – sei er bei einem Versuch, einen zweiten Joint gemeinsam mit anderen zu rauchen, von der Polizei betreten worden. Der Begründung des angefochtenen Bescheides, es sei, da er durch den Erwerb von illegalen Rauschmitteln Kontakt zur "Drogenszene" habe, schlüssig abzuleiten, dass er bereits öfters Suchtmittel konsumiert habe, tritt der Bw mit dem Argument entgegen, dies sei reine Spekulation. Er habe tatsächlich am 09.01.2009 erstmals Cannabis geraucht und gelegentlicher Konsum von Cannabis berühre – ebenso wie gelegentlicher Konsum von Alkohol – die gesundheitlichen Eignung nicht, falls das nicht im Zusammenhang mit dem Lenken von einem Fahrzeug stehe. Er beantrage daher die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

 

2.2.2. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertig ein gelegentlicher oder lange zurückliegender Suchtmittelkonsum noch keine Bedenken gegen die gesundheitliche Eignung des Betreffenden zum Lenken von Kraftfahrzeugen. Es bedürfe dazu vielmehr konkreter Feststellungen über die Zeitpunkte des Suchtmittelkonsums sowie die Art und Menge des Konsumierten Suchtmittels (VwGH 22.03.2002, ZVR2004/95 und VwGH 22.02.2007, 2004/11/0096). Im gegenständlichen Fall ist als konkretes Beweisergebnis laut oa. Anzeige lediglich evident, dass der Bw am 09.01.2009 kurz vor Mitternacht und am 10.01.2009 um ca. 01.00 Uhr – also rund eine Stunde später – zwei "Joints" geraucht hat. Dahingestellt kann bleiben, ob der Bw tatsächlich am 10.01.2009 – wie er vorbringt – lediglich versucht hat einen zweiten Joint gemeinsam mit anderen zu rauchen oder ob er diesen zweiten Joint tatsächlich geraucht hat. Selbst wenn der Bw den zweiten Joint tatsächlich geraucht hat, ist dieses Beweisergebnis vor dem Hintergrund der oben zitierten Judikatur nicht ausreichend ist, konkrete begründete Bedenken an der gesundheitlichen Eignung des Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse X zu hegen. Sollten der belangten Behörde jedoch neuerliche Ergebnisse bekannt werden, die sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch nicht wusste, könnte dies ein Grund für eine allfällige amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens sein.

 

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 67d Abs. 2 Z. 1 AVG entfallen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1.      Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner    Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den    Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen          Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten          Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht        werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro         zu entrichten.

2.      Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20    Euro angefallen.

 

Dr. Johann Fragner

 

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